Vorfreudensorgen

So langsam beginne ich, nervös zu werden. Denn jetzt, wo des Zoowärters Geburtstag vorbei ist und er heult, weil er  noch einmal feiern möchte, ist der nächste wichtige Termin der 1. Februar, der Tag, an dem ich für vier Tage alleine verreise. Und zwar zum ersten Mal, seitdem ich vor fünfzehn Jahren vier Tage in Israel war. Aber da war ich ja eigentlich auch nicht alleine, da war ich unterwegs mit einer Horde kettenrauchender Reisebüroangestellten, die sich vier Tage lang über Astrologie unterhielten, während ich im Stillen zur Überzeugung gelangte, dass ich da nicht hinpasste und mich, kaum war ich wieder zu Hause, an der Uni einschrieb. Und seither war ich nie mehr alleine weg. Entweder interrailte ich mit „Meinem“ durch Osteuropa, sah mir mit „Meinem“ und Karlsson Englands Gärten an oder verbrachte mit meiner ganzen Horde All-Inclusive-Ferien im Kinderhotel in Österreich, etwas, was ich mir in grauer Vorkinderzeiten geschworen hatte, nie im Leben zu tun.

Und jetzt, wo ich die Gelegenheit habe, für ein paar Tage ganz alleine für mich zu sein, packt mich die Panik. Was soll ich bloss so lange mit mir ganz alleine anfangen? Und wie sollen die zu Hause bloss ohne den Hausdrachen auskommen, der ihnen sagt, was sie tun und lassen sollen? Und haben die im Ländli einen Internetanschluss, damit ich auch dort bloggen kann? Denn wenn ich Ruhe habe, beginnt mein Kopf wie verrückt zu schreiben und wenn ich das Zeug nicht loswerden kann, drehe ich fast durch. Was, wenn ich abends im Bett Angst bekomme? Oder wenn ich vor lauter Heimweh krank werde? Letztes Jahr, als mich „Meiner“ ins Ländli geschickt hatte, hatte ich wenigstens noch das Prinzchen dabei, das damals noch verhungert wäre ohne die Mama. Ihn konnte ich an mich drücken, wenn ich Karlsson, Luise, den FeuerwehrRitterRömerPiraten, den Zoowärter und „Meinen“ zu sehr vermisste. Aber diesmal werde ich mutterseelenallein sein und ich habe keine Ahnung, wie ich das überstehen werde. Zumal ich diesmal nicht mehr so tief in meinem schwarzen Loch sitze wie noch vor einem Jahr, was zwar schön ist, aber auch bedeutet, dass ich meine Umwelt nicht mehr so verschwommen wahrnehme und mich deshalb auch viel öfter frage, was wohl die Leute von mir denken.

Ja, jetzt, wo der erste Februar näher rückt, weiss ich gar nicht mehr, ob ich denn tatsächlich alleine sein will. Klar, ich freue mich auf die Ruhe. Ich bin gespannt darauf, was diese Ruhe in mir auslösen wird. Ich frage mich, ob mir in der Stille neue Ideen für weitere Projekte im Sinne der trockenen Tinte kommen werden. Ich freue mich auch auf die ungestörten Nächte – so ich denn überhaupt schlafen kann ohne das ruhige Atmen des Prinzchens und das Schnarchen von „Meinem“ zu hören. Ich kann es auch kaum erwarten, mal wieder in einer Sauna zu sitzen und ein paar Längen zu schwimmen. Wenn ich an all dies denke, dann platze ich fast vor Vorfreude. Und werde fast wahnsinnig vor lauter Angst…

8 Gedanken zu “Vorfreudensorgen

  1. Ich bin ja auch gespannt darauf, was alles vergessen gehen wird, wenn ich weg bin. Die Kinder haben dann nämlich noch keine Ferien. Ich nehme mal an, für Blog-Stoff für die nächsten Wochen ist gesorgt ;-). Und auf das Geniessen bereite ich mich schon mal innerlich vor. Vielleicht klappt’s dann auch.

  2. Tamar, geniesse es aus vollen Zügen!!! Ich beneide dich fast ein kleines bisschen… Ich freue mich jeweils, wenn ich einige Zeit alleine weg kann. Aber ich schaffe es auch nicht, ohne täglich zu Hause anzurufen ;-). Und ich freue mich auch immer wahnsinnig auf meinen ganzen Haufen!!! Allerdings kenne ich auch das bange Gefühl, ob zu Hause wohl alles gut läuft (obwohl mein Mann es normalerweise wirklich im Griff hat). Aber ich erinnere mich immer noch gerne an die zwei Tage, als Spielterapie und Sonntagsschule vergessen gingen und mein Sohn im Pijamaoberteil in die Schule geschickt wurde. Es tut auch gut bestätigt zu sehen, dass mein Alltag wirklich seeeehr komplex ist 😉
    Ich wünsche dir eine richtig inspirierende Zeit 🙂

  3. Das tönt nach einer schwierigen Zeit. Ich kann sehr gut nachvollziehen, was du da schreibst. Ich glaube, wer keine Kinder hat, kennt diese grosse Spannung zwischen allein sein wollen und doch nicht richtig können nicht. Mich zerreisst sie jeweils beinahe.

  4. Gerade gestern musste ich an meine Zeit im Krankenhaus denken, vor knapp 2 Jahren. Ich durfte die erste Zeit ja nicht einmal aus dem Bett (wegen der Gefahr der Frühgeburt). Gut, im eigentlichen Sinne war ich nicht alleine, die Prinzessin war immer da, aber trotzdem war es komisch und falsch ohne den Grossen und den Mann.
    Aber, ganz ehrlich, ich habe es so genossen. Ich konnte lesen, schlafen, rätseln wann ich wollte. Und das Ganze andere Zeugs tun wann ich wollte. Alles alleine. Ein wenig besser hätte es mir gefallen, wenn ich nach Draussen gedurft hätte.

    Und ja, die täglichen Besuche des Sohnemannes waren mein jeweiliges Tageshighlight, und gefehlt hat er mir entsetzlich. So vieles lief anders als bei mir. Das machte mir enorm Probleme zu Beginn.
    Auch wenn es „nur“ zwei Wochen waren, es war entsetzlich lang und doch zu kurz 😉

    Danach sah ich den Alltag jedenfalls wieder mit anderen Augen.

    Momentan wünsche ich mir kaum was mehr als ein Wochenende bei der Freundin in Wien – alleine 😉

    Was ich eigentlich sagen wollte: geniesse das Gemisch von Vorfreude und Angst und nimm dir nicht zu viel vor für die freien Tage!

    So, ich muss dem Madämschen die Windeln wieder anziehen.

    Sei lieb gegrüsst!

  5. Tja, diese angeblich nicht schnarchenden Männer. Die sollten sich mal hören…
    Ja, ich werde die Zeit bestimmt geniessen. Aber ich vermute, dass ich dann auch seeeeehr gerne wieder nach Hause kommen werde.

  6. @Gianluca: Ja, ja, das sagen die Männer immer (hab auch so ein Exemplar daheim)…;-)

    @Tamar: Du wirst deine „Bande“ sicher vermissen. Aber mindestens ebenso so sehr wirst du deine Auszeit geniessen, da bin ich sicher. Ich wünsch dir jedenfalls viel Ruhe, viel Spass und viele gute Ideen!

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