Ziel verfehlt

Natürlich sollten unsere Kinder wissen, dass ich den AKW-Kühlturm, auf den wir freie Sicht „geniessen“, zutiefst verabscheue.

Sie sollten auch wissen, dass Atomenergie ziemlich viele Gefahren mit sich bringt.

Und wenn sie gross genug dazu waren, sollten sie häppchenweise erfahren, dass es ziemlich ins Auge gehen kann, wenn etwas schief geht.

Eines aber wollte ich auf gar keinen Fall: Ihnen Angst einflössen. Zu schlimm sind die Erinnerungen an die schlaflosen Nächte meiner Kindheit. Auf dem offenen Feld hinter unserem Haus wurden Sondierbohrungen durchgeführt, denn man wollte herausfinden, ob sich das Gelände als Atommüll-Endlager eigne. Natürlich verstand ich nicht, was das genau war, den Gesprächen meiner Eltern entnahm ich aber, dass es sich um eine fürchterlich gefährliche Sache handelte, mit der man besser nichts zu schaffen haben sollte. Wenn ich nachts von meinem Fenster aus die blinkenden Lichter des Bohrturms sah, packte mich deshalb jeweils die nackte Angst. 

Unsere Kinder sollten das nicht durchmachen müssen und so bemühte ich mich darum, keine Ängste zu schüren, wenn ich ihre vielen Fragen beantwortete. Ehrlich sollten sie sein, meine Antworten, aber nicht furchteinflössend. Bis vor Kurzem glaubte ich noch, das sei mir so halbwegs gelungen. Dann kam eines Tages Karlsson von der Schule nach Hause…

„Du bist ganz schön fies“, sagte er halb belustigt, halb vorwurfsvoll. „Die Eltern meiner Schulkollegen erzählten ihren Kindern jeweils, der Kühlturm sei eine Wolkenmaschine. Und was hast du gemacht? Hast uns erzählt, wie gefährlich das ganze Zeug ist und wie ihr wegen des Unglücks in Tschernobyl die Milch eurer Schafe nicht mehr trinken durftet. Alle anderen Kinder hatten diese romantische Vorstellung, nur ich sass jeweils abends am Fenster und malte mir aus, wie furchtbar es wäre, wenn das Ding in die Luft ginge.“

Tja, deutlicher kann man ein Erziehungsziel wohl kaum verfehlen.

Die Kehrseite meines Versagens: Immerhin scheint keines unserer Kinder eine innige Zuneigung zu AKWs entwickelt zu haben.

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Tut mir leid, wenn ich euch zu nahe trete

An die 51, 59 %, die gestern nicht gewählt haben: Ich bin sauer, das sage ich ganz offen. Ja, es ist nicht nett, so etwas zu sagen, aber ich finde es auch nicht nett, dass ihr nicht – oder nur passiv –  mitentschieden habt, wie in den kommenden vier Jahren in der Schweiz politisiert wird. Ihr hattet eure Gründe, des bin ich mir sicher, und einige dieser Gründe würde ich wohl auch nachvollziehen können, würdet ihr sie mir erläutern, doch das ändert nichts an meinem allgemeinen Ärger über euer Fernbleiben von der Urne. Warum wählt ihr denn nicht, wenn ihr schon wählen dürft? Okay, ich weiss, Politiker können ganz schön nerven und man weiss ja auch nie, ob die Frauen und Männer, die man nach Bern geschickt hat, unser Vertrauen wirklich verdienen, aber man könnte es immerhin mal versuchen. 

Jetzt aber haben wir das gleiche Elend wie seit Jahren schon. Mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten hat nicht mitentschieden und doch werden die Sieger gebetsmühlenhaft wiederholen, ein Drittel der Bevölkerung stünde hinter ihnen. Ich kann das Gelaber nicht mehr hören und ihr habt dazu beigetragen, dass wir es uns weitere vier Jahre anhören müssen. Das – aus meiner Sicht katastrophale – Wahlergebnis von gestern wäre für mich weitaus leichter zu verdauen, wenn die Stimmbeteiligung 70 oder 80 Prozent betragen hätte. Dann müsste ich zähneknirschend akzeptieren, dass die Mehrheit der erwachsenen Schweizer das halt so will. Weil aber mehr als die Hälfte geschwiegen hat, wird mich nun vier Jahre lang die Frage quälen, ob auch ein anderer Wahlausgang möglich gewesen wäre, wenn nur mehr Menschen ihren Zettel ausgefüllt hätten. (Als besonders quälend werde ich diese Frage übrigens an dem Tag empfinden, an dem die Energiewende zu Grabe getragen wird.) 

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Umwelterziehung?

„Nicht zu viel Badezusatz ins Wasser“, predige ich. „Ein paar Tropfen reichen, um richtig schönen Schaum zu machen.“ Beim nächsten Vollbad landen dann doch wieder zwei – ja, richtig gelesen Z-W-E-I – volle Flaschen Duschgel im Wasser. Und nein, es war nicht etwa das jüngste, unerfahrenste Kind, das dieses Verbrechen begangen hat.

„Licht löschen, wenn man den Raum verlässt. Man kann nicht gegen AKWs sein und andauernd sinnlos Strom verbrauchen“, wiederhole ich so oft, dass ich die Sache bald selber nicht mehr hören mag. Und warum wiederhole ich das so oft? Na, warum wohl?

„Nein, Getränke in Dosen kaufe ich euch nicht“, sage ich, wenn sie unterwegs allzu durstig werden. Es kümmert sie nicht weiter. Sie haben ja Taschengeld und mit dem wird man ja wohl noch machen dürfen, was man will. 

„Bütschgi in den Grünabfall!!! Wie oft muss ich das noch sagen?“, brülle ich, wenn der Abfallkübel mal wieder von auffällig vielen Fruchtfliegen umsummt wird. Das Bütschgi landet natürlich trotzdem nicht im Grünabfall, sondern hier

„Lieber weniger Auswahl im Kleiderschrank, dafür fair produziert“, doziere ich und glaube, sie hätten verstanden, weil die Sache mit der Kinderarbeit ihnen immer zu Herzen geht. Aber dann lockt eben doch der Ausverkauf. 

Und noch ein paar weitere Dinge, die mit ähnlicher Begeisterung aufgenommen werden. Manchmal frage ich mich, ob sie je begreifen werden. Doch dann erinnere ich mich, dass auch ich erst dann grüner wurde, als ich nicht mehr ganz so grün war hinter den Ohren. 

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Kommt, lasst uns winterschlafen

Kann mir mal bitte jemand erklären, weshalb wir Menschen so blöd sind, den ganzen Winter hindurch wach zu bleiben. Okay, die Advents- und Weihnachtszeit mag ein Grund sein, nicht die ganze Zeit zu verschlafen und von mir aus kann man ja auch noch ein paar Tage im Schnee geniessen, so es denn welchen gibt, aber muss man deswegen gleich monatelang darum kämpfen, die Augen offen zu behalten? Seien wir doch ehrlich, wenn die letzten Äpfel geerntet, die letzten Quitten eingemacht und die letzten Blätter gefallen sind, dann gibt es doch keinen Grund mehr zum wachbleiben. Ja, ich weiss, die Weihnachtsgeschenke und das Plätzchenbacken. Aber nehmen wir mal an, wir würden nur noch an den Adventssonntagen wach sein und vielleicht jeweils am Samstag davor, wir würden das mit den Weihnachtsvorbereitungen auch hinkriegen. Und wenn dann mal der Dreikönigstag vorbei ist, sind wir alle so rund, dass wir den Rest des Winters problemlos verschlafen könnten. 

So ein Winterschlaf wäre doch einfach herrlich. Nie müsste man am Morgen im Halbdunkel die Kinder wecken, nie müsste man sich abends ängstigen, ob sie es vor Einbruch der Dunkelheit wieder nach Hause schaffen und das ganze Theater mit Winterjacken, Schals, verlorenen Handschuhen und kratzenden Wollmützen, die keiner tragen will, würde sich auch erübrigen. Aber nicht nur die Familien würden profitieren. Glaubt mir, mit der Einführung des Winterschlafs wäre das Problem der Winterdepressionen gelöst und das Problem mit den winterlichen Grippewellen wäre auch entschärft, wenn nicht gar aus der Welt geschafft. Das eine oder andere AKW könnten wir natürlich per sofort vom Netz nehmen, weil schlafen bei Licht und Lärm nicht erholsam ist. Auch aufs Heizen könnte man mehr oder weniger verzichten, denn wer braucht schon eine Heizung, wenn er sich in seiner warmen Höhle eingekuschelt hat? Okay, ich weiss, jetzt kommt dann gleich das Argument von der Wirtschaft, die eine solche Pause nie und nimmer verkraften würde. Aber woher soll man das wissen? Es hat’s ja bis anhin noch keiner ausprobiert. Wer weiss, vielleicht wäre die ganze Währungskrise bis im Frühjahr durchgestanden, wenn wir alle jetzt einfach ein paar Monate drüber schlafen würden. 

Je länger ich mir die Sache überlege, umso besser gefällt mir die Idee vom allgemeinen Winterschlaf. Vielleicht müsste einfach mal einer den Mut aufbringen, damit anzufangen. Ich hätte echt Lust, eine Pioniertat zu vollbringen.

Die Fahne bleibt

Es kommt nicht oft vor, dass ich mit dem Bundesparlament einig gehe, heute aber haben mich die Damen und Herren Ständeräte freudig überrascht, als sie den Entscheid zum Atomausstieg bekräftigten. Die Anti-AKW-Fahne bleibt trotzdem am Balkon hängen – auch wenn meine Mutter findet, etwas stilvoller dürfte der Stofffetzen, hinter dessen Botschaft sie voll und ganz steht, schon sein -, denn es wird ja doch noch ein paar Tage dauern, bis Gösgen & Co. auch tatsächlich vom Netz gehen. Und wer weiss denn schon, ob der Wille zum Ausstieg nach den Wahlen noch gleich gross sein wird wie jetzt, wo alle darauf aus sind, wieder nach Bern gewählt zu werden? Die Fahne also bleibt, auch wenn ich hoffe, dass ich sie eher früher denn später im Mottenschrank verschwinden lassen kann. Hübsch ist sie nämlich wirklich nicht.

Kühltürme aber sind noch hässlicher.

Nachlese

Okay, ich geb’s ja zu, die Nachwehen von der gestrigen Demo sind nicht nur positiv. So musste ich zum Beispiel mit Bedauern feststellen, dass es der Sonne völlig egal ist, ob man sich dafür einsetzt, dass sie mehr Strom produzieren darf. Sie brennt einem dennoch gnadenlos auf den Kopf und so trage ich heute voller Stolz einen verbrannten Scheitel zur Schau. Ausserdem musste ich heute beim Zwischendurcheinkauf feststellen, dass sechs Kilometer Menschenstrom ganz schön in die Beine gehen, auch wenn man sie im Schneckentempo zurückgelegt hat. Und schliesslich musste ich auch noch erkennen, dass der Kampf um die Fahne noch längst nicht ausgestanden ist, auch wenn die Kinder sie jetzt nur noch in der Wohnung oder auf dem Balkon – wenn die Ratte mal zufällig nicht da ist – schwingen können. 

Dennoch würde ich sagen, dass der gestrige Tag in meinem Mikrokosmos als Erfolgserlebnis abzubuchen ist. Erstens mal, weil ich gestern, kaum zu Hause angekommen, Solarstrom für iPad und E-Bike bestellt habe. Man kann doch nicht weiter hemmungslos Atomstrom beziehen, wo man einen ganzen Tag lang dagegen geströmt ist. Ein weiterer Erfolg: Luise war nun doch ziemlich stolz, dass sie dabei war, als sie sah, dass das gestrige Grossereignis heute in allen Zeitung gross aufgemacht war. Seit der Prinzenhochzeit ist sie nämlich eine eifrige Zeitungsbetrachterin geworden – sie hofft auf weitere märchenhafte Bilder von Kate und William – und nun findet sie es plötzlich sehr beeindruckend, wenn sie sagen kann: „Da waren wir auch!“ Wo es doch sonst fast nur Prinzen und Prinzessinnen in die Zeitung schaffen. Der grösste Erfolg aber war, dass heute die Kindergärtnerin nicht angerufen hat. Nicht, dass sie uns jeden Tag anrufen würde, aber nachdem der FeuerwehrRitterRömerPirat heute voller Stolz die Anti-AKW-Fahne zum „Zeigitag“ in den Kindergarten brachte, rechnete ich mit einer Ermahnung wegen politischer Indoktrinierung kleiner Kinder. Und dass diese Ermahnung ausgeblieben ist, lässt mich hoffen, dass sich die Zeiten vielleicht doch allmählich ändern und dass Anti-Atom so langsam salonfähig wird.

Mitgeströmt

Zwei Gründe haben mich heute, an diesem drückend heissen Sonntag, dazu bewogen, mich mit Karlsson, Luise und dem FeuerwehrRitterRömerPiraten auf die Socken zu machen, um zusammen mit 19996 anderen am Menschenstrom gegen Atom mitzuströmen. Erstens gehört das für mich einfach dazu, war ich doch schon gegen AKWs bevor ich überhaupt wusste, was das ist. Klar, zuerst einmal habe ich einfach die Meinung meiner Eltern nachgeplappert, aber je älter ich wurde, umso klarer wurde mir, dass jedes Kind zum Schluss kommen muss, dass dieses Atom-Spielzeug viel zu gefährlich ist und dass nur Erwachsene so naiv sein können, sich einzureden, dass am Ende schon alles gut kommen wird, auch wenn man momentan noch nicht weiss, wohin mit all dem Mist. Klar also, dass ich dabei bin, wenn sich nach 25 Jahren endlich wieder Tausende dazu aufmachen, ihre Meinung kundzutun. 

Der zweite Grund, weshalb wir heute dabei waren: Politik gehört für mich auch zur Erziehung und so ein bunter, fröhlicher Demonstrationszug mit Musik und Fahnen ist doch perfekt, um den Kindern zu zeigen, dass Politisches nicht einfach trocken und langweilig sein muss. Nun, wie ich rückblickend einsehen muss, ist meine Rechnung nur halbwegs aufgegangen. Ich glaube, beim FeuerwehrRitterRömerPiraten ist es mir gelungen, ein Feuer zu entfachen, obschon ich den Eindruck habe, dass seine Begeisterung mehr dem Fahnenschwingen denn dem Atomausstieg gilt. Die Fahne war es auch, die beinahe dafür gesorgt hätte, dass es an der gewaltfreien Demo doch noch zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre. Denn nachdem er ihrer habhaft geworden war, wollte unser Dritter sie nicht mehr aus der Hand geben, auch wenn ich klipp und klar gesagt hatte, dass die Kinder sich abwechseln müssten. Zum Glück zeigten sich Luise und Karlsson ziemlich pazifistisch, so dass die Polizisten, die diskret am Strassenrand stationiert waren, nicht in den Konflikt eingreifen mussten. 

Während der FeuerwehrRitterRömerPirat aus lauter Begeisterung abends mit der Fahne schlafen ging, scheint der Grossanlass bei Luise genau die gegenteiligen Gefühle ausgelöst zu haben. Zuerst war es ihr zu heiss, dann zu langweilig, dann schmerzten die Füsse und schliesslich geriet sie beim Einsteigen in den Sonderzug in die Nähe von drängelnden Senioren, was verständlicherweise eine ziemlich beängstigende Erfahrung war. Nun gut, ihr grosser Wunsch heute Abend war, dass die AKWs bald abgeschaltet werden. Vielleicht, weil sie hofft, dass sie dann nicht mehr zu solchen Veranstaltungen mitgeschleppt wird.

Ein wenig ratlos bin ich bei Karlsson. Er, der schon seit frühester Kindheit gegen den Kühlturm wettert, auf den wir von unserem Küchenfenster beste Aussicht geniessen, zeigte sich erstaunlich teilnahmslos, ja, vielleicht sogar leicht rebellisch. Kaum waren wir auf dem Gelände angelangt, zückte er das iPad, um sich den „Karneval der Tiere“ anzuhören. Gerade so, als wüsste er nicht, dass man zum Aufladen des iPads Strom benötigt. Und auf dem Rückweg motzte er, dass es doch eigentlich sinnlos sei, eine solche Veranstaltung durchzuführen, wo man doch jede Menge Atomstrom gebraucht habe, damit das alles reibungslos ablaufe. Ich fürchtete schon, unser Ältester wolle aus Rebellion gegen seine Eltern das politische Lager wechseln. Aufgeatmet habe ich erst wieder, als er auf dem Heimweg den Vorschlag machte, wir könnten doch noch einen kurzen Abstecher zum Nachbardorf machen, um der Demo gleich Taten folgen zu lassen: „Komm wir gehen und schalten das AKW in Gösgen ab“, schlug er vor und hätte ich gewusst, welchen Knopf man drücken muss, wir hätten es wohl getan…

Wiedermal Dienstag

Kann mir mal jemand sagen, wie man all dies und noch viel mehr in einen ganz gewöhnlichen Dienstag pressen kann:

– Einen sehr schlecht gelaunten Zoowärter davon überzeugen, dass es in der Spielgruppe schön ist und dass er deswegen rechtzeitig dort sein muss.

– Dem Zoowärter das Nuschi aus Mund und Nasenlöchern entwinden, damit man das Ding mal wieder kochen kann, weil so viele Bakterien ganz bestimmt nicht gesund sein können.

– Eine geschlagene Stunde mit Luise in Trimbach herumirren, ohne die Psychomotorik-Therapeutin zu finden, dazu abwechselnd auf mühsame Autofahrer schimpfen, sich bei Luise entschuldigen, sich rechtfertigen, weshalb man sich dennoch kein Navi anschaffen will und sich selbst mit Vorwürfen eindecken, weil man die mieseste Versagermama auf dem Planeten  ist. Liebe Trimbacher, bitte nehmt es mir nicht übel, aber so schnell komme ich nicht wieder zu euch.

– Den Zoowärter zu spät von der Spielgruppe abholen und dabei den zwei Frauen, die das Pech haben,  dir über den Weg zu laufen, den Kopf voll jammern, weil das Leben im Schwarzen Loch mal wieder nahezu unerträglich ist.

– Dem Au Pair zeigen, wie man Pesto macht, herausfinden, was „Bärlauch“ auf Englisch heisst und gleichzeitig das Geheul des Zoowärters ausblenden, der noch immer beleidigt ist, dass sein Nuschi gekocht worden ist.

– Karlsson dazu überreden, dass er zum Mittagstisch geht, auch wenn sein bester Freund heute nicht dort isst.

– Erde aufwischen, Milch aufwischen, Nudeln aufwischen, Wasser aufwischen, noch einmal Erde und dann auch noch Sand.

– Zwei Kinder baden und danach, wenn die zwei das Bad verlassen haben, sechs leere  Shampooflaschen aus der Badewanne fischen.

– 65 Minuten Mittagsschlaf  halten, dabei verpennen, dass der FeuerwehrRitterRömerPirat zu seinem Freund geht und erst wieder richtig wach werden, als Luise an der Tür klingelt. Weshalb sie geklingelt hat? Weil sie vor der Haustüre noch kurz ihren Magen hat entleeren müssen und jetzt zu schwach ist, alleine die Treppe hochzukommen. Ach ja, aufwischen musste man das Ganze natürlich auch noch.

– Mit Kindern und Au Pair in der Vorfreude auf die Ferien im Greyerzerland schwelgen. Nur noch viermal schlafen…

– Büchernachschub bestellen, weil Karlsson nichts mehr zum Lesen hat.

– Ohne Hörschaden aushalten, dass Karlsson und Luise gleichzeitig am Küchentisch musizieren. Er auf der Geige Vivaldis Konzert in G-Dur, sie auf der Querflöte „Hafer und Korn“  oder so ähnlich. Und im Hintergrund summt der Zoowärter mit.

– Ein epochaler  Streit mit Karlsson, der darin endet, dass er ein Glas zerschmettert und ich trotz Halsschmerzen versuche, herumzubrüllen und mich damit vollkommen lächerlich mache. Als Nebeneffekt kommt das Prinzchen, das schon selig geschlafen hatte, quietschfidel aus dem Bett und verlängert den fröhlichen Kindertag um zwei Stunden.

– Ein Vollbad zum Feierabend.

– Keine Minute am Arbeitsplatz verbringen und nur dreimal telefonieren. Ein neuer Rekord auf meinem Weg der besseren Trennung von Privat- und Berufsleben.

– Nur einmal die Online-News checken, um zu lesen, wie viel verseuchtes Wasser wieder geflossen ist. Auch dies ein neuer Rekord, der allerdings damit zusammenhängen könnte, dass Fukushima in den Medien bereits wieder Geschichte ist und man deshalb kaum mehr Neues liest.

– Drei Minuten lang den Frühling geniessen. Immerhin hat die Zeit gereicht, um festzustellen, dass die Tulpen zu blühen beginnen und dass trotz Bienensterben die eine oder andere Biene sich zu unseren Pfirsichbäumchen verirrt.

Auftrieb

Nachdem ich in den vergangenen Wochen mit einem arg angeschlagenen Selbstbewusstsein zu kämpfen hatte, haben mir zwei Komplimente wieder etwas Auftrieb gegeben. Zuerst einmal attestierte man mir gestern ich sei die erste vernünftige AKW-Gegnerin. Nun ja, ich sehe das mit der Vernunft und den AKWs gerade umgekehrt, aber immerhin schienen meine Argumente zu überzeugen. Was ja nicht mehr als gerecht ist, wurde ich doch sozusagen mit einem „Atomkraft – Nein danke!“- Aufkleber geboren.

Das zweite Kompliment kommt von unserem neuen Au Pair. Ich sei die gütigste Mutter, die sie je getroffen hätte, meinte sie. Natürlich fühle ich mich tief geehrt. Allerdings bin ich auch leicht beunruhigt, denn erstens spricht es nicht gerade für die Qualität von uns Müttern, wenn ausgerechnet ich, die ich doch ziemlich kratzbürstig sein kann, das Prädikat „gütig“ verliehen bekomme. Und zweitens habe ich ein wenig Angst davor, dass das Bild im Laufe der Zeit Kratzer bekommen könnte. Weil ich ja eben ein wenig kratzbürstig bin…

Mir kommt die Galle hoch

Es ist einfach nur noch widerlich: Bundesrätin Leuthard bezeichnet es in einem Interview als „leichtsinnig, den Verzicht auf Kernenergie zu fordern“, in den Augen von Bundesrat Maurer muss das altersschwache AKW Mühleberg nicht für immer abgeschaltet werden, sondern „wir müssen vielmehr darüber nachdenken, die Erneuerung des Kraftwerks vorzuziehen“ und Ex-Bundesrat Blocher mag auch angesichts der Katastrophe von Fukushima noch nicht von der Illusion der „sauberen Kernenergie“ Abstand nehmen. Ich könnte heulen vor Wut.

So richtig aber kommt mir die Galle hoch, wenn eine Kleinpartei, die sich christliche Werte auf die Fahne geschrieben hat, durch die Katastrophe in Japan zum folgenden Schluss gelangt: “…Vielmehr muss im Interesse einer Verbesserung von Schutz und Sicherheit für Mensch und Umwelt auch ein beschleunigter Ersatz der alten AKWs durch neue Anlagen der 4. Reaktorgeneration ernsthaft geprüft werden.“ Christliche Werte und Festhalten an der Atomenergie – zwei Dinge die sich in meinen Augen ganz klar ausschliessen. Ja, ich weiss, meine Haltung ist extrem, aber ich rede hier nicht als eine, die von aussen mit dem Zeigefinger auf die Christen zeigt, sondern als eine, die sich dazu zählt, die aber darunter leidet, dass man in gewissen christlichen Kreisen zwar dazu steht, an einen Schöpfer zu glauben, gleichzeitig aber kein Problem hat damit, dass die Schöpfung Gefahren ausgesetzt wird, für die sie nicht geschaffen ist.