Ich weiss ja schliesslich, wie man einkauft…

Zwischen Prinzchen abliefern und Prinzchen wieder abholen habe ich knappe fünfundvierzig Minuten Zeit. Gerade genug also, um schnell in die Migros zu rennen, das Nötigste einzukaufen, nach Hause zu hetzen, um das Zeug in den Kühlschrank zu legen und wieder loszufahren. Entsprechend gestresst bin ich, als es an der Kasse nicht vorwärts geht.

Die ältere Dame, die eigentlich bezahlen sollte, hat vergessen, die Kaki zu wägen. „Himmel, man weiss doch, dass man Kaki wägen muss“, grummle ich innerlich vor mich hin. „Und wenn man es nicht weiss, kann man ja lesen. Steht doch klar und deutlich, ob das Zeug pro Stück oder pro Kilo verkauft wird. Manche Leute sind einfach unfähig, richtig einzukaufen. Mir würde ein solcher Schnitzer ja nicht unterlaufen…“

Nach der älteren Dame kommt ein kleiner Junge dran. Das Geld, das ihm die Mama mitgegeben hat, steckt tief in seiner Hosentasche. Sehr tief. So tief, dass er erst einmal ganz viele andere Dinge hervorkramen muss, um an die Münzen ranzukommen. „Er hätte ja schon früher dran denken können, dass er bald dran ist“, schimpft es in mir drinnen. „Er hätte doch mehr als genug Zeit gehabt, sich um sein Geld zu kümmern, während die Kassierin auf die Kaki warten musste.“ Ja, so ungnädig kann ich über fremde kleine Jungs denken, wenn ich fürchte, mein eigener kleiner Junge müsse zu lange auf mich warten, weil andere nicht einmal einen kleinen Einkauf reibungslos über die Bühne bringen. 

Endlich bin ich an der Reihe. Die wenigen Artikel sind schnell gescannt. Schon will ich das Portemonnaie zücken, als die Kassierin fragt: „Was ist mit dem Blumenkohl? Haben Sie den nicht gewogen?“ 

Wie gut, dass keiner von denen, die hinter mir anstehen, meine Gedanken über die ältere Dame und den kleinen Jungen haben lesen können.

Ich hingegen kann mir ziemlich genau vorstellen, was sie über mich denken…

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Anders, aber noch immer schweisstreibend

Neulich, als ich hier ein wenig ausmistete, stiess ich auf einen Post, in dem ich beschrieb, wie ich vor vielen Jahren mit einem schokoladevenrschmierten Prinzchen und einem brüllenden Zoowärter in der Migros für Unterhaltung sorgte. Noch heute läuft es mir heiss und kalt über den Rücken, wenn ich das lese und mich lebhaft daran erinnere, wie nervenaufreibend solche Einkäufe waren. War endlich alles bezahlt, eingepackt, nach Hause gekarrt und im Kühlschrank verstaut, wären die Kinder und ich jeweils reif für ausgiebige Wellness-Ferien gewesen. 

Wie anders ist das doch heute, wenn wir unseren Grosseinkauf mal ausnahmsweise wieder en famille tätigen. Der Zoowärter und das Prinzchen verschwinden augenblicklich in der Spielwarenabteilung, um sich auszumalen, was sie alles haben könnten, wenn ihre Erzeuger keine erbärmlichen Geizhälse wären. Die drei Grossen aber betätigen sich als willige Helfer. Während ich uns mit Obst und Gemüse eindecke, steht „Meiner“ mit der Einkaufsliste in der Hand mitten im Laden und versieht Karlsson, Luise und den FeuerwehrRitterRömerPiraten – so er denn mitkommen mag – mit Aufträgen: „Luise, du holst schwarze und grüne Oliven. Karlsson, du besorgst den Blätterteig. FeuerwehrRitterRömerPirat, du bringst mir Farmer-Stengel.“ Sie strömen aus in den Laden, tragen herbei, was gewünscht ist und nehmen einen neuen Auftrag entgegen. „Meiner“ holt sich derweilen die Dinge, die sich in der Nähe seines Kommandopostens befinden und so kommt es, dass der Wagen im Nu bis oben voll ist. Bevor es an die Kasse geht, holen wir die zwei Jüngsten in der Spielwarenabteilung ab, dann helfen alle mit, die Ware aufs Band und danach in die Einkaufstaschen zu befördern. Oft sind so viele Hände mit im Spiel, dass ich mich ganz entspannt zurückziehen kann. Die schaffen das auch ohne mich. Nach all den Jahren, in denen der Wocheneinkauf so schweisstreibend war, dass ich ihn locker als Fitnesstrainig verbuchen konnte, habe ich mir diese Pause redlich verdient. 

Die Schweissausbrüche habe ich heutzutage erst wieder, wenn mir die nette Dame an der Kasse den Betrag nennt, den ich ihr schulde. Offenbar haben die fleissigen Helfer nicht nur die Dinge in den Wagen gelegt, die „Meiner“ ihnen aufgetragen hat, sondern auch noch ganz viel anderes, was sich ihrer Meinung nach in unserem Kühlschrank gut machen würde.

Immerhin helfen sie danach auch, das Schmuggelgut in die Küche zu schleppen…

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Noch einmal: Liebe Migros

Ja, ich bin eine Nervensäge, aber ich finde, das sei mein gutes Recht. Immerhin trage ich mit meinen Monstereinkäufen nicht unerheblich zu deinem Wohlergehen bei. Ich darf also getrost noch einmal auf die Plasticksäckli zurückkommen, die ich bereits vor einigen Tagen in einem Post erwähnt habe.

Die Plastiksäckli, die du der Umwelt zuliebe nur noch auf Verlangen zum Preis von 5 Rappen abgibst. Eine Riesensache war das vor ein paar Monaten. Die bösen Politiker wollten sie nicht verbieten, also musstet ihr aktiv werden – du und deine grösste Konkurrentin. Ihr würdet es nicht zulassen, dass unsere kostbare Umwelt vor die Hunde geht. Ihr würdet die Konsumenten schon dazu erziehen, nicht mehr gedankenlos zum Säckli zu greifen. Die Gebühr wurde eingeführt. Wer trotzdem ein Säckli will, muss die Kassierin darum bitten und sich damit als herzlose Kreatur outen, die einen Dreck auf eine intakte Umwelt gibt.

Nun gut, man braucht sich nicht unbedingt zu outen. Man kann auch einfach darauf warten, bis die Kassierin fragt, ob man ein Säckli haben will. Diese Frage bekommt man nämlich seit der Einführung der Gebühr andauernd gestellt. Egal, ob Landjäger, Salat, Glace, Socken, Spargel, Erdbeeren oder ein T-Shirt auf dem Band liegen – früher oder später fragt die Kassierin: „Söll ich das in es Säckli packe?“ Klar, das wurde man schon vor der Einführung der Gebühr hin und wieder gefragt, jetzt aber finden die netten Damen an der Kasse bei fast jedem Einkauf einen Artikel, den man zusätzlich in Plastik hüllen könnte. Noch nie in meinem langen Leben als Migros-Kundin wurde ich so häufig mit der Frage nach dem Zusatzsäckli konfrontiert. 

Ja, ich weiss, was jetzt kommt….

„Dann sag doch einfach nein. Zwingt dich ja keiner dazu, das Säckli auch zu nehmen.“

Natürlich sage ich nein. Bloss, weil man mir etwas anbietet, heisst das noch lange nicht, dass ich meinen Verstand ausschalte und willenlos Ja sage, wo ich lieber Nein sagen möchte. Aber die Frage wird ja nicht nur mir gestellt, sondern auch all den Menschen, die vor oder hinter mir an der Kasse stehen und bis jetzt ist mir noch keiner begegnet, der abgelehnt hätte. Warum sollte man, wo man schon so nett gefragt wird? Und so steht man dann hinter Menschen, die der Verkäuferin zufrieden dabei zusehen, wie sie einem bereits in Plastik gehüllten Salatkopf eine weitere Schicht Plastik umlegt. (Nein, es war keiner dieser triefend nassen Salatköpfe, die sie einem schon früher ungefragt in einen Beutel gestopft haben, sondern ein ganz und gar trockener.)

Liebe Migros, darf ich dir etwas weitergeben, was ich in meinen Jahren als Mutter gelernt habe? 

Wenn ich nicht möchte, dass meine Kinder vor der Glotze vergammeln und sich mit Süssem vollstopfen, dann frage ich nicht andauernd: „Möchtet ihr nicht ein wenig fernsehen und dazu eine Packung Gummibärchen verspeisen?“ Sie würden Ja sagen, das kannst du mir glauben. Und zwar jedes Mal, auch wenn sie bereits drei Tage lang nichts anderes getan hätten. Also frage ich nicht und hoffe, dass sie nicht auf den Gedanken kommen, sich aktiv darum zu bemühen. 

Wenn du also möchtest, dass die Kunden endlich damit aufhören, gedankenlos noch ein weiteres Plastiksäckli zu nehmen, dann solltest du vielleicht nicht bei jeder Gelegenheit eins anbieten.

Aber vielleicht ist es dir gar nicht so wichtig, dass weniger Säckli im Abfall landen. Vielleicht wolltest du nur besser dastehen als die Politiker, die es nicht für nötig hielten, das Zeug zu verbieten. 

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Liebe Migros

Bitte nimm es mir nicht krumm, wenn ich ausnahmsweise mal keine netten Worte für dich übrig habe. Ja, ich bin ein waschechtes Migroskind. Ja, Familie Venditti deckt sich vorzugsweise bei dir mit den Dingen ein, die man zum Leben halt so braucht. Ja, nach ein paar Wochen im Ausland vermisse ich dich jeweils ganz schrecklich. Ja, ich finde dich toll, auch wenn ich heute kritischer eingestellt bin als auch schon und mich deshalb hin und wieder frage, ob du wohl wirklich so nett und freundlich bist, wie du dich gerne gibst. Wenn ich dir nun also sage, dass ich mich momentan bei jedem Einkauf ganz fürchterlich über dich aufrege, dann darfst du dies als freundliche Kritik einer Freundin auffassen.

Warum ich mich aufrege? Natürlich wegen dieser unsäglichen Verpackung, in die du die Lego-ähnlichen Bausteine hüllst, mit denen du die heranwachsende Generation zu Migroskindern erziehen willst. Mir kommt es vor, als sei es erst gestern gewesen, als du lauthals verkündet hast, der Umwelt zuliebe würden die Plastiksäckli bei dir jetzt 5 Rappen pro Stück kosten, es könne doch nicht angehen, dass wir mit dem Kram die Weltmeere verschmutzen. Du gingst sogar noch einen Schritt weiter und nahmst wiederverwendbare Beutel ins Sortiment auf, damit wir Früchte und Gemüse nicht mehr in Wegwerfbeuteln einkaufen müssen. Auch sonst brüstest du dich gerne mit deinem grossen Einsatz für einen gesunden Planeten. Unsere Kinder und Kindeskinder sollten sich an einer intakten Natur erfreuen können, sagst du und ich bin da ganz und gar einig mit dir.

Wie um alles in der Welt kannst du es dann mit deinem Gewissen vereinbaren, unseren Kindern bei jedem Einkauf kleine Plastikteile zu überreichen, die nicht nur in Folie verpackt sind, sondern obendrein auch noch in einer kleinen Plastikschale liegen? Jedes Mal, wenn unsere Knöpfe die Spielsteine ausgepackt haben, türmt sich auf dem Tisch mehr Abfall, als damals, als ich Obst und Gemüse noch im Plastikbeutel mit nach Hause nahm. Klar, unsere Kinder freuen sich über das Zeug, aber was glaubst du, wie es um die Laune unseres Planeten steht, wenn er mit diesem ganzen Kram klarkommen muss? 

Liebe Migros, ich mag dich ja von Herzen gern, aber diesmal hast du wirklich Mist gebaut. 

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20 Rappen Differenz

Mal wieder an einer Kasse, diesmal in einem kleinen Laden am Bahnhof, wo ich mir ein Getränk und ein Sandwich kaufen will. Vor mir eine elegant gekleidete ältere Dame, die einen Vanille-Glacestängel bezahlt und den jungen Verkäufer in das folgende Gespräch verwickelt.

Dame (im fordernden Tonfall): „Sie, jetzt müssen Sie mir etwas erklären. Heute Morgen habe ich in einer anderen Filiale Ihrer Ladenkette genau den gleichen Glacestängel gekauft und der kostete 90 Rappen. Dieser hier kostet nur 70 Rappen. Wie kommt es zu diesem Preisunterschied?“

Verkäufer (überaus freundlich): „War das vielleicht an einer Tankstelle?“

Dame (immer noch im gleichen Tonfall): „Jawohl, das war an einer Tankstelle. Dann sind die Waren an der Tankstelle also grundsätzlich teuerer als bei Ihnen?“

Verkäufer (weiterhin sehr freundlich): „Nicht grundsätzlich, aber es kann schon mal sein, dass es Preisunterschiede gibt.“

Dame (fast noch ein wenig unfreundlicher): „Ich will doch wissen, warum ich am einen Ort mehr bezahle als am anderen Ort. 90 Rappen für so einen Glacestängel finde ich halt schon ein wenig übertrieben.“

Verkäufer (unverändert freundlich): „Ja, das kann ich schon verstehen.“

Dame (fast schon aufgebracht): „Das ist halt schon ein ziemlicher Unterschied, ob man 70 oder 90 Rappen bezahlt. Ich meine, das sind immerhin 20 Rappen mehr.“

Momente später sehe ich sie an der Bushaltestelle sitzen – ohne Glacestängel. Hat sie den wirklich so schnell verschlungen? Oder hat sie ihn am Ende nur gekauft, damit sie sich über die unsägliche Preisdifferenz beklagen kann?

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Sammeln Sie Märkli? 

Neulich an der Kasse. Vor mir bezahlt ein Mann seine Ware.

Kassierin: „Sammeln Sie die Märkli?“

Kunde: „Nein, die können Sie der Dame hinter mir geben.“

Ich: „Danke, das ist nett, aber ich sammle auch nicht.“

Die Kassierin und ich unterhalten uns über die verschiedenen Sanmelaktionen und warum ich nicht sammle. Sie scannt derweilen meine Artikel, ich packe ein, wir reden weiter über meine Unlust am Märkli-Sammeln, sie nennt den Betrag und während ich im Portemonnaie krame, fragt Sie: „Sammeln Sie die Märkli?“ 

Ich: „Äääääh, nein…“

Kassierin: „Ach ja, stimmt. Darüber haben wir uns ja gerade unterhalten.“

Weil ich „Meinem“ noch ein paar Dinge für die Schule bringen muss, sind die nächsten Waren, die auf dem Band liegen, auch für mich. Sie scannt, ich packe ein und wir reden weiter über Märkli. Diesmal geht es darum, wie mühsam es für das Kassenpersonal ist, wenn alle paar Wochen etwas anderes verteilt werden muss. Manchmal sei es schwierig, da überhaupt noch den Überblick zu behalten, erklärt sie. Dann sind alle Artikel gescannt, sie nennt den Betrag, ich krame im Portemonnaie und sie fragt: „Sammeln Sie die Märkli?“

Ich: „“Äääääh, nein… Auch bei diesem Einkauf nicht.“

Kassierin: „Ach ja, stimmt. Darüber haben wir uns ja gerade unterhalten.“

Kopfschüttelnd verlasse ich den Laden. War das jetzt ein Roboter, der gelernt hat, sich wie eine echte Kassierin zu verhalten, oder eine Kassierin, die trainiert, sich wie ein Roboter aufzuführen, damit sie ihren Job auch in Zukunft behalten kann?

Was nicht auf dem Einkaufszettel steht

Wenn du zur falschen Zeit einkaufen gehst, kann es dir passieren, dass du nur mit der Hälfte der Dinge, die auf deiner Liste stehen, heimkehrst. Dafür schleppst du eine Menge Sachen mit nach Hause, die man in den Regalen nicht finden kann:

Müttersorgen

Pausenhofstreitereien

Krankengeschichten

Nachbarschaftskonflikte

Lehrerversagen

Die schmutzige Wäsche wildfremder Leute

Ehekräche

Generelle Überforderungen

Zuweilen kommt es gar vor, dass du um einige Ratschläge erleichtert nach Hause gehst, obschon du die deinen Gesprächspartnern doch gar nicht aufbürden wolltest, denn du weisst, wie sauer die andern aufstossen können.

An solchen Einkäufen schleppe ich ganz schön schwer. Wie elend muss einem Menschen zumute sein, dass er mir – einer Wildfremden – zwischen Butterzöpfen und Fischstäbchen sein ganzes Leid klagt?

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Mangelnder Shopping-Enthusiasmus

Wenn andere Mütter mit ihren Töchtern Kleider kaufen:

„Wow! Dieser Style steht dir ja echt gut. Dazu brauchst du jetzt unbedingt noch eine passende Jacke und dann ist dein Look perfekt. Komm, ich zeige dir, wie du den Schal umbinden musst, damit dein Outfit richtig gut zur Geltung kommt. Okay, perfekt. Und jetzt dreh dich mal um, ich möchte noch sehen, wie das von hinten aussieht. Suuuuuper! Du hast deinen Look gefunden! Du musst einfach mutiger werden, zu deinem Style stehen, zur Geltung bringen, wie schön du bist. So, und jetzt probierst du noch das Kleid an. Dazu solltest du unbedingt eine schwarze, blickdichte Strumpfhose tragen. Das wird dann total heiss aussehen. Ach, und natürlich brauchst du ein Paar High Heels. Die besorgen wir auch noch gleich. Ich kann es kaum erwarten, dich darin zu sehen. Das Kleid passt dir wie angegossen. Stell dir mal vor, wie du erst aussehen wirst, wenn wir die richtigen Accessoires dazu gefunden haben. Ein Hammer-Outfit wird das…“ (Nein, das habe ich nicht erfunden. Das ist eine ziemlich wörtliche Widergabe dessen, was ich heute gehört habe.)

Wenn ich mit meiner Tochter Kleider für einen Teenie-Galaabend kaufe:

„Lass mal sehen. Sieht gut aus. Wirklich richtig schön. Wie? Du willst noch ein anderes Kleid anprobieren? Aber warum denn? Dieses hier ist doch perfekt. Na gut, dann probierst du die anderen eben auch noch an…“ Ich nicke vier weitere Kleider ab und gebe dann mein Schlussurteil bekannt: „Ja, ich finde auch, dass du das Grüne nehmen solltest. Sieht wirklich toll aus. Gut, dann brauchen wir jetzt nur noch eine passende Strumpfhose und dann können wir von hier verschwinden. Ach so, du brauchst ja noch Schuhe. Na, dann lass uns das möglichst schnell hinter uns bringen.“ Und natürlich bringe ich später, als sie beim Anprobieren der High Heels stolpert, nicht das eigentlich von mir erwartete: „Ach, mach dir keine Sorgen, mit etwas Übung schaffst du das schon und sonst buchen wir dir einen High-Heel-Kurs, damit du richtig elegant laufen lernst“ über die Lippen, sondern bloss etwas, was meine Tochter als schadenfreudiges Gelächter bezeichnen würde, was aber in Wirklichkeit natürlich allerhöchstens ein wohlwollendes Schmunzeln war. 

Nein, ich tauge wahrlich nicht als enthusiastische Shopping-Begleiterin. Dafür sage ich meiner Tochter manchmal auch dann, wenn sie vollkommen zerknittert aus dem Bett gekrochen kommt, wie hinreissend ich sie finde. (Zugegeben: Ich prüfe erst vorsichtig, ob die aktuelle Laune ein solches Kompliment erlaubt…)

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Liebe Migros

Schön, dann sammeln wir also mal wieder. Wie könnten wir auch darauf verzichten, wo doch die winzigen Igelchen und Maulwürfchen so unglaublich herzig sind? Ist ja auch ganz toll, dass sich die Kinder eine Zeit lang mit der Frage befassen, woher das Essen auf unserem Tisch kommt. Bei der Sache mit dem Saatgut, das in jedem zweiten Sammelbeutel steckt, hätten eure Marketing-Gurus jedoch noch etwas schärfer nachdenken sollen. Warum? Darum:

Die Saatgut-Nummer hat euer schärfster Konkurrent bereits im Frühling durchgezogen und jetzt sieht es irgendwie danach aus, als hättet ihr von denen die Restposten übernommen. Nicht gerade originell, finde ich.

Bei der Konkurrenz gab es das Zeug im Töpfchen, bei euch aber muss man sich schon selber zu helfen wissen, denn ihr liefert bloss Samen und Erde. Okay, die anderen haben damals die Sache auch nicht ganz zu Ende gedacht, denn bei denen bildete sich mit der Zeit Staunässe, was vermutlich bei den meisten angesäten Pflänzchen zu einem verfrühten Absterben führte. Aber vielleicht hättet ihr ja aus den Fehlern eurer Konkurrenz lernen und anständige Töpfchen mitliefern können. 

Ihr gebt euch mit eurer Aktion ja so furchtbar naturnah, aber dass sich die Gartensaison hierzulande gerade ihrem Ende zuneigt, scheint ihr nicht zu wissen. Wie stellt ihr euch das vor?

  • Sollen wir die Stockrosen, die Cherry-Tomaten, die Peperoni und die Wiesenblumen jetzt aussäen und dann den ganzen Winter hindurch hätscheln, bis sie im Frühling ins Freie dürfen?
  • Oder war das so gedacht, dass wir das Saatgut aufbewahren, bis es Zeit wird, die neue Gartensaison vorzubereiten? Falls ja, wie sollen wir unseren Kindern, die ja bekanntlich immer sofort ein Resultat sehen wollen, schonend beibringen, dass sie jetzt nur noch warten müssen, bis Räbeliechtliumzug, Samichlaus, Weihnachten und Ostern  vorbei sind, ehe sie mit Säen und Giessen anfangen dürfen? Und glaubt ihr wirklich, wir wüssten dann im Frühling noch, an welchem Ort wir das Zeug gelagert haben? Vermutlich werden wir nicht mal mehr wissen, dass da irgendwo noch Saatgut herumliegt, wo doch dann bestimmt schon wieder die nächste Sammelaktion läuft, die unsere volle Aufmerksamkeit fordert.

Davon, dass wohl mehr als die Hälfte eurer Kundschaft gar nicht den Platz hat für Stockrosen und Wildblumen, wollen wir gar nicht erst anfangen. Es geht bei der Aktion ja leider nicht wirklich darum, Betonwüsten in blühende Wiesen zu verwandeln.

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Diesmal (hoffentlich) ohne uns

Pro 20 Franken Einkauf schenken sie dir ein Briefchen mit Stickers oder sonst irgend einen Sammelkram, im Laden gibt es das dazu passende Album zum Einkleben der Bildchen zu kaufen und natürlich hoffen sie, dass die Kinder das Zeug auf dem Pausenhof fleissig tauschen und einander dazu animieren, die Eltern anzuflehen, noch etwas mehr Geld auszugeben, damit es mehr Bildchen gibt. Mal sind es Bildchen von wilden Tieren, mal Sehenswürdigkeiten aus der Schweiz im Miniformat, mal fantastische Kreaturen, von denen keiner so richtig weiss, was sie darstellen sollen und welche Substanz der Designer intus hatte, als er sie erschuf.

Über Jahre lief das so und jedes Mal, wenn ich an der Kasse stand und gefragt wurde, ob ich auch sammle, antwortete ich seufzend: „Na ja, diesmal werden wir wohl noch einmal mitmachen müssen.“ Natürlich kaufte ich auch brav das Sammelalbum und den anderen Kram, der zur Sammelwut halt einfach dazugehört.

Heute lief es anders, zum ersten Mal in all den Jahren. „Sammeln Sie auch?“, fragte die Kassierin und zückte schon die Stickers, weil Mama Venditti ja immer sammeln muss. Ein einziger Blick genügte und mir war klar: Diesmal muss sie nicht, die Mama Venditti.

Warum nicht? Weil uns der Himmel mit vier Söhnen – und einer Tochter – beschenkt hat, die sich keinen Deut um Fussball scheren. Darum müssen wir diesmal nicht.

Es sei denn natürlich, die Meute auf dem Pausenhof bekäme Wind davon, wie viele Bildchen unsere Fussballverächter innert kürzester Zeit beisammen hätten, weil wir den Grossteil unseres Einkommens beim Wocheneinkauf abliefern.