So doof sind wir nun wirklich nicht

Eigentlich sollte es ja witzig sein, aber allmählich nerven mich diese blöden Beiträge auf Social Media, mit denen man sich darüber lustig macht, wie unbeholfen wir Mütter uns angeblich mit Handy, iPad und Laptop herumschlagen. Meistens sieht man da eine verstaubte Alternde, die verzweifelt auf einen Bildschirm starrt und doofe Fragen stellt, die dann von einem leicht genervten Halbwüchsigen in Karlssons Alter beantwortet werden.

Was mich daran so nervt?

Nun, erstens einmal, dass die Mütter der heutigen Sechzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen in diesen Filmchen dargestellt werden, als wären sie Frauen, die knapp vor der Pensionierung stehen oder diese bereits hinter sich haben. Ja, wir sind nicht mehr taufrisch, aber muss man uns deswegen aussehen lassen, wie in der Realität die Urgrossmütter unserer Kinder aussehen?

Zweitens bewegen sich heutzutage wohl die meisten Mütter ziemlich gewandt in den Welten von Internet & Co. Zwar lassen wir  – aus gutem Grund – die Finger von snapchat und vielleicht tippen wir unsere Nachrichten nicht ganz so schnell ins Handy wie unsere Kinder. Doch im Grossen und Ganzen sind wir durchaus in der Lage, mit dem Geräten umzugehen. Wir verbringen den grössten Teil unserer Arbeitszeit am Bildschirm, erledigen unsere Zahlungen online, buchen die Familienferien im Netz, verabreden uns via WhatsApp mit Freundinnen, teilen unser halbes Leben auf allen möglichen Kanälen und manche von uns treiben sich stundenlang in online-Foren rum, um sich mit andern über ihre Sorgen auszutauschen. Die Mutter, die heute noch entsetzt fragt, ob sie mit dem Drücken der falschen Taste das Internet gelöscht habe, muss man mir erst noch zeigen. 

Drittens finde ich es eigentlich ganz beachtlich, was wir in den vergangenen 30 Jahren alles gelernt haben. Immerhin gehören wir noch zu denen, die im Informatikunterricht vor riesigen Monitoren sassen und verzweifelt versuchten, das Zeug zu programmieren, das der Lehrer, der von der Sache auch nicht viel mehr verstand als wir, uns langfädig erklärt hatte. Wenig später verdiente ich einen Sommer lang ziemlich viel Geld damit, Disketten mit Kundendaten ins Laufwerk zu schieben, darauf zu warten, bis auf dem Bildschirm der Asterisk erschien und dann „delete“ zu drücken. Irgendwie haben wir es von diesen rudimentären Anfängen ganz gut ins Heute geschafft, finde ich. 

Viertens geht es mir auf den Geist, wenn man sich über Menschen lustig macht, die mit der digitalen Entwicklung überfordert sind. Es mag nicht meine Generation sein, die hier an die Grenzen kommt, aber die Generationen davor haben meiner Meinung nach jedes Recht dazu, nicht alles zu verstehen, was sich da so rasend schnell entwickelt hat. 

Aus all diesen Gründen bringe ich nicht mal mehr ein müdes Lächeln zustande, wenn wieder eines dieser doofen Filmchen auf meiner Timeline erscheint. Himmel, ich mache mich ja auch nicht über die Jugend von heute lustig, weil sie keine Ahnung davon hat, wie man ein Stofftaschentuch umhäkelt.

Nicht dass ich mich noch daran erinnern würde, wie das geht, aber ich kann mir ja demnächst einmal ein Tutorial auf youtube anschauen…

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Gerätechaos

Eine Sache, die wir nicht beachtet haben, als wir den Entscheid fällten, mehr als die durchschnittlichen 1.54 Kinder zu bekommen:

Zu jedem Kind kommt früher oder später ein Handy

zu jedem Handy kommt eine Nummer

zu jeder Nummer ein Anbieter

zu jedem Anbieter ein unüberschaubares Angebot an günstigen und weniger günstigen Abos und Prepaid-Deals.

Wenn du dich da mal durchgekämpft hast, fängt es erst richtig an mit dem Chaos, denn natürlich gibt es da noch

…unterschiedliche Betriebssysteme und somit dauernde Unklarheit, welchem Familienmitglied man Zugang zu welchen heruntergeladenen Inhalten verschaffen kann.

…E-Mail-Adressen, die im modernen Teenager-Alltag nur noch äusserst selten gebraucht werden, was dazu führt, dass immer im entscheidenden Moment das passende Passwort fehlt, weshalb plötzlich wieder Mamas Erinnerungsvermögen gefragt ist. (Als ob Mamas Gehirn ein Computer wäre, der solche Sachen stets abrufbereit hat. Und als ob Teenager ihren Eltern ihre Passwörter bekannt geben würden. Aber Mütter können selbstverständlich auch ins Verborgene sehen.)

…Ladekabel, die immer entweder unauffindbar, inkompatibel oder defekt sind.

…Akkus, die meist dann leer sind, wenn eigentlich ein anderer ganz dringend das einzige auffindbare, kompatible und intakte Ladekabel bräuchte, um den eigenen leeren Akku aufzuladen.

…den Wunsch nach einer Hülle, die nicht nur hübsch und unverwüstlich ist, sondern auch Schutz vor jedem nur denkbaren Missgeschick bietet, eine Hülle also, die es so nicht gibt, weshalb die Suche danach auch dann nicht zu Ende ist, wenn das Handy von einer halbwegs tauglichen Hülle umhüllt ist.

Darüber, welche Fragen der Zugang zu den grenzenlosen Weiten des Internets mit sich bringt, wollen wir gar nicht erst zu reden anfangen.

Und auch nicht darüber, dass ich bereits jetzt, wo erst drei von fünf mobil telefonieren, komplett den Überblick über die in unserer Familie versammelten Gerätschaften verloren habe. 

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Himmelblaue Idylle

Mir ist ein Fehler unterlaufen, wie er einer Mutter von Teenagern nie unterlaufen dürfte: Ich habe bei der Buchung des Ferienhauses, in dem wir unsere Zeit in Schweden ausklingen lassen, nicht genau überprüft, ob das Häuschen auch wirklich WLAN hat. Fragt mich bloss nicht, wie das hat passieren können, denn sofern ich mich erinnere habe ich damals, als es um die engere Auswahl unseres vorübergehenden Domizils ging, genau darauf besonders geachtet. Ich weiss doch, wie leicht der Familienfriede ins Wanken gerät, wenn unsere Grossen ohne ihre tägliche Dosis Snapchat – oder was es auch immer ist, das sie an ihre Geräte fesselt – auskommen müssen. 

„Tut mir aufrichtig leid, aber es sieht ganz so aus, als hätten wir hier kein WLAN“, musste ich gestern verkünden, nachdem wir unsere Taschen aus dem Auto geholt hatten. Zum Schutz der involvierten Personen möchte ich nicht im Detail ausführen, welche Reaktionen diese Nachricht auslöste. Sagen wir es einfach so: Die Begeisterung über die Ferienunterkunft – drei himmelblau-weiss gestrichene, nett eingerichtete Häuschen ein paar Kilometer ausserhalb von Ystad – war gering. Meine Freudenschreie ob der vielen Tagpfauenaugen, die im Garten umherflattern, wurden mit einem müden Schulterzucken quittiert, meine Versuche, die Stimmung durch den Kauf der richtigen Glacesorte wieder anzuheben, liefen ins Leere. Um nicht alles noch schlimmer zu machen, verkniff ich mir die Bemerkung, so würden wir wenigstens ein paar Tage lang vor den miesen Nachrichten, welche die Welt derzeit liefert, verschont bleiben.

Stattdessen tat ich, was jede liebende Mutter täte: Ich ging in die Stadt und besorgte uns „Pocket Wi-Fi“. Ebenso schlagartig wie sich dadurch die Stimmung hob, senkte sich auch der Lärmpegel in unserer himmelblauen Idylle. Nach knapp 24 Stunden Offlinebetrieb ist der Familienfriede wieder hergestellt. 

Ich geh dann mal die Tagpfauenaugen beobachten…

(Warum hat eigentlich keiner ein Geschrei gemacht, als wir die letzten zwei Wochen ohne Geschirrspüler und Waschmaschine auskommen mussten?)

 

Wieder mal ein paar Absurditäten

Neulich wieder so ein Facebookpost zum Thema Integration. Die Muslime sollten sich nicht so anstellen wegen dem Schweinefleisch, hiess es da sinngemäss, die sollten sich gefälligst an die Gebräuche unser jüdisch-christlich geprägten Kultur anpassen. Und ich hab doch tatsächlich geglaubt, es gehöre zum Allgemeinwissen, dass von den drei monotheistischen Weltreligionen nur eine hemmungslos zugreift, wenn Borstenvieh auf den Tisch kommt. 

Sitzt vor ein paar Tagen einer, der vermutlich aus dem Osten kommt, mit einem Akkordeon an der Ecke und spielt ganz leidlich. Nicht mein Stil zwar, aber doch so, dass man ihm zuhören mag, währenddem man auf den Bus wartet. Ein paar meiner Münzen hat er mehr als verdient. Eine ältere Dame schaut mir zu und ruft: „Ist er nicht süss? Und er macht das ja auch so toll!“ Gerade so, als sässe da ein putziger, kleiner Hund, der seine Kapriolen macht und nicht ein erwachsener Mensch, der seine Kunst vermutlich lieber vor anspruchsvollerem Publikum präsentieren möchte. 

Töchterchen soll einen Vortrag schreiben, hat aber bei ihrem ehemaligen Lehrer nicht viel darüber gelernt, wie man das anstellen muss. Der neue Lehrer an der neuen Schule kann das natürlich nicht wissen, geht davon aus, dass Töchterchen das kann und erklärt deshalb nur das Allernötigste. Wenn Töchterchen dann ihren Vortrag hält, wird er darum nicht wissen, dass er bloss einen Querschnitt aus Mamas verstaubtem Schulwissen und den Weisheiten von Google präsentiert bekommt. 

Da hat sich einer eingehend mit einer Materie befasst, ist in den Weiten des Internets zu einem wahren Experten geworden, den man auch gerne in Interviews zu Rate zieht, aber den Unterschied zwischen „das“ und „dass“ hat er dennoch nicht begriffen, weshalb er die Version mit den zwei s in sämtlichen Texten konsequent meidet. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn er sich mit der Kohle, die er mit seinem Expertenwissen scheffelt, einen anständigen Lektor leistete. 

Zoowärter sagt zum Prinzchen, er solle sich gefälligst nicht so anstellen, weil Papa gesagt hat, er hätte heute keine Zeit, um mit seinem Jüngsten das letzte Geburtstagsgeld zu verjubeln, wegen einer solchen Kleinigkeit müsse man doch nicht gleich heulen. Und heult eine Stunde später selber Rotz und Wasser, weil ich gesagt habe, wir hätten heute keine Zeit, um das neue Buch zu kaufen, das sich der Zoowärter mit fleissigem Lesen verdient hat. 

Mama Venditti glaubt, eine Tasse Glögg aus dem schwedischen Einkaufshaus würde vielleicht helfen, die Schreibblockade zu vertreiben, damit sie alle ihre Abgabetermine einhalten kann. Schliesslich hätten die grossen Schriftsteller alle gesoffen wie die Löcher, da würden bei ihr, die keine grosse Schriftstellerin ist, ein paar Tropfen bestimmt reichen. Die paar Tropfen verfehlen ihre Wirkung nicht, Mama Venditti ist jetzt so hundemüde, dass sie sich unverrichteter Dinge aufs Ohr hauen muss. 

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Keine Sorge, Ihrem Paket geht es gut

Es gab ja mal eine Zeit, da musste man, wenn man etwas bestellen wollte, einen Zettel ausfüllen. Dieser Zettel war dann ein paar Tage lang unterwegs und kam irgendwann am Ort seiner Bestimmung an. Was dann mit dem Zettel geschah, wusste man nicht so recht, auf alle Fälle dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis eines Tages endlich der Pöstler an der Tür klingelte und das Paket überreichte. Mühsam war das, aber auch irgendwie spannend. 

Heute ist das ganz anders. Du tippst deine Bestellung ein, bekommst die Bestätigung, dass deine Bestellung angekommen ist und von da an wirst du mit Mails überflutet. „Wir haben Ihre Bestellung an unser Logistikzentrum übermittelt“, heisst es eine halbe Stunde später, „Unser Logistikzentrum hat ihre Bestellung bearbeitet“, nach noch einmal 45 Minuten. Spät nachts dann die Nachricht, die Bestellung sei jetzt unterwegs und von da an reisst der Strom an Nachrichten nicht mehr ab. „Ihr Paket befindet sich jetzt im Verteilzentrum.“ „Ihr Paket wurde in den Güterwaggon verladen.“ „Ihr Paket fährt jetzt gerade durch den Kanton Thurgau.“ „Ihr Paket hat die Grenze zum Kanton Solothurn überschritten.“ „Ihr Paket befindet sich jetzt gerade an der Kreuzung Milchgasse/Haselweg.“ „Unser Mitarbeiter hat ihr Paket soeben dem Postbeamten in die Hand gedrückt.“ Und zwischendurch natürlich immer wieder beruhigende Versicherungen: „Ihrem Paket geht es gut. Sein Puls bewegt sich im normalen Bereich und auch die nachmittägliche Hitze konnte ihm nichts anhaben.“ Oder: „Vielleicht haben Sie in den Medien von dem heftigen Gewitter in der Bodenseeregion gehört. Bitte machen Sie sich keine Sorgen um Ihr Paket, wir konnten den Verladevorgang abschliessen, bevor die heftigen Regengüsse eingesetzt haben.“

So läuft das ohne Unterbruch und darum bist du stinksauer, wenn der Pöstler ohne zu klingeln an deinem Haus vorbeigeht. Müsste doch schon längst da sein, dieses doofe Paket. 

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Hobbygärtner 

Es ist noch nicht allzu lange her, als ich in den Weiten des Internets nach Rat in Sachen Kinderkriegen und Kinderhaben suchte. Gab ich zum Beispiel „Hausmittel Milchstau“ ein, landete ich mitten in einer hitzigen Diskussion, die so anfing: „Hilfe!!!! Ich habe Milchststau!!!! Tut weh wie Sau!!!! GG sagt, ich soll aufhören, Stumpelchen mit MuMi zu füttern, aber das finde ich herzlos. Brauche dringend ein Hausmittel!!!!“ Dann folgten zehn Seiten Zank, der sich hauptsächlich um die Frage drehte, ob die arme Mama lieber den herzlosen GG in die Wüste schicken, oder Stumpelchen durch verfrühten Abbruch der MuMi-Zufuhr dem Verderben ausliefern wolle. Brauchbare Rezepte für Hausmittel gingen in der Flut der nicht immer korrekt geschriebenen Wörter leider unter.

Heute befrage ich das Internet nicht mehr zum Thema Milchstau, heute will ich wissen, ob ihm etwas zu den Begriffen „Sanddorn Rhizomsperre“ einfällt. Natürlich fällt ihm etwas ein und was ich lese ist nicht minder unterhaltsam als das, was ich zu „Hausmittel Milchstau“ zu lesen bekam. Das sieht dann etwa so aus:

Petunia: „Hallo Leute, kann mir jemand helfen? Ich möcht so gerne Topinambur in meinm Garten pflanzen weil ich die so mag, aber jetzt sagt mein Freund, die wuchern so schlimm, da bekomme ich Krach mit den Nachbarn.“

Naturbursche: „Willst du mit deinem Nachbarn in Frieden leben, lass die Finger von Topi. Kommt nicht gut. Ich rede da aus Erfahrung…“

Lavendelkönigin: „Sorry, Petunia, aber im Naturgarten haben Topis nichts verloren!“

Petunia: „Warum nicht? Ich verzichte auf Kunstdünger und verwende auch keine Schneckenkörner.“

Lavendelköniging: „Schon mal nachgelesen, woher die Topis kommen? Also, wenn du die für eine einheimische Pflanze hältst, hängst du dein Gartenwerkzeug besser an den Nagel.“

Naturbursche: „Ich lach mich schlapp! Du willst Topis düngen?! Willst du denn für den Rest deines Lebens nichts anderes mehr fressen?! Nette Grüße an deine Verdauung….“

Grüner Daumen: „Hast du nicht mehr alle, Naturbursche? Dürfen Anfänger denn nicht mal mehr ihre Fragen stellen, ohne dass du sie in deinen Spott ersaufen lässt?“

Petunia: „Ich bin keine Anfängerin!!! Ich ziehe seit Jahren erfolgreich Basilikum im Balkonkistchen!!!!“

Lavendelkönigin: „Ich ziehe meinen Hut vor dir, du Gartenexpertin….“

Petunia: „Das wird mir echt zu doof hier!“

Grüner Daumen: „Krieg dich wieder ein, Petunchen. Wenn du Topis pflanzen willst, baust du am besten eine Rhizomsperre ein, dann wuchern sie vielleicht nicht ganz so schlimm.“

Petunia: „Eine was?“

Naturbursche: „Tja, sowas braucht man halt nicht beim Basilikum….“

Grüner Daumen: „Halt mal die Fresse, Naturbursche. Eine Rhizomsperre ist so ein Ding, das man in den Boden eingräbt, damit die Wurzeln sich nicht im ganzen Garten verbreiten. Kriegst du im Baumarkt oder im Gartencenter.“

Lavendelkönigin: „Kannst auch Teichfolie nehmen. Kommt billiger.“

Grüner Daumen: „Vergiss den mit der Teichfolie! Hab ich bei meinem Bambus gemacht und jahrelang bitter bereut….“

Lavendelkönigin: „Also bei meinem Sanddorn hat sich die Teichfolie bestens bewährt.“

Naturbursche: „Teichfolie für Bambus?!?!?! Ich hab gemeint, das hier sei ein Forum für echte Gärtner und nicht für hirnverbrannte Vorgartenzwerge, die ein bisschen im Dreck wühlen.“

So geht es endlos weiter, weil aber keine brauchbaren Angaben zum Thema „Rhizomsperre Sanddorn“ zu erwarten sind, breche ich hier ab. Immerhin weiß ich jetzt, dass Hobbygärtner ebenso rechthaberisch sind wie Mamas. 

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Global trading oder so

Neulich reiste eine Freundin in die Ferien und damit mir während ihrer Abwesenheit nicht allzu langweilig würde, überliess sie mir ihren Slow Cooler zum Spielen. Wir zwei verstanden uns ganz prächtig und als der Kleine mir erklärte, wie ich dank seiner Hilfe endlich mal ganze Tage ungestört durcharbeiten könnte, ohne dass meine Lieben deswegen verhungern, beschloss ich, im Küchenschrank einen permanenten Platz für einen seiner Brüder freizuschaufeln. 

Nun versuche ich aber, ein kritisch denkender Mensch zu sein und so machte ich mich vor dem Kauf im Internet kundig, wie es denn um die Energieeffizienz des Topfes stünde. „Ganz in Ordnung“, meinten die Experten mehr oder weniger einstimmig, „noch besser aber wäre ein Thermal Cooker.“ Was das sei, wollte ich wissen und nach langem Suchen rückte das www dann endlich raus. Das sei so ein Ding, bei dem man die Speisen auf den Herd kurz erhitze, dann komme der Topf in einen Thermostopf, wo das Zeug ganz ohne weitere Energiezufuhr gegart werde. „So, wie die das früher in in der Kochkiste gemacht haben und die sind ja auch nicht verhungert“, wurde noch eine Erklärung hinterhergeschoben, um meine Zweifel zu zerstreuen, ob das denn auch wirklich funktioniere. Ich war überzeugt und wollte wissen, wo ich denn so ein Ding bekäme. „Hmmmm, lass mal sehen… Du wohnst in der Schweiz…. Tja, das könnte schwierig werden…“, gab das www zögerlich zur Antwort, meldete dann aber nach einer erneuten Suche freudig, „Saratoga Jacks“ aus Australien würde auch in die Schweiz liefern. Das Ding sei zwar etwas teurer als ein gewöhnlicher Slow Cooker, aber ich würde das Geld ja dann mit den gesparten Stromkosten wieder reinholen.

Auch dieses Argument überzeugte mich, also füllte ich meinen virtuellen Warenkorb mit allem, was ich für meine ersten Gehversuche für nötig erachtete. Die Überraschung kam an der Kasse. Der gute „Jack“ wollte nämlich rund 230 US-Dollar dafür haben, dass er mir den Topf in die Schweiz spediert. Einen Moment lang war ich konsterniert, dann aber fiel mir ein, dass ich ja irgendwo noch so eine Adresse in Kalifornien habe, wo man für mich Dinge in Empfang nimmt, die sie nicht in die Schweiz liefern wollen. Und siehe da, in die USA liefert „Jack“ schon für 14 Dollar. „That’s much better, Jack“, sagte ich und sah mich schon als glückliche Besitzerin eines Thermal Cookers.

Aber jetzt stellte sich die Kreditkartenfirma quer. Eine Tamar Venditti würde sie schon kennen, meldete sie, und sie würde ihr auch erlauben, Geld auszugeben, aber irgend etwas sei da faul. „Die wohnt nicht in Kalifornien, die wohnt in der Schweiz, also verkauft ihr um Gottes Willen diesen Topf nicht, da ist bestimmt Betrug im Spiel“, motzte sie und schickte mich zurück in die Weiten des Internets. „Du könntest es ja mit Amazon versuchen…“, meinte das www schüchtern und weil ich wirklich einen Thermal Cooker haben möchte, liess ich mich darauf ein. Der Internet-Gigant zeigte sich für einmal ganz freundlich, zumindest anfänglich. Natürlich würde er mir den Topf in die Schweiz schicken, sagte er, und er würde das auch für weniger Geld machen als die Herstellerfirma. „Mit 190 Dollar Versandkosten bist du dabei“, meinte der Gigant und glaubte wohl allen Ernstes, mit mir ins Geschäft kommen zu können. „Ist doch immerhin billiger als bei Jack“, rief er mir hinterher, als ich mich fast fluchtartig davon machte, um mir halt doch irgendwo einen konventionellen Slow Cooker zu besorgen, damit ich nächste Woche, wenn die Horde wieder in der Schule ist, ungestört arbeiten kann.  

Tja, und jetzt hätte ich gerne jemanden, der mir aus den Australienferien einen „Deluxe Saratoga Jacks 7 Liter Thermal Cooker“ bringt. Und wenn das nicht geht, dann halt eine handwerklich begabte Person, die mir eine anständige Kochkiste baut. Ich glaube, meine Mutter hat in ihrem uralten Kochbuch noch eine Anleitung, wie man das macht. 

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Grenzen(los)

Man sagt ja, wir lebten in einer globalisierten Welt, einer Welt, die zumindest innerhalb von Europa kaum mehr Grenzen kennt. Irgendwie stimmt das ja auch. Zumindest ist es eine ganze Weile her, seitdem ich zum letzen Mal an einer innereuropäischen Grenze ein Reisedokument habe vorweisen müssen und das, obschon wir Schweizer ja nicht so richtig dazugehören (wollen). Dafür aber stößt man im virtuellen Bereich immer wieder auf überraschende Grenzen. Zum Beispiel kann ich mir bei Netflix meine „Tudors“ ganz ungehindert zu Ende reinziehen,  „Meiner“ aber wird bis Juni warten müssen, um zu erfahren, wie „The Americans“ ausgeht, denn das gibt’s hier nicht. Dafür aber eine seichte Romcom über einen traurigen Koch, die wir uns nur angesehen haben, weil das zu Hause nicht geht (und wir uns an jenem Abend wirklich gar nichts zu sagen hatten, da wir einander tagsüber mehrmals in die Haare geraten waren). Wir hätten natürlich auch „Downton Abbey“ haben können, dafür aber kein „House of Cards“, was in der Schweiz genau umgekehrt wäre. 

Will ich mich beim Schweizer Fernsehen darüber informieren, was zu Hause so läuft, kann ich das immer erst dann tun, wenn die Sendung im Archiv ist, live geht nicht, aus rechtlichen Gründen, wie mir ein Popup erklärt. Was aus Patrick Jane wird, kann „Meiner“ entweder auf Französisch erfahren, oder gar nicht, denn was in Deutschland ausgestrahlt wird, darf offenbar in Frankreich nur über den Fernseher empfangen werden, aber der hier im Haus empfängt ausschließlich französische Sender, was auch gut ist, denn sonst kämen die Kinder noch auf die Idee, bei diesem Prachtwetter vor der Glotze abhängen zu wollen. So müssen sie sich mit Handy und iPad zufrieden geben, was bei den streng bewachten Internetgrenzen aber…. Ach, ich glaube fast, das habe ich schon erklärt. 

Darum ziehen sie sich jetzt halt Carmen und Robert Geiss auf youtube rein. Für Trash gibt’s offenbar keine Grenzbestimmungen. 

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Gerätevermehrung

Am Anfang war da nichts. Na ja, fast nichts. Die Überzeugung, dass wir auch ohne können, die war da, felsenfest. Irgendwann kamen dann doch die ersten Gehversuche, unfreiwillig noch, ziemlich mühsam obendrein, aber ein paar Vorteile liessen sich erahnen. Er blieb bei seinem klaren Nein, ich meinte, vielleicht, irgendwann, später einmal könnte das schon noch interessant werden. Zwei oder drei Jahre später der Einstieg ins Uni- und Berufsleben, bei mir verbunden mit der Pflicht, mich in die Sache einzuarbeiten, bei ihm blieb es freiwillig, also blieb auch seine Überzeugung, dass er es nicht braucht. Mir fing es derweilen an, Spass zu machen, die Empörung, als die Professorin verlangte, dass jeder Student sich eine E-Mail-Adresse zulegt, war dennoch riesig. In unsere erste Wohnung zog also auch ein Computer ein. Ein grosses Ding, mit klotzigem Monitor und schwerem Tower. Er blieb skeptisch, war dann aber auch der Meinung, ein Internetanschluss könnte vielleicht ganz praktisch sein. Der Computer war meine Domäne, er gab sich nur damit ab, wenn es sich nicht vermeiden liess. 

Zeitgleich stellte sich die Frage, ob man so ein Handy, das plötzlich alle hatten, braucht. Wir waren uns einig: Braucht man nicht. Wir blieben uns einig, bis sich Nachwuchs ankündigte und er erreichbar sein wollte, auch während der Schulstunden. Diesmal war ich skeptisch, doch eine Aktion bei der Migros – zwei für eins oder so – setzte meinem Widerstand ein Ende. 

Irgendwann zog Apple bei uns ein, die sperrigen Computerdinger mir Tower und Kabelsalat verschwanden, die durchwachten Nächte, während derer ich versuchte, Probleme zu lösen und Viren zu vertreiben, gehörten der Vergangenheit an. Jetzt fiel es auch ihm leichter, sich mit dem Zeug anzufreunden. Steuererklärungen, E-Banking und Pannen blieben aber ganz klar meine Aufgabe. Dann sah ich zum ersten Mal ein Tablet und war hin und weg, was ihn dazu bewog, mir eines zur Veröffentlichung des ersten Buches zu schenken. Das Gerät gehörte mir ganz alleine, wurde aber doch von allen Familienmitgliedern – inklusive dem Jüngsten, der damals gerade mal zwei war – eifrig genutzt, bis es den Geist aufgab. Ein Ersatz musste schnell her, wieder sollte er mir alleine gehören, denn die anderen hatten ja den neuen Computer, den Laptop und den alten Computer.

Als er sich trotzdem immer und immer wieder an meinem Tablet vergriff, schenkte ich ihm sein eigenes Mini-Tablet. Der Älteste hatte da schon sein erstes Smartphone, die Tochter einen iPod. Dann fing er an, Kurse zu erteilen, wollte nicht immer den Laptop mitschleppen, hatte auf dem Mini-Ding aber kein Platz für die benötigte Software. Er bekam ein grosses Tablet, das Mini-Ding wurde mit Lern-Apps für die Kinder vollgestopft, die Tochter bekam ein Smartphone, ich gewann beim Wettbewerb ein Fairphone und musste mir einen neuen Laptop anschaffen, der Dritte durfte den iPod des Cousins übernehmen, der Älteste ersteigerte sich mit seinem Geburtstagsgeld sein eigenes Tablet…

Plötzlich überall Geräte, Kabelsalat, weil jetzt jeder immer irgend etwas am Aufladen ist und manchmal die erstaunte Frage, ob wir wirklich mal im Ernst geglaubt hatten, wir könnten uns dieser Sache entziehen. 

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Denen hab‘ ich’s aber gegeben…

Gäbe es kein Internet, hätte ich wohl einfach in der einen oder anderen Frauenrunde meinem Ärger Luft gemacht, manchmal hätte ich „Meinem“ die Ohren voll gejammert und irgendwann hätte ich die Sache wieder vergessen. Zumindest bis zum nächsten Kleider-Frust. Aber es gibt das Internet und darum ist es auch keine Sache mehr, die Modelabels zu kontaktieren, die diese wunderschönen Kleider für Frauen ohne Kurven schneidern. Und weil es keine Sache ist, habe ich den zwei Labels geschrieben, deren Kleider ich wirklich unglaublich gerne tragen würde. Gut, ich hätte natürlich auch eine Crash-Diät, eine Brustverkleinerung und Fett absaugen ins Auge fassen können, aber es schien mir einfacher, den Leuten mal gehörig die Meinung zu sagen.

Was ich ihnen geschrieben habe? Na ja, was frau eben so schreibt, wenn sie sich darüber ärgert, dass ein Kleid, welches eigentlich für erwachsenen Frauen gedacht wäre, der elfjährigen Tochter passen würde. Zuerst habe ich natürlich geschmeichelt und geschrieben, ich hätte noch nie so schöne Kleider gesehen, was ja auch stimmt. Dann habe ich erzählt, wie frustriert ich gewesen sei, als mir keines der Kleider passen wollte. Schliesslich wurde ich zynisch und fragte, ob ich denn wie eine Elfjährige aussehen müsste, um das tragen zu können, was bei ihnen als Übergrösse angeschrieben ist. Zum Schluss bat ich, sie möchten doch in Zukunft bitte Kleider für richtige Frauen schneidern.

Was ich mir von der Sache erhoffe? Nichts. Aber immerhin kann ich mir einreden, ich hätte mich für uns normalen Frauen gewehrt. 

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