Weg damit, so schnell wie möglich!

Als mir vor vielleicht 30 Jahren zum ersten Mal eine Kapstachelbeere – auch bekannt unter dem Namen Physalis – begegnete, war ich tief beeindruckt. So ein hübsches kleines Ding! Ob man das essen konnte?

Man konnte und so gehörte ich bald zu der Hälfte der Menschheit, die, wenn das Dessert auf den Tisch kommt, erst einmal mit Genuss das orangefarbene Kügelchen verspeist. (Ganz im Gegensatz zu der anderen Hälfte der Menschheit, die das arme Kügelchen mit angewidertem Gesichtsausdruck beiseite schiebt, um es traurig und einsam auf dem leergeputzten Dessertteller zurückzulassen.)

Auch als die Beeren allmählich alltäglich wurden, ass ich sie mit Bedacht – ja, beinahe schon mit Ehrfurcht. Immerhin kamen die Dinger von weither und man konnte nicht wissen, ob man nicht gerade einem Volksstamm, der es ohnehin nicht leicht hatte, das einzig verbliebene Grundnahrungsmittel wegfutterte.

Ich war daher sehr erleichtert, als es in den Gartencentern die ersten Setzlinge zu kaufen gab. Meiner Ehrfurcht beim Essen tat dies jedoch keinen Abbruch. Ich staunte jetzt einfach darüber, dass es Gärtner mit unglaublich grünem Daumen geben musste, die halb Westeuropa mit ihrer Ernte eindeckten. Die konnten offenbar etwas, was ich nicht konnte, denn mein eigener Ertrag reichte gerade mal dazu, mir zu beweisen, dass die Pflanze auch in unserer Klimazone durchaus das Potential zum Überleben hätte – so sie denn wollte.

Tja, und dann konnte ich mir endlich den lange gehegten Traum eines grossen Gewächshauses erfüllen. Bald nach der Errichtung zogen zwei Physalispflänzchen ins mittlere Hochbeet ein.

Es gefiel ihnen gut dort drinnen, sehr gut sogar und ich erkannte bald einmal: Wer Physalis ernten will braucht keinen grünen Daumen, wohl aber irgendwann ein zweites Gewächshaus, denn die Pflanze lässt sich durch nichts aufhalten, solange ihr kein Frost in die Quere kommt.

Heute sehe ich es als meine heilige Pflicht an, so viele Kapstachelbeeren zu futtern, wie ich nur kann. Ich liebe sie weiterhin, aber von Ehrfurcht ist da keine Spur mehr. Wenn schon, dann eher Furcht. Und ein grosses Verständnis für die Menschen, die irgendwann keinen anderen Ausweg mehr sahen, als das Zeug in alle Welt zu exportieren, um ihre eigene Haut zu retten.

Nichts wie weg mit dem Zeug, so schnell wie möglich!

Ihr alle da draussen solltet ganz dringend damit anfangen, die Beeren mit Stumpf und Stiel wegzuputzen – egal, ob ihr sie mögt oder nicht. Und bitte bei der Ausscheidung tunlichst darauf achten, kein keimfähiges Saatgut in die Natur auszubringen.

Wer nämlich beim grossen Futtern nicht mithilft, wird sich dereinst die Frage gefallen lassen müssen: „Wie konntest du nur tatenlos zuschauen, als dieses elende Gewächs die Weltherrschaft an sich riss?“

Novembergärtnern

Laut Wetterprognose sollte es regnen – doch der Himmel ist blau, nur ab und zu ziehen Wolken vorbei. Gartenwetter also.

Ob ich eine Jacke brauche? Na ja, vielleicht die leichte Strickjacke. Mehr wäre übertrieben.

Lautes Vogelgezwitscher in Nachbars Tanne, Feuerwanzen halten zwischen üppig blühenden Dahlien ihre Versammlung ab, eine einsame Libelle verirrt sich ins Blumenbeet.

Ich schaue nach, was die Kürbisse machen. Das vielversprechendste Exemplar ist den Nacktschnecken zum Opfer gefallen. So ein Mist, ich hatte gedacht, aus dem könnte noch etwas werden. Damit der Eisbergsalat nicht das gleiche Schicksal erleidet, ernte ich ihn fürs Mittagessen – und bringe gleich ein paar gierige Nacktschnecken um die Ecke, die auf das zarte Grün lauern.

Der Kakibaum lässt endlich die Blätter fallen, die Früchte aber warten vergeblich auf den ersten Frost und drohen zu faulen. Vielleicht sind sie auch einfach nur verwirrt – wo doch gleich neben dem Baum eine einsame Nachtkerze vor sich hin leuchtet, als wäre es ein lauer Juliabend. Auch der Phlox mag sich partout nicht von seinen letzten Blüten trennen und die Veilchen führen sich auf, als spürten sie den Frühling.

Ich buddle Blumenzwiebeln in die Erde. Man hat sie mir im Baumarkt fast gratis hinterher geschmissen, weil sich ausser mir keiner mehr in die Gartenabteilung verirrt. An der Kasse wirft man mir schräge Blicke zu, weil ich meinen Einkaufswagen mit Erde beladen habe – und nicht mit Dingen, die sich anständige Leute um diese Jahreszeit eben kaufen: Duftkerzen, Schneeketten, Holz für den Kamin und Weihnachtskram, der den kahlen Garten schmücken soll.

Aber die Gärten sind nun mal nicht kahl, also kann mich auch keiner davon abhalten, ein paar Rosenstöcke zu pflanzen, Rittersporn, Malven, Fingerhut und Katzenminze – was die Katzen, die ohnehin schon überdreht sind, vollends um den Verstand bringt.

Allmählich wird mir warm. Nicht nur vom Schleppen und Buddeln, auch die Sonne trägt ihren Teil dazu bei. Es wäre eben doch ohne Strickjacke gegangen. Wie gut, dass gelegentlich ein kurzer Regenschauer für etwas Abkühlung sorgt.

Aber warum erzähle ich das alles überhaupt? Wen interessiert denn schon, was ich an einem ganz gewöhnlichen Apriltag mitten im November in meinem Garten so anstelle?

Gute Geschäfte

Weil ich mich geweigert habe, ein Kässeli aufzustellen und statt dessen meine überzähligen Tomatenpflanzen verschenkt habe…

… weiss jetzt nicht nur, dass in unserem Quartier Menschen leben, die ich zuvor noch nie gesehen habe, ich weiss auch, dass die meisten dieser Menschen ausgesprochen nett und tomatenliebend sind.

… kenne ich endlich all die herzigen kleinen Kinder aus der Nachbarschaft, denn sie kamen immer und immer wieder angerannt, um zu fragen, ob sie vielleicht noch ein Pflänzchen haben dürften. Sie hätten noch soooooo viel Platz im Garten.

… kam auf unserem Parkplatz zuweilen richtig Stimmung auf, weil sich auf einmal ganz viele interessante Menschen gleichzeitig um den Pflanzentisch scharten.

… sah ich endlich alle meine tomatenliebenden Freunde wieder, für die im randvollen Alltag leider viel zu wenig Zeit bleibt.

… stand am Morgen manchmal ein fremdes Pflänzchen in meinem Gewächshaus, weil jemand sich erkenntlich zeigen wollte, ohne erkannt zu werden.

… durfte ich ein andermal einen riesigen Bund Rhabarber in Empfang nehmen, weil der in meinem Garten so schlecht gedeiht.

… konnte ich dem Spendensammler einer grossen Umweltschutzorganisation glaubhaft machen, dass ich eigentlich auch ohne seine Belehrungen schon ziemlich grün unterwegs bin – was ihn natürlich nicht davon abgehalten hat, mir trotzdem eine Spende abzuschwatzen.

… stiegen mir bei zwei Gelegenheiten beinahe die Tränen der Rührung in die Augen. Das erste Mal, als eine alte Frau sich überschwänglich dafür bedankte, dass ich mir Zeit für einen Schwatz mit ihr genommen hatte. Und das zweite Mal, als mir eine junge Frau sagte, ich hätte „den geilsten Garten weit und breit“.

Alles in allem habe ich also unglaublich gute Tauschgeschäfte gemacht.

Was man im Spätherbst halt so tut…

Was ich eigentlich tun müsste:

  • Geburtstagsgeschenke für Karlsson organisieren
  • Das Menü für Karlssons 18. Geburtstag planen
  • Einen Termin mit dem Samichlaus vereinbaren
  • Den Adventskalender zusammenstellen
  • Zutaten für Christstollen bestellen
  • Mich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, ob ich den kindlichen Wünschen nach Weihnachtsdekoration nachgeben soll, oder ob ich mich einmal mehr taub stelle, weil ich auch im Jahr 18 nach Familiengründung noch kein Flair für solche Dinge entwickelt habe
  • Weihnachtswünsche zusammentragen
  • Tief in mich gehen, um zu spüren, ob ich in diesem Jahr die Nerven für einen weiteren Panettone-Versuch habe oder ob ich damit den Familienfrieden ernsthaft gefährden würde

Was ich stattdessen tue:

  • Im Garten an den Veilchen riechen
  • Vereinzelte Walderdbeeren und Himbeeren pflücken
  • Die Peperoni, die in Töpfen auf dem Fenstersims reifen, hegen und pflegen
  • Auf dem Balkon und im Wohnzimmer zweijährige Stauden heranziehen
  • Nachprüfen, ob die zweite Physalis-Ernte bald soweit ist
  • Dem frühlingshaften Vogelgezwitscher lauschen
  • Mich über Menschen ärgern, die sich lauthals über die „elende Kälte und das nasse Wetter“ beklagen
  • Immer mal wieder ein wenig jäten
  • Zucchini ernten

Also einfach das, was man halt so tut, wenn sich der November nicht entscheiden kann, ob er lieber April, September oder vielleicht doch so etwas wie ein Spätherbstmonat sein möchte…

 

Dahlienliebe

Vor ein paar Tagen ging ich mit einer Bekannten durch unseren Garten. Als wir zu den Dahlien kamen, bemerkte eine von uns beiden: „Was habe ich Dahlien doch früher immer gehasst!“ „Ich auch“, meinte die andere, „richtige Altweiberblumen, fand ich.“ „Genau, so sah ich das auch. Ich dachte immer, die seien so furchtbar verstaubt und altmodisch.“

Im Weitergehen erzählten wir einander, wie sich unsere Abneigung im Laufe der Jahre allmählich in eine leidenschaftliche Zuneigung verwandelt hatte und bemerkten dabei nicht, was wir mit unserem Reden bestätigten: Frau muss wohl tatsächlich ein gewisses Alter erreichen, ehe sie Dahlien lieben lernen kann. 

Dahlie

Rosarote Wolke

Immer und immer wieder zieht es mich ans Fenster, weil ich zwischen zwei Sätzen einen Blick auf das rosarote Blütenmeer in unserem Garten werfen muss. Sollten „Meiner“ und ich uns dem Unkraut am Boden widmen, starren wir statt dessen mit verzücktem Blick nach oben, denn vor dem strahlend blauen Himmel sieht das Rosarot noch viel schöner aus. Bald schon hantiert „Meiner“ nicht mehr mit der Gartenschaufel, sondern mit der Kamera, denn die ach so vergängliche Schönheit muss immer wieder eingefangen werden. Fussgänger bleiben stehen, manch einer verwickelt uns in ein Gespräch und sogar Luise, die mit Gartendingen so gar nichts anzufangen weiss, muss gestehen, dass die rosarote Pracht atemberaubend ist. 

Nur eine lässt sich von der Schönheit nicht beeindrucken. Ausgerechnet die ältere Frau, mit der ich so gerne über Gemüseanbau, Blumen und langjährige Ehen plaudere, wenn ich im Garten arbeite, sieht die Dinge diesmal ganz anders als ich. „Der ist ja zu nichts zu gebrauchen“, sagt sie verächtlich. „Und wenn das Zeug verblüht ist, machen die unzähligen Blütenblätter einen Haufen Arbeit.“

Natürlich hat sie vollkommen recht. So ein japanischer Kirschbaum ist wirklich nur reine Zierde und hätte in einem Garten, der sich darum bemüht, möglichst ökologisch zu sein, nichts verloren. Dass ich ab nächster Woche wieder zeternd und schimpfend die verwelkten Blättchen vom Trottoir klauben werde, kann ich jetzt schon mit ziemlicher Sicherheit voraussagen.

Aber Himmel, wie sollte ich mich von dem unnützen Kerl auch trennen können? Die unzähligen Momente des verzückten Staunens, die er mir und vielen anderen jeden April beschert, sind doch Daseinsberechtigung genug. 

rosawolke

 

Trau nie einer Kellerassel

Eigentlich waren sie mir ja schon unheimlich, als ich noch ein kleines Kind war. Die Biester waren immer überall dort, wo man sie nicht antreffen wollte, kamen in Scharen unter Steinen hervorgekrochen und dann waren sie auch noch grau. Grau war schon damals hässlich.

Hätte ich doch bloss auf mein mir angeborenes Misstrauen vertraut. Aber nein, ich liess mir von irgend einem Gartenratgeber einreden, die Viecher seien Nützlinge, man könne sie im Garten einfach gewähren lassen. Die würden im Kompost äusserst wertvolle Arbeit verrichten.

Dass die sich gierig auf Jungpflanzen stürzen, wenn man die unbeaufsichtigt herumstehen lässt, wurde natürlich nur in einem Nebensatz erwähnt. Davon, dass sie sich mitsamt ihrem Gefolge in den Töpfen verstecken, wenn man versucht, die zarten Gewächse in Sicherheit zu bringen, stand nicht ein Wort. Tja, und dann kam es eben zu diesem unsäglichen Fressgelage im Hochbeet… Nur mit grösster Mühe gelang es „Meinem“ und mir, wenigstens einige der zarten Cosmea-Setzlinge zu retten, die ich über Wochen mit viel Liebe herangezogen habe.

Immerhin weiss ich jetzt wieder, dass beim Gärtnern das Bauchgefühl zuweilen zuverlässiger ist als der Gartenratgeber.

Gefährliche Feierabendbeschäftigung

Es ist wieder diese gefährliche Zeit im Jahr: Im Garten zeigt sich mit Ausnahme von zahllosen Schneeglöckchen, Osterglocken und Primeln noch gar nichts und ich verfalle mal wieder dem Irrglauben, wir hätten noch kaum Pflanzen in den Beeten. Also ziehe ich hunderte von Setzlingen heran, bestelle Dahlienknollen, Bodendecker und noch mehr Saatgut, tätige Hamsterkäufe in der Gärtnerei und trage mich mit dem Gedanken, von einigen Blumen, die ich bereits gezogen habe, noch mehr anzusäen. Man kann ja nie wissen, ob das, was schon da ist, auch wirklich reicht.

Ausgerechnet in dieser sensiblen Phase kommt „Meiner“ auf die Idee, mit mir zum Feierabend eine britische Gärtnersendung zu schauen. Man kann sich ja vorstellen, wozu das führt: Ich komme auf dumme Gedanken. Gartenpfade, die mit duftendem Thymian überwachsen sind, neue Hochbeet-Ideen, perfekte Pflanzengemeinschaften, noch mehr und noch buntere Blumen, jeder Flecken Erde mit etwas Schönem bewachsen und irgendwo, in unerreichbarer Ferne, der Traum von einem winzigen Home Office im Grünen. 

Was sich davon umsetzen lässt? Vermutlich gerade mal die Sache mit der üppigeren Bepflanzung. Woher soll ich auch Zeit nehmen für grössere Projekte, wo ich schon kaum damit nachkomme, meine zahllosen Sämlinge zu pikieren?

Aber man wird im Garten ja wohl noch ein paar Luftschlösser bauen dürfen… 

not my picture

 

 

 

Garteneile

Mein Gartenjahr, wie es normalerweise aussieht

Ende Januar: „Ich halte es keine Minute mehr aus ohne Gartenarbeit. Her mit dem Saatgut, aber schnell! Wenn doch bloss dieser elende Winter endlich zu Ende wäre, damit ich richtig loslegen könnte.“ Um mir meine Existenz halbwegs erträglich zu gestalten, fange ich an, Gartenratgeber zu wälzen. Gartenkataloge und einschlägige Online-Shops jedoch muss ich meiden, denn ich bin jetzt ausgesprochen anfällig dafür, dem Reiz geblümter Gummistiefel, überteuerter Werkzeuge und beheizbarer Frühbeete zu erliegen. 

Februar: Die Saatgut-Kiste ist zum Bersten voll, die ganze Wohnung ist überstellt mit Keimlingen und ich schimpfe pausenlos auf die Katzen, die meine Saatschalen als Klo missbrauchen und meinen zarten Pflänzchen Schaden zufügen. Immerhin gibt es jetzt ein paar Unterhaltsarbeiten, die erledigt werden wollen, ehe die Gartensaison beginnt. So bin ich wenigstens nicht dazu verdammt, meine Gartensehnsucht zu stillen, indem ich meinen Pflänzchen beim Wachsen zusehe.  

März: Ob ich auch wirklich genug angesät habe? Ist wohl besser, wenn ich noch ein paar Sorten mehr ziehe. Im Haus wird’s allmählich eng, weil die meisten Setzlinge zwar bereits eine stattliche Grösse erreicht haben, aber noch nicht nach draussen dürfen. Immer öfter ertappe ich mich bei dem Gedanken, ob ich es nicht vielleicht doch wagen soll… Die Stimme der Vernunft schafft es aber noch, mich zurückzuhalten: „Denk an den Frost…“, mahnt sie eins ums andere Mal. Um die Wartezeit zu verkürzen, streife ich trübselig durch Gartenabteilungen und ärgere mich, dass die mir nichts Anständiges zu bieten haben.

April: Alles, was schon irgendwie kann, geht nach draussen, drinnen wird aber weiterhin fleissig angesät. Könnte ja sein, dass ich trotzdem nicht genügend Setzlinge habe…

Mai: Kurz vor den Eisheiligen hält mich nichts mehr, die Pflanzen müssen raus. Worauf der Himmel in schöner Regelmässigkeit beschliesst, mir mit ein paar Frösten einen Denkzettel zu verpassen. Was meist wirkungslos bleibt, denn erstens hat unser Garten eine ausgesprochen günstige Südlage und zweitens hätte ich noch mehr als genug Setzlinge, falls trotzdem mal etwas erfrieren sollte. 

Juni: „Kannst du vielleicht ein paar Setzlinge gebrauchen?“, frage ich jeden, der mir über den Weg läuft. „Ich habe mal wieder zu viel gezogen…“ Weil ich nicht alles los werde, es aber auch nicht übers Herz bringe, unschuldige kleine Pflänzchen im Kompostkübel zu entsorgen, wird jeder freie Winkel im Garten bepflanzt. Natürlich bilde ich mir trotzdem ein, diesmal würde ich bestimmt den Überblick behalten über meine Pflanzen. 

Juli: Es wuchert…

August: … und wuchert…

September: … und wuchert. Dazwischen wird laufend geerntet, so sich denn das reife Zeug im Gestrüpp noch finden lässt. Weil ich zwischen dem Verblühen der letzten Pfingstrose und dem Erblühen der ersten Nachtkerze plötzlich das Gefühl hatte, mein Garten sei so leer und fade, besorge ich schon wieder neues Saatgut – auf dass das nächste Gartenjahr bunter werde. Zuweilen ist die Leere so unerträglich, dass ich mich in die Gärtnerei schleiche, um blühende Stauden zu kaufen.

Oktober: Wenn ich nicht am Ernten bin, drücke ich Blumenzwiebeln in den Boden, denn ich habe natürlich längst vergessen, wie zahlreich Tulpen, Krokusse, Narzissen, Schneeglöckchen, Hyazinthen, etc. in meinem Garten bereits vertreten sind. 

November: „Ich werde nie wieder gärtnern. Ich mein’s ernst. Diese Plackerei kann mir gestohlen bleiben.“

Dezember: „Ich werde zwar mit grosser Wahrscheinlichkeit nie wieder gärtnern, aber vielleicht könnte ich mir doch die eine oder andere Sache für den Garten zu Weihnachten wünschen.“

Und im Januar geht es wieder von vorne los, Jahr für Jahr für Jahr…

Doch dann begann eines Tages das…

…Gartenjahr 2018

Januar 2018: Eben erst habe ich mein neues Saatgut in der Box verstaut und die wichtigsten Termine in der Garten-App eingetragen, als ich Krokus, Winterling und Veilchen mindestens einen Monat zu früh beim Erblühen ertappe. Der Aprikosenbaum macht den Eindruck, als wäre er auch bald soweit, so dass ich mich gezwungen sehe, umgehend zur Baumschere zu greifen, um wenigstens das Allernötigste zu stutzen, ehe der Frühling über uns hereinbricht. Sogar die Narzissen tragen bereits deutlich erkennbare Knospen. Am schlimmsten aber treiben es die Vögel. Morgen für Morgen das gleiche Lied: „Wenn du jetzt nicht endlich loslegst, verpennst du die ganze Gartensaison“, drängen sie mich, obschon sie solches Zeug um diese Jahreszeit noch gar nicht von sich geben dürften.  

Wäre da nicht die Stimme der Vernunft, die mir mit letzter Kraft ins Ohr flüstert: „Glaub mir, der nächste Frost kommt bestimmt…“, würden in meinem Garten im März 2018 die ersten Tomatenpflanzen kläglich erfrieren. 

Winterling

Da bin ich wieder

Mitte Oktober, …

… wenn Karlsson allmählich von der Sehnsucht nach der Schule gepackt wird und die verbleibenden Ferientage nur aushalten kann, indem wir gemeinsam himmlisches Essen (hausgemachte Ravioli, zum Beispiel) zubereiten,…

… wenn „Meiner“ hingegen jeden Morgen mit einem tiefen Seufzer der schönen Ferientage in der Toscana gedenkt und sich dann schweren Herzens aufmacht, um seine Schüler, die bereits wieder dürfen, was Karlsson so gerne möchte, zu unterrichten,… 

… wenn auch der FeuerwehrRitterRömerPirat sich schon wieder Morgen für Morgen aus dem Bett quälen muss, was sich aber im Vergleich zu früher fast schon wie ein Spaziergang anfühlt, da er seit dem Schulwechsel nur noch ein ganz gewöhnlicher Morgenmuffel und kein Schulverweigerer mehr ist,… 

… wenn Luise an den Tagen, an denen sie nicht bei „Meinem“ im Schulzimmer schnuppert, nicht vor dem Mittagessen aus dem warmen Bett gekrochen kommt und es dafür meist erst nach Mitternacht wieder aufsucht,…

… wenn der Zoowärter und das Prinzchen zu diversen Ferienpass-Veranstaltungen chauffiert werden müssen, was meinen Tag in viele kleine, unbrauchbare Häppchen teilt,…

… wenn ich denen, die schon wieder müssen, eine halbwegs geregelte Tagesstruktur bieten sollte, den anderen aber nicht zu viele Einschränkungen auferlegen sollte,…

… wenn ich selber auch zu denen gehöre, die bereits wieder müssen, weshalb es mir eigentlich ganz und gar nicht gelegen kommt, dass andere von mir unterhalten werden möchten,…

… und dann noch all die Dinge zu tun sind, die man halt so tun muss, nachdem man zwei Wochen in Italien dem süssen Nichtstun gefrönt hat, zwei Geburtstage zu planen sind und der Garten auf die kalte Jahreszeit vorbereitet werden möchte…

… sollte man eigentlich keine Blogpause beenden. Das hätte ich bereits wissen müssen, als ich die Pause angekündigt habe, denn ich weiss ja inzwischen, wie es Mitte Oktober bei uns so läuft. Da ich aber die vergangenen Wochen genutzt habe, um hier ein wenig auszumisten und neu zu gestalten, weiss ich wieder, dass ich a) zu einem deutlich ungeeigneteren Zeitpunkt mit dem Schreiben angefangen habe und b) mir während viel anstrengenderen Phasen immer wieder die Zeit genommen habe, weiterzumachen.

Wäre doch gelacht, wenn ich jetzt, wo mein Leben im Vergleich zu früher fast schon beschaulich ist, nicht in der Lage wäre, dem Schreiben wieder einen festen Platz in meinem Alltag einzuräumen.