Falsche Zielgruppe

Man sagt, Facebook wisse viel mehr über uns, als wir uns vorstellen könnten.

Man sagt auch, wir bekämen in unserer Timeline nur Dinge zu sehen, die auf unsere Interessen abgestimmt seien. 

Man lehrt uns, nur Leute, die zur definierten Zielgruppe gehörten, würden bestimmte Werbungen zu sehen bekommen. 

Ausserdem sagt man, diese Werbung sei eng mit dem verknüpft, was wir den lieben langen Tag im Netz suchen.

Warum um alles in der Welt bekomme ich dann seit ein paar Tagen andauernd die „Buy 2 + 1 Free“-Anzeige für modische Hidschabs eingespielt? Habe ich vielleicht jemals den Eindruck erweckt, ich hätte demnächst vor, nur noch verhüllt aus dem Haus zu gehen? 

Ach, übrigens: Bei dem Angebot handelt es sich um ein „Mother’s Day Special Offer“. Ich müsste also wohl schnell zuschlagen, wenn ich wollte…

18034356_1367310539971724_5991551847467199282_n

Man müsste halt mal richtig abschalten

Einfach in die Ferien zu fahren, reicht leider nicht mehr. Man müsste sich auch von den Sozialen Medien fern halten, um sich richtig zu erholen. 

Da verbringt man ganz entspannte Tage in einem gemütlichen Ferienhaus, geniesst die traumhafte Landschaft, hat viel Zeit für Kinder, Gedanken, Texte, die Enten im Teich, holländischen Käse und andere wundervolle Dinge. Es wäre so einfach, sich voll und ganz auf all das Schöne zu konzentrieren, aber dann begeht man den Fehler, kurz auf Facebook vorbeizuschauen und schon ist es vorbei mit dem Ferienfrieden. Die ganze Schweiz, so verrät ein Blick auf die Timeline, ist in Panik, weil der April sich in den letzten Tagen so aufgeführt hat, wie man es eigentlich von ihm erwarten dürfte. Schreckensbilder von kältegeplagten Tulpen, Wehklagen über erfrorene Setzlinge, Schimpftiraden auf Petrus, der mit seinen Launen gemütliche Stunden auf dem Balkon verunmöglicht. 

Wie will man da noch die Ferien geniessen? Wo es doch schon schwer genug war, den Garten für fast zwei Wochen sich selbst zu überlassen? Jetzt also die quälenden Fragen: Ist den Tomatenpflanzen im Gewächshaus auch wirklich warm genug? Werden wir bei der Heimkehr lauter traurige, geknickte Blumen antreffen? Hätte ich die Artischocken vielleicht doch noch einmal mit Tannzweigen zudecken sollen? Müssen wir uns am Ende gar die diesjährige Obsternte abschminken?

Natürlich zeigt sich bei der Heimkehr, dass man sich die ganzen Sorgen hätte sparen können. Dem Garten geht es dank seiner geschützten Lage prächtig. Ich hätte also meine Ferien getrost bis zum letzten Tag geniessen dürfen. Aber um das zu können, hätte ich auch Ferien von Facebook machen müssen.

img_3216

Schneeneidisch

Winter ist nicht so mein Ding. Klar, ich finde Schnee wunderschön und ich liebe es, den fallenden Flocken zuzuschauen oder das reine Weiss im Sonnenlicht zu bewundern. Mein Bedürfnis, mich in dem kalten Zeug zu tummeln oder irgendwo in einer Skihütte bei Ländlermusik abzuhängen ist jedoch mikroskopisch klein. Das Geld für eine anständige Skiausrüstung und Ferien im Schnee – so ich es denn habe – gebe ich lieber für andere Dinge aus. Für Krankenkassenrechnungen, zum Beispiel, oder für die Reparatur des undichten Fensters im Wohnzimmer. 

Dennoch packt mich in diesen Tagen der blanke Neid, wenn ich – zwischen Krankenbesuch (momentan gerade auf der Intensivstation), Arztgespräch, Streit schlichten, weil Luise beim „Monopoly“ wieder mehr einheimst als alle anderen und Mittagessen kochen – einen Blick auf mein Facebook-Profil werfe. Dort sieht es nämlich so aus, als tummle sich gerade alle Welt vollkommen sorgenfrei auf verschneiten Bergen, währenddem bei uns mal wieder alles aus dem Ruder läuft. Filmchen von putzigen Missgeschicken bei ersten Versuchen auf Skiern und glückliche Gesichter in der virtuellen Welt, sorgenvolle Mienen und gelangweilte Kinder in dem, was wir unser echtes Leben nennen. Und jetzt sind auch noch die Läuse zurückgekehrt….

Klar, mein Kopf sagt mir, dass das alles gar nicht so schlimm ist, dass das Dasein andernorts auf diesem Planeten wirklich elend ist, während wir nur eine Phase durchstehen, die halt eben zum Leben gehört. Mein Kopf sagt mir auch, dass ich eigentlich nicht die geringste Lust hätte, mir den Hintern am Rande einer Skipiste abzufrieren. Aber tief in mir drinnen haust auch ein kleiner Jammerlappen und der führt sich in diesen Tagen auf wie Rumpelstilzchen. „Alle haben Spass“, schimpft er, „nur wir müssen mal wieder am Rande stehen und zuschauen, wie sich die anderen vergnügen. Ich will auch in den Schnee!“ Und auch wenn er vollkommen stumpfsinniges Zeug von sich gibt, dieser Jammerlappen, zum Schweigen bringen lässt er sich halt doch nicht so leicht.

l' infanzia è finita; prettyvenditti.jetzt

l‘ infanzia è finita; prettyvenditti.jetzt

Lobhudelei auf Facebook

Okay, so etwas sagt man ja eigentlich nicht, aber so allmählich fange ich an, Facebook zu mögen. Klar, es passt mir nicht, wie jede Suchanfrage umgehend für Werbeanzeigen missbraucht wird – Himmel, ich brauche kein Zwillingsstillkissen, auch wenn ich für eine Recherche mal danach gesucht habe! –  und man muss tagtäglich ziemlich viel Mist ausblenden, den Menschen veröffentlichen, mit denen man nur aus Höflichkeit befreundet ist. Und dann poste ich natürlich auch selber den einen oder anderen Mist, wenn mir meine kleine Welt mal wieder zu eng wird. Die wirklich sozialen Seiten des sozialen Netzwerks schätze ich aber inzwischen sehr. Ohne Facebook…

  • … hätten wir letzten Sonntag nicht meine ehemalige Schulkameradin und ihren Ehemann zu Besuch gehabt und uns bestens mit ihnen unterhalten.
  • … wüsste ich nicht, dass Menschen, mit denen ich vor Jahren die Schulbank gedrückt habe, ähnlicher wie ich denken als Menschen, die jahrelang mit mir die Kirchenbank geteilt haben. Was mich allmählich zur Überzeugung führt, dass die Art und Weise, wie man das Weltgeschehen interpretiert, ein Stück weit auch eine Frage des Jahrgangs ist. 
  • … befände ich mich nicht in einem äusserst spannenden Gedankenaustausch mit Gleichgesinnten, die ich aus Zeitmangel kaum je persönlich treffen kann. 
  • … wäre der lose Kontakt zu Menschen, die ich als Teenager im Austauschjahr kennen gelernt habe, nie wieder zustande gekommen. Eine enge Verbindung  ist das nicht, ich geb’s ja zu, aber das „We’ll keep in touch“ von damals war ja auch kein Versprechen auf eine lebenslange, tiefe Freundschaft. 
  • … wüsste ich nicht, dass ich im Gespräch mit gewissen Menschen gewisse Themen dem Frieden zuliebe besser nicht anschneide, weil ich anhand ihrer Posts weiss, wie sie denken. 
  • … lade ich viel eher mal jemanden zum Kaffee ein, weil mir schreiben leichter fällt als anrufen.

Ich weiss, Facebook ist alles andere als heilig, aber ganz so blöd, wie wir alle immer so gerne lauthals verkünden, ist es eben doch nicht. 

image5

Facebook für den Familienfrieden

Facebook geniesst ja nicht gerade den besten Ruf. Zu viel Privates wird öffentlich, zu viel echtes Leben geht drauf für das Herumtrödeln im gar nicht so sozialen Netzwerk. Dennoch muss ich heute mal ein paar lobende Worte über Facebook loswerden. Im Zusammenleben mit Teenagern kann es nämlich durchaus nützlich sein.

Ohne Facebook stünde ich wohl mindestens dreimal pro Woche vor Karlssons verschlossener Zimmertür und würde mich im Wettstreit mit Edith Piaf heiser brüllen. „Nun sei doch nicht so eingeschnappt. Es war nicht so gemeint, wie du es aufgefasst hast“, würde ich schreien und alles, was zurück käme wäre ein langgezogenes „Nooooooon, rien de rien….“. Schicke ich aber mein „War nicht so gemeint…“ via persönliche Nachricht auf Facebook, dauert es meist nicht lange, bis ein Smiley zurückkommt und wenig später können wir uns in aller Ruhe von Angesicht zu Angesicht darüber unterhalten, was schief gelaufen ist.

Manchmal läuft es auch umgekehrt: Karlsson treibt mich auf die Palme, ich sage ihm im Zorn, er solle aus meinem Blickfeld verschwinden, er wirft mir ein paar unfreundliche Worte an den Kopf und verschwindet mit lautem Türeknallen. Eine Weile lang schmollt jeder irgendwo für sich, dann kommt eine Nachricht von Karlsson: „Tut mir Leid. Komme runter, sobald ich mich beruhigt habe.“ Und wenn er dann runter kommt, ist mein Zorn verflogen, denn entschuldigt hat er sich ja schon. Ich weiss nicht, ob mein Stolz es mir zugelassen hätte, mich bei meinen Eltern zu entschuldigen, als ich in Karlssons Alter war. Vielleicht, wenn ich Facebook gehabt hätte…

Man sieht also, das viel – und zu Recht – gescholtene Netzwerk bringt auch sein Gutes mit sich. Zumindest, solange Karlsson mir nicht die Freundschaft kündigt. Ein blöder Kommentar auf seinem Profil und ich fliege, das hat er mir unmissverständlich klar gemacht. Deshalb spare ich mir meine peinlichen mütterlichen Kommentare für unsere Begegnungen am Küchentisch auf.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Peinlichkeiten

Zum Glück muss ich in Zeiten von Social Media kein Teenager mehr sein. Oder: Zum Glück gab es damals Facebook & Co. noch nicht. Nein, hier folgt jetzt kein kulturpessimistischer Vortrag über die mediale Verkommenheit unserer Jugend. Ich habe mir nur neulich, als ich mir die Facebook-Pinnwand einer Vierzehnjährigen ansah, ausgemalt, wie das bei mir wohl ausgesehen hätte.

Ich hätte meinen Liebeskummer in die virtuelle Welt hinausgeschrien – „Warum liebt er mich nicht???????!!!!!!!!!“ -, über die zerstörte Umwelt gejammert – „Die armen süssen Pandas. Warum tut denn keiner was??!!!“ – und meine Eltern schlechtgemacht, weil ich als Einzige nicht zu dieser coolen Party – damals sagten wir natürlich Fete – gehen durfte. Anstatt mit Freundinnen infantile Briefchen zu tauschen, hätten wir an Pinnwände gepostet: „Findest du den neuen Mathelehrer nicht auch furchtbar süss? Diese Augen!!!!“ „Nein, der ist schrecklich, aber der Typ aus La Bamba ist sooooooooo cool…“ Ich fürchte gar, dass ich mich in einem schwachen Moment zum Cyber-Mobbing hätte hinreissen lassen. Anlässe dazu hätte es durchaus gegeben.

Wie gut, dass all dies im Tagebuch und nicht im Internet stattfand, denn so landeten die ganzen Peinlichkeiten in den Flammen, als ich sie nicht mehr ertragen konnte. Wie peinlich muss es sein, Jahre später beim Googeln seinem pubertierenden Ich zu begegnen.

Ich distanziere mich

Immer wieder habe ich mich darum bemüht, seine Verrücktheiten mitzutragen. Damals, zum Beispiel, als er als junger Lehrerpraktikant tote Fliegen geschluckt hat, um seine Schüler zu beeindrucken. Natürlich habe ich ein lautes Gezeter angestimmt, immerhin war er damals auf Stellensuche und auf gute Referenzen angewiesen. Trotzdem habe ich ihn wenige Wochen später geheiratet. Auch mit den toten Vögeln, die zuweilen in unserem Gefrierschrank oder in meinem Büro landen, habe ich mich abgefunden, auch wenn ich ihm immer mal wieder ein Ultimatum stelle: „Bis heute Mittag ist das Vieh aus unserem Haus verschwunden, oder ich schmeiss dir deine Kamera aus dem Fenster. Dann kannst du ja sehen, womit du deine Kadaver fotografierst.“ Irgendwie habe ich auch gelernt, mit seiner Sammelwut klar zu kommen, auch wenn ich mich jeweils verschämt hinter einer Hecke verkrieche, wenn er mal wieder einen Abfallkübel durchwühlt, in dem er einen wertvollen Schatz – eine alte Ledermappe, ein leerer Kanister, der zur Tasche werden soll oder vielleicht auch nur eine entsorgte Zeitung, in der er unbedingt noch einen Artikel lesen will – vermutet. 

Ich habe mich daran gewöhnt, dass „Meiner“ nicht tickt wie alle anderen und meistens macht es mir unglaublich viel Spass, mit ihm zusammen zu leben. Von seiner neuesten Verrücktheit jedoch muss ich mich in aller Form distanzieren. Dieses „gefällt mir“ auf dem Facebook-Profil von Silvio Berlusconi ist des Guten zuviel. Ja, ich weiss, „Meiner“ hat das nur getan, damit er dem altersschwachen Lüstling mitteilen kann, dass es allmählich Zeit werde, zurückzutreten und ich weiss natürlich auch, dass er kaum einen Menschen so sehr verabscheut wie den Herrn, der sein Herkunftsland in den Ruin treibt. Aber denkt er denn nicht daran, wie sehr sein Ruf unter diesem „gefällt mir“ leiden könnte? Was, wenn der alte Herr Berlusconi plötzlich bei seinem Facebook-Freund in der Schweiz um Asyl bittet, wenn ihm die Ablehnung seines Volkes zuviel wird? Soll der dann vielleicht in unserem ehemaligen Au Pair-Zimmer nächtigen? Was sollen denn die Nachbarn von uns denken? Was, wenn eines unserer Kinder mal etwas Grosses vorhat und irgend ein schlauer Journalist stösst in den Weiten des Internets auf dieses „gefällt mir“? Wie sollen sich unsere armen Kinder dann von der Schande, die der Vater durch einen unbedachten Click über die Familie gebracht hat, distanzieren? 

Woher sollen denn die Leute wissen, dass dieser eine Click ironisch gemeint war? Okay, ich hab’s euch jetzt gesagt, aber das habe ich nur getan, um zu verhindern, dass man mich demnächst in der Migros mitleidig fragt, wie es mir denn gehe, jetzt, wo „Meiner“ bestimmt bald in die Klapsmühle eingeliefert werde. Wie er seinen eigenen besudelten Ruf wieder herstellen will, überlasse ich voll und ganz „Meinem“.

 

Wegsehen verboten

Erstaunlich, was man auf Facebook alles erfahren kann. Zum Beispiel, dass die Klassenkameradin der achtjährigen Tochter Jahrgang 1980 hat und somit gerade mal sechs Jahre jünger ist als ich. Hab gar nicht gewusst, dass die einen so lange in der Primarschule behalten. Regelrecht mulmig wird mir allerdings, wenn da steht „Interessiert an: Männern“. 

Und wieder einmal wird mir klar, dass man als Eltern nicht darum herum kommt, zu wissen, was der minderjährige Nachwuchs im Netz so treibt. Auch wenn es einem noch so sehr zuwider sein mag, auf dem neuesten Stand der Entwicklung zu bleiben, wo man doch eigentlich ganz gerne sagen möchte: „Muss ich wirklich über jeden Spleen der kleinen Menschen Bescheid wissen? Es reicht doch, wenn ich darauf achte, dass sie nicht zu viel vor der Glotze hocken und dreimal täglich etwas zwischen die Zähne bekommen.“

Und jetzt bitte noch auf Englisch…

Dass fehlerfreies Englisch zuweilen eine Glückssache ist, ist mir nicht neu. All die „Schtiiks“ (Steaks) und „Chichenn Nöggets“ (Chicken Nuggets) die hierzulande gegessen werden, liegen mir schwer auf dem Magen auch wenn ich selber als Vegetarierin nie zugreife, wenn diese serviert werden. Wenn die sportliche Fünfzigerin ins „Body Pömp“ geht und der Referent ein „Klöster“-Diagramm präsentiert, dann frage ich mich, weshalb man die Dinge nicht doch lieber auf Deutsch sagt, wo es auf Englisch doch einfach nur peinlich klingt. Und wenn meine Schwiegermutter uns vor „Fasabuck“ (Facebook) warnt, kann ich nur mit Mühe das Lachen verkneifen, auch wenn ihre Angst, dass wir im grossen weiten Internet zu viel von uns preis geben, sehr gross ist. (Dass meine Schwiegermutter allen Ernstes glaubt, „Meiner“ und ich würden Fotos von durchzechten Nächten publizieren, steht auf einem anderen Blatt. Wo wir doch uns doch die Nächte bloss mit zu viel Prinzchengeschwätz um die Ohren hauen und das gibt garantiert keine kompromittierenden Bilder.)

Solange das Horror-Englisch nur gesprochen wird, kann ich dennoch halbwegs damit leben. Man hört’s, nimmt’s zur Kenntnis und vergisst es gleich wieder. Also eine Qual, die sich in Grenzen hält. Viel schlimmer finde ich es, wenn das Zeug geschrieben und dann auch noch gedruckt wird. Und zwar nicht von Schülern, die ein Grundrecht auf Fehler haben, sei es im Gesprochenen, Geschriebenen oder Gedruckten. Wenn ich aber in einem Buch den unsäglichen Titel „Do Italians it better?“ lesen muss, dann ärgere ich mich derart darüber, dass der Lektor seinen Dienst nicht getan hat, dass ich kaum mehr weiterlesen kann. Gut, so ein Tippfehlerchen ist schnell mal übersehen, wie ich bei meinem eigenen Buch leider auch habe feststellen müssen, aber eine derart kolossale Fehlkonstruktion wie oben zitiert sollte doch irgend einem ins Auge springen, bevor das Buch in Druck geht. Oder bin ich wirklich eine unverbesserliche Idealistin?

Nun, immerhin kann man bei diesem Titel noch halbwegs erahnen, was die Autorin hätte fragen wollen. Was aber fange ich mit dem Wortgewusel an – Satz mag ich das nicht nennen, weil ich gar nicht weiss, ob es einer sein soll – das ich gestern Abend beim Verpacken der Adventsgeschenke für unsere Kinder entdeckt habe? Da lese ich auf einer Schachtel mit Traktoren, die das Prinzchen in den kommenden Tagen erhalten soll, die folgenden Worte: „To insure a loke new appearance in definitely“. Und das nicht etwa winzig gedruckt, irgendwo in der untersten Ecke einer Gebrauchsanweisung, sondern gross, fett und rot. Das Ganze insgesamt viermal, auf jeder Seite der Schachtel einmal.

Seither verfolgen mich diese Worte, denn ich weiss nicht, an wem ich zweifeln soll. An meinem CPE, weil es mir noch immer nicht ermöglicht, jeden erdenklichen Mist, der in englischer Sprache daherkommt, zu verstehen? Am Werbefuzzi, der glaubt, das Produkt verkaufe sich besser, wenn es in einer pseudoenglischen Verkleidung daherkommt? Am Thesaurus, der mir sagt, er kenne das Wort „loke“ nicht? Oder vielleicht an meinem Verstand, der nicht fähig ist, hinter diesen Worten einen Sinn zu erkennen? Was, wenn sich hier die ultimative Weisheit verbirgt, ohne die mein Leben nie das wird, was es sein könnte, wenn ich die geheimnisvolle Botschaft entschlüsseln könnte?

Wäre nett, wenn mir jemand weiterhelfen könnte, bevor ich an meinem Lebensziel vorbeischiesse, bloss, weil meine Englischkenntnisse nicht ausreichen.

Da liegt der Hund begraben

Wem habe ich nicht schon die Schuld in die Schuhe geschoben, dass mein Asthma in den vergangen Monaten immer schlimmer geworden ist? Mal gab ich den Handwerkern die Schuld, die in unserem Keller derart viel Staub aufgewirbelt haben, dass ich noch eine weitere Ausrede habe, die Wäsche so lange liegen zu lassen, bis „Meiner“ oder das Au-Pair sich ihrer erbarmt. Solange das Wäschefalten im  staubigen Keller meine Gesundheit belastet, kann ich diese Arbeit doch unmöglich erledigen, nicht wahr? Aber inzwischen ist der Keller wieder mehr oder weniger staubfrei, mein Asthma aber nicht besser. Dann geben wir eben der schlechten Luftqualität die Schuld. Zu blöd nur, dass in unserem Quartier deutlich weniger Verkehr herrscht als auch schon, so dass ich eigentlich besser atmen müsste und nicht schlechter. Na dann, sagen wir eben, es seien die Pferde der Nachbarn und all die Katzen, die sich in unserem Garten heimisch fühlen. Aber eigentlich kann auch das nicht sein, bewege ich mich doch als bekennende Stubenhockerin nur dann an der frischen Luft, wenn es sich nicht verhindern lässt und somit begegne ich sowohl Nachbars Pferden als auch Nachbars Katzen relativ selten. Vielleicht liegt es ja am Stress, dachte ich mir, als ich neulich wiedermal keuchend auf dem Treppenabsatz eine kurze Rast einlegen musste. Aber das kann’s ja wohl auch nicht sein, denn gestresst bin ich schon seit Jahren und atmen konnte ich dennoch mehr oder weniger problemlos.

Heute endlich, bei der Lektüre der „NZZ am Sonntag“ bin ich auf des Rätsels Lösung gestossen. Es war nur eine kleine Notiz, so klein, dass ich sie fast übersehen hätte. Doch das Bild des inhalierenden Mannes erregte meine Aufmerksamkeit, wohl, weil ich heute mal wieder meine Medikamente vergessen habe. Und was muss ich da lesen? „Laut den Ärzten könnten soziale Netzwerke wie Facebook eine ganz neue Quelle von psychologischem Stress darstellen. Solche Effekte seien gerade bei jungen Menschen als Auslöser von Asthma nicht zu vernachlässigen.“ Im Text wird das Beispiel eines jungen Mannes erwähnt, der bei jedem Anblick seiner Ex-Freundin einen heftigen Asthma-Anfall erlitten hätte.

Nun gut, zu den im Text erwähnten „jungen Menschen“ gehöre ich nicht mehr unbedingt und meine Ex-Freunde lassen sich a) an einer Hand abzählen, b) handelt es sich dabei um harmlose Teenie-Liebeleien, die nie länger als ein paar Tage gehalten haben und c) bin ich nicht mit ihnen auf Facebook befreundet. Also eigentlich kein Grund, um bei meinen seltenen Besuchen bei Facebook psychologischen Stress zu erleben. Erstaunlicherweise aber fällt die Verschlimmerung meines Asthmas ziemlich genau mit meinem Einstieg bei Facebook zusammen, so dass ich jetzt einfach mal so tue, als ob die zwei Dinge miteinander im Zusammenhang stünden. Denn irgend einen Grund muss ich ja angeben, wenn mich der Arzt fragt, weshalb ich plötzlich so viele Medikamente benötige. Und wenn ich als Quelle meiner Befürchtungen die „NZZ am Sonntag“ angebe, wird der Arzt bestimmt nicht an der Plausibilität meiner Erklärungen zweifeln und mir ein neues Dauerrezept ausstellen.