Und jetzt bitte einen Muttertag…

  • Zwei Teenager, die sich beim Kochen des Mittagessens in die Haare geraten und deshalb die Küche in ein Schlachtfeld verwandeln
  • Ein Sohn, der nicht im Traum daran denkt, sich an das zu halten, was man ihm sagt, ganz egal, wie gut begründet die Vorgaben sind
  • Zwei kleine Jungs, die spät abends noch kichernd im Bett liegen und keine Anstalten machen, irgendwann die Klappe zu halten 
  • Zwei Mahlzeiten die durch endlose Sticheleien und Streitigkeiten unter Geschwistern verdorben werden
  • Viel unwilliges Murren über ein paar klitzekleine Aufgaben im Haushalt, die „Meiner“ und ich nicht ohne Hilfe erledigen wollen
  • Diverse hässliche pubertäre Wutausbrüche
  • Bruder, der seine Schwester aus dem Haus sperrt, einfach weil es angeblich so furchtbar lustig ist, wenn sie danach pausenlos Sturm läutet
  • Heftige Geschwisterrivalität inklusive lautstarker Auseinandersetzungen beim Fussballspiel auf der Quartierstrasse
  • Ein Papa, der irgendwann aus purer Verzweiflung damit anfängt, die Muttertags-Moralkeule zu schwingen

Eine geballte Ladung von all dem also, was das Elterndasein an manchen Tagen so anstrengend macht. Ein Muttertag, an dessen Ende du denkst, du hättest dir jetzt eigentlich einen Muttertag mehr als verdient. Nein, keinen mit rührseligen Gedichten, Pralinen und Selbstgebasteltem, sondern einen, an dem du dich mal ausgiebig von den oben aufgeführten Dingen erholen kannst. Dies bitteschön mindestens einmal pro Monat und nicht bloss an diesem einen Sonntag im Mai. 

Und weil du das Ganze ja nicht alleine durchstehst, sollte dem Mann an deiner Seite das Gleiche ebenfalls zustehen.  

anka

Muttertag – Theorie und Praxis

Theorie

„Vollkommen überbewertet, dieser Muttertag. Eine nichtssagende Tradition, nur dazu da, um die Kassen von Floristen und Chocolatiers klingeln zu lassen. Vielleicht auch noch, um Klassenlehrer, die sich im falschen Glauben wiegen, sie könnten nach Abschluss der Osterbasteleien ein wenig zurücklehnen, auf Trab zu bringen. Im besten Fall beschert der Muttertag einer überarbeiteten Mama einen Augenblick des Glücks, im schlimmsten Fall starrt sie abends mit Tränen in den Augen auf die Scherben ihrer zerschlagenen Erwartungen. Ich brauch ihn nicht, diesen Muttertag, um glücklich zu sein.“

Praxis

„Himmel, dieser Ton! Wir haben heute immerhin Muttertag. Andere Töchter sagen ihren Müttern an diesem Tag, wie sehr sie sie lieben und du keifst mal wieder nur rum. Bloss weil du ein Teenager bist, heisst das noch lange nicht, dass du dir am Muttertag nicht wenigstens ein bisschen Mühe geben könntest.“

Noch so eine unangenehme Seite des Muttertags: Ich werde mir selber unsympathisch. (Okay, zu meiner Verteidigung ist vielleicht zu sagen, dass ich noch kaum die Augen offen hatte, als das Gemotze anfing. In einem wacheren Zustand hätte ich mir bestimmt eine bessere Moralkeule gesucht.)

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Nichts, einfach nichts

Kein Frühstück im Bett, nicht ein einziges selbst gebasteltes Etwas, das man mit Tränen der Rührung in Empfang nehmen könnte, keine holprigen Gedichte, ja, nicht mal ein Blümchen, das irgend einer in letzter Sekunde im Garten gepflückt hat. Einfach nichts – Muttertag gestrichen. Aber was soll’s? Kein Schwein feiert heute in Frankreich Muttertag, also reibt dir auch keiner unter die Nase, welch grossen Dinge du von diesem Sonntag eigentlich erwarten müsstest, wenn du Kinder geboren hast. Folglich fühlst du dich auch nicht wie der letzte Depp, wenn die Deinen partout nich einsehen wollen, weshalb sie dich für eine Sache feiern sollten, zu der sie nicht das Geringste zu sagen hatten. Herrlich entspannt ist das, so ein Muttertag, den man getrost ignorieren kann. 

Wehe aber, meine Lieben tragen mich in drei Wochen nicht auf Händen. Dann nämlich feiern die Franzosen ihre Mütter und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich auch die hiesigen Werbefritzen die eine oder andere Sache einfallen lassen, um einer Mutter das Gefühl zu vermitteln, sie sei ganz furchtbar ungeliebt und vernachlässigt, wenn sie den 31. Mai ganz ohne überteuerte, industriell gefertigte Liebesbeweise überstehen muss. 

  

Was ich uns Müttern zum Muttertag wünsche

Vielleicht ist es etwas vermessen, Wünsche zu äussern, wo ich doch eigentlich ganz zufrieden sein könnte mit dem, was meine Lieben heute für mich tun. Aber es gibt dennoch ein paar Dinge, die ich mir und meinen Mitmüttern wünsche:

Ich wünsche uns, dass keine Mutter den Karren ganz alleine ziehen muss. Nein, das wünsche ich nicht nur meinen allein erziehenden Mitmüttern, sondern auch denen, die fast alle Lasten alleine tragen, obschon sie nicht alleine sind.

Ich wünsche uns Nachbarn, Politiker, Pädagogen, Kellner, Vorgesetzte, Schwiegermütter, Museumsaufseher und Buspassagiere, die uns grundsätzlich gute Absichten unterstellen und uns deshalb das Leben nicht unnötig schwer machen. Dann fällt es uns auch leichter, unsere guten Absichten in Tat umzusetzen.

Ich wünsche uns Supermärkte, die sich nicht auf Kosten unserer ohnehin schon arg strapazierten Nerven bereichern.

Ich wünsche uns, dass nie mehr darüber diskutiert wird, ob Stillen in der Öffentlichkeit anstössig ist.

Ich wünsche uns Freundinnen und Freunde, die in einer ganz anderen Lebenslage stecken als wir, damit wir es nicht verlernen, über den Tellerrand hinaus zu blicken.

Ich wünsche uns Selbstbewusstsein, damit wir die Mütter sein können, die unsere Kinder brauchen und nicht die Mütter, die irgend jemand anders als gute Mütter bezeichnet.

Ich wünsche uns, dass Mütter ihre Kinder nicht mehr schützen müssen vor Menschen, die vergessen haben, dass ein Kind nicht angetastet werden darf.

Ich wünsche uns, dass man von uns nicht automatisch erwartet, wir könnten und wollten basteln.

Ich wünsche uns die Fähigkeit, uns im Jetzt an unseren Kindern zu freuen und nicht erst im Rückblick, wenn sie unserer Obhut entwachsen sind. Das muss nicht jeden Tag übersprudelnde Begeisterung sein, immer mal wieder ein kleines Lächeln wäre schon ganz gut, auch an den Tagen, an denen nichts so ist, wie man es uns in der Werbung versprochen hat und wir uns wünschten, es gäbe ein Umtauschrecht.

Ich wünsche uns spannendere Gespräche unter Müttern. Ich meine, wollt ihr wirklich wissen, ob die andere lieber Pampers oder Huggies hat?

Ich wünsche uns, dass wir aufhören, einander zu sagen, wie man es „richtig“ macht.

Ich wünsche uns, dass wir nicht so tun, als wären wir bessere Menschen, weil wir Kinder geboren haben. Ich wünsche uns aber auch, dass wir nicht so tun, als seien wir schlechtere Menschen, weil wir es wegen der Kinder „nicht so weit gebracht haben“ wie andere.

Ich wünsche uns, dass wir nicht immer so ein elendes Affentheater machen müssen um jeden kleinen Mist.

Ich wünsche uns, dass unsere Kinder uns heute nicht nur sagen müssen, sie hätten uns lieb, sondern dass sie dies auch sagen wollen.

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Wollt ihr mich nun feiern oder nicht?

Wohlverstanden, ihr müsst nicht, ihr könnt ruhig sagen: „Wir pfeifen auf das ganze Muttertagstheater und tun so, als wäre es ein Sonntag wie jeder andere.“ Ich könnte damit leben, ehrlich, ich zweifle nicht an euerer Liebe zu mir. Von mir aus können wir die Sache also bleiben lassen. Aber das wollt ihr ja nicht, ihr besteht darauf, mich am Muttertag zu feiern und das ist auch okay für mich, ich sage ganz bestimmt nicht nein dazu, wenn ihr mich unbedingt verwöhnen wollt.

Genau hier aber ist der Haken: Am frühen Morgen mit liebevoll gestalteten Geschenken und Frühstück im Bett anfangen und dann wie jeden Tag mit „Mama, wo ist schon wieder….?“, „Ich will aber nicht den Tisch decken. Wir sind doch nicht deine Sklaven!“ und „Mama, sie hat schon wieder…“ weiterfahren, das geht nicht. Entweder, wir feiern Muttertag und ich habe den ganzen Tag nichts zu tun mit Spülbürste, schmutzigen Hintern und Hausaufgaben, die am Sonntagabend noch kurz erledigt werden müssen, oder aber wir lassen die Sache bleiben und ich tue weiterhin das, was ihr meist zu Recht und manchmal zu Unrecht von mir erwartet. Mit diesem Zwischending von ein bisschen Muttertag und ein bisschen Alltag treibt ihr mich auf die Palme.

Ihr habt jetzt genau ein Jahr Zeit, um euch zu überlegen, ob ihr mich am Muttertag feiern wollt oder nicht. Die Entscheidung liegt bei euch, ich mache keinen Druck. Ihr müsst euch einfach im Klaren sein, dass ich beim nächsten Mal das volle Programm erwarte, solltet ihr euch dazu entscheiden, die Tradition beizubehalten. 

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Muttertagsresumée

– Für einmal gibt es Bestnoten für die Lehrer: Kein einziges nutzloses Geschenk, sondern nur allerliebste Kleinigkeiten, die mir den Tag versüssten.

– Endlich eine Begründung, die es auch mir erlaubt, den Muttertag zu geniessen: „Es gibt Menschen, die verzichten freiwillig auf Kinder, weil ihnen der Aufwand zu gross ist. Als Mutter verzichtest du auf so viele Dinge, da wirst du dich ja wohl einmal im Jahr so richtig feiern lassen dürfen.“

– Wink mit dem Zaunpfahl von „Meinem“: Eine Haartönung, zum Abdecken meiner grauen Haare. Schade, dass wir hierzulande keinen Vatertag haben, sonst könnte ich mich mit einem Haarwuchsmittel rächen…

– Die schmerzhafte Erkenntnis, dass Brennesseln nicht zu brennen aufhören, wenn man sie ins heisse Badewasser gibt. Nun ja, ich hatte nie behauptet, dass dies der Fall sei, aber die Kinder waren der festen Überzeugung, dass die Blätter alleine durch das Badewasser vollkommen harmlos werden. Der FeuerwehrRitterRömerPirat hatte das mal ausprobiert, also musste es einfach wahr sein. War es nicht, aber ich stieg natürlich trotzdem ins Bad, wo sich die fünf doch so viel Mühe gegeben hatten. Ein paar unangenehme Begegnungen mit Brennesselblättern sind schliesslich ein Klacks gegen die Schmerzen, die ich durchstehen musste, um mir den Ehrentitel „Mama“ zu verdienen.

– Die nicht sehr schmeichelhafte Frage, ob ich demnächst noch einmal Mutter werde. Meine überhaupt nicht beleidigte Antwort: „Nein, ich werde einfach so immer runder.“

– Die Macht des Muttertages: „Du blöder Affe! Hör auf, mit mir zu streiten. Heute ist Muttertag, da dürfen wir die Mama nicht wütend machen.“

– Nichts rührt mich mehr, als ein Fünfjähriger, der noch von ganzem Herzen daran glaubt, dass seine Mama die Beste ist. Ich weiss zwar nicht, wieviel Überzeugungsarbeit sie im Kindergarten leisten mussten, aber heute gehörte das Herz des Zoowärters mir ganz alleine.

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Mein Muttertag

So ein Velo ist einfach eine grossartige Sache: Die Bäckerei, die vorher zu weit für einen Fussmarsch aber zu nahe für eine Autofahrt war, liegt jetzt in perfekter Distanz. Der Park, der so schön, aber leider auch so fern ist, wenn man mit zwei Kleinkindern mal kurz dorthin gehen will, ist jetzt in wenigen Minuten erreicht. Die Fahrt in die Migros, um schnell etwas zu besorgen, was man vergessen hat, muss nun nicht mehr weit im Voraus geplant werden, weil man ganz bestimmt wieder zurück ist, bis die Kinder von der Schule nach Hause kommen. Ja, mein Leben ist definitiv einfacher geworden, seitdem ich wieder zweirädrig unterwegs sein kann.

Doch wie immer, wenn Mama Venditti einen neuen Spleen hat, neigt sie zu Übermut. Dann will sie beweisen, wie eigenständig, stark und frei sie ist und so war es absehbar, dass ich mir heute Morgen das Velo samt Anhänger schnappen würde, um mit dem Prinzchen und dem Zoowärter zur Kirche zu fahren, während der Rest der Familie das Auto nahm. Ist ja ein Klacks, schlappe viereinhalb Kilometer und alles mehr oder weniger geradeaus. Wäre ja gelacht, wenn ich das nicht schaffen würde. Immerhin bin ich früher täglich mit dem Fahrrad von A nach B gefahren. Was ich bei solchen Unternehmungen leider jeweils vergesse: Ich bin in den letzten Jahren nicht jünger geworden. Was eine Siebzehnjährige, die drei Stunden pro Woche Sport machen muss, mit Leichtigkeit schafft, ist für eine Fünfunddreissigjährige mit ein paar Kilos zu viel auf den Rippen nicht mehr ganz so einfach. Und einen Anhänger mit zwei lebhaften Kleinkindern zieht eine Siebzehnjährige auch eher selten durch die Gegend, eine Fünfunddreissigjährige aber eher oft.

Und so kam es, dass ich mich am frühen Muttertagmorgen abstrampelte und mich darüber wunderte, wie viele heimtückische Steigungen die ach so gerade Strasse aufweist, wenn man sie mit eigener Kraft zu bewältigen versucht. Im Auto waren mir diese noch gar nie aufgefallen. Für den besonderen Kick sorgte der Zoowärter, als er mich mitten auf dem Weg fragte: „Mama, kann man diese Schere zum Haareschneiden brauchen?“ Schere? Was für eine Schere? Und Haareschneiden? Doch nicht etwa die blonden Engelslocken des Prinzchens! Ja, Mama Venditti war mal wieder unterwegs, mit Kind, Handtasche und Schere. Es frage mich keiner, wie diese Schere in den Anhänger gekommen ist. Ich weiss von nichts.

Nun, irgendwie haben wir es in die Kirche geschafft und ich habe sogar fast die ganze Predigt mitbekommen, obschon ich mir die ganze Zeit über den Kopf zerbrach, wo ein weniger anstrengender Heimweg durchführen könnte. Ich fand einen, einen wunderbar romantischen der Aare entlang. Und es wäre wirklich alles bestens gegangen, hätte nicht „Meiner“ flugs das Prinzchen gegen den FeuerwehrRitterRömerPiraten ausgetauscht. Nun ist der FeuerwehrRitterRömerPirat zwar spindeldürr, aber dennoch um einiges schwerer als sein jüngster Bruder. Und so kam es, dass ich den Heimweg zwar ohne Steigungen, dafür aber mit einem unglaublich schweren Anhänger, der durch die ewigen Rangeleien zwischen dem Zoowärter und dem FeuerwehrRitterRömerPiraten nicht leichter wurde, unter die Räder nahm. Aber was tut Mama Venditti, wenn sie überfordert ist? Sie sorgt ganz beiläufig und ohne Absicht dafür, dass die Kette rausfällt und weil gerade Muttertag ist, spielt sie das hilflose Weibchen und ruft „Ihren“ an, um ihn anzuflehen, doch bittebittebitte die beiden Jungen mit dem Auto zu holen, weil sie unmöglich mit diesem schweren Anhänger zu Fuss nach Hause gehen kann. Ja, und dann kam „Meiner“ in seinem glänzenden hellblauen Auto angeritten, packte die Jungs auf den Hintersitz und machte das Velo wieder fahrtüchtig.

Manchmal muss ich dem lieben Mann doch einfach die Gelegenheit bieten, den heldenhaften Ritter zu spielen….

Die lieben mich wirklich!

Zwar kann ich mir noch immer nicht erklären, weshalb, aber sie tun es wirklich. Sie lieben  mich trotz all meiner Fehler, trotz meiner Ungeduld, trotz meiner launischen Art, an der sie immer mal wieder zu leiden haben. Sie sind bereit, über all meine Mängel hinweg zu sehen und mich trotz meiner selbst zu lieben. Ist das nicht toll?

Dass sie mich lieben, haben sie mir heute mal wieder ganz deutlich gezeigt. Mit Briefchen, in denen „Mama, ich lib dich so ser“ steht. Oder „Mama, ic ha dichsoger“ oder „Schön, dass es dich gibt. Gibst du auf deine Gesundheit acht?“. Es ist zwar noch nicht Muttertag, aber sie haben mich dennoch überschüttet mit Liebesbriefen und Küssen -sogar das Prinzchen hat mich geküsst! – und sie haben mich gefeiert, als wäre ich ihre grösste Heldin. Und sie haben mir ein Velo geschenkt. Eines aus zweiter Hand zwar, aber das ist mir völlig egal. Hauptsache, ich kann endlich wieder auf zwei Rädern ins Dorf fahren, wenn es eilt. Hauptsache, ich muss nicht mehr zu Hause bleiben, wenn die ganze Familie einen Zweirad-Ausflug in den Park unternimmt.

Wenn dann noch meine Fans vollzählig hinter mir her rennen, während ich meine ersten Runden auf dem neuen Velo drehe und bewundernd rufen „Du kannst es, Mama! Du kannst es ja wirklich!“, dann fühle ich mich einfach grossartig. Und ich bin froh, dass wir das Abenteuer Familie gewagt haben…

Von Schwiegertöchtern und Schwiegermüttern

Wann genau haben eigentlich die ewigen Grabenkriege aufgehört? Seit der ersten Begegnung war man sich suspekt. Die Junge war zu klein, die Alte zu unfreundlich. So fing es an und noch gehässiger ging es weiter. Jedes Geschenk war ein Affront, zwischen jeder Zeile las man einen Vorwurf, in jeden Blick wurde etwas hineininterpretiert. Und natürlich war jeder Feiertag mit seiner erzwungenen Fröhlichkeit eine Tortur. Noch schlimmer war der Muttertag. Wer hat  mehr Anrecht darauf, gefeiert zu werden? Die Alte, die die anstrengendsten Seiten der Mutterschaft schon längst hinter sich hat, oder die Junge, die noch mitten im Stress steckt? Man redete nie darüber, doch insgeheim dachte jede, sie hätte mehr Beachtung verdient.

Und dann, ganz plötzlich, ist es kein Problem mehr. Nicht, dass man sich viel besser verstehen würde. Die gegenseitigen Besuche sind auch jetzt noch eine eher anstrengende Angelegenheit. Dennoch hat es eine Veränderung gegeben. Die Junge hat begriffen, dass sie auch dann Mutter ist, wenn sie den Muttertag teilen muss. Die Alte ist froh, wenn ihr die Enkel nicht allzu oft das wohlgeordnete Leben durcheinander bringen. So ist inzwischen der Muttertag beiden egal und man lässt einander  in aller Ruhe den freien Sonntag geniessen.