Samstägliche Einsichten

  • Hätte ich doch bloss früher einen Schrittzähler besessen, der mir sagt, wie viele Kilometer ich an einem ganz gewöhnlichen AufräumBrotbackPutzWäscheKleinkram-Samstag abspule. Dann hätte ich in den vergangenen Jahren nicht jedes Mal, wenn mich ein gestrenger Arzt nach meinen sportlichen Aktivitäten fragte, verschämt zu Boden geblickt und gemurmelt: „Ich weiss ja, dass ich sollte…“ Nein, ich hätte ihm voller Selbstbewusstsein ins Gesicht geschaut und gesagt: „Dauerlauf ist mein Leben.“
  • Es mag ja rührend sein, dass das Prinzchen mich darauf aufmerksam macht, es fange gleich an zu regnen, ich sollte vielleicht lieber die Wäsche reinholen, damit ich sie nicht zweimal waschen müsse. Daraus sollte man aber nicht schliessen, dass der Junge allmählich lernt, den Wert von Hausarbeit zu schätzen. Eine halbe Stunde später lässt er nämlich wieder seinen ganzen Kram im eben erst aufgeräumten Wohnzimmer liegen. Und wehe, man bittet ihn, das Zeug wegzuräumen, man wolle doch nicht die ganze Arbeit zweimal machen…
  • Wenn der FeuerwehrRitterRömerPirat nach einer Woche Abwesenheit sagt, er habe die ganze Familie furchtbar vermisst und sei froh, wieder zu Hause zu sein, bedeutet dies nicht, dass er deshalb ganz viel Zeit mit uns verbringen will. Sein Handy hat ja während dieser Woche auch fast gänzlich ohne ihn auskommen müssen und braucht jetzt ganz viel Aufmerksamkeit.
  • Niemand hat die Banane geschält, gedrückt und dann wieder zurück in die Obstschale gelegt. Bananen tun solche Dinge manchmal ganz von sich aus und es ist eine Unverschämtheit, dass ich eines der Kinder dafür verantwortlich machen wollte. 
  • Wenn Karlsson sagt, er werde eine Sache „gleich“ erledigen, dann kann dies durchaus bedeuten, dass erst noch Klavier spielen, Violine üben, im Zimmer herumhängen, nach Basel an die Herbstmesse fahren, essen, lernen und sich ein wenig ausruhen wird. Aber er wird tun, was er versprochen hat. Man muss sich nur ein wenig gedulden. 

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Etwas geht hier nicht ganz auf

Man könnte so circa alle sechs Monate ins schwedische Möbelhaus rennen, um neue Schälchen, Gläser, Küchenmesser, Teller, und ein paar Löffel zu kaufen, weil in Schubladen und Schränken schon wieder gähnende Leere herrscht. Und wo man schon dabei wäre, könnte man noch ein paar Badetücher in den Einkaufswagen schmeissen, weil auch die schon wieder knapp sind. 

Oder „Meiner“ kann zwei oder drei Tage lang dabei helfen, die Zimmer auszumisten, noch Nützliches vom herumliegenden Abfall zu trennen und Geschirrspüler und Waschmaschine pausenlos laufen lassen. Wenig später platzt der Geschirrschrank aus allen Nähten, die sauberen Badetücher stapeln sich im Regal und im Gläserfach kann man eine bunte Retrospektive sämtlicher Trinkgläserserien, die wir in den vergangenen drei Jahren erstanden haben, bewundern. 

Ganz egal, ob man den einen oder den anderen Weg wählt, am Ende drängt sich die gleiche Schlussfolgerung auf: Unsere Strategie, den Teenagern die alleinige Verantwortung für die Ordnung in ihren Zimmern zu überlassen, ist wohl gescheitert. 

schon wieder mais

Rollenwechsel

„Mal sehen, ob das auch jemand anders kann“, knurrte ich heute schlechtgelaunt, als auf der WC-Rolle nur noch ein kleiner Rest Papier übrig war. Ich tat einfach so, als würde ich nichts davon bemerken und liess die Rolle so, wie sie war. Ja, ich ging sogar noch weiter: Ich stellte nicht mal eine Ersatzrolle auf den Badewannenrand, um meinen Nächsten das Holen des Nachschubs zu erleichtern. Ich führte mich also für einmal so auf, wie meine geliebten Mitbewohner es immer tun. Sollten die doch mal sehen, wie mühsam das ist, wenn keiner sich darum kümmert, die Rolle zu wechseln, wenn sie fast leer ist. 

Als ich etwas später wieder aufs WC musste, sah es – wohl zum allerersten Mal in meiner Mütterkarriere – danach aus, als hätte eines meiner Familienmitglieder endlich begriffen, dass auch jemand anders als ich denn Rollenwechsel beherrscht. Da hatte doch tatsächlich jemand für Nachschub gesorgt und zwar nicht nur auf dem Badewannenrand.

Fast wollte ich in Tränen der Dankbarkeit ausbrechen, aber ehe ich das tun konnte, musste ich etwas zur Hand haben, um mich zu schnäuzen, falls das Augenwasser allzu grosszügig fliessen würde. Also rollte ich ein Stück Papier ab. Oder ich versuchte es zumindest, doch leider ging das nicht, denn der Rollenwechsel meines Vorgängers war bloss ein netter Versuch gewesen, der sich als gescheitert erwies, wenn man am Papier ziehen wollte. Und so durfte ich trotz seiner Umsicht einmal mehr meines heiligen Amtes als einzige fähige WC-Rollen-Wechslerin im Hause Venditti walten und das Ding richtig in den Halter legen.

Ob meine Lieben denken, ich bräuchte meine Rolle als Rollen-Ersetzerin, um täglich daran erinnert zu werden, wie unersetzlich ich bin?

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Im Achtsamkeit-Stress

Achtsam sollen wir sein, sagen sie. Das Leben mit Bedacht angehen und ganz bewusst im Moment leben. Alle sollen das und ganz besonders wir Eltern, denn wir sind es ja, die der heranwachsenden Generation zeigen, wie leben geht. Von uns lernen die Kleinen, ob man das Dasein als hektischen Wettlauf gegen die Zeiger der Uhr oder als gemütliche Wanderung über Höhen und Tiefen versteht. 

Wir sollen kein ödes Programm abspulen, sondern alles, was uns das Leben bietet, mit offenen Armen und sämtlichen Sinnen in Empfang nehmen. Wir sollen nicht zornig mit dem Putzlappen durch die Wohnung fegen, sondern unsere schmutzigen Fussböden und staubigen Regale mit Liebe und Hingabe pflegen. Wir sollen unserem Nachwuchs keine eilig aufgewärmte Fertigkost vorsetzen, sondern mit Lust zubereitete Mahlzeiten aus Zutaten, die wir zumindest sorgsam auf dem Wochenmarkt ausgewählt haben, wenn sie denn nicht in unserem eigenen Garten unter unserer fürsorglichen Pflege herangewachsen sind. Natürlich berieseln wir unsere Kleinen nicht mit Musik aus der Konserve, sondern singen stundenlang Lieder und ermutigen unseren Nachwuchs dazu, selber zu musizieren. Wir setzen unsere Kinder nicht andauernd vor die Glotze, sondern bieten echte Erlebnisse, draussen in der Natur, beim Kreativsein, beim gemeinsamen Arbeiten.

Selbstverständlich dreht sich in unserem Leben nicht alles um den Nachwuchs, denn wir müssen auch zu uns selber Sorge tragen. Müssen Zeit haben, auf unseren Körper zu hören, ihm Gutes zu tun und ihn zu pflegen. Wir halten immer mal wieder inne, um an Blumen zu riechen, die Schmetterlinge zu beobachten und den kühlenden Wind auf unserer Haut zu spüren. Und natürlich gehen wir regelmässig in uns, um zu spüren, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind, oder ob wir unnötigen Ballast abwerfen müssen.

Wer mich kennt, weiss, dass mir viele von diesen Gedanken nicht fremd sind. Ich will ein Familienleben, in dem gemeinsame Mahlzeiten, echte Erlebnisse und Kreativität eine wichtige Rolle spielen. Will selbst gebackenes Brot auf dem Tisch, hergestellt aus Teig, der Stunden und Tage Zeit hatte, um zu reifen. Will mein eigenes Gemüse und bunte Blumen, die nicht nur uns, sondern auch den Schmetterlingen und Bienen Freude bereiten. Will Zeit haben, um über mein Leben nachzudenken und reflektiert zu handeln. Will lieben Menschen genügend Raum lassen und trotzdem Zeit für mich alleine haben. Will an manchen Tagen sogar ein aufgeräumtes Zuhause haben, weil man sich darin einfach mehr zu Hause fühlt. 

Weil ich das alles will, verlangt plötzlich der Brotteig nach Aufmerksamkeit, während auf dem Herd das liebevoll zubereitete Essen für die gemeinsame Mahlzeit überkocht und draussen im Garten der Salat von den Schnecken gefressen wird, weil ich keine Zeit hatte, die zarten Pflänzchen zu schützen, da ich vollauf damit beschäftigt war, mit „Meinem“ darüber zu reden, wie wir unser Leben ruhiger gestalten könnten, anstatt dafür zu sorgen, dass Haus und Garten nicht im Chaos versinken. 

Und plötzlich stehe ich schimpfend und zeternd inmitten meines wunderbaren, bewussten Lebens und verliere die Nerven, weil diese elende Achtsamkeit, die alle predigen, einem ganz schön viel abverlangt. 

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Entsteint

An rund 360 Tagen im Jahr führen mein Kirschenentsteiner und ich eine durchaus harmonische Beziehung. Etwas distanziert vielleicht, da wir einander nur selten begegnen, aber doch ganz nett. Sehe ich ihn irgendwo auf dem Regal stehen, nicke ich ihm freundlich zu, er fragt, wie es dem Kirschbaum gehe und falls dieser bereits in Blüte steht oder sich erste Früchte zeigen, strahlt er mich an und sagt, er freue sich auf den Juni. „Ich freu mich auch“, sage ich dann und meine das durchaus so, wie ich es sage, denn ohne ihn macht die Kirschernte nur halb so viel Freude.

Dann aber kommt dieser eine Tag, an dem ich auf die Leiter steige, weil die Kindern, die sich über Tage fast ausschliesslich von Kirschen ernährt haben, alle Bauchweh haben, weshalb ich den Rest der Ernte verwerten darf. Dies wäre dann der Moment, in dem der Kirschenentsteiner und ich ein paar Stunden fröhlich miteinander arbeiten sollten, aber natürlich steckt der Kerl nicht mehr dort, wo ich ihn zum letzen Mal angetroffen habe…oder wo ich geglaubt habe, ich hätte ihn getroffen. Und er steckt auch nicht dort, wo er sonst noch sein könnte und auch nicht an den unmöglichen Orten, an denen ein Kirschenentseiner nun wirklich nichts verloren hat, die ich aber trotzdem absuche, weil man ja nie wissen kann, auf welche Gedanken ein Gerät kommt, wenn es zu lange nicht im Einsatz ist. Natürlich ist er auch dort nicht und wenn ich nicht will, dass die Kirschen in den Schüsseln verfaulen, bleibt mir nichts anderes übrig, als die ganze Ernte mit dem Messer zu entkernen. 

Irgendwann, zwischen dem dritten und dem vierten Kilo, wenn mir der Kirschsaft bereits bis über die Ellbogen fliesst und die Finger schmerzen, fange ich an, auf das nutzlose Gerät, dessen Arbeit ich nun im Schweisse meines Angesichts erledigen muss, zu schimpfen. Warum räumt man einem solchen Nichtsnutz überhaupt Platz im Regal ein, wo er doch nie zur Stelle ist, wenn man ihn braucht? 

Der Kirschenentseiner ist natürlich nicht weniger eingeschnappt, was ich meist wenige Tage nach der Ernte erfahre, wenn er plötzlich wieder dort ist, wo er schon immer war und mir Vorwürfe macht, weil ich ihm, der doch nur eine Sache richtig gut kann, nicht ein einziges Mal im Jahr die Chance gebe, sein grossartiges Können zu beweisen. Ich verspreche ihm dann hoch und heilig, ihn nächstes Jahr, wenn die Kirschen wieder reif sind, ganz bestimmt zu berücksichtigen und er verspricht mir ebenso hoch und heilig, er werde dann auch ganz bestimmt an exakt dieser Stelle auf mich warten. Dann liegen wir uns versöhnt in den Armen, beide wohl wissend, dass weder er noch ich in einem Jahr unsere Versprechen, die wir einander unter Tränen gegeben haben, werden einhalten können.

Weil er ja doch nie dort ist, wo man ihn sucht…

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Mach kein Drama

Wenn lange genug eins nach dem anderen schief läuft, fängst du früher oder später an, auch dort Probleme zu sehen, wo gar keine sind. Dann gehst du, wenn es beim Kochen plötzlich knallt und der Backofen seinen Dienst quittiert, nicht in den Keller, um zu überprüfen, ob eine Sicherung rausgefallen ist. Nein, du brichst fast in Tränen aus, weil du dich nicht schon wieder mit dieser unsäglichen Firma rumärgern willst und du in Gedanken schon vor dir siehst, wie sie kommen, um deinen geliebten Herd abzutransportieren, weil er nicht mehr zu retten ist. Da die Herdplatten noch funktionieren, schiebst du den Anruf bei der Firma drei oder vier Tage vor dir her und nachdem du endlich zum Telefon gegriffen hast, siehst du dem Besuch des Technikers mit Bangen entgegen. Nicht schon wieder ein Stein im Weg, denkst du. Nicht schon wieder diese elende Jagd nach einem funktionierenden Haushaltgerät. 

Tja, und dann steht ein paar Tage später dieser Techniker in der Küche, verlangt den Sicherungskasten zu sehen und verkündet Augenblicke später, dass da, wo du schon wieder einen Berg gesehen hast, eigentlich nur eine kleine, doofe Sicherung war. Eine von zwei, die für den Betrieb von Backofen und Kochplatten zuständig sind.

Bevor du vor lauter Scham im Fussboden versinkst, denkst du noch, dass du dir dringend mal wieder eine Portion Optimismus besorgen solltest. Mindestens so viel, dass es reicht, um erst die paar Treppenstufen zum Sicherungskasten unter die Füsse zu nehmen, ehe du ein Drama machst. 

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Wie haben die das bloss geschafft?

In meiner Kindheit erzählte mir ein Mädchen von einer sechsköpfigen Familie, in der die Kinder im Turnus dazu verdonnert wurden, täglich das Lavabo im Badezimmer zu reinigen. Wir waren beide entsetzt.

Sie, weil sie aus einem tadellos geführten Haushalt stammte, in dem das Lavabo gar nie die Chance hatte, schmutzig zu werden, da die treusorgende Hausfrau bereits mit dem Schwamm angerannt kam, wenn ein Kind sich nur schon dem Waschtrog näherte. Das Mädchen wusste also gar nicht, dass Lavabos dreckig sein können.

Ich, weil ich damals in kindlicher Selbstüberschätzung tatsächlich glaubte, wenn ich beim gemeinsamen samstäglichen Hausputz das Lavabo sauber mache, bleibe es danach eine ganze Woche lang blitzblank. Offenbar war ich ausgesprochen erfolgreich darin, nicht zu bemerken, wie meine Mutter an allen anderen Wochentagen die Spuren beseitigte, die sieben Kinder im einzigen Badezimmer hinterliessen. 

Noch heute versetzt mich jene sechsköpfige Familie in Erstaunen. Ich kann mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, wie um alles in der Welt die es geschafft haben, ihr Lavabo sauber zu halten, wenn sie es bloss einmal am Tag geputzt haben.

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Doch noch lieber so als anders

Wenn ich wieder einmal kurz vor Mittag schweissgebadet meinen Wocheneinkauf aufs Förderband lade, hinter mir eine lange Schlange von Arbeitern, die nur mal schnell ihr Sandwich bezahlen wollten und sich nun fragen, warum diese blöde Hausfrau ihren Grosseinkauf ausgerechnet jetzt tätigen muss, weil sie mir ja nicht ansehen können, dass ich auch meinen Job habe…

Wenn ich mir währenddessen den Kopf zermartere, wie ich es in den nächsten 24 Stunden schaffen soll, regelmässig eine warme Mahlzeit auf den Tisch zu bringen, die Wohnung zu putzen, ungestört zu arbeiten, rechtzeitig zur Sitzung zu kommen, den Wäscheberg zu verkleinern, Luises Medikamente in der Apotheke abzuholen, den Kühlschrank sauber zu machen, zu Karlssons Schulbesuchstag zu gehen und bei all dem noch ein halbwegs freundlicher Mensch zu bleiben,…

wenn ich wenig später schimpfend und zeternd die Einkaufstaschen in den zweiten Stock schleppe, zwischendurch ein paar Essensreste auf den Herd stelle, die Kinder in Empfang nehme und mich frage, weshalb andere Menschen es für nötig halten, Sport zu treiben, wo doch das ganz gewöhnliche Leben sich oftmals anfühlt wie ein endloses Ausdauerprogramm,…

und mir dann noch einfällt, dass ich mir diesen Stress zumindest teilweise hätte ersparen können, wenn ich mir am Morgen nicht in einem Anflug von grenzenlosem Optimismus diese zwanzigminütige Pause gegönnt hätte,…

dann werde ich einen Augenblick lang empfänglich für diese leise Stimme, die mir honigsüss ins Ohr flüstert: „Stell dir vor, wie angenehm dein Leben sein könnte, wenn du nichts weiter zu tun hättest, als dich um Kinder und Haushalt zu kümmern. Wäre das nicht ein traumhaftes Leben? Morgens um acht, wenn das Prinzchen aus dem Haus ist, könntest du in aller Ruhe frühstücken und Zeitung lesen. Dann könntest du darüber nachdenken, was du heute erledigen willst und was getrost noch bis morgen warten kann. Wenn du Lust hättest, könntest du dich mit einer Freundin zum Kaffee treffen, oder für einige Stunden mit einem Buch verschwinden, um kurz vor Mittag vollkommen entspannt wieder zu Hause aufzutauchen, wo du deine Kinder wenig später mit einem liebevoll zubereiteten Mittagessen und einem offenen Ohr in Empfang nehmen würdest. Und stell dir erst mal vor, wie perfekt dein Garten dann nach einiger Zeit aussehen würde…“

So flüstert sie, diese Stimme und einen Moment lang bin ich geneigt, ihr zu glauben. Ich male mir aus, wie entspannt ich in den Tag starten würde, wenn ich nicht schon am frühen Morgen diese endlose Lite der zu erledigenden Dinge im Kopf hätte. Ich stelle mir vor, wie ordentlich es bei uns sein könnte, wenn sich endlich mal jemand richtig um diesen Haushalt kümmern würde. Ich fange an zu phantasieren, was ich alles Gutes kochen und backen könnte, wenn nicht immer alles auf den letzten Drücker geschehen müsste. 

Ein paar solche Tage wären ganz nett, denke ich. Aber auf Dauer? Nein danke! Dass ich nicht geschaffen bin für ein Leben, das sich ausschliesslich um Kind und Haushalt dreht, habe ich mir mehr als einmal bewiesen. Meine Familie kann ein Liedchen davon singen, wie unausstehlich ich dann werde. Noch unausstehlicher, als ich es heute Vormittag war… 

Und darum wird es auch weiterhin Tage geben, an denen ich mich schimpfend und schnaubend durchs Tagesprogramm pflüge, weil ich einfach nicht alles schaffe, was ich schaffen sollte  und ich werde dabei tief in meinem Inneren dennoch zufriedener sein, als ich es wäre, wenn ich irgendwann zu töpfern anfangen müsste, um irgendwie diese vielen kinderfreien Stunden hinter mich zu bringen. 

Bad Mommy’s Terrible Saturday

Wieder so ein Samstag.

„Meiner“ irgendwo unterwegs zum letzten Aufklärungskurs des Jahres.

Ein Haufen Arbeit, die nachzuholen wäre, weil ich es in der ersten Wochenhälfte mal wieder vorgezogen habe, mich mit einer Grippe zu vergnügen, anstatt mich meinem Job zu widmen.

Traurige Kinder, die es nicht fassen können, dass wegen eines kaputten Telefons und einer blöden E-Mail-Panne das Freizeitprogramm, auf das sie sich seit Wochen gefreut haben, ins Wasser fällt.

Ein zorniger Teenager, der in Rage gerät, weil „Meiner“ sich geweigert hat, die 120 Kilometer in die Ostschweiz zu Fuss zu gehen, wo er doch genau wusste, dass ich das Auto für Chauffeurdienste ins Nachbardorf gebraucht hätte. 

Zwei verstopfte Toiletten, für die ich keine Verantwortung übernehmen will, da inzwischen jeder, der in diesem Haus lebt, die fachgerechte Toilettenbenützung und -reinigung beherrschen sollte.

Ein Wäscheberg, der einfach nicht verschwinden will, so sehr ich ihn auch dränge, endlich aus meiner Waschküche abzuhauen. 

Eine Teigmaschine, die mir auf eine passiv-aggressive Weise zu verstehen gibt, dass ich zu viel von ihr verlange und dass sie nicht gewillt ist, mir in dem von mir gewünschten Umfang zu Diensten zu sein.

Zwei Heidelbeerbüsche und ein Johannisbeerstrauch, die vorwurfsvoll im Eingang stehen und darauf warten, endlich Boden unter ihre Wurzeln zu bekommen. 

Dieses nagende Gefühl, niemandem auch nur für fünf Sekunden den Rücken zukehren zu dürfen, weil bestimmt eine leere Flasche, eine vergessene Mandarinenschale, eine halbfertige Zeichnung, ein Schokoladenpapier oder sonst etwas Unwillkommenes herumliegt, wenn ich wieder hinschaue. 

Kurzum: Einer dieser Samstage, an dem ich auf jedem Bild mit finsterem Blick und einer dicken, schwarzen Wolke über dem Kopf zu sehen wäre, wenn mein Leben ein Comicbuch wäre. (Der Titel würde dann vermutlich „Bad Mommy’s Terrible Saturday“ oder so ähnlich lauten und auf dem Cover wäre eine Karikatur meiner selbst zu sehen, wie sie zähnefletschend und mit irrem Blick durch ihr Revier streift und ihren Nachwuchs das Fürchten lehrt.)

Eine einzige Sache vermag mich an einem solchen Tag aufzuheitern: Ein Mittagessen, bei dem einer – nachdem er mein angespanntes Schweigen gründlich satt hat – auf die Idee kommt, mich zu fragen, wie ich denn die aktuelle Weltlage beurteilen würde, was mir die Gelegenheit bietet, meine miese Laune für eine Weile in die Ecke zu stellen, um des Langen und Breiten darüber zu referieren, weshalb ich die aktuelle Situation der Medien als äusserst problematisch beurteile, warum mir die politische Lage in diversen Ländern schlimme Bauchschmerzen bereitet und was in meinen Augen getan werden müsste, damit jene, die sich noch nicht von der grossen Wut haben mitreissen lassen, verhindern könnten, dass die Welt gänzlich vor die Hunde geht. 

Natürlich stehe ich eine halbe Stunde später schon wieder mit meiner schwarzen Wolke über dem Kopf am Spültrog, aber immerhin kann ich mir jetzt einreden, ich hätte heute ein ganz kleines bisschen zum Weltfrieden beigetragen. 

Falls die Knöpfe mir mein pazifistisches Gequatsche noch abnehmen, nachdem ich einmal mehr bewiesen habe, wie laut und unfreundlich ich an einem Tag wie heute werden kann… 

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Der Spass will einfach kein Ende nehmen…

Vielleicht hat meine geschätzte Leserschaft allmählich die Nase voll von meinen Küchendramen, aber da das Ganze nun wirklich groteske Züge annimmt, sehe ich mich verpflichtet, noch ein wenig weiter darüber zu berichten. Einerseits, damit das irgendwo dokumentiert ist, denn in ein paar Monaten glaube ich sonst die Sache selber nicht mehr. Andererseits, weil die Menschheit sehen soll, dass auch unser Leben im Luxus seine Tücken hat. 

Die Ausgangslage heute Morgen war so…

Ich rechnete fest damit, spätestens heute Mittag wieder über ein funktionierendes Kühlgerät zu verfügen, denn der Monteur, der mir vor zweienhalb Wochen hoch und heilig versprochen hatte, die Reparatur werde bestimmt nicht länger als sieben Tage auf sich warten lassen, hatte heute endlich Ersatzteile und Zeit, um sich der Sache anzunehmen. Die Telefonate, die „Meiner“ geführt hat, um diesen Termin zu bekommen, habe ich nicht gezählt, aber es waren viele.

Im Weiteren hatte ich die feste Zusage, dass am Montag der neue Herd geliefert werden soll. Vom gleichen Anbieter wie das Kühlgerät, diesmal aber wieder wie gewohnt mit Garantieverlängerung, da ich mich darum bemühe, den gleichen Fehler nur einmal im Leben zu machen. (Beim Kühlgerät hatten wir darauf verzichtet, weil man sich mit dem Geld, das wir über all die Jahre für ungenutzte Garantieverlängerungen bezahlt haben, eine  neue Luxusküche leisten könnte. Wie wir jetzt wissen, spüren die Geräte so etwas sofort und beschliessen, kurz nach Ablauf der regulären Garantiezeit in Streik zu treten.)

Ausserdem freute ich mich wie ein kleines Kind auf den nächsten Dienstag, denn dann soll derjenige kommen, der die verkalkten Leitungen reinigt. Wenn das Wasser erst mal wieder fliesst, können wir uns auch des defekten Geschirrspülers annehmen und dann bestehen gute Chancen, dass wir noch vor den Herbstferien wieder halbwegs normal kochen, abwaschen und kühlen. 

Wie sich die Lage präsentierte, als der Monteur da war…

Die Gute Nachricht wie immer zuerst: Der Termin mit dem „Leitungsreiniger“ steht weiterhin, es besteht also durchaus Hoffnung, dass wir in einer Woche nicht mehr in der Badewanne abwaschen.

Der ganze Rest aber ist Sch…

Das Kühlgerät, so weiss ich jetzt, ist nicht mehr zu retten. Verlust von Kühlflüssigkeit, Rost, Reparatur wäre teurer als eine Neuanschaffung bla bla bla. Und das ein gutes Jahr nach dem Kauf. Okay, man hat uns damals das Ganze als Ausstellungsmodell vergünstigt angeboten, aber billig war es deswegen noch lange nicht. Ausserdem „absolut vertrauenswürdige Marke, beste Qualität, Sie werden lange Freude haben daran“ und was die einem sonst noch so sagen, wenn sie einen zum Kauf bewegen wollen. Heute dann so: „Solche Geräte stehen monatelang irgendwo herum, vielleicht schon mal bei einem Kunden als Ersatzgerät im Einsatz, keiner schaut, ob wirklich alles in Ordnung ist.“ Also alles, was sie so sagen, wenn keiner die Schuld auf sich nehmen will.

Nun gut, die Schuld liegt natürlich ohnehin bei mir, denn ich war ja, wie gesagt, einmal – ein EINZIGES Mal-  in meinem Leben fahrlässig genug, um auf die Garantieverlängerung zu verzichten und dafür soll ich jetzt tüchtig Busse tun. Ich soll ihnen gefälligst auf Knien danken, dass sie so kulant sind, mir ein sensationell gutes, noch nie gebrauchtes und ganz bestimmt perfekt durchgestyltes Gerät zum sagenhaften Preis von 1500 Franken zu offerieren. Und natürlich soll ich auch keine Minute lang überlegen, ob ich das will und kann, denn so ein Angebot bekomme ich nie wieder im Leben. Ob ich denn wirklich mehr Entgegenkommen erwarten hätte? (Wie gierig die Hausfrauen heutzutage sind… Tssss!)

Während ich am Telefon verhandle, steht hinter mir ein fassungsloser Monteur der findet, Kulanz sähe anders aus. Was ich natürlich auch finde und deshalb dem aalglatten Typen am Telefon – der es nicht fassen kann, dass ich ob seines Angebots nicht in dankbaren Jubel ausbreche – so unmissverständlich klar mache, dass meine Freunde, die mir immer vorwerfen, ich sei zu nett, wahrlich stolz auf mich wären. (Okay, sie würden vielleicht sagen, ich hätte mich am Ende nicht für meinen Ausbruch entschuldigen sollen, aber immerhin war da ein Ausbruch.) 

Wie sich die Lage jetzt, wo ich das alles weiss, präsentiert…

Kühlgerät:

  • Entweder wir toben so lange, bis sich in dem Saftladen, in dem wir das Gerät erstanden haben, ein anständiger Mensch findet, der weiss, was das Wort „Kulanz“ bedeutet,…
  • … „Meiner“ und ich sind blöd genug, um das „sensationelle Angebot“ anzunehmen und zwacken die 1500 Franken – die wir bei der Küchenrenovation nicht budgetiert haben, da wir nicht auf ein neues Kühlgerät eingestellt waren – irgendwo sonst ab,…
  • … oder wir strecken die Waffen, bestehen darauf, dass die wenigstens kostenlos das defekte Gerät aus unserer Wohnung befördern und entsorgen und machen uns bei einem hoffentlich vertrauenswürdigeren Händler auf die Suche nach einem neuen Gerät. 

Wie auch immer die Sache ausgeht, wir werden auf alle Fälle noch wochenlang ohne anständiges Kühlgerät leben müssen. Wir werden weiterhin verzweifelt versuchen, unser Kühlgut irgendwie in den winzigen Kühlschrank, den wir Gott sei Dank noch im Keller hatten, zu stopfen. Und wir werden leider immer mal wieder verdorbene Lebensmittel entsorgen müssen, weil a) schlicht keine Möglichkeit besteht, Resten zu kühlen und b) in dem Kühlschränkchen alles drunter- und drüber liegt, so dass man allzu leicht etwas übersehen kann. 

Und natürlich hat das auch Konsequenzen für den Ofen, der am Montag geliefert werden soll, denn nicht mal ich bin naiv genug, dieser Firma noch einmal mein Vertrauen – und viel Geld – zu schenken, Garantieverlängerung hin oder her. Dabei wäre es der Ofen meiner Träume gewesen. Und das Kochen auf drei Platten geht mir allmählich auch auf den Geist.

Aber ich kann mich wenigstens noch auf den „Leitungsreiniger“ freuen…

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