Prinzchens bester Freund feierte seinen sechsten Geburtstag und wir Gäste kamen von überall her. Aus Griechenland, Marokko, aus der Slowakei, aus Holland, aus Italien, aus Peru, aus der Schweiz, aus Angola… Nun gut, natürlich musste keiner von weither anreisen, denn wir alle waren schon hier in der Gegend, wir alle leben hier. Es war ein tolles Fest. Viel Gelächter, Kindergekreische, viel zu viel gutes Essen, Gestikulieren, Hochdeutsch mit Akzent, fliessendes Schweizerdeutsch, dazwischen Brocken in den verschiedenen Landessprachen, Getratsche und Tiefschürfendes. Wunderbar war es, man mochte gar nicht mehr nach Hause gehen.
Nach Hause, wo man gezwungen war, sich mit der ernüchternden Tatsache auseinanderzusetzen, dass die Mehrheit der Stimmbürger eine solch farbenfrohe, lebhafte Schweiz lieber nicht haben will.

Ich bin noch nie an hasserfüllte Kommentare oder hemmungslosen Hass geraten. Vielleicht habe ich da Glück. Jedoch erlebe ich, dass wir durchaus ein einer Situation leben, die kippen könnte. Aber nicht nur bei uns. Dies ist eine generelle Entwicklung und in meinen Augen eine negative Folge von Globalisierung und der Globalisierung der Medien. Die gesamte Welt funktioniert nicht mehr, wir sind nur ein klitzekleiner Teil davon. Und solange Macht und Geld regieren, wird sich nichts ändern. Solange die Scheren immer weiter aufgehen auch nicht. Wir jammern zwar auf hohem Niveau, aber wir haben immer mehr Dinge, die wir einfach bezahlen müssen und wenn das Geld dazu fehlt, dann wird in dem, was Du Hass nennst und ich Existenzangst ausgedrückt, dass es mangelt. Und diese Mängel zu beheben, hätten die Politiker tatsächlich Instrumente, bevor es eskaliert. Nur sind andere Ziele halt wichtiger.
Da es aber so ist, dass Menschen, die zu Nahe aufeinander hocken zur Gewalt neigen, ist es für mich noch nicht sichtbar, ob ganz abgesehen von allem was sein könnte, passieren könnte, nicht doch auch ein positiver Aspekt in dem Resultat zu sehen ist. Es bleibt abzuwarten.
Für mich stimmt zwar das gestrige Resultat ganz und gar nicht, aber auch mir ist klar, dass es nicht das Ende der Welt bedeutet. Was mir jedoch ernsthafte Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass immer hemmungsloser Hass verbreitet wird, sei es auf politischen Plakaten, sei es in den sozialen Medien. Was ich in diesen Kommentaren lese, zeigt mir leider ganz deutlich, dass viele Schweizer die von mir gestern erlebte Vielfalt verabscheuen. Was, wenn diese hasserfüllte Stimmung überhand nimmt? Was, wenn die Politiker die Geister, die sie weckten, nicht mehr zu zügeln vermögen? Auf politischer Ebene wird man Lösungen finden, daran zweifle ich nicht. Aber wird man auch die immer hemmungsloser ausgesprochene Fremdenfeindlichkeit noch eindämmen können? Ich hoffe es zutiefst.
Ich glaube kaum, dass man diese Vielfalt nicht haben will. Und ich glaube auch nicht, dass es viel hilft, die Welt schwarz (mit Ja-Resultat) oder weiss (mit Nein.Resultat) zu sehen.
Für mich persönlich stimmt die Schwarzmalerei nicht und weder das eine noch das andere Resultat ist besser oder wäre besser gewesen.
Diese Vielfalt die Du beschreibst lebt vom Miteinander. Und friedliches Miteinander braucht Platz, Zeit, eine sinnvolle Beschäftigung und eine funktionierende Gesellschaft. Alles Voraussetzungen, die auf der gesamten Welt je länger je weniger gegeben sind. Ich verstehe die Argumente beider Seiten. Und die Argumente (und nicht das, was man dann daraus malt) stimmt für mich von beiden Seiten. Das spricht für mich dafür, dass grundlegende Probleme da sind, die nicht gelöst werden. Damit die goldene Mitte die Balance halten kann, braucht es entweder Einsicht und Vernunft, oder zwei Extreme. Ersteres erlebe ich kaum. Und bei zweiterem werden eben irgendwann einmal Reissleinen gezogen, die bei Ersterem nicht nötig gewesen wären.