Warum wir Kinder haben? Die Frage habe ich mir schon lange nicht mehr gestellt. Heute aber unterhielt ich mich mit einer jungen Frau darüber, ob Frau Kinder haben muss, oder zumindest haben wollen müsste, wenn sie halbwegs normal wäre, und da machte ich mir mal wieder Gedanken darüber.
Warum haben wir uns überhaupt für das Abenteuer mit fünf Kindern entschieden? Weil man halt einfach Kinder hat, wenn man viele Jahre zusammen ist? Weil wir die Verhütung nicht in Griff bekommen konnten? Aus religiöser Überzeugung? Weil wir nicht zum Mainstream – zwei Kinder, Hund, Einfamilienhaus – gehören wollten? Weil Mutterschaft einen zu einem besseren Menschen macht? Weil wir ohne Kinder mit unserer Zeit nichts anzufangen gewusst hätten?
Für „Meinen“ kann ich nicht sprechen, aber bei mir ist wohl der Grund, dass es mich begeistert, mit Menschen unterwegs zu sein. Rückblickend zu erkennen, dass gewisse Charaktereigenschaften eines Kindes bereits bei der Geburt zum Tragen kamen, zu erleben, wie Fähigkeiten zum Erblühen kommen, gemeinsam Wege zu finden, wenn es mal nicht so perfekt läuft. Die Fülle an Charakteren, die erstaunlichen Ähnlichkeiten, die zutage treten, das Unvorhersehbare, überraschende (Un)fähigkeiten, weitergeben, was man im Laufe des Lebens gelernt hat, aber auch einen Spiegel vorgehalten zu bekommen, dies sind die Dinge, die mich faszinieren, die ich nie hätte missen wollen in meinem Leben. Diese Dinge sind es auch, die mir immer wieder den Antrieb geben, mich aufzuraffen, wenn das Muttersein alles andere als rosig ist.
Und weil mich dieses gemeinsame Unterwegssein so sehr begeistert, habe ich auch zuweilen das Gefühl, fünf Kinder seien noch längst nicht genug, aber das sieht „Meiner“ ganz eindeutig anders als ich.

Diese Gedanken kann ich sehr gut nachvollziehen. Durch die Entbehrungen, die das Kinderhaben nun einfach mit sich bringt, habe ich erkannt, was mir im Leben wirklich wichtig ist und worauf ich in Zukunft gerne verzichten kann. Auf die Kinder hätte ich definitiv nicht verzichten können.
Ich glaube, dass jeder seine eigenen Gründe hat, Kinder zu bekommen – oder auch nicht. Ich habe vier Kinder, ich liebe sie und möchte sie nicht mehr loswerden, aber ich würde sicher nicht noch mehr haben wollen. Meine Kinder haben mir nicht nur viel über Kindererziehung und sich beigebracht, sondern auch über mich. Ich bin jemand, der eigentlich viel seine Ruhe braucht und gern allein ist. Das wußte ich nicht, bevor ich Kinder hatte, weil diese Ruhe im Überfluss da war. Jetzt ist sie ein kostbares Gut. Das Komische daran ist, dass ich, sooft ich mir wünsche, irgendwann mal allein zu sein, sie nicht wieder zurückgeben wollte und, wenn ich mich mit kinderlosen Bekannten vergleiche – die bewußt und gewollt kinderlos geblieben sind – möchte ich nicht mit ihnen tauschen. Mein Vater, der jetzt schon tot ist, hat sich sehr über meine erste Tochter gefreut mit dem Kommentar: Das Leben geht weiter. Und das ist es auch für mich, die Hoffnung, die Gewissheit und das Versprechen, dass das Leben weitergehen wird, auch ich nicht mehr da sein werde (was hoffentlich noch eine Weile dauert, aber trotzdem).