Natürlich verstehe ich das

Natürlich hat Karlsson ein Recht darauf, seinen Geburtstag mit ein paar Freunden zu feiern und wenn er möchte, dass die Freunde bei ihm übernachten dürfen, habe ich volles Verständnis dafür. Ich kann aber auch sehr gut nachvollziehen, dass „Meiner“ bei diesem Anlass lieber nicht dabei wäre, weil er den Betrieb nicht ertragen kann. Und selbstverständlich haben die kleinen Geschwister ein Anrecht darauf, bei dem ganzen Spass dabei zu sein.

Aber klar sollen das Prinzchen, der Zoowärter und der FeuerwehrRitterRömerPirat auch bei schlechtem Wetter wilde Spiele spielen dürfen, also drinnen. Auch dass Luise gleichzeitig ungestört an ihren Hausaufgaben arbeiten will, kann ich bestens nachvollziehen. Und natürlich soll „Meiner“ jederzeit schlafen können, wenn er Erholung braucht.

Es freut mich, dass „Meiner“ wieder Lust zum Malen hat und mich darum in den Baumarkt schickt, um neue Malunterlagen zu kaufen. Es ist rührend, dass sich Luise und der Zoowärter jetzt auch Selbstgestricktes von mir wünschen und dass Karlsson von seinem werdenden Pullunder so hingerissen ist, dass er von mir lernen will, wie man Zopfmuster strickt. Toll, dass der FeuerwehrRitterRömerPirat jetzt schon weiss, was er unter dem Tannenbaum finden will und natürlich habe ich gar nichts dagegen einzuwenden, dass das Prinzchen meine Hilfe beim Puzzeln möchte.

Selbstverständlich darf Luise in unserem Zimmer schlafen, wenn nachts die Angst angeschlichen kommt. Wenn der Zoowärter plötzlich Monster unter seinem Bett entdeckt, soll er eben auch zu uns kommen und wenn sich der FeuerwehrRitterRömerPirat deswegen einsam fühlt, rücken wir eben noch etwas näher zusammen, auch wenn der Schlaf dadurch gestört wird. Notfalls haben wir ja noch ein Sofa.

Jedes dieser Bedürfnisse ist gerechtfertigt, jeder Wunsch verständlich. Bloss, wie ich all dem in diesen Tagen gerecht werden soll, ist mir ein grosses Rätsel.

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Ganz der Papa

Nein, Helena und der Zoowärter haben noch immer keinen Termin für ein Treffen gefunden. Davon geredet haben sie zwar schon oft, aber meist scheitert es daran, dass bei Helena keiner das Telefon abnimmt, wenn der Zoowärter anrufen will. Das Mädchen ist wohl einfach zu beschäftigt. Kein Grund für den Zoowärter, Trübsal zu blasen. Es gibt ja noch andere Mädchen. Joanna, zum Beispiel, mit der man es immer so lustig hat. Oder Matilda, mit der er diese Woche schon dreimal gespielt hat und die er morgen schon wieder einladen will.
Ganz klar, der Zoowärter liebt Mädchen. Er, der mit seinen Freunden und Brüdern so laut und wild ist, zeigt sich bei seinen Freundinnen von der sanften, verspielten Seite. Da wird gemalt, gebastelt und Schule gespielt. Für Matilda darf es kein gewöhnliches Zvieri sein, da muss ein bunter Früchteteller her. Neben Matilda stürmt man auch nicht einfach achtlos die Treppe hoch, sonst könnte sie am Ende noch hinfallen. Vor allem aber will er sich ungestört mit ihr unterhalten können. „Prinzchen, sei nicht immer so laut“, heisst es dann. „Matilda und ich können bei diesem Lärm gar nicht miteinander reden.“
Ich kenne einen Mann, der genau auf diese Weise das Herz seiner heutigen Frau erobert hat und mir scheint, dass der Zoowärter diesem Mann nicht nur sehr ähnlich sieht, sondern dass er auch seine Art geerbt hat.

Mama schläft (nie so ganz)

Zwölf lange Jahre habe ich trainiert, beim Mittagsschlaf nie so tief wegzutauchen, dass man direkt neben mir das Haus in Brand stecken könnte. Oh ja, ich habe einige kleinere Katastrophen verschlafen – Bad unter Wasser, Fingerfarbenschmierereien und dergleichen -, aber wenn es wirklich gefährlich zu werden drohte, weckte mich mein mütterliches Alarmsystem immer rechtzeitig. Ich glaube, die Kinder haben inzwischen begriffen, dass es sich nicht lohnt, grosse Dummheiten anzustellen, weil Mama Venditti auch im Schlaf kaum etwas entgeht.

„Meiner“ hingegen glaubte bis heute Nachmittag noch allen Ernstes, er könne tun, was der Arzt verboten hat, bloss weil ich gerade im Land der nachmittäglichen Albträume unterwegs war. Aber wenn ich mitten in meinen Albträumen die Satzfetzen „nur kurz nach Olten“, „Mama schläft ja noch“ und „geht schon mal zum Auto“ höre, dann bin ich aus dem Bett, bevor ich ganz wach geworden bin. Da will der gute Mann doch tatsächlich für einen Besuch im Brockenhaus sein Leben aufs Spiel setzen, bloss weil ihm die Decke auf den Kopf fällt, wenn er wochenlang zu Hause bleiben muss. Dass ihm die Decke auf den Kopf fällt, kann ich ja nur zu gut verstehen, aber mit heftigem Schwindel, übermässiger Lärmempfindlichkeit und Gleichgewichtsstörungen setzt man sich nun mal nicht ans Steuer. Schon gar nicht mit zwei Kindern auf der Rückbank.

Und so bekam „Meiner“ eben zu hören, was jeder zu hören bekommt, der meinen Mittagsschlaf stört: „Kann man sich denn in diesem Haus nicht mal ein halbes Stündchen hinlegen, ohne dass einer auf dumme Gedanken kommt?“

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Window-Shopping

Endlich weiss ich, was mich in diesen Tagen fast zur Verzweiflung bringt. Es ist meine Projektlosigkeit, die mir die Lebensfreude raubt. So viele Möglichkeiten und so wenig Energie. Ich fühle mich wie ein London-Tourist, der bis auf ein paar Pfund alles für kitschige Royals-Souvenirs ausgegeben hat und nun mit sehnsüchtigen Blicken vor den Schaufenstern von Selfridges steht.

„Wow, beeindruckend, dieser Käser-Lehrgang! Den nähme ich sofort. Wenn der bloss nicht so zeitintensiv wäre. Aber vielleicht dieser Fünftageworkshop? Ist zwar nicht die ganz grosse Sache, aber mit etwas gutem Willen würde ich es vielleicht hinkriegen? Mist, da steht, dass man zuerst einen Basiskurs in Milchverarbeitung machen muss und das dauert ja auch wieder seine Zeit. Wird wohl nichts daraus… Aber dort hinten, diese niedliche, kleine Tauschbörse für Hausgemachtes. Kostet gar nicht so viel, ein paar Anrufe, ein bisschen Werbung auf Facebbook, zwei oder drei motivierte Freundinnen… Ich glaube, das könnte ich noch zusammenkratzen… Bloss, wer kümmert sich dann um die Kinder? Und was, wenn alles, was keinen Abnehmer findet, bei mir liegen bleibt? Und wenn sich alle aus dem Staub machen, bevor aufgeräumt ist. Wird wohl doch nichts draus… Aber es wäre doch soooooo niedlich….“

„Das dort drüben ist der absolute Hammer! Ein umwerfendes Buchprojekt, das nehme ich, koste es, was es wolle… Äääähm, okay, an die durchwachten Nächte habe ich dabei natürlich nicht gedacht und die freien Stunden für ungestörtes Arbeiten… Na ja, wenn ich mich ein wenig anstrengen würde, könnte es klappen… Aber mir brummt noch der Schädel von der letzten schlaflosen Nacht und da habe ich nicht mal geschrieben. Ist wohl doch noch etwas zu früh für grosse Schreibereien… Aber dieses sensationelle Ablagesystem für gute Ideen, das kann ich mir vielleicht leisten. Wie, dazu müsste ich mein Büro auf Vordermann bringen? Wo ich doch gerade so knapp meinen Haushalt schaffe, wenn „Meiner“ mehrheitlich ausfällt… Wird wohl auch nichts draus. Zumindest noch nicht jetzt.“

‚Ha, aber das dort drüben, das muss einfach klappen. Das Kätzchen, das sich Karlsson zum Geburtstag wünscht, das muss doch einfach drin liegen. Wo zwei Katzen sich wohl fühlen, wird auch eine dritte glücklich sein. Ach so, ja, die zwei müssten Nummer drei auch noch akzeptieren. Und wenn Leone oder Henrietta dies nicht täten? Würde dann eine davon sich aus dem Staub machen? Die Kinder würden das Karlsson und mir nie verzeihen… Aber es wäre doch so tröstlich, etwas Kleines, Lebendiges zu haben…. Nein! Auf gar keinen Fall hinschauen! Du weisst, dass das nicht in Frage kommt…Nun ja, ein einziger, verstohlener Blick wird wohl nicht schaden…es ist ja nur ein Blick… Mist! Jetzt hat es mich schon wieder erwischt, dabei weiss ich doch ganz genau, dass das auf gar keinen Fall drin liegt. Ob es vielleicht eine Nummer kleiner ginge? Ein Tageskind vielleicht, nur ein paar Stunden pro Woche, vielleicht auch nur ein oder zweimal im Monat… Ach, vergiss es, du weisst genau, dass das weder für das Kind noch für dich gut wäre…“

„Dann machen wir eben eine Reise. Einfach mal weg aus dem ganzen Trott, Neues erkunden, Vergangenes hinter sich lassen, neue Lebensperspektiven gewinnen… Nun gut, zuerst müsste „Meiner“ mal wieder auf die Füsse kommen. Und dann müsste man schauen, wie das mit der Schule zu lösen wäre. Ach so, ja, die Finanzen… Vergessen wir das Ganze gleich wieder…“

So stehe ich da, bewundere die Auslage und denke, dass ich wohl erst einmal sparen muss, ehe wieder an Projekte zu denken ist. Aber ich weiss schon, was ich mir als erstes anschaffe, wenn es dann soweit ist. Bis dahin stricke ich mal an Karlssons Pullunder weiter. Ist ja auch eine Art Projekt…

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Wenn bloss die blöden Kieselsteine nicht wären…

Es sind nicht die grossen Brocken im Leben, die mir derzeit am meisten zu schaffen machen. Ich kann damit leben, dass es noch mehrere Wochen bis Monate dauern kann, bis „Meiner“ sich von seiner Krankheit erholt hat. Hauptsache, er kommt wieder auf die Beine und die Aussichten dafür sind gut. Natürlich treibt es mich an die Grenzen, dass die Hauptlast für Kinder und Haushalt in diesen Wochen auf meinen Schultern lastet, aber irgendwann haben wir ja gesagt zu „in guten wie in schlechten Tagen“ und „Meiner“ hat ja auch schon oft für mich geschleppt. Ich kann es verkraften, dass ich zu ausgelaugt bin für einen neuen Job. Klar, ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich endlich wieder energiegeladen aus dem Bett springen werde, aber bis dahin nehme ich das Leben so ruhig wie das eben möglich ist.

Oder versuche es zumindest und genau da liegt das Problem: Mit den grossen Brocken wäre ich genügend ausgelastet und darum würde ich zu gerne auf die lästigen Kieselsteine verzichten, die in meinen Schuhen drücken. Die Flöhe, die sich ausgerechnet jetzt auf unseren Katzen niederlassen müssen und deren Bekämpfung viel Zeit erfordert. Die Panne beim Online-Banking, die mich dazu zwingt, die Rechnungen am Postschalter zu begleichen und eine neue „Smart Card“ zu organisieren. Der Geschirrspüler, der mal wieder nicht will, wie er sollte. Der heruntergerissene Duschvorhang, den ich erst dann wieder aufhängen kann, wenn ich die richtigen Ringe aufgetrieben habe. Prinzchens Weigerung, etwas anderes als grüne Hosen anzuziehen, wodurch jedes An- und Umziehen zum Machtkampf ausartet. Die Mandarinenschalen, welche die Kinder überall liegen lassen. Der Katzenkot hinter der Spielzeugkiste. Der Anruf, der genau dann kommt, wenn ich endlich mal auf dem Sofa liege. Der Autoschlüssel, der nicht dort ist, wo er sein sollte…

Lauter kleine Banalitäten, an die ich nicht mehr als einen Gedanken verschwenden sollte und die in diesen Tagen doch so oft dazu führen, dass ich laut werde. Nichtigkeiten, keiner Beachtung Wert und doch oft so gewichtig, dass meine Laune – und meine Familie – darunter leidet. Ich möchte mich nicht darüber aufregen und schaffe es doch nicht, cool zu bleiben. Vielleicht rauben mir die grossen Brocken doch mehr Energie, als ich wahrhaben möchte.

 

Bloss nicht dran denken

Bloss nicht dran denken, dass diese erste Woche eben nur die erste Woche war und dass es durchaus sein kann, dass noch ein paar weitere ähnliche Wochen folgen.

Bloss nicht dran denken, dass nächste Woche die Schule wieder beginnt und „Meiner“ nicht in der Lage ist, mit Karlsson und Luise Mathematik zu büffeln.

Bloss nicht dran denken, dass die Kinder irgendwann merken, dass ich alleine nicht immer alles mitbekomme, was ihnen die Gelegenheit bietet, endlich ein paar Dummheiten auszuhecken.

Bloss nicht dran denken, dass mein Akku irgendwann leer sein könnte.

Bloss nicht dran denken, dass „Meiner“ und ich jetzt eigentlich unsere drei kinderfreien Tage hätten geniessen sollen.

Einfach nur einen Tag nach dem anderen nehmen, dankbar sein, dass wir die erste Zeit so gut überstanden haben und dass es „Meinem“ ein klein wenig besser geht.

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Und schon wieder eine Hürde…

Seit gestern Morgen ist „Meiner“ im Spital. Fit war er schon seit längerer Zeit nicht mehr, dann aber kamen das hohe Fieber, die wirren Sätze und schliesslich die Ambulanz, die ihn ins Spital brachte. Nach einigen bangen Stunden des Wartens endlich der erlösende Bescheid, dass es zwar schlimm ist, aber nicht so schlimm, wie man insgeheim stets fürchtet, auch wenn man es natürlich nie und nimmer offen ausspricht. Aus Angst, dass es eintreffen könnte, wenn man es ausspricht? Oder weil man denkt, man könnte sich lächerlich machen? Ich weiss es nicht. Auf alle Fälle atmete ich auf, als endlich der erlösende Anruf kam. Seither leben wir einmal mehr irgendwo zwischen Familienchaos und Spitalzimmer, getragen von einem dichten Netz aus Verwandten, Freunden und Bekannten. Nicht gerade das, wovon man träumt, wenn man im weissen Kleid vor dem Altar steht, aber immerhin erlebt man einmal mehr, dass man nicht alleine ist.

Tagsüber geht’s ja auch ganz gut. Die Kinder halten mich auf Trab, das Telefon klingelt mehr als gewöhnlich und zwischendurch bekommt sogar der Haushalt ein wenig Zuwendung. Abends aber, wenn alles still wird und nur noch die Katzen und ich auf dem Sofa sitzen, dann kommen die Ängste angeschlichen. „Was, wenn die ganze Sache doch gefährlicher ist, als du dir weismachen willst?“, raunen sie mir zu. „Hast du denn nicht bemerkt, dass ‚Deiner‘ heute Abend wieder so schwach war und kaum essen mochte?“ „Bist du dir sicher, dass du den Ärzten trauen kannst? Immerhin haben sie ‚Deinen‘ nicht ins Spital deines Vertrauens gebracht…“

Solange alles hell und lebhaft ist, kann ich mir einreden, dass alles fast genau so ist wie immer. Wenn ich bei „Meinem“ am Krankenbett sitze und mit eigenen Augen sehen kann, dass es ihm zwar nicht gut, aber immerhin schon etwas besser als gestern geht, dann glaube ich, dass alles wieder gut kommt. Wenn aber die Tageszeit kommt, die wir gewöhnlich miteinander oder zumindest nebeneinander verbringen, dann spüre ich, wie verloren ich mich fühle ohne den Mann, der zwar nicht perfekt, aber dennoch der Mann meines Lebens ist.

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Halt auf Verlangen

Und wieder stehen wir an dem Punkt, an dem wir doch eigentlich schon längst nicht mehr stehen möchten. Wieder fragen wir uns, wie wir die Balance hinkriegen sollen zwischen Familie, Berufsarbeit und Haushalt und zwar möglichst so, dass beide mit der Aufteilung glücklich sind. Und die Kinder auch. Und das Budget auch. Und überhaupt alle, die irgendwie davon betroffen sind, wie wir unser Leben gestalten.

Ich habe nicht grundsätzlich ein Problem damit, dass man sich hin und wieder der Frage stellen muss, wie es im Leben weitergehen soll. Die Gefahr, einzurosten und stehenzubleiben ist bestimmt geringer, wenn das Leben nicht nach einem ausgefeilten Plan abläuft, den es strikte zu befolgen gilt. Zuweilen aber überkommt mich diese unglaubliche Müdigkeit, weil bei uns nur selten etwas nach Plan läuft. Klar, unser Leben ist dadurch ziemlich bunt, spontan und abwechslungsreich, aber eben auch ermüdend, weil wir noch kaum einmal Zeiten hatten, in denen wir sagen konnten: „So ist es für diese Lebensphase gut, so fahren wir jetzt mal eine Zeit lang weiter, ehe wir die Weichen wieder neu stellen.“

Nein, ich möchte nicht von nun an bis zur Pensionierung alles immer gleich haben, ich bilde mir auch nicht ein, dass „Meiner“ und ich glücklich wären mit einem Leben, in dem alles stets überschaubar bleibt. Aber ich hätte gar nichts dagegen, mal an einer Zwischenstation ankommen und etwas länger verweilen zu dürfen.

Ich will auch so einen!

Ist ja klar, dass ich auch einen will, wenn in der Küche des Ferienhauses dieses wunderschöne Exemplar steht. Wuchtig, geschwungene Beine, goldene Knöpfe – ein Traum von einem Holzherd. Abends schnell ein paar trockene Holzscheite rein, einige Zeitungsseiten, ein Zündwürfel und schon prasselt das schönste Feuer. Morgen dann soll das Feuer den ganzen Tag brennen. Für Maroni, Holzofenbrot und vielleicht sonst noch etwas, was nach Gemütlichkeit klingt.

Genau das Richtige für eine Nostalgikerin, wie ich sie zu werden drohe. Kein Wunder also, dass ich mich sogleich bei Ricardo auf die Suche mache. Und natürlich auch fündig werde. Unter all den überteuerten Öfen finde ich einen, der geradezu für mich geschaffen zu sein scheint; weiss mit rosaroten Rosen drauf und obendrein erschwinglich. Da müsste man doch gleich bieten, nicht wahr?

Wenn bloss „Meiner“ nicht so sehr dagegen wäre. „Womit willst du den abholen? Wo sollen wir den hinstellen? Wie willst du das mit dem Kamin hinkriegen? Wie stellst du dir das mit dem Brandschutz vor?“ Lauter unsinnige Fragen, die mir die Freude an dem guten Stück rauben. Sieht er denn nicht, dass der Ofen nur darauf wartet, von mir ersteigert zu werden? Versteht er denn nicht, dass mein Leben so viel schöner wäre, wenn ich hin und wieder ein gemütliches Herdfeuer anzünden könnte?

Natürlich sieht er nicht ein, wie dringend ich diesen Ofen brauche, er weiss ja inzwischen, wie schnell ich für eine Sache Feuer fange…

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To Do

  • „Meinen“ anschnauzen,  weil er für einmal nicht den perfekten Hausmann,  sondern den „ist mir doch egal,  wenn alles im Chaos ersäuft“-Ehemann gespielt hat
  • Dafür sorgen,  dass die männlichen Familienmitglieder nicht ohne Zahnpaste und Zahnbürsten nach Italien fahren
  • Alle männlichen Familienmitglieder morgens um sieben zum Bahnhof fahren,  damit sie den Zug nach Milano rechtzeitig erwischen
  • 3 Badezimmer putzen
  • 2 Küchen saubermachen
  • 4 Ladungen Wäsche waschen und aufhängen
  • Zahlreiche Kontrollanrufe an „Meinen“,  damit ich mir auch ganz sicher keine Sorgen um meine lieben Knöpfe machen muss
  • Unzählige Rechnungen bezahlen – Habe ich wirklich keine übersehen?
  • Euro besorgen
  • GPS befragen
  • „Meinen“ befragen,  ob ich morgen wirklich mit dem Auto nach Italien fahren soll
  • Schwiegermamma ver(un)sichern,  dass das schon irgendwie klappen wird
  • Kolumne schreiben
  • 4 mal den Geschirrspüler ein- und wieder ausräumen
  • 2 Kühlschränke putzen – Nein,  glaubt mir,  ihr wollt nicht wissen,  weshalb ich das unbedingt noch vor der Abreise tun musste.
  • So tun als ob ich Zeit hätte für ein Kaffeekränzchen mit Luise und Gast
  • Luise beibringen, dass ich bei diesem Sauwetter wirklich keine Lust habe,  mit ihr aufs Riesenrad zu gehen. Ist mir vollkommen egal,  dass das Ding auch bei Regen in Betrieb ist
  • Gottesdienstmoderation vorbereiten
  • 3 Tassen zerschlagen,  für einmal ganz ohne böse Absichten
  • Scherben von drei Tassen entsorgen
  • Unzählige Versuche,  Luise „Gregs Tagebuch“ zu entwinden,  damit ich endlich weiss,  warum sie das Buch nicht mehr aus den Händen gibt
  • Nur noch ganz kurz ein paar Minuten ins Büro gehen,  weil ich vor meinen Ferien noch eine klitzekleine Sache erledigen muss
  • Vor dem Schrank stehen und darauf warten,  bis der Koffer von selber rausfällt,  damit ich keinen Stuhl holen muss
  • Luise den „Ententanz“ vorsingen und danach erfolglos versuchen,  die Melodie wieder aus dem Ohr zu kriegen
  • Wach bleiben,  damit ich meine To Do-Liste bis zum bitteren Ende abarbeiten kann

Und ich grenzenlos naiver Mensch hatte doch tatsächlich geglaubt,  ich könnte mir heute einen netten Frauensamstag mit Luise gönnen…