Ein kleines bisschen weiser geworden

Heute stand mal wieder eine Kundgebung gegen den Klimawandel auf dem Programm. Die Kinder sollen ja frühzeitig für das Thema sensibilisiert werden. Neben vielen guten Eindrücken, einem klitzekleinen schlechten Gewissen, weil wir immer noch Mineralwasser trinken und schönen Erinnerungen an eine gute Zeit mit Freunden, bringe ich auch einige Einsichten von Bern mit nach Hause:

1. Wenn „Meiner“ vor der Abfahrt sagt, der FeuerwehrRitterRömerPirat dürfe sein Römerschwert mitnehmen, das Ding sei ja so klein und leicht, dann gebe ich in Zukunft nicht mehr nach. Denn wer ist schliesslich den ganzen Nachmittag mit dem doofen Plastikschwert über den Bundesplatz gezogen? Na, wer wohl! Und ich kann Ihnen versichern: Schwerterschwingende Mütter sind in linksgrünen Kreisen nicht sonderlich gern gesehen.

2. Zu einer Kundgebung nimmt man einen Rucksack mit und keine Handtasche. Der Regenschirm mag dort drin zur Not ja noch Platz finden, Karlssons Mütze auch noch. Aber wenn die Kinder dann  Prospekte anschleppen, Jo-Jos von Greenpeace, Schlüsselanhänger vom VCS, wenn dann noch die afrikanischen Kochbananenspiesschen an mir hängen bleiben, dann wird es in der Handtasche definitiv zu eng.

3. Zu einer Kundgebung mitten im Oktober, wenn es trotz Klimaerwärmung schon empfindlich kalt ist, trägt man keine grünen Ballerinas. Auch nicht Rote, oder Gelbe, oder Blaue. Und schon gar nicht trägt Luise Schwarze. Das Gejammer über kalte Füsse ist einfach zu viel. Und man darf das Kind nicht mal zurechtweisen, weil man selber kein anständiges Schuhwerk trägt.

4. Mag mein Herz noch so sehr links schlagen, meine Einstellung noch so grün sein, mein Musikgeschmack bleibt klassisch. Mögen die anderen sich noch so sehr für Stille Hasen, Waterlilies und dergleichen begeistern, mir selber dröhnt nur der Schädel. In diesem Bereich werde ich wohl immer ein Outsider bleiben an solchen Anlässen.

5. Vor Coop hast du nirgendwo deine Ruhe. Nicht mal am Klimafest. Auch dort muss eine Sprecherin des Unternehmens auf der Bühne stehen und aller Welt erzählen, wie absolut umweltfreundlich Coop sei. Dass für die hochgelobte  Minergie-Coopfiliale in unserem Dorf zwei andere in der Region geschlossen wurden, so dass jetzt die Kunden mit dem Auto kommen müssen, darf man ja getrost ausblenden…

6. Wenn der FeuerwehrRitterRömerPirat sagt, er wolle beim WWF auch Wasser degustieren, dann will er das wirklich. Und zwar aus einem eigenen Becher und nicht aus dem von Luise. Wer sich also wundert, woher die tiefen Schleifspuren quer über den Bundesplatz stammen,  weiss jetzt, dass sie von einem ziemlich starrköpfigen Fünfjährigen verursacht wurden, der sich unter den teils belustigten, teils verärgerten Blicken der andern Anwesenden von seiner Mama vom Platz zerren lassen musste, weil wir sonst den Zug verpasst hätten.

Trotz allem: Der Ausflug hat sich gelohnt. Karlsson hat seine Botschaft zur Rettung der Eisbären nach Kopenhagen gesandt (ab morgen unter  www.rechtaufnahrung.ch zu sehen), ich habe eine Initiative unterschrieben und wir alle sind uns einmal mehr bewusst geworden, dass es auf dieser Welt so nicht weitergehen kann. Und heute Nacht werde ich gut schlafen. Ich habe nämlich dem WWF versprochen, dass ich zwar nicht auf Mineralwasser verzichten werde, mir aber sonst etwas ausdenken werde, um meinen ökologischen Fussabdruck zu verkleinern.

DSC02485-small

Wahre Patrioten

Nein, Hurra-Patrioten werden sie wohl beide nicht, der Zoowärter und das Prinzchen. Das Prinzchen schreit schon bei unserem Dreissig-Franken-Feuerwerk – mehr Geld verbrennen wir aus Prinzip nicht- als wüsste er nicht, dass Babies in seinem Alter noch gar keine Angst kennen. Der Zoowärter brüllt bei jeder Rakete, die in der Nachbarschaft gezündet wird: „Ich han Angscht. Du dommi Ragete!“.

Nein, mit solchen Angsthasen wird der Brunner Toni unsere von innen und von aussen bedrohte Schweiz nicht retten können. Um das zu vollbringen, muss er schon eher auf unseren Nachbarn zurückgreifen. Den ewigen Junggesellen, der mit „Meinem“ in einem stillen Hahnenkampf steht. Während bei der letzten Runde „Meiner“ den Sieg davontrug, stand er heute mit abgesägten Hosen da. Der Rivale hatte nicht nur mehr Vulkane als „Meiner“, seine brannten auch länger und die Funken sprühten höher. Und seine Knallfrösche knallten lauter als unsere. Ein echter Patriot delegiert eben den Feuerwerkseinkauf nicht an eine Frau, so wie „Meiner“ dies Jahr für Jahr tut. Ach ja, seine Nichten brüllten auch nicht vor lauter Angst, während unsere beiden Jüngsten…, na ja, das habe ich bereits erzählt.

Ja, Männer wie unseren Nachbarn braucht der Toni. Und nicht solche, wie „Meinen“ mit seinem lahmen Dreissig-Franken-Feuerwerk und seinen verweichlichten Söhnen. Aber von einem eingebürgerten Secondo, der nicht mal bereit war, seine italienische Staatsbürgerschaft abzutreten, ist ja auch nicht mehr zu erwarten (wie wir bereits unter „Warnung vor dem fremden Fötzel“ erörtert haben).

Satire?

Die Frau am Telefon versteht die Welt nicht mehr. „Fünfundneunzig Prozent unserer Leser finden, der ‚Nebelspalter‘ sei heute viel lustiger als früher. Und jetzt kommen Sie und sagen, Ihnen hätte unser Blatt früher viel besser gefallen. Dabei können Sie noch gar nicht so alt sein.“ Es habe eben nicht jeder den gleichen Sinn für Humor, tröste ich sie und verzichte auf ein Abo.

Wie sollte ich auch ein Heft abonnieren, das mir bei vier Probenummern gerade  zwei mal ein müdes Lächeln entlockt hat? Einige der Witze erzählte mein Vater schon vor dreissig Jahren. Nur dass die Bundesräte in seinen Witzen noch nicht Maurer und Leuenberger, sondern Furgler und Minger hiessen.

Und überhaupt: Wenn ich Satire will, bin ich mit der Tageszeitung bereits bestens bedient. Sogar Promis hätten auf das Präparat geschworen, wundert sich ein Journalist in einem Artikel über ein dubioses Heilmittel. Ja, da kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sogar Promis, die sich doch allesamt durch Intelligenz und überlegtes Handeln hervortun, sind nicht davor gefeit, einem Scharlatan auf den Leim zu kriechen. Wenn schon unsere „Elite“ so naiv ist, wie steht es dann erst um uns Normalsterbliche?

Oder kann man die folgende Forderung wirklich ernst nehmen: Die Glückskette soll eine Spendenaktion durchführen, um die gebeutelte Industrie zu unterstützen? Wir Schweizer sollten uns solidarisch zeigen mit der Exportindustrie, findet Nationalrat Otto Ineichen. Ach, was sind wir doch für Egoisten! Wir verschleudern unsere Spendengelder für Tsunamiopfer, Erdbebengeschädigte und Menschen, die bei einer Überschwemmung solche Lappalien wie ihr Häuschen verloren haben. Und wenn dann mal einer wirklich Not leidet, haben wir keinen roten Rappen mehr übrig. Ein bisschen freigiebiger dürften wir schon sein.  Insbesondere da es der Industrie nie und nimmer in den Sinn käme, uns in unserem Elend sitzen zu lassen, sollte es uns einmal nicht so gut gehen.

Solange die Zeitungen voll sind mit solchen Meldungen braucht kein Mensch ein Satiremagazin. Und sollte die Tageszeitung für einmal nichts zum Lachen bieten, habe ich zum Glück noch den Zoowärter. Der fordert mich mit dem  ganzen Ernst eines Zweijährigen dazu auf, endlich meinen Federschmuck zu holen, um diese lästige Fliege zu beseitigen. Wahrscheinlich hat der Zoowärter den „Nebelspalter“ gelesen, der auch zwei Monate nach Steinbrücks Attacken über nichts anderes witzeln kann als über Indianer und Kavalleristen. Deshalb glaubt der Zoowärter jetzt, jeder Schweizer habe einen Federschmuck. Oder er hat einfach noch nicht begriffen, dass das Ding, mit dem man die Fliegen totschlägt, Fliegenklatsche heisst.

Warnung vor dem fremden Fötzel

Ich bin mit einer Wetterfahne verheiratet. Das weiss ich, seitdem ich heute Nachmittag diesen Leserbrief gelesen habe. Da schreibt einer, der sich als Schweizer „und zwar mit dem  Herzen und nicht bloss auf dem Papier“ bezeichnet, Doppelbürger seien Windfahnen. Ich weiss zwar nicht genau, was eine Windfahne sein soll. Bis anhin waren mir eher die „Wetterfahnen“ oder die „Fahnen im Wind“ bekannt. Doch einer, der schreibt, er könne seine Ahnengalerie bis ins Jahr 1689 zurückverfolgen, wird’s wohl besser wissen. Er ist ja auch kein Landesverräter wie ich, die ich der schnöden Liebe wegen einen Ausländer geheiratet und ihm dadurch die erleichterte  Einbürgerung ermöglicht habe.

„Doppelbürgern fehlen zwei ganz wichtige Eigenschaften“, schreibt er weiter. Nun, „Meiner“ hat in meinen Augen mehr als zwei Mängel, doch schauen wir mal, was ihm denn im Besonderen fehlen soll. Als Erstes nennt der Schreiber die „Entscheidungskraft für die Wahlheimat“. Ach so, darum trinkt also „Meiner“ lieber Latte Macchiato anstelle von Nescafe. Jetzt verstehe ich endlich. Und wegen der fehlenden Entscheidungskraft mangle es Doppelbürgern auch an Treue. Auf den ersten Blick fällt mir „Meiner“ nicht als besonders treulos auf. Aber wenn ich mir die Sache länger überlege, kommt mir in den Sinn, dass „Meiner“  ganz eindeutig Mühe hat damit, immer derselben Chipsmarke treu zu bleiben. Und das ehemals heiss geliebte Schoko-Mokka-Joghurt verschmäht er auch, seitdem die Migros die Rezeptur verändert hat.

Doppelbürger seien „in politischen Ämtern gar eine Gefahr für die erprobte und bewährte schweizerische Eigenart“, lese ich weiter. Himmel, wenn ich gewusst hätte, auf welche Gefahr ich mich da einlasse, hätte ich einen echten Schweizer, einen „mit dem Herzen“ geheiratet. Nun, jetzt ist es schon zu spät und da „Meiner“ und ich trotz seiner verräterischen Doppelbürgerseele sehr gut harmonieren, bleibt mir nur noch Eines: Mit allen Mitteln verhindern, dass er je ein politisches Amt ausübt. Wie könnte ich es verantworten, dass sich ein treuloser,  entscheidungsschwacher fremder Fötzel plötzlich in die Geschicke unseres Landes einmischen kann, bloss weil er sich dank meiner Hilfe den Roten Pass erschlichen hat?

Was mich an der ganzen Sache allerdings stutzig macht: Warum ist mir in all den Jahren, die ich mit „Meinem“ bereits verbracht habe, nie aufgefallen, mit welch übler Kreatur ich mein Leben teile? Vermutlich verbirgt sich irgendwo in meiner Ahnengalerie ein Doppelbürger. Denn wäre ich eine wahre Eidgenossin, wären mir die Treulosigkeit und Entscheidungsschwäche meines Gatten nicht bis heute verborgen geblieben.

Wahlkampf

Es gibt eine interessante Nebenerscheinung, wenn man mit einem italienischen Staatsangehörigen verheiratet ist: Man erhält haufenweise Wahlpropaganda ins Haus geliefert. Zumindest seitdem behauptet wird, die Auslanditaliener hätten den Ausgang der letzten Wahl bestimmt.
Der erste war natürlich Silvio. Nun ja, er soll ja letztes Mal wegen der Auslanditaliener die Wiederwahl verpasst haben, weshalb er sich jetzt natürlich ganz besonders für die Stimmen der Ausgewanderten ins Zeug legen muss. Und so hat der liebe Silvio sein ganzes Herzblut in seine Zeilen an die Abtrünnigen vergossen. Er beklagt sich darüber, wie Romano Prodi dem Image Italiens geschadet habe. Die ganze Welt lache nur noch über sein geliebtes Land. Und dann ist dieser böse Romano natürlich höchstpersönlich Schuld am Abfallproblem von Napoli.
Tja, man muss ihm doch Recht geben, dem armen Silvio. Die ganze Welt schaut nur noch mit Verachtung auf die einst grosse Nation. Wie viele Ausländer den Kopf schütteln über ein Volk, das so dumm ist, einen selbstverliebten, schönheitsoperierten, haartransplantierten Geldsack gleich zweimal zu wählen, scheint dem lieben Silvio entgangen zu sein. Und dann das arme Napoli! Seit Jahrzehnten bekannt als eine der saubersten und sichersten Städte Europas, wenn nicht gar der ganzen Welt. Und da kommt dieser Prodi und richtet das Paradies während seiner kurzen Amtszeit kaltherzig zu Grunde.
Zum Schluss seines Briefes gibt er noch einmal alles, der Silvio. Er schliesst „con un cordiale abbraccio“. Man stelle sich dies einmal vor: Er, der Mächtige, der ausgezogen ist, das angeschlagene Italien nach seinen Bedürfnissen zu formen, er, der dafür sorgen muss, dass vor seinem Ableben alle Gesetze in seinem Sinne geändert werden, er, der zwischen Schönheitsoperationen, Schwächeanfällen und Wahlkampfauftritten kaum eine freie Minute hat, er umarmt sie herzlich, seine potentiellen Wähler. So eine herzerwärmende Geste würde unserem Christoph jedenfalls nie in den Sinn kommen.
Gott sei Dank wird der nicht vom Volk gewählt. In unserem kleinen Land wäre die Gefahr wirklich gross, dem Kerl tatsächlich über den Weg zu laufen. Und dann wäre eine Umarmung nicht bloss eine leere Drohung.