Einfach nur schön

Schon dass „Meiner“ und ich heute Morgen zusammen mit den kleinen Prinzen in Baden im Café Himmel sitzen durften, war ein Geschenk. Frische Croissants und heisse Schokolade anstelle von Unterricht und Wocheneinkauf. Ein grossartiges Geschenk von Arbeitskollegen, die wissen, dass für Eltern nichts so wertvoll ist wie Zeit zu zweit.

Und es sollte noch besser kommen. Wir hatten uns eine winzige gemütliche Ecke im Café ausgesucht. Wir unterhielten uns angeregt und liessen uns auch durch die ziemlich missmutige Dame gegenüber nicht stören. Nach einer Weile drängte sich ein ziemlich fülliger Herr auf den knappen Platz neben uns. Bevor er sich setzte, fragte er sein missmutiges Gegenüber höflich, ob der Platz noch frei sei. Er bekam keine Antwort. Offen gestanden waren auch wir nicht sonderlich begeistert darüber, unsere gemütliche Ecke teilen zu müssen. Nach einer Weile machte sich die missmutige Dame zum Gehen bereit. Höflich wünschte ihr der Mann einen schönen Tag. Wieder keine Reaktion. Als sie gegangen war, wandte sich der Mann an uns: „Vielleicht hört sie ja nichts.“ Er meinte es ernst.
So kamen wir mit dem Achtzigjährigen ins Gespräch. Er erzählte von seinen sechs erwachsenen Kindern und seinen zwölf Enkelkindern, freute sich, dass auch wir eine grosse Familie haben. Wir redeten ein wenig über die Geschichte der Römer, weil „Meiner“ bekanntlich in Windisch arbeitet. Dann wandte er sich wieder seiner NZZ zu, wir unserem Gespräch. Nach einer Weile suchte der Mann etwas in seiner Jackentasche, dann sagte er plötzlich zu uns: „Ob ich jetzt am Heiligen Abend in der Kirche etwas in die Kollekte gebe, oder ob ich jemand anderem eine Freude mache, spielt ja keine Rolle.“ und schob mir eine Fünfzigernote zu. Dann zitierte er in bühnenreifem Hochdeutsch – er stammte aus Deutschland – die Stelle aus dem Matthäusevangelium: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Er wollte sich nicht wichtig machen, er erwartete keinen überschwenglichen Dank. Er wusste einfach, womit man Eltern von kleinen Kindern eine Freude macht, weil er selber einmal das Gleiche erlebt hatte.
Als wir uns nach einer Weile verabschiedeten, rief er uns hinterher: „Wählt einfach den Blocher nicht, dann kommt alles gut!“ Ein Seelenverwandter…

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