Privatsache?

Am Wochenende stimmen wir mal wieder ab. Unter anderem über die Frage, ob es einen Tieranwalt geben soll. Ich habe zwar meinen Stimmzettel noch nicht ausgefüllt, (Notiz an mich selber: DRINGEND Stimmzettel ausfüllen!) aber den Kopf zerbreche ich mir dennoch über die Frage. Das heisst, eigentlich habe ich mich noch nicht so sehr mit der Frage befasst, ob es einen Tieranwalt braucht, sondern vielmehr mit der Frage, weshalb man sich in der Schweiz (zu Recht) für den Tierschutz einsetzt, sich aber um den Schutz der Kinder einen Dreck schert.

Da legt man fest, dass ein Meerschweinchen nicht alleine leben darf, hat aber kein Problem damit, dass es Kinder gibt, die sich den lieben langen Tag alleine durchschlagen müssen, weil keiner Zeit hat für sie. Da misst man auf den Millimeter genau, wie viel Platz ein Kaninchen zur Verfügung haben muss, aber wenn Kinder in einer Betonwüste in engen Wohnungen ihr Dasein fristen müssen findet man das vollkommen normal. Man legt fest, wie viel Auslauf eine glückliche Kuh braucht, aber dass es Kinder gibt, die sich nicht vors Haus wagen dürfen, weil ihnen sonst der Tod unter dem Lastwagenrad droht, ist kein Thema. Da macht man sich Gedanken über die richtige Ernährung von Schweinen, dass es aber zig Kinder gibt, die mit Fertigfutter von miesester Qualität abgespeist werden, kümmert kaum jemanden.

Ich will nicht den Tierschutz gegen den Kinderschutz ausspielen. Tierschutz ist eine wichtige Sache und ich bin voll und ganz dafür, dass man sich für das Wohl der Tiere einsetzt. Doch warum stimmen wir über Tieranwälte ab, nicht aber über Kinderanwälte? Warum darf man in  unserem Land noch immer ungestraft behaupten, Kinder seien Privatsache und deshalb habe sich die Öffentlichkeit nicht darum zu kümmern, dass sie „artgerecht“ gehalten seien? Kinder sind keine Privatsache, Kinder sind Gesellschaft und wenn es den Kindern mies geht, dann geht es bald einmal der ganzen Gesellschaft mies.

So, jetzt habe ich mir meinen Frust wiedermal von der Seele geschrieben. Ich geh dann mal meinen Stimmzettel ausfüllen…

2 Gedanken zu “Privatsache?

  1. Stimmt, das ist ein gefährliches Terrain, aber eines, das man unbedingt mal näher erkunden sollte. Und zwar nicht in erster Linie indem man nach „schuldigen“ Eltern sucht, sondern zuerst mal im Hinblick darauf, was die gesamte Gesellschaft ändern müsste, damit es gar nicht erst dazu kommen muss, dass Eltern ihre Kinder schlecht behandeln. Solange nicht mal die nötigen Freiräume wie einladende Spielplätze, sichere Strassen, etc. zur Verfügung gestellt werden, weil das angeblich zu viel kostet, solange ist jede Familie ganz alleine dafür verantwortlich, dass ihre Kinder ein kindergerechtes Leben leben können. Solange Mittagstische noch immer eine Sache sind, für die man jahrelang kämpfen muss, ist es alleine eine Frage des Einkommens (und der Prioritäten der Eltern, ich geb’s ja zu 😉 ) ob ein Kind sich anständig ernähren darf. Es stimmt: Eltern haben eine grosse Verantwortung, für das Wohlergehen ihrer Kinder zu sorgen. Aber auch die Gesellschaft hat eine Verantwortung, die sie in meinen Augen sehr schlecht wahrnimmt.

  2. Ui ui ui, da betrittst Du gefährliches Terrain, denn während die Gesellschaft recht schnell einen Konsens betreffend den Ansprüchen an die Meerschweinchenhaltung findet, hat wohl jeder eine eigene Meinung, was ein Kind wirklich braucht. Und -wow- gehen diese Meinungen auseinander.
    Sorgt einer nicht gut für sein Meerschweinchen, kann eine Behörde es ihm wegnehmen ohne dass es ihm eine Träne nachweint. Man kann ebenfalls verbieten, dass diese Person weitere Tiere hält.
    Kinder, deren Eltern aus unserer Perspektive schlechte Eltern sind, aber ihren Nachwuchs nicht an Leib und Leben bedrohen, was machen wir mit denen? Finanziell büssen? In Kurse schicken? Das Kind anderweitig unterbringen, weil es nicht genug im Wald herumtollen kann? Unter all diesen Massnahmen litte schlussendlich das Kind, weil es seine Eltern über alles liebt, egal ob die ihre Sache gut machen, wenigstens gut zu machen versuchen oder sich einen Dreck scheren.
    So desillusioniert ich hier klinge, gäbe es ein Kind in meiner Umgebung, von dem ich wüsste, dass es schlecht behandelt wird, würde ich mich einmischen. Und würde das Kind physisch misshandelt, würde ich wirklich giftig.

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