Zweifel

Es ist jetzt wieder diese Zeit im Jahr, in der ich mich frage, ob es wirklich der richtige Entscheid war, mich mit einem Schulsystem zu arrangieren, das so gar nicht dem entspricht, was ich mir unter Schule vorstelle. Zweifel kommen auf,…

…wenn beim Elterngespräch nur von Leistung und Fehltritten die Rede ist, nicht aber von Sternstunden und Fähigkeiten.

…wenn die Politik findet, die Erst- und Zweitklässler müssten eben mehr Schulstunden haben, damit sie es besser verkraften, wenn in der Dritten die Schrauben massiv angezogen werden und kaum mehr Zeit bleibt, einfach mal nichts zu tun. Ganz nach dem Prinzip, dass der Frosch ja auch nicht aus dem Wasser springt, wenn man die Temperatur nur ganz allmählich erhöht. Sieden wird das Wasser am Ende trotzdem…

…wenn Karlsson vom Musikschulleiter per Brief angefleht wird, doch bitte bitte in der Oberstufe nicht mit dem Musikunterricht aufzuhören, wie es offenbar so Viele tun, weil sie denken, lernen und Freude an der Musik würden einander gegenseitig ausschliessen. Karlsson hat zwar nicht eine Sekunde daran gedacht, im Sommer mit dem Geigenunterricht aufzuhören. Was aber, wenn dieser Bettelbrief ihn erst auf die Idee gebracht haben, dass er es nicht schaffen könnte, weiterhin seiner Leidenschaft zu frönen und ein guter Schüler zu sein?

…wenn in Prinzchens Kindergartenanmeldung Sätze wie diese zu lesen sind:
„Überdurchschnittlich begabte Kinder können die Schulpflicht beschleunigt absolvieren.“
„Kein Kind darf ohne wichtigen Grund dem Unterricht fernbleiben. Ist ein solcher vorauszusehen, muss für das Versäumnis mindestens 6 Wochen im Voraus eine Bewilligung eingeholt werden.“

…wenn man uns mitteilt, „eine Laufbahnverzögerung des Kindes könnte eventuell erschwert werden“, weil wir nicht gleich zum Therapeuten rennen, wenn ein vollkommen normal entwickeltes Kind sich erlaubt, im Kindergarten noch Kind zu sein.

…wenn soziale Spannungen über Jahre ignoriert werden, zugleich aber für jedes vergessene Blatt eine elterliche Unterschrift eingeholt wird.

Wie lange halte ich es noch aus, meine Kinder zu etwas zu ermutigen, das mir so sehr gegen den Strich geht? Gelingt es mir, das Ganze noch mindestens elf Jahre mitzutragen, oder explodiere ich mal irgendwann mit einem lauten Knall?

Vielleicht muss ich das alles noch einmal mit „Meinem“ eingehend besprechen, obschon diese Diskussion unserem Familienfrieden im vergangenen Jahr ganz gewaltig zugesetzt hat.

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4 Gedanken zu “Zweifel

  1. Die Frage eines Schulwechsels beschäftigt uns auch schon seit längerer Zeit. Bisher konnten wir uns aber leider noch nicht einigen…

  2. Und ganz genau deshalb gehen meine Kinder auf die Waldorfschule. Um dem viel zu frühen, viel zu strengen Leistungsdruck auf normalen Schulen zu entkommen. Eine Schule, in dem sie Kinder sein dürfen und das Lernen mit Staunen entdecken können. Dort gibt es so viele Bereiche, in denen die Kinder gebildet werden jenseits von sturer Auswendiglernerei…wir sind so froh, dass wir uns dafür entschieden haben.

  3. Wie es in Deutschland ist, weiss ich leider nicht, aber in der Schweiz ist es ganz bestimmt viel strenger geworden. Eine Entwicklung, die mir und den Kindern sehr zu schaffen macht.

  4. Ich merke die Anzahl der Schulstunden ebenfalls, die meine Tochter (ist jetzt in der zweiten Klasse) jeden Tag zu absolvieren hat. Kommt mir im Vergleich zu meiner eigenen Schulzeit sehr viel vor, oder habe ich einfach ein schlechtes Gedächtnis?

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