Zweisam

Man kann es in jedem Babyratgeber nachlesen: Kommt Nachwuchs, wird es schwieriger, Zeit zu zweit zu finden. Wer aber sagt dir, dass es später, wenn die Kinder grösser sind, eher noch etwas schwieriger wird? Hier ein paar Erschwernisse, vor denen kaum einer warnt und die der Beziehung ganz schön zusetzen können:

Hausaufgaben: In der Theorie werden sie erledigt, kaum hat das Kind einen Zvieri im Bauch. In der Praxis sitzt das Kind an gewissen Tagen durchaus bis neun Uhr abends hinter den Büchern – mal, weil auf dem Tagesprogramm noch andere Dinge standen, mal weil der Lehrer einen ganzen Berg Hausaufgaben aufgegeben hat, mal weil das Kind die Sache zu lange vor sich hergeschoben hat. Und nun versuch mal, Feierabend zu machen, solange nicht die allerletzte Aufgabe gelöst ist…

Sorgen: Grosse Kinder verdrängen ihre Alltagssorgen oft erfolgreich, solange der Tag noch in vollem Gang ist. Abends aber, wenn es ruhiger wird, sind die Sorgen wieder präsent und dann muss geredet werden. Weil du so dankbar bist, dass dein Teenager mit dir reden will, wirst du ihm das Gespräch ganz bestimmt nicht verweigern.

Müdigkeit: Du glaubst doch nicht etwa, nach der Babyphase lasse sich das wieder ins Lot bringen? Klar, irgendwann werden die durchwachten Nächte weniger und die körperliche Anstrengung lässt nach. Die Verantwortung für die Kinder aber bleibt, lastet vielleicht sogar schwerer als früher auf deinen Schultern, der Job fordert dich voll und ganz, früher oder später lässt die Gesundheit von Eltern und Schwiegereltern nach und du wirst voll gefordert. Weil du dich mit der Geburt deiner Kinder daran gewöhnt hast, deine eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund zu stellen, wirst du damit vermutlich nicht ausgerechnet in dieser Phase aufhören. Weil du aber in der Zwischenzeit nicht jünger geworden bist, zehrt das Ganze an deinen Kräften und so geschieht es schnell, dass man den Abend dösend vor dem Fernseher verbringt, anstatt in trauter Zweisamkeit.

Babysitter: Gar nicht so einfach, für grössere Kinder einen Babysitter zu finden und zwar darum, weil die Kinder partout nicht einsehen wollen, weshalb ihr ihnen noch keinen sturmfreien Abend gönnen wollt.

Volles Programm: Früher warst vielleicht du der Chef, aber heute bestimmen Sportvereine, Jugendgruppen, Freunde und Freizeitveranstaltungen das Programm. So kommt es, dass du am Samstagabend um halb elf den Chauffeur machst, anstatt mit „Deinem“ bei Kerzenschein und einer guten Tasse Tee den Abend zu geniessen.

Will ich damit sagen, das Familienleben sei der Tod der Beziehung? Nein,auf gar keinen Fall, ich bin da ganz optimistisch. Aber es bleibt wohl eine Herausforderung, Zeiten zu finden, in denen man nur füreinander da ist. Vielleicht muss man in der Gestaltung noch ein wenig kreativer werden als man es als Eltern ohnehin schon sein muss, weil der Abend nicht mehr automatisch der Partnerschaft gehört. Dafür vielleicht der Samstagnachmittag, eine Mittagspause oder sonst ein Tag, an dem ausnahmsweise mal alle gleichzeitig Programm haben.

Na ja, dann sollte man natürlich noch schlau genug sein, diese neuen Gelegenheiten zu erkennen, aber da haben zumindest „Meiner“ und ich noch einiges zu lernen.

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4 Gedanken zu “Zweisam

  1. Oh ja, es kommt fast immer etwas dazwischen, so sehr man sich auch bemühen mag. Ich wünsche euch aber von ganzem Herzen, dass das mit der Auszeit im Tessin klappt, damit ihr Kraft tanken könnt für das neue Familienmitglied. Bin fast ein wenig neidisch, dass ihr das vor euch habt, denn ginge es nach mir, hätten wir auch mehr als fünf. 😉

  2. Ja, ich denke wir sitzen wirklich alle im selben Boot. Ausser jene, die es einfach nicht zugeben wollen….

  3. Der Meine und ich hängen hier gerade vorm Sofa ab, weil den Kindelein der Auftrag des Reitstiefelsaubermachens totaaaaal entfallen war, aber wat mutt, dat mutt, also wieder KInder antreiben, Gemaule aushalten und endlich Ruhe.
    Und dann dieser Blog-Eintrag, der mich innerlich jubeln lässt: Ich bin nicht alleine, ich bin nicht alleine, ich bin nicht alleine, trallalalla lalaaaaa….“
    Ich unterstreiche jeden einzelnen Absatz, jede einzelne Zeile, jedes einzelne Wort!

    Wunderbar!

  4. Ich bin vor einigen Tagen auf Deinen Blog gestossen und verfolge mit grossrm Interesse Euren Alltag und Deine Gedanken. Wir haben selber sechs (bald sieben) Kinderleins im Alter von 15 Monaten bis elfeinhalb Jahren. Ich kann Dir in allen Punkten nur zustimmen. Und ich denke, dass die Herausforderung noch etwas grösser ist, wenn die Kinder in so verschiedenen Phasen sind (und nicht *nur* Kleinkinder, Schulkinder oder Jugendliche), da die Bedürfnisse und Ansprüche der verschiedenen Kinder so noch unterschiedlicher sind. Bei uns kommt erschwerend nich hinzu, dass *meiner* such noch sehr stark in Firma wie auch in Freiwilligenarbeit engagiert und so fast nie zu Hause ist. Und wären wir dann mal soweit, einen Tag unverplant auf uns zukommen zu lassen mit eventuellem Freiraum mal nur für uns zwei – dann kommt bestimmt kurzfristig etwas dazwischen (wie gestern). Es ist oft einfach zum Aus-der-Haut-fahren… In einem Monat werden wir uns (wenn alles klappt) eine zweitägige Auszeit im Tessin gönnen – und danach werden solche Unternehmungen wieder für längere Zeit nicht mehr möglich sein. Hm, ich denke mir immer wieder, dass ich unsere Paarzeit auch gemeinsam schlafend vor dem Fernseher geniessen kann ;-)… Einen schönen und sonnigen Tag wünsch ich Dir! Liebe Grüsse * Céline.

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