Vielleicht haben sie ja einfach den falschen Meteorologen konsultiert.
Oder sie haben sich gesagt: „Ein bisschen Regen hat noch keinem geschadet. Lassen wir die Kinder doch laufen.“
Möglicherweise sind sie auch dem in unserer Gemeinde weit verbreiteten Glauben aufgesessen, an dem Tag, an dem hier das Jugendfest stattfindet, könne es gar nicht regnen, egal, was die Wetterprognosen sagen.
Oder sie dachten, Kinder und Lehrer wären zu enttäuscht, wenn sie nicht präsentieren dürfen, woran sie in den vergangenen Wochen gearbeitet haben.
Es könnte natürlich auch sein, dass sie fanden, man könne doch nicht einfach für nichts und wieder nichts Geld aus dem Fenster schmeissen, darum müsse der Festumzug jetzt halt trotz Wolkenbruch stattfinden.
Vielleicht steckten auch ganz andere Beweggründe dahinter, als sie heute Morgen bei strömendem Regen die Böllerschüsse, welche die Durchführung des Schönwetterprogramms ankündigten, knallen liessen.
Was auch immer die Beweggründe gewesen sein mögen, das Resultat war auf alle Fälle deprimierend: Bis auf die Knochen durchnässte Kinder, vom Regen aufgeweichte Bastelarbeiten, Schulklassen, die so schnell als möglich ans Trockene drängten, lauter lange Gesichter.
Da war es auch kein Trost mehr, dass „Meiner“ und ich es tatsächlich fertig gebracht hatten, jedes Kind im richtigen T-Shirt zur richtigen Zeit am richtigen Ort abzuliefern.
Ich bin mir dir einig, dass es ein sehr schöner Umzug gewesen wäre. Bei mir war es aber gerade umgekehrt: Ich sah die letzten hundert Meter und es war ein Bild des Grauens. Kinder, die anstelle ihrer schönen Bastelarbeiten nur noch Pampe in den Händen hielten, durchnässte Requisiten, die achtlos an den Strassenrand geschmissen wurden, Behördenmitglieder, die unter ihren Schirmen strahlend lächelten, während die Kinder bis auf die Knochen nass hinter ihnen her trotteten…
Natürlich habe auch ich diverse Wetterdienste konsultiert, natürlich sagten sie alle etwas anderes, aber der Dauerregen, der schon in den frühen Morgenstunden eingesetzt hatte, liess mich ahnen, dass an diesem Tag wohl die Pessimisten unter den Wetterfröschen recht behalten würden. Mir ist klar, dass die Kommission es unter solchen Bedingungen niemandem recht machen konnte. Hätte sie den Umzug abgeblasen, wären alle, die jetzt zufrieden sind, sauer gewesen und so regen sich nun halt diejenigen auf, die den Entscheid für das Schönwetterprogramm nicht nachvollziehen konnten.
Beim Nachmittagsprogramm bin ich teilweise einig mir dir, allerdings muss ich dir leider sagen, dass das in all den Jahren zuvor keinen Deut besser war. Wir haben im Elternforum schon bei strahlendem Wetter die tollsten Spiele angeboten und kein Mensch kam, weil das Fest nach dem Umzug mehr oder weniger „ausfranst“. In Aarau lösen sie das ja so, dass Kindergärtner und Primarschüler am Nachmittag unter Obhut der Lehrer am Programm teilnehmen müssen. So klappt das wie am Schnürchen.
Dass die Oberstufenschüler nach dem Umzug nicht auch noch im strömenden Regen – vor ziemlich sicher leeren Rängen – vorsingen mussten, war meiner Meinung nach richtig. Aber vielleicht sehe ich das auch nur so, weil ich mir danach tagelang das Gemotze hätte anhören müssen… 😉
Ich hab das Ganze als ebenfalls direkt betroffener Vater auch mitverfolgt. Und wenige Sekunden vor den Böllern gesagt, dass ich nicht in der Situation stecken möchte, entscheiden zu müssen. Kurz zuvor hatte ich drei Wetterportale konsultiert. Auf zweien war die Prognose, dass es um 9 Uhr zu regnen aufhören würde und der Umzug damit im Trockenen abgehalten werden könnte. Eines sah zwischen 10 und 15 Uhr fast permanent Regen voraus (letzteres sollte leider Recht behalten).
Hätte ich mich aber tatsächlich in der Situation befunden, über Durchführung oder Absage entscheiden zu müssen, ich hätte genau gleich entschieden. Wie gross wäre der Frust bei einer Absage gewesen, erst recht, wenn es dann um 10 Uhr tatsächlich trocken gewesen wäre? Wohl nicht kleiner als jetzt.
Natürlich war es schade um die schönen Bastelarbeiten, die im Hinblick auf den Umzug gemacht wurden. Als Besucher des Umzugs an einem Standort nur wenige Hundert Meter nach dem Beginn der Route kann ich aber sagen, dass es ein sehr, sehr schöner Korso war. Tolle Bilder und sehr originelle Ideen wurden präsentiert. Uns hat der Umzug – trotz des Regens – Spass gemacht. Und zumindest da, wo wir standen, machte es auch den Anschein, dass die Kinder Spass hatten.
Für den überraschend starken Regen, der über dem Umzug niederging, kann man die Jugendfestkommission sicher nicht verantwortlich machen. Das war, wie schon erwähnt, so nicht vorhersehbar. Und bekanntlich gibt es ja kein schlechtes Wetter, nur ungenügende Kleidung. Wir hatten Ersatzwäsche dabei und konnten unser Meitli nach dem Umzug entsprechend umkleiden. So gesehen war für uns der „Schaden“ im Rahmen.
Was mich an dem Anlass eher gestört hat, war die ziemlich offensichtliche Konzept- und Ratlosigkeit nach dem Umzug. Keiner wusste so genau, ob und wenn ja, was jetzt wo läuft. Alle Darbietungen des Nachmittags einfach abzusagen, war sehr schade, und so blieben beispielsweise auch die Aktivitäten des Elternforums und der Jungschi im Kreuzgang quasi unbeachtet. Zudem entstand eine unendlich lange Pause, bis dann – mit nochmals einer halben Stunde Verspätung – das tolle Konzert von Christian Schenker und danach die vielfältige Show des Tanzateliers über die Bühne ging, womit der Tag doch noch einigermassen versöhnlich endete.
Ich würde den Entscheid unserer Jugendfestkommision eher „bescheuert“ nennen. 😉 All die kleinen Kinder, die wochenlang gebastelt hatten und dann mit ansehen mussten, wie sich ihre Kreationen in Pampe verwandeln…
…da sind die in St. Gallen aber meistens deutlich weniger mutig…s isch, s isch nöd…