Nachwuchs

Was bei mir ganze acht Jahre gedauert hat, schafft Katze Henrietta innert einer Stunde einfach so nebenbei: 5 Kinder, währenddem Luise mit ihren Freundinnen ihren Geburtstag nachfeiert, das Prinzchen sich auf den Fussboden erbricht und „Meiner“ ohne es zu wissen den Geburtsvorgang stört, weil er im Gebärzimmer einen Pullover sucht. Aus frühkindlicher Erfahrung weiss ich zwar, dass Katzen die Sache mit dem Gebären ganz souverän meistern, aber seitdem es im Internet nur so wimmelt von Ratschlägen, wie mit einer trächtigen Katze umzugehen sei, hatte ich befürchtet, die heutige Katzengeneration sei nicht mehr ganz so eigenständig.

Nun, wie mir scheint haben die Tiere ihren gesunden Katzenverstand im Laufe der vergangenen Jahrzehnte nicht verloren. Währenddem ich mich nach der Lektüre einiger grenzwertiger Forumseinträge zum Thema Katzengeburt seelisch darauf vorbereitete, Henrietta während Stunden das Pfötchen zu halten und stellvertretend für den Kater, der für den Geburtsschmerz verantwortlich ist, Schimpf und Schande zu ertragen, lag sie unter unserem Bett und brachte ihre Kinder zur Welt, eins nach dem anderen, ohne das geringste Drama. 

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Fast schon wie früher

Da bin ich also wieder, bestens ausgeruht, mit zahlreichen guten Vorsätzen ausgerüstet – früher ins Bett, weniger Koffein, mehr Grüntee, mehr Gelassenheit, mehr Geduld und weniger Stress – und bereit, wieder meinen Teil zum Familienleben beizutragen. Also morgens um vier mit „Meinem“ das Prinzchenbett von Katzenkot befreien, Weihnachtsmenü aus dem Ärmel schütteln, überdrehte Kinder beruhigen, Baum schmücken, Playmobil zusammenbauen – was halt so dazugehört, wenn man einen Tag vor Heilig Abend nach Hause kommt. Nun ja, das mit dem Katzenkot ist zum ersten Mal passiert, aber das Prinzchen zeigte sich verständnisvoll. Die Katzen hätten eben Angst gehabt, ihr Geschäft in der Katzenkiste im dunklen Wohnzimmer zu verrichten. Im Kinderzimmer war es zwar genauso dunkel, aber lassen wir das wenig festliche Thema für heute.

Bereits jetzt ahne ich, dass der Familienalltag sich meinen Vorsätzen gegenüber wenig sensibel zeigen wird, aber ich kann gut damit leben. Wenn ich bedenke, dass wir vor zwei Monaten noch fürchteten, „Meiner“ werde vielleicht nie wieder ganz sich selber sein, dann bin ich einfach nur dankbar, dass es bei uns schon fast wieder so ist wie früher und dass wir unser übliches turbulentes, möchtegern-feierliches Weihnachtsfest mit hier einem Stimmungseinbruch und dort einem Glanzlicht feiern durften.

Frohe Weihnachten allerseits!

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Katzenwünsche

„Zum Geburtstag wünsche ich mir ein Kätzchen“, verkündete Karlsson gestern, nachdem wir einen Nachmittag mit lieben Menschen und herzigen Kätzchen verbracht hatten. “ Aber wir haben doch Henrietta und Leone“, wandte ich ein. „Ich will aber ein eigenes Büsi, ein Weibchen, damit sie Junge bekommen kann“, beharrte Karlsson. „Ich will auch eine eigene Katze zum Geburtstag, auch ein Weibchen“, meldete sich Luise zu Wort. „Ich auch. Eine, die mir ganz alleine gehört“, erklärte der Zoowärter. „Ich werde jeden Samstag das Kistchen leeren“, versprach Karlsson.

Ich seufzte tief und erinnerte mich an die seligen Zeiten, als ich solch irrwitzige Geburtstagswünsche mit einem müden Lächeln und einem „Wir werden dann sehen“, abtun konnte. Heute, wo die Kinder den Wert ihres Geburtstagsgeldes, das ihnen die Grossmütter jeweils zustecken, erkannt haben, dürfte es schwierig werden, sie davon abzuhalten, sich ihre Wünsche einfach selber zu erfüllen. Ich war es ja, die ihnen vollmundig versprochen hatte, über ihr eigenes Geld dürften sie frei verfügen, solange sie es nicht für Dummheiten ausgeben. Und da ich es nie wagen würde, eine Katze als Dummheit zu bezeichnen, werde ich wohl oder übel davon ausgehen müssen, dass es nicht bei zwei Katzen bleibt.

Nun ja, wer nach dem zweiten Kind nicht aufhört, kann wohl auch nicht davon ausgehen, dass nach Haustier Nummer zwei schon Schluss ist.

 

Ich bleibe draussen – oder so

Wie ist das eigentlich mit den Katzen? Darf man die auch mit in ein Geschäft nehmen? Bei den Hunden ist das ja eindeutig geregelt. Wenn es erlaubt ist, steht nichts, wenn es verboten ist, hat es ein Verbotsschild und einen Haken, an dem der Hund angeleint werden kann.

Ob für Katzen das gleiche gilt? Ich hätte es zu gerne gewusst, heute Morgen, als das Prinzchen und ich am Bankschalter standen und plötzlich von draussen her ein klägliches Miauen hörten. So kläglich miaut nur einer, das war mir sofort klar und deswegen war ich keineswegs erstaunt, als ich Kater Leone vor der automatischen Türe stehen sah. Einen äusserst verzweifelten Kater Leone, denn wenn er mich sieht und doch nicht zu mir gelangen kann, dann dreht der Arme fast durch.

Seitdem er mich an seinem ersten Tag bei uns zu seiner Mama erkoren hat, jammert er wie ein kleines Kind, wenn ich mich zu weit von ihm entferne. Nun gut, er darf natürlich gehen, wie ihm beliebt, er ist ja ein Kater. Ich aber soll gefälligst bleiben, wo ich bin, jederzeit verfügbar für traute Zweisamkeit auf Mamas Kopfkissen. Wenn ich nicht bin, wo ich seiner Meinung nach sein sollte – haben Katzen überhaupt eine Meinung? -, dann sucht er mich eben. Im Garten, im Büro, an der Bushaltestelle, bei Nachbars oder eben in der örtlichen Filiale einer sehr verrufenen Schweizer Bank.

Gewöhnlich lasse ich mich von ihm finden, aber heute liess ihn dann draussen warten, obschon es mir fast das Herz zerriss, als er so kläglich nach mir rief. Weil ich aber nicht den Verdacht erwecken wollte, Kater Leone sei mein Komplize bei einem auf unschuldig getrimmten Banküberfall – „Kaltblütige Mama im rosa Kleidchen mit herzigem Kleinkind und anhänglichem Kater übertölpelt unbescholtene Bankangestellte“ -, unterdrückte ich meinen Katzenmutter-Instinkt. Ich glaube, Kater Leone war ziemlich eingeschnappt. Erst ein heftiges Gewitter am sehr späten Abend konnte ihn dazu bewegen, heim zu Mama zu kommen.

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Arme Katzen

Wenn es wahr ist, was die Werbung verspricht….

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… dann kann ich unsere Katzen nur noch bemitleiden.

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Gegensätzlich

„Prinzchen, welches ist dein Lieblingstier?“

„Babytiere mit Fell, erwachsene Tiere mit Fell, Babytiere ohne Fell, erwachsene Tiere ohne Fell. Babyameisen auch. Und grosse Ameisen.“

Sein grösser Bruder hingegen kennt diese allumfassende Tierliebe nicht. „Mama, ich kann nicht mehr im Garten spielen, ich habe ein Tier gesehen.“

„So schlimm wird es wohl nicht sein. Wie sieht es denn aus, das Tier?“

„Es ist ganz klein und schwarz. Ich geh nicht mehr in den Garten…“

„Wie klein denn? Etwa wie eine Spinne?“

„Nein, kleiner. Aber ich kann trotzdem nicht mehr weiter draussen spielen.“

„Komm, wir schauen mal, was es ist.“

Mit einem ziemlich verängstigten Zoowärter im Schlepptau gehe ich in den Garten.

„Wo ist denn nun das Tier?“

„Dort drüben, auf dem Gartentisch.“

Auf den ersten Blick erkenne ich nichts, dann, bei näherem Hinsehen sehe ich endlich, was den Zoowärter so beunruhigt hat: Eine Marienkäferlarve.

Nun ja, die sind bekanntlich ziemlich gefrässig, aber ich bezweifle dennoch, dass eine einzelne Larve mit dem Zoowärter fertig wird.

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Nein danke, kein Hahn

Er hätte uns ja gerne einen Wachtelhahn verkauft, aber ich sagte nein. Wir seien blutige Anfänger, erklärte ich, wären vollkommen überfordert, wenn plötzlich kleine Wachteln schlüpfen würden. Es half auch nichts, dass er Luise und mir die herzigen Küken zeigte, die erst vor zwei Wochen geschlüpft waren. Oh ja, sie waren hinreissend, aber eben, die mangelnde Erfahrung. Es blieb bei fünf Hennen, kein Hahn, nein danke. Fünf Hennen, damit die zwei, die der Marder hatte leben lassen, nicht zu einsam werden.

Zu Hause im sichern Stall – mit frisch bepflanzten Blumenkästen, Holzzaun & Co. auf mardersicher umgerüstet – die freudige Begrüssung. Neuankömmlinge und Alteingesessene gefielen sich auf Anhieb. Sehr sogar. Nach einer knappen Minute der erste Paarungsversuch, einige Momente später der zweite. Nein, wir brauchen keinen Hahn, wir haben schon einen.

Zumindest wissen wir jetzt endlich, weshalb Wachtel Elisha noch kein einziges Ei gelegt hat.

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Und nun zur Werbung

Manchmal bin ich einfach nur stolz auf „Meinen“. Währenddem ich am Computer sitze und um jedes einzelne Wort einer Kolumne kämpfe, die Kinder im Garten eine Trauerfeier für die unter tragischen Umständen verstorbene Wachtel Fiorenza abhalten und das Telefon nahezu unablässig klingelt, verwandelt er seelenruhig unseren hässlichen, alten Küchentisch in einen wunderschönen, wie neu aussehenden Küchentisch. Und das ganz ohne Schimpftiraden, Farbkleckse und Frust. Wüsste ich nicht, dass der gute Mann auch seine Fehler hat, ich würde ihn nach einem Tag wie heute für einen Heiligen halten…

Nein, ich übertreibe nicht mit meiner Schwärmerei. In Natura sieht der Tisch viel besser aus…

Hitliste der gefürchteten Tiere

Ein Tierliebhaber scheint er nicht zu sein, unser Prinzchen. Hier seine Hitliste der gefürchteten Tiere:

1. Luises Wachteln: Solange sie sich im Käfig befinden, kann er mit ihnen leben, aber wehe, wenn sie losgelassen. Erstaunlich, dass sein Geschrei noch nie einen Grosswildjäger angelockt hat, denn bei diesem Getue würde man zumindest einen Tiger oder einen brüllenden Löwen vermuten.

2. Zimmermann, in Deutschland Weberknecht genannt: Egal ob tot oder lebendig, solange einer im Badezimmer ist, geht das Prinzchen weder aufs WC noch in die Badewanne. Ihr wisst ja gar nicht, wie gefährlich die sind…

3. Spinnen: Noch viel gefährlicher als Weberknechte. Hat er eine gesichtet, wagt er sich drei Tage lang nicht mehr zu der Stelle der unliebsamen Begegnung.

4. Feuerwanzen: Neu auf der Hitliste und gleich auf Platz vier! Der Anblick einer einzigen hat gereicht, damit das Prinzchen bei schönstem Wetter nicht mehr in den Garten gehen mag. Auch Leone & Henrietta müssen drinnen bleiben, wenn die schrecklichen Monster im Garten ihr Unwesen treiben. Das Prinzchen schützt seine geliebten Katzen heldenhaft vor den fiesen Biestern, indem er sie nicht mehr aus dem Haus lässt, so laut sie auch miauen mögen.

5. Fliegen: Okay, die sind wirklich eklig, aber gleich in Tränen ausbrechen, bloss weil eine ihre Runden um die Deckenlampe dreht?

6. Ameisen: Ich weiss nicht, ob er schon je eine aus der Nähe gesehen hat, aber allein der Gedanke an ihre Existenz ist für den armen Kleinen kaum zu ertragen.

7. Motten: Auch hier teile ich die Meinung unseres Jüngsten, dass die Biester im Haus nichts verloren haben. Aber man kann es mit der Abneigung auch übertreiben.

8. Alles, was vor dem Fenster kreucht und fleucht: Kein noch so leichter Flügelschlag entgeht dem Prinzchen und er beruhigt sich erst wieder, wenn ich ihm a) beweisen kann, dass das Tier draussen und er drinnen ist und b) wenn ich ihm den Namen dessen, der ihn so erschreckt hat, nennen kann.

Brandneu und ausser Konkurrenz, weil so unbeschreiblich eklig: Die Kröte, die „Meiner“ und Karlsson heute vor dem sicheren Tod auf der Schulhaustreppe gerettet haben. Okay, ich hätte auch darauf verzichten können, dass sie das Tier ins Schlafzimmer bringen, bevor sie es in die freie Natur aussetzen. Aber ich habe immerhin nicht geheult und gezittert, nachdem ich mich aufs Bett geflüchtet hatte. Das Prinzchen hingegen steigerte sich in eine derartige Panik hinein, dass ich nicht anders konnte, als zu schreien: „Schafft das Tier hinaus, aber schnell! Ich will es nicht in meinem Schlafzimmer haben!“. Fragt sich nur, wer von der Begegnung das grössere Trauma davongetragen hat, das Prinzchen oder die arme Kröte…

(Nein, das hier ist nicht die Kröte, von der gibt’s kein Bild.)

Was soll der Kleine bloss denken von uns?

Nach einer Woche, in der ich gut das Doppelte meiner vorgesehenen ausserhäuslichen Arbeitszeit geleistet habe, sieht unser Haushalt entsprechend aus. „Meiner“ hat sich zwar dem Chaos mutig entgegengestemmt, aber alleine hatte er keine Chance, dagegen anzukommen. Zumal Luises Wachteln am Dienstag vom Balkon in den Garten umgezogen sind, was in der ganzen Wohnung Spuren von Hanfstreu und Wachtelfutter hinterlassen hat, die dem Besen hartnäckig trotzen. Dass das Prinzchen gestern Abend aus einer Familienpackung WC-Papier ein Gefängnis aufgebaut hat, welches der Zoowärter wenig später respektlos dem Erdboden gleich machte, verpasste dem ohnehin schon überbordenden Chaos den letzten Schliff.

Eigentlich habe ich mich ja inzwischen damit abgefunden, dass man unserem Haushalt die fünf Kinder, die zwei Jobs, die Haustiere und die leidenschaftslose Hausfrau ansieht, doch auch für mich gibt es eine Schmerzgrenze. Dass diese erreicht ist, erkenne ich jeweils an meinen Schamgefühlen, wenn eines unserer Kinder morgens von einem Schulkameraden abgeholt wird. Heute Morgen war es mal wieder soweit: Da stand ein sechsjähriger Knirps in unserem von Pyjamas übersäten Flur und wartete darauf, bis der Zoowärter bereit war, mit ihm die Welt zu erobern. In der Küche stapelte sich das schmutzige Frühstücksgeschirr, im Esszimmer lagen noch immer die Trümmer des WC-Papier-Gefängnisses und auf dem Küchenboden verteilte sich eine Lache von Katzenmilch, weil der FeuerwehrRitterRömerPirat in der Eile den Trinknapf umgestossen hatte. Irgendwo in diesem heillosen Durcheinander versteckte sich eine zutiefst beschämte Mama Venditti – noch immer im Pyjama, die Haare ungekämmt – vor diesem kleinen Jungen, der ihren Sohn abholen wollte. „Was soll das Kind bloss denken von uns?“, schoss es mir durch den Kopf. „Der wird unseren Zoowärter nie mehr abholen wollen, weil es bei uns so schrecklich aussieht. Und wenn er heute nach Hause geht, wird er seiner Mama bestimmt erzählen, dass Vendittis Fenster ganz dringend geputzt werden müssen und dass bei denen endlich mal einer für Ordnung im Schuhregal sorgen müsste.“

Wie? Ihr haltet mich für paranoid, weil ich mich darum sorge, was ein Sechsjähriger von unserem Haushalt hält? Nun gut, die meisten Kindergartenkinder scheren sich wohl einen Dreck um den Dreck der anderen – und auch um den Dreck in ihrem eigenen Zuhause -, aber seitdem mal eine Fünfjährige mit vorwurfsvollem Unterton zu mir sagte „Meine Mama hat nie so eine Sauerei im Haus wie du“, bin ich leicht traumatisiert. Vor allem, weil ich damals erst zwei Kinder und im Vergleich zu heute eine perfekte Ordnung im Haus hatte. Meine Scham ist also nicht ganz unbegründet. Und sie führt dazu, dass ich ganz dringend etwas gegen das Durcheinander unternehmen will. Meiner Ansicht nach habe ich drei Möglichkeiten zur Auswahl:

  • Eine Vollzeit-Haushälterin anheuern, die sich im Rahmen eines humanitären Einsatzes unseres Haushalts annimmt
  • Die Schaufel holen und den ganzen Dreck aus dem Fenster schmeissen
  • Mit der ganzen Familie einen qualvollen Samstag lang aufräumen, putzen und polieren

Nun gut, es gäbe da noch Option Nummer 4: Eine Zuppa Inglese zubereiten, die ganze Familie in den Garten schleppen und mich am schönen Wetter freuen.