Ich glaub‘ die mögen mich…

Dass man mich heute nicht ganz ohne Widerstand zum Frauentag gehen lassen würde, hatte ich erwartet. Am Donnerstag hatte ich ja noch befürchtet, die Erkältung würde mir einen Strich durch die Rechnung machen, doch erstaunlicherweise machte sie sich heute Nacht still und leise davon. Gut, sie liess mir einen hartnäckigen Husten als Andenken zurück, aber Gliederschmerzen, Brummschädel und Triefnase hat sie wieder mitgenommen. Von dieser Seite her hatte ich also grünes Licht.

Etwas schwieriger war es mit den Kindern, die mich im Laufe der vergangenen Woche etwas weniger als gewöhnlich zu Gesicht bekommen hatten, was nicht alleine an mir lag, sondern auch an Geburtstagspartys, Musikstunden und Arztterminen. „Mama, du darfst nicht gehen“, klagten sie, aber nur so lange, bis sie sahen, dass ich ihnen in der Bäckerei Gipfeli und Tessinerbrot besorgt hatte und dann liessen sie mich von Herzen gerne ziehen. So wenig braucht es, damit die Kinder auch mal einen Tag ohne mich auskommen können…

Zwei aber konnten sich gar nicht damit abfinden, den Tag ohne mich zu verbringen: Leone und Henrietta. Wie gewöhnlich begleiteten sie mich zur Haustüre, aber anstatt sich im Garten auf Vogeljagd zu begeben, machten sie sich auf, mich zum Bahnhof zu begleiten. Zuerst dachte ich ja noch, ich könnte die zwei in irgend einem Garten unterwegs abschütteln, doch ich musste bald einmal erkennen, dass die Katzen nicht von meiner Seite wichen. Als wir an der Hauptstrasse angelangt waren, hiess es umkehren und Karlsson bitten, die Katzen zu holen. Hauptstrasse und Bahngeleise waren mir dann doch zu gefährlich für die zwei. Henrietta liess sich bereitwillig mit ins Haus nehmen, Leone aber mochte mich noch immer nicht alleine ziehen lassen. Inzwischen war mein Zug längst abgefahren, also machte ich mich auf zur Bushaltestelle, Leone stets an meiner Seite. Der Bus liess auf sich warten, Leone wartete in sicherer Distanz zur Strasse mit. Keine Sekunde liess er mich aus den Augen und hätte ihn eine nette Mitreisende nicht im letzten Moment um die Hausecke und somit in Sicherheit gejagt, er wäre wohl mit mir in den Bus gestiegen. Und so kam ich einmal mehr mit Verspätung an meinem Ziel an, ausnahmsweise nicht wegen der Kinder, sondern wegen der Katzen.

Als ich am späten Abend nach einem Tag voller netter Begegnungen und neuer Impulse von der Bushaltestelle nach Hause ging, wartete Kater Leone in sicherer Entfernung zur Strasse auf einem Mäuerchen. Kaum erkannte er mich, rannte er mir mit einem verzweifelten Miauen entgegen. Er, der gewöhnlich spätestens um fünf Uhr nachmittags bei Fressnapf und Sofa sein will, mochte erst wieder nach Hause kommen, als er mich wieder in Sicherheit wusste. Ich glaube fast, der Kleine hat mich vermisst…

Und dann noch dies:

Ich weiss nicht, ob mich der Inhalt oder die Orthographie mehr erschüttert, aber dieser Satz, den ich heute im Bus gelesen habe, geht mir nicht aus dem Kopf: „Schulergänzende Tagesstrukturen werden strickt abgelehnt.“ 

Geschafft

Nichts gegen Weihnachten, aber ich bin froh, dass wir es für dieses Jahr hinter uns haben. Unser Tannenbaum sieht ja ganz nett aus, das Essen war wunderbar, jeder hat bekommen, was er sich sehnlichst gewünscht hat und durch den Einzug von fünf Wachteln namens Carla, Elisha, Foirenza, Josefine und Waldemar Leopold – von dem noch keiner weiß, ob er tatsächlich ein Hahn ist – kommt endlich etwas Abwechslung in unser ach so beschauliches Familienleben. Sogar die Weihnachtsgeschichte konnte ich ohne Unterbrüche im Sinne von „Mach mal vorwärts, ich will endlich Geschenke auspacken!“ aus. Ein durchaus gelungenes Fest also.

Zu dumm nur, dass viel kochen, viel essen und viel auspacken auch viel Arbeit mit sich bringen. Nach jedem Gang sieht die Küche wieder aus, als hätte sie seit drei Wochen keinen Lappen mehr gesehen. Mit jedem Geschenk, das ausgepackt wird, steigt die Gefahr eines Zimmerbrandes, weshalb entweder „Meiner“ oder ich die Müllabfuhr übernehmen müssen, währenddem sich die Kinder ins Spiel vertiefen. Und weil Playmobil-Kran, Mikroskop und Siegelwachs noch nicht ganz ohne elterliche Hilfe bedient werden können, bräuchte man mindestens zehn Arme, um überall auf der Stelle helfen zu können. Und auf dem Herd kocht schon das Wasser für den nächsten Gang über…

Ja, Weihnachten war schön und doch bin ich froh, dass es vorbei ist. Denn wenn die Familie Weihnachten feiert, gibt es nur zwei Rollen zu besetzen: Verzauberte, auf Wolke sieben schwebende kleine Menschen und überarbeitete, sich nach mehr Besinnlichkeit sehnende grosse Menschen.

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Fast bereit – oder auch nicht

DONE

  • Geschenke gekauft
  • 88 % (oder so) der Geschenke eingepackt
  • Tannenbaumstamm abgeschliffen, damit er in den Ständer passt und dabei zum ersten Mal überhaupt mit einer Schleifmaschine hantiert. Das war ein Bild: Ich von Kopf bis Fuss in Pink auf dem orangefarbenen Sofa mit dem Baumstamm auf dem Schoss und der Schleifmaschine in der Hand. Damit unsere Kinder später etwas zum Lachen haben, wenn sie über die guten alten Zeiten reden.
  • Stall für die Wachteln soweit fertig gebaut, dass die Tierchen ihre erste Nacht im Hause Venditti katzensicher versorgt sind. 
  • Patenkind beschenkt
  • Nachbarn beschenkt
  • Geschenke für die Patenkinder von „Meinem“ eingekauft
  • 7 Guezlisorten gebacken
  • Vorweihnachtliches Chaos angerichtet, damit wir alle noch ein wenig nervöser werden: Schaffen wir es, die Wohnung aufzuräumen, bevor es mit all dem Geschenkpapier noch schlimmer wird?
  • To Do – Liste geschrieben
  • Eine E-Saite für Karlssons Geige gekauft (und zu Hause erst gemerkt, dass die uns eine A-Saite mitgegeben haben)

TO DO

  • Endlich entscheiden, was ich zur Familienfeier mit meinen Eltern, Geschwistern & Co.  morgen Abend zum Essen mitbringen werde
  • Endlich das Weihnachtsmenü planen. „Meiner“ wäre für Paella oder asiatisch aber wir anderen finden, dass so etwas überhaupt nicht geht. Und er findet, wir seien alle stockkonservativ und langweilig, weil wir lieber Suppe im Brot, Morcheln und Bûche de Noël wollen.
  • Wirklich einmal früh aufstehen und nicht nur davon reden. Damit ich die Erste bin in der Migros, um endlich das Essen für die Festtage einzukaufen. Und dann vor lauter Weihnachten das Katzenfutter, die Feuchttücher und den Essigreiniger nicht vergessen
  • Herausfinden, ob der Geigenbauer morgen noch offen hat, damit wir doch noch eine E-Saite auftreiben können. Karlsson will morgen vor der gesamten Verwandtschaft auftreten, was ohne E-Saite relativ schwierig sein dürfte. Und ein Karlsson, der nicht vor der ganzen Verwandtschaft auftreten darf, dürfte ebenfalls etwas schwierig sein. 
  • Endlich entscheiden, ob die Katzen auch etwas zu Weihnachten bekommen. Und wenn die Katzen etwas bekommen, warum dann die Wachteln nicht? Oder reicht es, wenn die armen Tierchen zu Weihnachten einen eigenen Stall, ein Futtergeschirr und sieben Vendittis bekommen?
  • Die restlichen 12 % (oder so) der Geschenke einpacken
  • Geschenke, die im Trubel der Vorweihnachtszeit ihr Papier schon wieder verloren haben,  wieder einpacken.
  • Weitere Geschenke für Nachbarn und Freunde verteilen
  • Tannenbaum gerade richten
  • Nicht vergessen, dass wir noch weitere Kerzenhalter kaufen müssen. „Meiner“ hat ausnahmsweise mal einen grossen Baum gekauft.
  • Tannenbaum schmücken
  • Den Stall für die Wachteln fertig bauen und endlich entscheiden, ob er vorerst mal auf den Balkon kommt, oder bereits in den Garten
  • Einstreu für den Stall kaufen
  • Mit „Meinem“ ausdiskutieren, wer sich sich morgen Abend frühzeitig davonmachen darf, um bei der Christanchtfeier zur Ruhe zu kommen 
  • Aufräumen, aufräumen und nochmals aufräumen
  • Putzen, putzen und nochmals putzen
  • Eine Strategie entwickeln, wie wir die Kinder motivieren können, damit sie mitmachen beim Aufräumen, aufräumen und nochmals aufräumen. Das Putzen, putzen und nochmals putzen dürfte einfacher sein, denn das machen sie gern.
  • Scharf nachdenken, ob wir beim Geschenkekauf wirklich niemanden vergessen haben und Notfallszenario entwickeln, falls uns doch noch jemand in den Sinn kommt
  • Endlich in Festtagsstimmung kommen, damit ich nicht wieder erst an Ostern Zeit finde, über den tieferen Sinn des Weihnachtsfestes nachzudenken
  • Endlich begreifen, dass morgen wirklich schon der Heilige Abend ist und nicht der 24. Juli 2011

Und falls mir dann noch etwas Zeit bleibt, können wir ja noch die Spitzbuben backen, bevor der Teig, der schon längst im Kühlschrank wartet, vor lauter Kummer schlecht wird.

Wieder da

Heute Morgen kam sie wieder nach Hause, die von allen schmerzlich vermisste Henrietta. Der Jubel war gross, Kater Leone beschnupperte seine Schwester von hinten bis vorn, Luise und der Zoowärter stritten sich den ganzen Vormittag darum, wer sie nun halten dürfe. Fast hätte ich das arme Tier wieder nach draussen geschickt, dort, wo es von Kindern ungestört den Tag geniessen könnte. Sie blieb drinnen, stillte ihren grossen Hunger und bekam Krach mit ihrem Bruder. Was Luise ziemlich erschreckte: „Mama, komm schnell. Leone hat Henrietta angefaucht. Warum macht er das? Mama, ich mache mir Sorgen…“

Warum er das macht, meine liebe Luise? Nun, ich muss dir leider sagen, dass sich Geschwister nicht während jeder Sekunde des Tages innig lieben. Es gibt da so eine Sache, die sich Streit nennt. Ja, ich weiss, davon hast du noch nie etwas gehört und natürlich hast du keine Ahnung, wie man so einen Streit austrägt. Aber weisst du, mein Kind, die Welt da draussen ist böse und kalt und man sagt, dass sich die Menschen dort ziemlich oft streiten. Aber du brauchst dich nicht zu fürchten, denn hier bei uns kommt so etwas natürlich nie vor.

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Wo steckt sie bloss?

Als Erwachsene sage ich mir, dass unsere Katze Henrietta den Heimweg bestimmt bald wieder finden wird, dass sie sich wohl einfach irgendwo vor Joachim in Sicherheit gebracht hat und wieder nach Hause kommt, wenn es endlich ruhiger wird. Ich beruhige mich damit, dass die meisten Katzen mal für ein paar Tage verschwinden. Und ausserdem hat sie den Heimweg auch bei den anderen Ausflügen wieder gefunden, wenn auch schneller.

Als Mutter von fünf Kindern, die miterleben muss, wie die Kinder weinen, weil Henrietta seit gestern Vormittag nicht mehr aufgetaucht ist, kann ich dennoch nicht ruhig bleiben. Was, wenn sie doch nicht mehr zurückkommt? Klar, es gibt noch viele Katzen auf der Welt, aber die sind eben nicht Henrietta. Und wenn die Kinder nervös werden, überträgt sich das auch auf uns Eltern. Denn sie fehlt ja nicht nur den Kindern, auch wir vermissen es, wie sie frühmorgens an unseren Zehen knabbert.

Ja, und dann ist da noch Henriettas Bruder Leone, der kläglich miauend nach seiner Schwester ruft. So traurig wirkt er, dass unsere Kinder, die sich seit Tagen nur noch in den Haaren liegen, nur noch staunen, wie sehr sich Bruder und Schwester lieben könnten, wenn sie denn wollten. Da behaupte noch einer, Haustiere hätten keinen pädagogischen Nutzen…

Henrietta

Schildkröten und damit basta!

Neulich unterhielt ich mich mit einer anderen Mutter über Haustiere. „Das einzige Haustier, das für uns in Frage kommt, ist eine Schildkröte. Die Tiere sind einfach toll. So schön langsam und weil sie die kalte Jahreszeit verschlafen, ist die Freude über das Tier jeden Frühling wieder neu“, erklärte mir die Mutter und ich kam mir vor, ich würde mich selber reden hören. So, wie ich vor wenigen Monaten noch geredet hatte. Bevor die Ratte auf dem Balkon mich dazu getrieben hat, mich auf die Suche nach zwei Kätzchen zu machen. Bevor Leone und Henrietta, die Katzen, die schliesslich den Weg zu uns gefunden haben, unsere Herzen im Sturm eroberten.

„Schildkröten könnt ihr von mir aus haben“, sagte ich jeweils zu den Kindern, wenn sie mir wieder in den Ohren lagen mit „Ich will Kaninchen und Katzen und einen Hund und Hamster und Meerschweinchen und … einen Eisbären oder einen Braunbären und zwar sofort.“ „Wozu wollt ihr überhaupt noch mehr Haustiere haben? Wo ihr euch doch schon um die nicht kümmert, die ihr bereits habt. Wann habt ihr denn zum letzten Mal die Spinnen gefüttert und die Ameisen gestreichelt? Und um die kleinen, braunen Käfer auf dem Fensterbrett kümmert sich auch keiner“, pflegte ich zu sagen. Vor den Katzen fiel es mir noch leicht, bei meinem Nein zu bleiben, doch jetzt, wo wir uns ein Leben ohne die zwei nicht mehr vorstellen können, ist der Damm rissig geworden und ich fürchte, bald wird er vollends brechen.

Schuld daran sind nicht alleine die Katzen, auch „Meiner“ hat seinen Teil dazu beigetragen. Ausgerechnet er, der anfangs sogar bei Schildkröten gemauert hatte. Da bemühte ich mich den ganzen Herbst hindurch, Luise davon zu überzeugen, dass sie keine Häschen zu Weihnachten bekommt, weil ihr Zimmer einem Saustall gleicht. Und dann, als ich sie schon fast so weit hatte, sich doch wieder eine Puppe zu wünschen, kommt mein lieber Herr Gemahl daher und setzt unserer Tochter den Floh mit den Wachteln ins Ohr. Die Häschen sind vergessen, die neue Puppe auch, es müssen Wachteln sein und ohne die Unterstützung von „Meinem“ bin ich machtlos gegen diesen Wunsch. Die Tiere sind also reserviert, die Suche nach dem geeigneten Käfig läuft und wenn alles läuft wie geplant, werden sie ihre Körner schon bald bei uns picken. Wie soll ich da noch dem Zoowärter seinen Geburtstagswunsch nach „ganz vielen echten Meerschweinchen“ abschlagen können, wenn Luise ohne Toben und Schreien Wachteln bekommt? Nun ja, der Zoowärter ist noch so klein, dass er sich auch mit einem Playmobil-Zoo zufrieden geben wird, aber was mache ich bloss, wenn der FeuerwehrRitterRömerPirat uns im Sommer um einen Hund bittet?

Das ist also geworden aus meinem Grundsatz „Schildkröten könnt ihr von mir aus haben, aber sonst gibt’s keine Tiere“ und ich habe den leisen Verdacht, dass es der Mutter, mit der ich über das Thema geredet habe, nicht viel anders ergehen wird als uns.

Von Kindern und Katzen

Als ich Mutter wurde, begannen all die Leute um mich herum, die auch schon mal Mutter geworden waren oder die im Begriff waren, es zu werden, ihre Geschichten zu erzählen. Zum Teil ganz amüsante Geschichten, andere nahezu unglaublich, wieder andere tieftraurig. Ich mag es, wenn man mir Gesichten erzählt und darum hörte ich immer gerne zu, steuerte auch die eine oder andere Geschichte bei und hatte meinen Spass. Nun ja, fast immer, denn es gibt ja auch die Frauen, die tischen dir bei der ersten Begegnung jeder ihrer Fehlgeburten en détail auf, erzählen dir, welches Kind von welchem Papa ist und welcher dieser Papas der mieseste Kerl ist und die Alimenten nicht zahlt und vielleicht, wenn es dich ganz schlecht trifft, erzählt dir auch eine, dass sie erst schwanger wurde, als sie jedes Mal nach dem Akt den Handstand machte. Too much information, zumindest für meinen Geschmack. 

Jetzt, wo meine Kinder zahlreicher und grösser sind, höre ich nicht mehr so viele Geschichten. Mir scheint, einer Mehrfachmutter erzählt man nicht mehr so viel. „Die hat ja ohnehin schon alles erlebt, was soll ich da noch mit meinen armseligen Erlebnissen kommen?“, mag man sich denken. Eigentlich schade, ich vermisse diese Geschichten ein wenig. Nun ja, zumindest die amüsanten, die unglaublichen und die tieftraurigen, die anderen fehlen mir nicht so sehr. 

Aber vielleicht ist es ja auch ganz gut, dass die Geschichten weniger werden, denn seitdem sich in meinem Einkaufswagen auch Katzenfutter und Katzensand befindet, würde ich wohl zu gar nichts mehr kommen, wenn man mir auch noch Baby- und Kleinkindergeschichten erzählte. Katzenhalter, so habe ich bereits beim ersten Einkauf für Leone und Henrietta gemerkt, sind nämlich ebenso erzählfreudig wie neugeborene Mütter. Haben sie mal angefangen, von ihren Haustieren zu erzählen, finden sie kein Ende mehr. Noch keine zwei Wochen wohnen die Tierchen bei uns und schon weiss ich von Katzen, die per Kaiserschnitt geboren haben – habe gar nicht gewusst, dass so etwas möglich ist -, von wüsten Eifersuchtsszenen zwischen Katze und Baby und von der vorgeburtlichen Untersuchung beim Tierarzt. „Was es nicht alles gibt“, staune ich, die ich als Kind mit Katzen gross geworden bin, die ganz ohne menschliche Hilfe im Heustock ihre Babys zur Welt bringen mussten, die armen, vernachlässigten Tiere. Die Katzengeschichten sind ganz amüsant, manchmal auch tieftraurig oder nahezu unglaublich, aber ich muss gestehen, dass ich Geschichten von Menschenkindern bevorzuge. Mal abgesehen davon, dass einem bei den Katzen die Klagen über miese Kerle, Fehlgeburten und ausstehende Alimentenzahlungen erspart bleiben.

Hoffe ich zumindest.

Familienzuwachs

Eigentlich haben unsere Kinder ja keinen Mangel an Geschwistern. Vielleicht an Schwestern, ja, aber an Spielkameraden fehlt es niemandem. Dennoch haben die zwei Kätzchen, die gestern bei uns eingezogen sind, sofort den Ehrentitel „kleine Schwester“ und „kleiner Bruder“ verliehen bekommen. Und die beiden zeigen sich erkenntlich für so viel Ehre: Schon am zweiten Tag lassen sie sich bereitwillig streicheln, auf den Arm nehmen und liebevoll drücken. 

Mir war ja ein wenig bang gewesen, als das Prinzchen und ich vorgestern den Katzenkorb und das Futter einkauften. Was, wenn die Tierchen uns nicht mögen? Was, wenn sie vor lauter Aufregung vergessen, dass sie stubenrein sind? Was, wenn das Prinzchen die zwei für Stofftiere hält und sie am Schwanz zieht? Was, wenn „Meiner“, der dem Familienzuwachs mit Skepsis entgegen gesehen hatte, die beiden nicht ins Herz schliessen würde? 

Heute hat sich gezeigt, dass meine Befürchtungen umsonst waren. Die Kätzchen akzeptieren uns so, wie wir sind und wenn sich einer aufs Sofa setzt, dauert es nicht lange, bis eines von beiden daneben sitzt. Ihre Stubenreinheit haben sie schön brav beibehalten, was insbesondere das Prinzchen, der übrigens keinerlei Anstalten macht, die Tierchen am Schwanz zu ziehen, tief beeindruckt hat.  Und „Meiner“ – man lese und staune – ruft mich alle paar Minuten ins Wohnzimmer, weil sie gerade wieder „so unglaublich herzig sind“ und abends geht er nicht ins Bett, ohne Kater und Katze eine gute Nacht zu wünschen. 

Man sieht also, die zwei gehören bereits voll und ganz zur Familie und weil in dieser Familie jemand ein Buch über einen Kater namens Leone verfasst hat, haben die Kinder sich dazu entschieden, unseren Kater ebenso zu rufen. Das Weibchen soll auf den Namen Henrietta hören, auch sie eine Katze aus dem Buch. Diejenige, die das Buch verfasst hat, fühlt sich natürlich zutiefst geehrt, möchte aber betonen, dass sie keinerlei Einfluss auf die Namensgebung hatte. Sie wäre auch ganz glücklich gewesen, wenn das Weibchen Kezia genannt worden wäre, der Kater… nun ja, äähm,… vielleicht….also gut, ich weiss nicht so recht wie er sonst hätte heissen können, denn schwarzweisse Kater heissen doch einfach Leone, nicht wahr?

Stöberfieber

Seitdem es das Internet seinen Weg in unser Zuhause gefunden hat – also schätzungsweise seit etwa hundertfünfzig Jahren, denn ihr wollt mir doch wohl nicht weismachen, dass es einmal eine Zeit ohne Internet gegeben hat -, bin ich dem Stöberfieber verfallen. War ein Baby unterwegs, stöberte ich nach dem besten Kinderwagen, der schönsten Umstandskleidung, dem perfekten Nachtlicht. Stand Weihnachten vor der Tür, verglich ich die Preise der verschiedenen Anbieter und kaufte dann die Duplo-Eisenbahn dort, wo sie am günstigsten war. Sehnte ich mich nach Ferien, machte ich mich auf die Suche nach dem perfekten Ferienort.

Dabei verfolgte ich nicht primär das Ziel, auch wirklich etwas zu kaufen, denn solche Stöberorgien haben einen unschätzbaren Unterhaltungswert. Allein die gesammelten Absurditäten, die den werdenden Eltern angepriesen werden, sorgen für mehrere Tage ausgesprochener Heiterkeit. Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, mir in der Schwangerschaft einen Gurt zuzulegen, der das Baby im Bauch mit klassischer Musik beschallt, um nichts in der Welt hätte ich mich dazu hinreissen lassen, einem meiner Babies eine Puppe mit leuchtendem Gesicht ins Bettchen zu legen und auch um den Baby-Anzug mit integriertem Mopp, von dem ich bis heute nicht weiss, ob es sich dabei um Spass oder Ernst handelte, machte ich einen weiten Bogen. Nein, solche Dinge habe ich nur gebraucht, um mich schiefzulachen, gekauft habe ich dann ganz vernünftig. Nun ja, bis auf dieses elende musikalische Töpchen, das ich für den Zoowärter anschaffte, aber das geschah aus reiner Verzweiflung, weil ich des Wickelns überdrüssig geworden war.

Leider werden die Gelegenheiten zum Stöbern weniger, je grösser die Kinder werden, denn jetzt stöbern sie selber. Die aktuelle Hitliste der Suchbegriffe: 1. Barockperücke 2. Empire-Kleid 3. Meerschweinchen 4. Pferd 5. Mundharmonika. Zu sagen habe ich da nicht mehr viel ausser „Nein, das kaufen wir nicht, das ist zu teuer.“ oder „Meerschweinchen kriegst du erst, wenn du endlich lernst, dein Zimmer in Ordnung zu halten“ was man auch übersetzen könnte als „Vergiss es. Solange du die Füsse unter meinen Tisch streckst kommt mir kein Tier ins Haus, dessen Käfig ausgemistet werden muss, denn am Ende bleibt die Arbeit doch an mir hängen, das weiss ich noch aus meiner eigenen Kindheit.“

Dabei sind Haustiere ja ideal dazu, die Stöberei fortzusetzen, wenn man keinen Babykram mehr braucht, denn bei Haustieren neigt der Mensch ja zu ähnlich absurden Einfällen wie bei Babies und Kleinkindern. Da gibt es zum Beispiel den Edelstahl-Trinkbrunnen, das „Erlebniscenter“, das Baldriankissen oder das Kratzschloss – alles für die Katz. Natürlich haben wir uns nicht darum dazu entschieden, unsere Familie um zwei Katzen zu erweitern, aber währenddem ich nach dem perfekten Katzenklo, der katzenfreundlichsten Transportkiste und dem kindersicheren Futternapf suche, kann ichgleich ein wenig stöbern. Nur so zum Spass. Sofern mich die Kinder überhaupt noch lassen. Möchte ja zu gerne wissen, weshalb die alle so fanatisch das Internet durchforsten…

Das wäre doch was für uns

Die Ratte hat die alte Diskussion wieder angefacht: Sollen wir uns doch vielleicht ein Haustier anschaffen, jetzt, wo die Familie nicht mehr weiter wachsen wird? Man kann die Frage ja nicht ewig vor sich herschieben, vor allem, weil der FeuerwehrRitterRömerPirat heute schon droht, er werde sich dann eines Tages einfach ohne Erlaubnis eine Ratte anschaffen. Da muss man doch vorbeugend eingreifen, indem man das Bedürfnis nach einem Haustier stillt, bevor es ungesunde Züge annimmt. Und so zermarterte ich mir einige Tage lang das Gehirn, was wohl zu tun sei. Gestern dann, als ich zum zehnten Mal in diesem Frühjahr meine Zuckermelonen-Setzlinge, die Nachbars Katze jeweils über Nacht ausgräbt, wieder in die Erde pflanzte, dämmerte mir, was uns fehlt: Eine Katze, die sich voller Selbstbewusstsein unseren Garten zum Revier erklärt und alle anderen Katzen von meinen Setzlingen fern hält. Eine stubenreine Katze natürlich, eine, die sich zu fein ist, um ihr Geschäft im Garten zu verrichten, denn sonst wird das Leben für meine Setzlinge nicht sicherer. 

Das mit der Katze, so überlegte ich, hätte ja den zusätzlichen Vorteil, dass sich die Ratte bei uns nicht mehr so wohl fühlen würde. Habe ich doch neulich gelesen, dass schon der Geruch von gebrauchtem Katzensand genügt, um eine Ratte zu vertreiben. Und so fiel der Entschluss: Vendittis brauchen eine Katze. Natürlich konnte ich die Sache nicht lange für mich behalten und deswegen war schon bald einmal klar, dass Vendittis nicht nur eine Katze haben werden, sondern mindestens zwei. Denn die kleinen Vendittis können sich nicht entscheiden, ob es eine Katze oder ein Kater sein soll. Erstaunlicherweise schien nicht mal „Meiner“ der Sache abgeneigt zu sein, zumindest brachte er nicht allzu viele Einwände, und so brüteten Luise und ich schon bald einmal über der neuesten Ausgabe der „Tierwelt“, um herauszufinden, ob da vielleicht jemand bereit wäre, uns zwei Kätzchen abzugeben. 

Es ist ja wohl kaum verwunderlich, dass es da ein paar ganz interessante Inserate gab. Immerhin haben wir Mai und da wollen bekanntlich alle ihre überzähligen Kätzchen loswerden. Luise hätte schon fast zum Telefon gegriffen, um sich zwei Tierchen zu sichern, doch da meldete sich „Meiner“ dann doch noch zu Worte. Wir hätten viel zu viel Chaos im Haus, es würde sich ja doch keiner um die Tiere kümmern, Katzen zu halten sei ein teurer Spass, den wir uns nicht leisten könnten, die ganze altbekannte Spielverderber-Leier. 

Nun gut, dann müssen wir ihn eben noch ein wenig bearbeiten, ihm noch ein paar kitschige Kätzchenbilder unter die Nase halten, ihm ein paar Statistiken aufbereiten, die belegen, dass Katzenhalter eine weitaus höhere Lebenserwartung haben als Nicht-Katzenhalter. Und wo wir schon dabei sind, ihn zu bearbeiten, können wir ihm ja gleich noch in den Ohren liegen, dass wir jetzt endlich diese umweltunfreundliche Kapselkaffeemaschine – nein, nicht die von George Clooney, so tief sind wir dann doch nicht gesunken – loswerden müssen. Die ist mir nämlich auch schon lange ein Dorn im Auge, aber „Meiner“ findet, ein funktionierendes Gerät loszuwerden sei weder umwelt- noch budgetfreundlich.

Mal sehen, wie wir ihn rumkriegen können. Vielleicht finden wir ja jemanden, der uns gerne zwei überzählige Kätzchen andrehen will, aber nur, wenn wir ihm im Gegenzug einen anständigen Kaffee anbieten…