Geht doch auch so

2007, Karlsson ist ein Zweitklässler und zwar einer von der eher schüchternen Sorte. Ein neuer Schüler kommt in die Klasse, setzt sich neben unseren Ältesten, sagt: „Du Arschloch!“ und von da an geht es bergab. Beim Elterngespräch sprechen wir die Lehrerin auf das schlechte Klassenklima an, erzählen ihr, dass unser Sohn immer wieder über üble Hänseleien klagt. Sie werde die Sache im Unterricht thematisieren, verspricht sie, aber ändern tut sich nichts. Wie auch, wenn nur geredet wird?

2011, der FeuerwehrRitterRömerPirat ist ein Zweitklässler, auch eher schüchtern, hin und wieder auch mal rabiat. Ein Mitschüler, der ihm körperlich überlegen ist, macht ihm das Leben schwer und zwar so schlimm, dass mich andere Mütter darauf ansprechen. Beim Elterngespräch bringt der FeuerwehrRitterRömerPirat die Sache selber vor, er möchte, dass sich etwas ändert. Sie werde die Sache im Unterricht thematisieren, verspricht die Lehrerin, meint dann aber auch, das Schicksal habe es eben so gewollt, dass unser Sohn mit diesem Jungen zur Schule gehe, darum müsse er lernen, mit der Sache klarzukommen. Natürlich ändert sich nichts. Wie auch, wo doch unser Sohn selber Schuld ist, wenn er sein Schicksal nicht annehmen kann?

2015, das Prinzchen ist ein Erstklässler, nicht unbedingt schüchtern, aber ein Kind, das Konflikte lieber mit endlosen Diskussionen als mit den Fäusten austrägt. Ein paar Zweitklässler haben es auf unseren Sohn abgesehen, machen ihm seit der ersten Schulwoche das Leben schwer. Kurz vor den Herbstferien kommt er mit einem blauen Auge nach Hause. Ich schreibe der Lehrerin, weil die Sache ein Ausmass angenommen hat, das ich nicht mehr tolerieren kann. Die Klassenlehrerinnen würden sich während der Herbstferien treffen, um sich in der Angelegenheit zu beraten, antwortet sie. Seit Montag ist wieder Schule,  seit gestern hat das Prinzchen einen Plan, auf dem er jeden Tag mit Smileys eintragen kann, wie die Stimmung auf dem Pausenplatz war, ob es wieder zu Konflikten gekommen ist. Zeichnet er traurige Gesichter, wird eingegriffen. Ob sich die Situation dadurch ändert, wird sich weisen, aber immerhin erfährt das Kind, dass man nicht einfach wegschaut und es „seinem Schicksal“ überlässt. 

Das ich so etwas auf meine alten Muttertage noch erleben darf.

torre temporanea; prettyvenditti.jetzt

torre temporanea; prettyvenditti.jetzt

2 Gedanken zu “Geht doch auch so

  1. Ob das die Kehrseite davon ist, dass wir Eltern unsere Kinder heute zu mehr Selbstbewusstsein ermutigen? Karlsson hat irgendwann den Mut gefunden, sein eigenes Ding durchzuziehen. Danach ging es viel besser und seitdem er in der Oberstufe ist, hat sich das Problem Gott sei Dank erledigt. Beim FeuerwehrRitterRömerPiraten sind wir uns noch nicht so sicher…

  2. Ich habe den Eindruck, es wird immer schlimmer, dass ruhige Kinder „untergehen“. Macht mich total traurig, das zu lesen. Ich finde, die Lehrer müssten viel früher mit echten Konsequenzen eingreifen und das auf keinen Fall schleifen lassen.
    Ich wünsche deinen Jungs alles Gute!
    Wie geht es denn den beiden älteren inzwischen? Hat sich evtl durch einen Lehrerwechsel was getan?

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