Geniessen

Es ist schon verrückt: Da sorge ich mich wochenlang, ob das auch wirklich möglich sei, dass ich für ein paar Tage verreise. Ich kämpfe mit den Tränen, wenn ich daran denke, meine Kinder zurückzulassen. Ich fürchte mich vor dem Alleinsein. Und kaum bin ich weg – ja, dann bin ich eben weg. Versunken in einer anderen Welt, alleine mit mir und meinen Gedanken, meinen Träumen, meinen Fragen, meinen Gebeten, meinen Geschichten.

Und ich bin glücklich.

Kein sehnsüchtiges Fragen, was meine Kinder wohl gerade jetzt in diesem Moment tun. Kein Sorgen, ob „Meiner“ daran denkt, dass er heute zum Mittagessen auf keinen Fall Pizza servieren darf, weil das Tageskind keine Pizza mag. Kein Brüten über dem, was in unserem Leben noch nicht so läuft, wie wir uns dies wünschen. Keine Tränen vor dem Einschalfen. Ich geniesse einfach, lebe in den Tag hinein. Schreibe, wenn mir nach Schreiben ist, entspanne mich in der Sauna, wenn ich Lust auf Wärme habe, stapfe durch den knietiefen Schnee, um endlich den Meditaionsweg zu finden, den ich letztes Jahr nicht suchen konnte, weil ich das Prinzchen, das damals dabei war, nicht dem Schneestrum aussetzen wollte.

Klar, mein Alltagsleben ist immer präsent, irgendwo im Hinterkopf. Und natürlich nütze ich jede Gelegenheit, um von meinen grossartigen Kindern zu erzählen. Das Verrückte dabei ist: Wenn ich von ihnen erzähle, wird mir mal wieder so richtig bewusst, dass sie wirklich grossartig sind. Das ist so viel einfacher zu sehen, wenn man dabei nicht den Geruch voller Windeln in der Nase und den Anblick der zerkritzelten Wände vor Augen hat. Und wenn dann noch ein zweiundachtzigjähriger Tischnachbar findet, der FeuerwehrRitterRömerPirat müsse ein wahres Genie sein, dann geht das natürlich runter wie Butter. Und wenn man sich nicht mit dem Unfug herumschlagen muss, den das „wahre Genie“ sich den lieben langen Tag ausdenkt, dann könnte man in Versuchung kommen, dem alten Herrn gar Recht zu geben.

Aus der Ferne besehen ist meine Familie einfach perfekt. Und ich schätze es ungemein, dass ich sie für einmal aus der Ferne besehen darf und nicht mitten im Chaos stecken muss. Es wird mir hoffentlich dabei helfen, auch mitten im Trubel wieder vermehrt das Schöne zu sehen.

3 Gedanken zu “Geniessen

  1. Danke! Bin schon so erholt, dass ich bald zerfliesse vor lauter Entspannung. An so ein Leben könnte ich mich glatt gewöhnen! 🙂

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