Darum also?

Warum musste ich als Zehnjährige mit Übergewicht kämpfen? Also jetzt mal abgesehen davon, dass ich jedes Mal, wenn die Kinder aus Bullerbü Butterbrote assen – und sie essen viele Butterbrote, die Kinder aus Bullerbü und ich las das Buch immer und immer wieder -, in die Küche rannte, um mir zwei oder drei Scheiben Brot in sehr viel Butter zu rösten. Aber war dies vielleicht nicht der einzige Grund? Musste ich auch deshalb mit meinem unbändigen Appetit kämpfen, damit ich heute meine Kinder besser verstehe, wenn es ihnen schwer fällt, sich nicht noch einen Teller voll zu schöpfen?

Warum musste „Meiner“ als Teenager Tag für Tag mit seiner Mutter streiten? So richtig heftig, nicht das übliche Gezänke zwischen Mutter und halbwüchsigem Sohn. Nun ja, die beiden lebten auf völlig verschiedenen Planeten und deshalb war eine Verständigung beinahe unmöglich. Aber musste er vielleicht diese Konflikte auch deshalb durchstehen, weil er heute immer und immer wieder mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat, die sich von ihren Eltern nicht verstanden fühlen? Oder zieht er solche Kinder und Jugendliche regelrecht an, weil sie spüren, dass da einer ist, der sie versteht?

Warum musste ich als Mutter so sehr an meine Grenzen kommen? Also jetzt mal abgesehen davon, dass ich zu viel wollte, zu hohe Ideale hatte, das Falsche wollte, mir von Menschen dreinreden liess, die mir nichts zu sagen haben, zu viel von mir selbst forderte. Musste ich vielleicht auch deshalb tief fallen, damit ich Frauen, die Ähnliches durchmachen  – Glaubt mir, es gibt viele davon -, verstehen kann? Dass ich mit ihnen weinen kann und ihnen Mut machen kann, dass wieder andere Zeiten kommen? Oder habe ich einfach durch die eigenen Erfahrungen gelernt, den traurigen Blick einer Mutter richtig zu interpretieren?

Ich möchte nicht behaupten, dass alles und jedes im Leben einen Sinn ergibt. Zu oft steht da ein dickes fettes WARUM. Aber ich liebe diese seltenen Momente, in denen man spürt, dass man dem anderen das, was er erzählt, nachfühlen kann, weil man selber schon am genau gleichen Ort gewesen ist. Dass man ganz genau weiss, wovon das Gegenüber redet. Dass man hin und wieder gar einen Lichtblick – und keinen Ratschlag –  weitergeben kann. Und auf einmal ist das eigene Erleben nicht mehr so schmerzhaft. Und nicht mehr ganz so sinnlos.

6 Gedanken zu “Darum also?

  1. @Kurt: Ja, da stimme ich dir vollkommen zu! Ich ertappe mich einfach oft dabei, wie ich nach einem schicksalsschlag nach dem sinn des ganzen frage – und die einzige halbwegs brauchbare antwort für mich ist, dass ich dadurch reifer geworden bin. Aber deswegen könnte das leben trotzdem manchmal sanfter mit uns umgehen…

  2. @verena
    schwierige zeiten bringen einem im leben weiter, da hast du vollkommen recht. doch manchmal wünscht man sich schon, dass das leben nicht so hart zuschlägt…

  3. Ja, im besten Fall machen einen diese Dinge wohl tatsächlich stärker. Auch wenn es zuweilen so aussieht, als würde man demnächst zerbrechen.

  4. Diese Erkenntnis habe ich im Laufe der vergangenen Jahre auch gewonnen. Aber ich hätte sie nicht so schön ausdrücken, so exakt auf den Punkt bringen können.

  5. Du hast recht – wie so oft. 😉 Schwierige und traurige Zeiten im Leben erscheinen uns zwar oft sinnlos, aber irgendwie bringen sie uns auch weiter und machen aus uns im besten Fall sensibilisierte und mitfühlendere Menschen. Und so banal und brutal es klingt, das Sprichwort „Was dich nicht umbringt, macht dich stärker“ hat wohl irgendwo etwas Wahres…

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