Wer macht hier die Sauerei?

Heute waren wir ganz spontan bei Nachbars zum Mittagessen eingeladen. Nachbars sind sehr nette Menschen und wir haben die Zeit bei ihnen sehr genossen. Die Leute haben nur einen einzigen Fehler: Ihre Wohnung ist aufgeräumt. Damit könnte ich ja halbwegs leben, das Dumme ist nur, dass Nachbars nicht nur eine aufgeräumte Wohnung haben, sondern auch vier Kinder. Und damit gerate ich in Erklärungsnot. Es kommt ja öfters vor, dass wir bei Menschen mit aufgeräumtem Zuhause zu Besuch sind, aber wenn „Meiner“ dann über unser Chaos jammert, dann kann ich sein Gejammer schnell abstellen. „Die haben ja erst ein Kind und das krabbelt noch nicht mal“, kann ich zum Beispiel als Argument anführen. Oder: „Kein Wunder, dass es bei denen aufgeräumt ist. Die haben ja auch schon erwachsene Kinder und sie ist nicht berufstätig.“ Oder: „Die sind beide voll berufstätig und die Kinder sind den ganzen Tag in der Krippe. Die sind so selten zu Hause, dass gar niemand Unordnung machen kann.“ Was aber hätte ich heute sagen sollen? Nachbars haben nur ein Kind weniger als, die meisten ihrer Kinder sind so alt wie unsere, die Eltern sind beide ähnlich beschäftigt wie wir und doch stapeln sich bei ihnen keine ungelesenen Zeitungen und halbfertige Wäscheberge. Für einmal hatte ich rein gar nichts anzubringen zur Verteidigung unserer alltäglichen Unordnung, der wir uns übrigens sehr wohl entgegenstemmen, auch wenn man kaum etwas sieht von unseren Anstrengungen.

Nun, auch wenn ich meiner eigenen Unordnung überdrüssig bin, ich hätte mich wohl damit abfinden können, dass es bei Nachbars ordentlicher aussieht als bei uns. Klar, auch mir gefällt es besser, wenn sich nicht alles stapelt,  aber wir sind nun mal nicht alle gleich. Dass Dumme ist nur, dass „Meiner“ sich von den aufgeräumten Zimmern sogleich hat inspirieren lassen. Kaum waren wir zu Hause, begann er, das Bücherregal auszumisten, Möbel zu verschieben und Vorträge zu halten, wie einfach es doch wäre, ein bisschen mehr Ordnung zu halten, wir hätten das ja jetzt mit eigenen Augen gesehen. Die Kinder, die sonst selten mit „Meinem“ einig gehen, wenn das Thema Ordnung zur Sprache kommt, pflichteten ihm artig bei. Und somit ist klar, wer an all der Unordnung Schuld ist: Ausgerechnet ich, die ich noch immer die Hauptverantwortung für den Haushalt innehabe. Oder innehätte, wenn ich mich denn nach all den Jahren relativ erfolglosen Haushaltens noch dazu aufraffen könnte, einen neuen Anlauf in Sachen Ordentlichkeit zu nehmen. 

Ich habe eine Weile lang darüber nachgedacht, wie ich mit dem neu erwachten Ordnungsfanatismus meiner Familie umgehen soll. Muss ich mich einfach wieder mehr anstrengen? Oder soll ich vollends resignieren, weil der Kampf ohnehin aussichtslos ist? Ich bin dann zu dem folgenden Schluss gelangt: Sie dürfen liebend gern mehr Ordnung haben, wenn sie das so sehr wünschen. Ich stehe ihnen nicht im Weg, ich verlange nur, dass sie sich aktiver daran beteiligen. Denn so sehr sie nach mehr Ordnung schreien, den grössten Teil der Sauerei mache nicht ich, sondern sie. Und der Postbote, der jeden Tag so viel Papier ins Haus bringt.

7 Gedanken zu “Wer macht hier die Sauerei?

  1. Ich ohne Zeitung? Geht nicht. Bin erstens ein Newsjunkie und zweitens tief in meinem Inneren noch immer ein wenig Journalistin. Die Zeitungsberge bleiben, egal, wie gross die Sauerei ist.

  2. Ähm, zu den ungelesenen Zeitungsbergen muss ich noch was sagen… wir haben darum gar keine Zeitung und darum auch keine Berge:-)Kann ich also empfehlen:-)Und ich vermisse sie auch nicht, ausser wenn die Schuhe mal wieder durchnässt sind:-)

  3. @ Constanze: Und wie lange hast du nach unserem Besuch aufgeräumt? 😉

    @ Papa (der kleinen Chefs): Das ist ganz eifach herauszufinden, denn es ist immer „der Andere“. Wenn ich den endlich zu fassen Kriege, kann er etwas erleben!

  4. Hhmmmm. Also bei beiden Familien ist fast alles gleich. Es gibt nur 2 Unterschiede. Die einen haben Ordnung, die anderen Unordnung. Und: die einen (mit Ordnung) haben 4 Kinder und die anderen (mit Unordnung) haben 5 Kinder.

    Da gibt es doch nur einen Schluss, den man ziehen kann: finde heraus, welches von deinen Kindern eben das eine Kind, welches bei euch für diese unglaubliche Unordnung und Sauerei verantwortlich ist. 😉

  5. Oh nein, im Gegenteil. Es war wunderbar! Schlimm war nur, dass „Meiner“ danach zu Hause sofort angefangen hat, aufzuräumen. Noch schlimmer war, dass er dabei so schrecklich fröhlich war. Vielleicht schenke ich euch einmal ein „Instant-Sauerei-Kit“, mit dem man unaufgeräumte Nachbarn beruhigen kann… 😉
    Und dann natürlich danke für’s Kompliment. Und gleichfalls!

  6. Ou Mist, war’s so schlimm? Nächstes Mal werde ich noch ein paar Dinge auf den Boden schmeissen damits ein bischen besser aussieht… War nämlich kuhl mit Euch! Und übrigens finde ich Euer Haus Eure kids und und Euch toll…äh andere Reihenfolge. Ihr habt Begabungen wo ich nur neidvoll hinterher blicke. Aber jetzt muss ich Schluss machen, hab grad gesehen dass noch was rumliegt:-)

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