Meine kinderlosen Freundinnen sind Gold wert. Mit ihnen kann ich über die Dinge quatschen, die sich außerhalb meiner Mamawelt abspielen. Sie erfahren von mir, was sie ohne Kinder verpassen (und was nicht), ich lerne von ihnen, wie man die Dinge auch noch sehen könnte, wenn man sie nicht immer im Hinblick auf die eigenen Kinder betrachtete. Bei ihnen kann ich auch mal ungehemmt darüber lästern, wie sehr mir der Tanz ums goldene Kind, den manche Mütter veranstalten, auf den Geist geht. Im Gegenzug berichten sie mir schonungslos offen über die Abgründe des „Single-WG-wie soll meine Zukunft aussehen?“-Lebens. Kurzum, sie sind eine echte Bereicherung, diese Frauen.
Was ich hingegen nicht ertragen kann, sind kinderlose Menschen, die Kinder und Teenager nur vom Hörensagen und vor allem aus den Medien kennen und sich dennoch für Experten halten. Menschen, mit denen man solche Gespräche führt (Dieses hier ist übrigens fiktiv, leider aber nicht frei erfunden.):
Ich: „Meine Tochter ist in den Ferien jeweils sehr viel experimentierfreudiger mit ihrem Kleiderstil. Dann trägt sie Dinge, die sie für die Schule nie anziehen würde.“
Mein Gegenüber seufzt tief, legt die Stirn in sorgenvolle Falten und sagt: „Ja, das ist heutzutage einfach schlimm mit diesem Markenwahn. Die Kinder trauen sich ja nicht mehr aus dem Haus, wenn sie nicht die richtigen Klamotten tragen…“
„So habe ich das nicht gemeint“, unterbreche ich, um mir nicht den ganzen Markenkleider-Sermon, den ich inzwischen in- und auswendig kenne, anhören zu müssen. „An unserer Schule ist das eigentlich kein Problem…“
Weiter komme ich nicht, bevor mein Gegenüber ins Wort fällt: „Nein, glaub mir, die Kids leiden richtig. Wenn die die falschen Schuhe an den Füssen haben, werden die verprügelt. Ich habe neulich diesen Artikel gelesen…“
Jetzt ist es an mir, unhöflich zu sein: „Ich weiss, an manchen Schulen läuft das tatsächlich so, aber bei uns schlagen wir uns mit anderen Themen rum. Meine Tochter ist halt jetzt einfach in dem Alter, in dem man nicht auffallen will…“
„Das ist es genau, was ich meine“, unterbricht mich mein Gegenüber schon wieder. „In dem Artikel haben sie diese bekannte Jugendpsychologin zitiert…wie heisst sie nochmal?… Ach, ist ja auch egal, aber auf alle Fälle hat sie gesagt, die Kids wollten auf gar keinen Fall mehr auffallen, weil sie sonst…“
So geht das dann so lange weiter, bis die Person meine Aussage über Luises Kleiderstil so weit zurechtgebogen hat, dass sie als Beleg für die Thesen aus dem Zeitungsartikel herhalten kann. Und bis ich mir überlege, ob ich der Person einen Praktikumsplatz bei uns zu Hause anbieten soll, damit sie mal Kinder und Teenager in freier Wildbahn erleben kann.
Noch Fragen, warum ich solche Menschen nicht zu meinem Freundeskreis zähle?
Solche Äusserungen sind ja vor allem dann schwierig, wenn sie die ganz persönlichen Lebensumstände betreffen. Über Allgemeinplätze können die Leute sagen, was sie wollen, aber in fremde Leben einmischen sollen sie sich nicht. (Zugegeben, auch mir fällt das nicht immer leicht…)
Nun, ich glaube, bei Luise ist das ganz ähnlich wie bei vielen Erwachsenen: Der Alltag ist anders, die Auswahl in den Geschäften ist anders und man bekommt Lust auf Neues.
Ja, Menschen, die alles immer besser wissen wollen, die wird es wohl immer in irgend einer Form geben. 😉 Womöglich haben sie als Teenies genau diese Erfahrungen gemacht und kennen es darum nicht anders? Aber auch egal, viel mehr würden mich persönlich dann aber Luises tatsächliche Beweggründe interessieren, es wir ja wohl einen Grund geben weshalb man „nur“ während den Ferien experimentierfreudiger sein kann/darf/will? 🙂
Herzliche Grüsse
Nicky
Eigentlich gebe ich mir echt Mühe Verständnis für solche Aussagen zu haben. Schliesslich äussere ich mich auch öfters zu Themen, die ich nicht „studiert“ habe.
Letztens kamen wir in der Mittagspause auf Essen und Kinder zu sprechen. Da habe ich erwähnt, dass mein Sohn (4) kaum Fleisch isst und ich selber nahezu auch vegetarisch koche/lebe. Da wollte sie mir erklären, wie schlecht das für meinen Sohn ist, da er gewisse Nährstoffe benötigt und diese auch nicht durch Gemüse oder andere Nahrungsmittel aufnehmen kann.
Und das geht für mich einfach einen Schritt zu weit. Sie darf gerne ihre Meinung äussern, aber mir erklären, was ich zu tun habe, das ist nicht in Ordnung. Ich wusste ich dann auch nicht was ich auf diese, sehr bestimmte, Aussage äussern sollte. Ich glaube, ich bin nicht weiter darauf eingegangen und dann zurück ins Büro…