Prioritäten

Vielleicht hat sich nach meinem gestrigen Beitrag der eine oder die andere LeserIn gefragt, weshalb ausgerechnet ich zuständig sein soll für herumliegendes Spielzeug und partnersuchende Schuhe. Und es stimmt ja auch: Meistens bin nicht ich diejenige, welche die Sachen liegen lässt. Aber es ist nun mal so, dass auch meine Kinder Prioritäten setzen. Und sonderbarerweise steht Aufräumen ziemlich weit unten auf ihrer Prioritätenliste, gleich nach den Posten „Impfungen“, „Zähne ziehen“ und „Rosenkohl essen“. Düstere Aussichten für unseren Haushalt also.

Noch düsterer sieht es aus, wenn man bedenkt, dass Karlsson und Luise mir jetzt schon in den Ohren liegen, sie möchten auch „endlich“ bloggen. Was, wenn wir dereinst alle unser Dasein hinter dem Bildschirm fristen?

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Kein Ende in Sicht

Während die Blogkrise dank der Hilfe von lieben Freunden schon fast durchgestanden ist, spitzt sich die Eisbärenkrise immer mehr zu. So langsam fürchte ich, dass Karlsson sich nicht so leicht wieder auffangen wird, wie man dies von einem Kind in seinem Alter erwarten würde. Den ganzen Tag brütet er vor sich hin und überlegt, wie man sich noch etwas umweltfreundlicher verhalten könnte, womit man die Menschheit von der Falschheit ihres Tuns überzeugen könnte.

An sich ist es ja keine schlechte Sache, wenn sich ein Kind Gedanken macht über die Zukunft unseres Planeten. Doch so langsam nimmt Karlsson extremistische Züge an. So wollte er uns heute tatsächlich verbieten, mit dem Bus in die Stadt zu fahren. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten wir alle, inklusive Prinzchen und Zoowärter, einen einstündigen Fussmarsch auf uns nehmen müssen, nur damit die Eisbären nicht aussterben.

Okay, ich weiss, um die Umwelt zu schützen muss man  bereit sein, etwas von seiner Bequemlichkeit aufzuopfern. Aber genügt es denn fürs Erste nicht, dass „Meiner“ und ich uns vor mehr als einem Jahr bereitwillig von unserem benzinsaufenden, dreckschleudernden Siebenplätzer getrennt haben und seither nur noch höchst selten mit unserem sparsamen Fünfplätzerchen unterwegs sind? Müssen wir jetzt tatsächlich auch noch auf den Bus verzichten? Wenn das so weitergeht mit Karlsson, verlangt er demnächst, dass wir uns in Tierfelle hüllen, in eine Höhle umziehen und uns von Wurzeln, Beeren und Nüssen ernähren.

Hoffentlich geht es den Eisbären bald besser, denn zu so viel Verzicht  bin ich trotz aller Liebe zur Natur nicht bereit.

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Danke für’s Kompliment, Alina

Ich bin schön. Nein, keine Angst, ich verliere nicht ganz allmählich den Bezug zur Realität. Ich bin auch nicht immer zufrieden, wenn ich in den Spiegel schaue. Und ich gehöre jetzt auch nicht zu den Frauen, die jedem Dahergelaufnen von ihrer „inneren Schönheit“ vorschwärmen. Aber wenn die kleine Alina, die eben erst „vieri gsii“ ist, im Schwimmbad eigens ihre Mutter herholen muss, damit sie „diese schöne Frau“ bewundern kann, darf man sich  für einmal schon geschmeichelt fühlen. Gerade weil das Ganze im Schwimmbad passiert ist, wo  Mängel besonders schonungslos aufgedeckt werden. Und wo meine eigenen Kinder erbarmungslos darauf hinweisen, dass es auf meinen Oberschenkeln „so komische Streifen“, an meinem Bauch „so dicke Falten“ hat. Da tut es doch einfach gut, dass die kleine Alina über all dies hinweg sieht und so hingerissen ist von meiner „Schönheit“, dass sie keine Gelegenheit auslässt, um noch etwas länger in meiner Nähe zu sein.

Sollte ich mich je wieder hässlich fühlen, denke ich in Zukunft einfach an Alina.

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Freitagmorgen

Freitagmorgen, fünf vor acht, alle fünf Venditti-Kinder sind geputzt, gestriegelt und satt, das Prinzchen gebadet, gewickelt und schon wieder im Land der Träume, die Mama frisch geduscht und noch ohne Flecken auf dem T-Shirt. Eine echte Leistung! Und das alles in nur vierzig Minuten. Im Vergleich zu mir ist Usain Bolt eine lahme Ente. An so einem Tag kann doch einfach nichts mehr schief gehen?

Aber klar doch. Alles was es braucht, ist ein Gewitter pünktlich um acht und schon ist die ganze Sache im Eimer. Nun gut, immerhin sind Karlsson und Luise bereits auf dem Schulweg als es losgeht, somit hat’s wenigstens bei Zweien geklappt mit geputzt, gestriegelt, satt und pünktlich. Wenn man mal davon absieht, dass die Beiden wohl vollkommen durchnässt in der Schule ankommen werden… Aber eben, die richtige Action spielt sich, wie immer, zu Hause ab. Als der FeuerwehrRitterRömerPirat sieht, dass es aus Kübeln giesst, zieht er den richtigen Schluss und holt Gummistiefel für sich und den Zoowärter. Braves Kind. So brav, dass er auch gleich darauf besteht, dass man nicht ohne Socken in Gummistiefel schlüpft und sei die Mama noch so dagegen, dass man jetzt wegen eines Paars blöder Socken – Socken sind immer blöd –  den ganzen Erfolg aufs Spiel setzt.

Der FeuerwehrRitterRömerPirat bleibt hart, die Socken werden angezogen, die Mama macht sich derweil auf die Suche nach Regenschirmen. Der Erste ist kaputt, der Zweite klemmt, der Dritte ist rosarot. Und mit einem rosaroten Regenschirm geht der FeuerwehrRitterRömerPirat, dieser kleine Macho, nicht aus dem Haus. Das gleiche Kind, das vor wenigen Augenblicken noch darauf bestanden hat, bei Regenwetter alles richtig zu machen, will nicht begreifen, dass es für die Perfektion auch einen Schirm braucht. Und wenn der FeuerwehrRitterRömerPirat keinen Schirm will, will der Zoowärter auch keinen. Aber bis der Zoowärter ohne Schirm allen Schnecken auf der Strasse Guten Tag gesagt haben wird, wird das Kind nass sein bis auf die Knochen. Da bleibt er doch besser bei der Grossmutter währenddem ich den FeuerwehrRitterRömerPiraten in den Kindergarten begleite. Bei der Grossmutter will der Zoowärter heute aber ausnahmsweise mal nicht bleiben, auch nicht für fünf Minuten. Es gibt ein Gebrüll, Mama verliert die Nerven und der FeuerwehrRitterRömerPirat nutzt die Gelegenheit, sich derweil mit Gummistiefeln aber ohne Regenschirm im Garten zu verstecken. Und zwar so gut, dass ich ihn erst finde, nachdem ich so laut nach ihm gerufen habe, dass das ganze Quartier weiss, dass die Alte Venditti heute Morgen ihre Kleinen mal wieder nicht im Griff hat. Dabei hatte doch alles so gut angefangen…

Endlich habe ich die beiden soweit, dass wir gehen können. Weil jetzt ohnehin alles vermasselt ist, können wir auch gleich das Auto nehmen. Ist der Ruf erst ruiniert, … Ausserdem habe ich nach all dem Theater keine Lust, auch noch tropfnass zu werden.

Himmel, wann endlich werden diese Gewitter am Freitagmorgen verboten?!

Karriere

Das neue Schuljahr bringt neben neuen Lehrerinnen, neuen Stundenplänen und neuem Schulmaterial auch eine neue Rollenteilung mit sich, zumindest am Dienstag. Dieser Tag gehört ab sofort mir und meiner „Berufstätigkeit“, zumindest, wenn Luise nicht wegen eines unglücklichen Kopfsturzes frühzeitig aus der Schule nach Hause kommt. Am Vormittag sind die Kinder ausser Hauses, am Nachmittag schmeisst „Meiner“ den Laden und ich gehe meiner ach so wichtigen „Arbeit“ nach und tue so, als ob ich von all dem Trubel zu Hause nichts mitbekäme, obschon ich natürlich alles höre. Es liegt ja auch bloss eine Bürotür zwischen mir und meinem Alltag. Doch egal, wie laut das Gebrüll auf der anderen Seite der Tür auch sein mag, es geht mich nichts an. Soviel Ausblenden muss nach fast neun Jahren Mutterschaft einfach möglich sein.

Weil ich aber weiss, wie nervenaufreibend solche Nachmittage mit fünf Kindern sind und wie gut es tut, ausgiebig zu jammern, höre ich geduldig zu, als mir „Meiner“ abends ausführlich schildert, was ihn so alles auf die Palme gebracht hat. Er erzählt mir des Langen und Breiten von einem mühsamen Spaziergang mit drei widerspenstigen Venditti-Kindern. Insgeheim warte ich darauf, dass er endlich auf den Punkt kommt und mir erzählt, was daran soooooo schlimm war. Aber es kommt nur das Übliche: Der FeuerwehrRitterRömerPirat wollte um alles in der Welt den Kinderwagen schieben, was aber gehörig daneben ging, weshalb „Meiner“ nicht vom Fleck kam. Derweil rannte der Zoowärter auf die Kreuzung zu und liess sich durch keine väterliche Ermahnung bremsen. All das hat dazu geführt, dass der ganze Trupp zu spät nach Hause kam, weshalb das Abendessen nicht rechtzeitig auf dem Tisch stand, die Küche im Chaos unterging und Karlsson nicht Geige üben konnte. Weitere Details sind mir entfallen, aber klar ist: Es war der ganz normale Wahnsinn, mit dem ich mich tagtäglich herumschlage. Deshalb konnte  ich nicht anders, als irgendwann in schallendes Gelächter auszubrechen.

Was ist denn nur mit „Meinem“ los? Der gute Mann hat schon mindestens so viele Windeln gewechselt wie ich, ist nachts wohl noch häufiger aufgestanden als ich, ist schon vier Tage alleine mit vier Kindern in die Ferien gefahren und hat sie jahrelang abends alleine zu Bett gebracht, währenddem ich mich darum bemühte, meinen Englischschülern das „s“ in der dritten Person Singular einzuprügeln. So einen Mann haut doch nichts mehr aus den Socken, nicht wahr? Leider doch wahr: Der ganz normale (Schul)alltag mit den Kindern ist eben noch eine Stufe anspruchsvoller als all das, was „Meiner“ bis anhin geleistet hat.

Bin ich nicht nett, dass ich „Meinem“ diesen Karriereschritt ermögliche?

Lesen Sie die Packungsbeilage

Sonderbar sind sie ja schon, die Kinder. Man nehme zum Beispiel die Frage, ob man den Leuchtstreifen über oder unter der Kindergartentasche trägt. Eine Bagatelle? Denkste! Luise zum Beispiel legte während ihrer ganzen Kindergartenzeit äussersten Wert darauf, den Leuchtstreifen über allen anderen Trägern zu tragen. Egal, was noch alles dazu kam,  – Kindergartentasche, Posttasche, Bibliotheksmappe, Turnsack und tausend andere Dinge,  – der Leuchtstreifen kam drüber „weil mich sonst die Autofahrer nicht sehen“, so Luise. Wenn Mama jetzt meint, beim FeuerwehrRitterRömerPiraten bleibe alles gleich, so irrt sie gewaltig. Denn was für Luise stimmte, stimmt für den FeuerwehrRitterRömerPiraten keinesfalls. Der Leuchtstreifen gehört unter alle anderen Träger und Riemen, verstanden? Und er nimmt die Sache so ernst, als ginge es um die Frage, ob er von den Zucchini auch probieren muss oder ob sein Freund heute zu uns kommt oder ob er zu ihm geht.

Oder nehmen wir den Zoowärter. Für Mama ist es klar, dass es am ersten Spielgruppentag Tränen geben wird. Gibt es auch. Aber erst, als der Zoowärter abgeholt wird. Alle anderen Kinder heulen Rotz und Wasser wenn die Mama oder der Papa sie alleine in der Spielgruppe lassen wollen. Der Zoowärter heult zum Steinerweichen, wenn er nach Hause gehen muss. Was sagt das über meine Beliebtheit?

Während ich die Eigenarten dieser drei Kinder einfach so akzeptieren muss, habe ich für Karlssons Macken endlich eine Erklärung gefunden und zwar aus reinem Zufall, als ich auf dem WC nichts zum Lesen dabei hatte und deshalb die Packungsbeilage von Karlssons Asthma-Medikament durchlesen musste. Das Medikament könne neben so harmlosen Nebenwirkungen wie Schwellungen des Gesichts oder Hepatitis auch  zu abnormen Träumen, Halluzinationen, Reizbarkeit, aggressivem Verhalten, Ruhelosigkeit und Schlaflosigkeit führen. Was, mal abgesehen von den Halluzinationen, so ziemlich jeden Konflikt, den wir in den letzten Tagen hatten, erklären würde. Kein Grund zur Sorge also. Nur falls Karlsson andere als die rund fünfzig aufgeführten Nebenwirkungen verspüren sollte, müsse ich mich an einen Arzt wenden. Sollte der Junge also plötzlich keine Türen mehr knallen, nicht mehr brüllen wenn er wütend wird und zu allem, was Mama verlangt ja und amen sagen, werde ich mich unverzüglich bei der Kinderärztin melden müssen.

Und plötzlich ist er wieder drei…

Was bin ich doch naiv! Da glaube ich immer noch, ein Kind werde von Tag zu Tag selbständiger, von Woche zu Woche vernünftiger, von Monat zu Monat weiser. Und dann reibe ich mir verwundert die Augen, wenn der fast neunjährige Karlsson plötzlich wieder drei ist. Wenn er ein Gebrüll macht, weil Mama und Papa sich erfrecht haben, die Taralli aufzuessen. Wenn er die Türen knallt, bloss weil er seine Sandalen verlegt hat. Wenn er einen Tobsuchtanfall bekommt, weil er abends nach dem Zähneputzen keine Birne mehr essen darf. Fehlt nur noch, dass er sich in der Migros wütend auf dem Boden hin und her wälzt und wir befinden uns wieder mitten im finstersten Trotzalter, das wir doch schon längst überwunden geglaubt hatten. Zumindest bei Karlsson.

Eigentlich hätten wir es ja wissen müssen. All das Gerede von regressiven Phasen und dergleichen ist uns bestens bekannt. Aber was im Erziehungsratgeber so einfach  klingt, – nicht zu viel Aufhebens machen darum, das Kind nicht lächerlich machen, Verständnis zeigen, – ist gar nicht immer so leicht. Die Ruhe bewahren, wenn Karlsson am Sonntagmorgen mit seinem Gebrüll die halbe Nachbarschaft weckt, weil er zwar Bus fahren will, nicht aber auf eigenen Füssen zur Bushaltestelle gelangen will? Aber natürlich zeigen wir Verständnis! Auch wenn die ersten verärgerten Nachbarn hinter dem Vorhang hervorlugen. Die Nerven nicht verlieren, weil ein Glas durch die Küche fliegt? Ist doch kein Problem, das Kind muss eben seinen Frust loswerden! Auch wenn dabei Leib und Leben der halben Familie gefährdet ist?

Es ist ja verständlich, dass ein Lehrerwechsel für Karlsson so wichtig ist wie für uns ein Stellenwechsel. Aber muss er denn gleich so wild werden? Immerhin schmeisst Mama auch nicht mit Gläsern, wenn sie sich in einer regressiven Phase befindet – zumindest nicht, wenn die Kinder dabei sind…

Serenade

Der Zoowärter kann nicht einschlafen. Und wenn er nicht einschlafen kann, sorgt er dafür, dass auch keines seiner Geschwister zur Ruhe kommt. Sonst hat er ja niemanden zum Spielen. Damit dennoch endlich Stille herrscht in den Kinderzimmern, hole ich ihn zu mir auf den Balkon. Wir betrachten den wolkenlosen Abendhimmel, schauen zu, wie ein paar Vögel ihre Kreise ziehen, staunen darüber, wie die Sterne zu leuchten beginnen. Und bald schon singen wir Schlaflieder. Eine Sternstunde wie sie im Bilderbuch steht, einer jener Momente, die das Muttersein zur schönsten Sache auf der Welt machen, an Romantik nicht zu übertreffen.

Wo gesungen wird, ist auch Karlsson nicht weit und schon bald sitze ich mit zwei Söhnen auf dem Balkon und geniesse den Feierabend. Es dauert nicht lange, da steht auch Luise da und wenn der FeuerwehrRitterRömerPirat nicht schon längst im Land der Träume wäre, liesse auch er nicht lange auf sich warten. Jedes Kind bringt seine Liederwünsche an und ich bin mir nicht zu schade „S Ramseiers wei go grase“, „Jesus hät mi lieb“ und „Schlaf mein Kind ich wieg dich leise“ in die Abenddämmerung hinaus zu singen. Ist mir doch egal, was die Nachbarn denken. Nur wenn der Zoowärter „das vo de Chue“ verlangt, stelle ich mich taub. „Mir Senne heis luschtig“ singe ich nämlich nur hinter schalldichten Wänden, und wenn mich die Kinder auf Knien anflehen.

Je länger die Serenade dauert, desto unromantischer werden die Liederwünsche. Spätestens bei „Es wott es Fraueli z Märit ga“ kippt die Stimmung. Was die Kinder alles kennen ist erschreckend: „Lustig ist das Zigeunerleben“, „Das alte Haus von Rocky Docky“ und „An den Ufern des Mexico Rivers“. Wenn ich den Kerl erwische, der unseren Kindern diese Schweinereien beigebracht hat… Zum Glück kann ich so tun, als wüsste ich die Texte nicht mehr. Jetzt aber schnell ab ins Bett mit den Knöpfen, bevor sie noch Schlimmeres wünschen! Sonst wähnen sich die Nachbarn gegenüber im Musikanten Stadl und beginnen zu schunkeln.

Was bin ich doch für ein toleranter Mensch…

Okay, vielleicht habe ich meinen Mund etwas voll genommen, als ich vor ein paar Tage an dieser Stelle forderte, wir Mütter sollten einander leben lassen, egal, ob wir nun vollzeitlich zu Hause sind oder ob wir einer bezahlten Arbeit nachgehen. Denn was schiesst mir als Erstes durch den Kopf, als mir heute eine Mutter mit leuchtenden Augen erzählt, wie erfüllend es doch sei, den lieben langen Tag mit den Kindern zu Hause zu sein? Was genau ich gedacht habe, behalte ich lieber für mich, denn es war nicht besonders nett, aber es ging so in Richtung: „Armes Muttchen…“. Ja, so tolerant bin ich, wenn  das Programm „Jeder muss selber wissen, was richtig ist für seine Familie“ wieder mal ausgestiegen ist. Immerhin verkneife ich mir die dummen Bemerkungen.

Überhaupt: Was hätte ich denn schon zu sagen? Dass ich eigentlich gar nicht Vollzeithausfrau wäre, wenn da nicht diese doofe Wirtschaftskrise wäre? Dass ich schon ganz interessante Projekte auf die Beine gestellt hätte, wenn ich mich besser verkaufen könnte? Dass „Meiner“ und ich eine sehr moderne Rollenteilung leben würden, wenn wir nicht durch ein paar Fehlentscheide in unserer sehr altmodischen Rollenteilung festgefahren wären? Vermutlich liegt es gerade an diesem „hätte, wäre, würde“, dass mich glückliche Vollzeithausfrauen zuweilen so auf die Palme bringen. Denn jede glückliche Vollzeithausfrau führt mir vor Augen, dass sie mit etwas zufrieden sein kann, was mich in tiefste Unzufriedenheit stürzt.

Ach ja, wenn wir schon beim Geständnis sind: Es treibt mich auch auf die Palme, wenn ein Mann sagt, die Küche sei das Reich seiner Frau, das Esszimmer Seines. Habe ich heute auch gehört. Aber  mit solch hoffnungslosen Fällen beschäftige ich mich lieber nicht zu lange, sonst geht meine christliche Nächstenliebe endgültig flöten…

Arme kleine Eismaschine

Okay, das teuerste Modell habe ich ja nicht bestellt. Aber dass die neue Eismaschine zumindest so lange funktioniert, bis das Budget ein Qualitätsprodukt zulässt, hätte man schon erwarten können. Doch nichts gewesen. Das Ding tut keinen Wank, egal wie oft ich die Gebrauchsanweisung durchlese. Schliesslich greife ich zum Telefon und beschwere mich beim Versandhaus. Freundlich weise ich die Telefonistin darauf hin, dass ich erwartet hätte, ein funktionierendes Gerät geliefert zu bekommen. Ob ich denn nicht wüsste, dass man ein Gerät nach der Lieferung zehn Stunden lang nicht in Betrieb nehmen dürfe, werde ich ziemlich unfreundlich und von oben herab belehrt. „Das Gerät ist nicht mehr in seinem Element, es muss sich an die neue Umgebung gewöhnen“, erklärt man mir. Ach so, Haushaltgeräte sind neuerdings sensibel.

Vielleicht ist die Eismaschine ja wirklich leicht überfordert mit dem Trubel bei Vendittis. Wäre es besser gewesen, ich hätte sie nicht in Anwesenheit des völlig aufgeregten Zoowärters ausgepackt? Der Junge konnte es kaum erwarten, das geheimnisvolle Ding zu sehen.  Habe ich sie vielleicht zu sehr erschreckt? Sorgfältig lege ich das Sensibelchen auf die Fensterbank und wache den ganzen Tag sorgsam darüber, dass ihm niemand etwas zuleide tut. Erst nachdem die zehn Stunden um sind, wage ich es, das Gerät wieder zu testen. Noch immer läuft nichts. War der Schock zu gross? Ich weiss gar nicht, was ich jetzt tun soll. Ist es besser, das Gerät zurückzuschicken, oder soll ich uns alle gleich morgen früh zur Familientherapie anmelden?