Vor die Füsse geknallt

Kinder können einen ja schon manchmal überrumpeln. Da sitzt du nichts Böses ahnend keuchend, schniefend und mit brummendem Schädel spätabends auf dem Sofa, als sie plötzlich angerannt kommen, völlig aufgedreht und überglücklich, weil sie zu später Stunde – sie haben noch Schulferien – in einem entlegenen Winkel des Estrichs gestöbert haben und dabei auf Relikte aus deiner Vergangenheit gestossen sind. Diese Relikte knallen sie jetzt kommentarlos vor dich hin, entschwinden kichernd in ihr kindliches Universum und lassen dich alleine …

…mit deinem Poesiealbum aus Kindertagen. Jawohl, so eines, in das man Bilder malte und sinnvolle Sprüche wie diesen hier schrieb: „Bist du heiter, trag es weiter. Drückt dich ein Stein, trag ihn allein. <3“ Das waren vielleicht noch Liebesbezeugungen damals!

…mit einem Kündigungsschreiben, das die Erinnerung an den Tag lebendig werden lässt, an dem du mit der neugeborenen Luise im Arm im Spital ans Telefon gerufen wurdest, wo man dir mitteilte, dass dein Job gestrichen wird.

…mit einem fünfseitigen, fiktiven, vor Bitterkeit triefenden Brief an die Schwiegermama, den du mal auf Geheiss einer Seelsorgerin verfasst hast, um wenigstens so zu tun, als könntest du der Frau, die deinen Mann geboren hat, all das, was dich verletzt hat, an den Kopf werfen.

…mit einem Foto einer Weiterbildungsgruppe, auf dem du genau zwei Personen erkennst: Dich selber und die komplett unbegabte Dozentin, die glaubte, sie könne andere Menschen darin unterrichten, wie man richtig unterrichtet.

…mit der Todesanzeige eines geliebten Menschen.

…mit dem Impfausweis, den du schon oft hättest vorweisen müssen, von dem du aber nicht mal gewusst hättest, wo du zu suchen anfangen müsstest, um ihn wieder zu finden. Der Impfausweis, der noch die Unterschrift des unfreundlichen Arztes trägt, zu dem du Gott sei Dank nur dann geschleppt wurdest, wenn wirklich keine Hausmittel mehr halfen und deine Mutter dein ewiges Gejammer allmählich satt hatte.

…mit einem zerknitterten Blatt Papier, auf dem du kurz nach der oben genannten Kündigung deine kurz- mittel- und langfristigen Ziele notiert hast. Ziele, für die du heute nur noch ein müdes Lächeln übrig hast.

…mit Karten von lieben Menschen, die dir überschwänglich für gute Taten danken, an die du nicht die leiseste Erinnerung hast.

… mit einem Kalligraphie-Bild, das schon längst seinen Rahmen verloren hat, aber immer noch in wunderbaren Worten eine Freundschaft besingt, die aufgrund der Distanz leider schon längst erloschen ist.

… mit einem Quartalsplan aus dem Kirchenvorstand, dem du vor Jahren, als du eigentlich keine Zeit für solche Dinge gehabt hättest, einmal angehört hast. Ein Papier, das in dir noch einmal die Frage aufkommen lässt, warum du dort mitgemacht hast, wo es doch so vieles gab, hinter dem du nicht stehen konntest.

… mit einer auf Aluminium aufgezogenen Fotografie aus Teenagertagen, die eines deiner Geschwister nur darum hatte vergrössern lassen, weil er oder sie wusste, dass du deswegen an die Decke gehen würdest.

…mit ein paar Liebesbriefen von „Deinem“, einer davon noch mit „Fräulein“ adressiert.

…mit einem Couvert voller Bea-Punkte, auf die du damals, als du noch viele Spielsachen kaufen musstest, ganz wild warst, die eine ehemalige Arbeitskollegin dir aber offenbar erst dann hat zukommen lassen, als du schon mehr als genug davon hattest. (Der Vorrat, den du dir damals angelegt hast, ist bis heute nicht aufgebraucht.)

Tja, und dann sitzt du also da, möchtest eigentlich nichts weiter tun, als deine Grippe zu hätscheln. Stattdessen drehst und wendest du die Erinnerungen, die sie dir vor die Füsse geknallt haben und fragst dich, ob die Zeit schon reif ist, sie zu glorifizieren, oder ob du sie noch eine Weile in den Estrich zurück verbannen sollst, wo sie unbeobachtet heranreifen können.

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„Meiner“ wird das nie verstehen

Da kommst du nach einem langen Arbeitstag nach Hause und nichts ist, wie es gewesen war, als du am Morgen das Haus verlassen hattest. Das Wohnzimmer leer, der Fernseher im Flur, der Esstisch fast im Erker und dort, wo der Esstisch gewöhnlich steht, das Sofa, völlig quer in der Landschaft, umgeben von einigen Kleinmöbeln, über die du klettern müsstest, um dir eine Banane aus der Obstschale zu angeln. Dazu dieser alles durchdringende Geruch von Möbelpolitur, der deinen von den langen Stunden am Computer bereits benebelten Kopf noch ein wenig nebliger werden lässt. Und in diesem Zustand solltest du auch noch in der Lage sein, mit „Deinem“ darüber zu diskutieren, wo das Sofa hinkommen soll, nachdem der Fussboden die penetrant stinkende Politur in sich aufgesogen hat.

„Meiner“ wird nie verstehen, wie sehr mich ein solches freiwillig herbeigeführtes Chaos überfordert, denn er wird es nie erleben, dass ich mir ein derartiges Projekt aufhalse, wenn ich den ganzen Tag mit der Horde alleine bin. Mir reicht es ja vollauf, mit meinen beiden viel zu kleinen Händen den viel zu überladenen Alltag im Griff zu behalten.

Und wenn ihr das Geheimnis brav für euch behaltet, wird er auch nie erfahren, wie sehr ich ihn insgeheim für seinen Mut bewundere.

Ihr solltet ihm das wirklich nicht verraten, sonst wird er übermütig und dann sieht es nächstes Mal, wenn ich den ganzen Tag auswärts arbeite, noch viel schlimmer aus, wenn ich nach Hause komme.

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Die Leiden eines Home Office Computers

Da gehen wir also zusammen zur Sitzung, meine Besitzerin und ich, der Computer, auf dem die meisten dieser Texte entstehen. Ich bin ja so ein richtiges Home Office-Gerät, eines, dem man ansieht, dass sie sich mal mit ihrem Frühstück vor mich hinsetzt, mal neben dem Kochherd ein paar Mails checkt, mal die Kinder neben mir basteln lässt. Eigentlich bin ich ja wirklich stolz auf diese Spuren, mich dünkt, sie unterstreichen meine Wandlungsfähigkeit, aber das, was sie mir heute angetan hat, führt zu weit. 

Da macht sie sich also für diese Sitzung bereit, stellt sich unter die Dusche, sucht sich die saubersten Klamotten aus dem Schrank, anstatt bis kurz vor Mittag im Pyjama vor mir rumzuhängen, steckt sich einen halbwegs zur Kleidung passenden Ring an den Finger und schmiert sich gar mit Lippenstift voll, obschon sie von solchen Dingen nun wirklich keine Ahnung hat. Ich sitze daneben, schaue zu und denke, sie werde sich jetzt dann gleich mit dem Lappen an mir zu schaffen machen, weil wir ja schliesslich gemeinsam aus dem Haus gehen und einen guten Eindruck machen sollen. Aber sie tut nichts dergleichen, packt mich nur zusammen mit dem von der Babykatze angenagten Kabel in eine lausige Stofftasche und rennt zum Bahnhof. 

Tja, und im Sitzungszimmer stehe ich dann natürlich wieder blöd da mit meinen Krümeln zwischen den Tasten, den Fingerabdrücken und den Kaffeespritzern auf dem Bildschirm und dem undefinierbaren, eingetrockneten Zeugs auf dem Gehäuse. Zu Hause macht mir das ja wie gesagt nichts aus, aber hier in diesem piekfeinen Sitzungszimmer in Gesellschaft all dieser anderen Geräte ist mir das schon etwas peinlich. Meiner Besitzerin offenbar auch, denn sie fängt vor den Augen aller anderen damit an, wild an mir herum zu putzen und verschmiert dabei nur die Kaffeespritzer. Sie macht sich mit den Krümeln zu schaffen, kratzt Spuren vom Gehäuse und in mir steigt die Angst hoch, dass sie mir demnächst mit Spucke zu Leibe rückt, aber das traut sie sich Gott sei Dank nicht in dieser Umgebung. 

Am liebsten hätte ich mich an ihr gerächt, einen gewaltigen Absturz produziert oder mitten im Meeting irgend einen peinlichen Song aus der Playlist zum besten gegeben, aber   so etwas verbietet mir mein Arbeitsethos. Natürlich aber habe ich es mir nicht nehmen lassen, mit den anderen im Raum anwesenden Geräten so richtig vom Leder zu ziehen, als die Sitzungsteilnehmer in die Mittagspause verschwanden. Meine Kolleginnen behaupteten doch tatsächlich, ihnen ginge es keinen Deut besser als mir, aber ich weiss nicht, ob sie das nur gesagt haben, damit ich mich besser fühle. Mein Bildschirm war nämlich vor lauter Fingerabdrücken so blind, dass ich an den anderen nicht die geringsten Home Office-Spuren erkennen konnte. 

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Sonntagsarbeit

Wenn man bedenkt, dass ich nicht nur christlich und links bin, sondern auch noch ganz und gar gegen Kinderarbeit, dann war es wohl ziemlich daneben, sonntags in der Abenddämmerung mit dem FeuerwehrRitterRömerPiraten, dem Zoowärter und dem Prinzchen im Garten zu arbeiten. Aber Himmel, war das ein Vergnügen, im Eilzugstempo siebenhundert alte Verbundsteine aus dem Boden zu holen, um mehr Platz für die Natur zu schaffen. Viel lustiger als spielen sei das, fanden meine Söhne, ob wir nicht gleich noch den ganzen Vorplatz abdecken könnten. Das konnten wir leider nicht, denn der muss bis nächstes oder übernächstes Jahr bleiben, auch wenn er nicht minder hässlich ist als der Weg, den wir freigelegt haben. Weil ich im Oktober trotzdem guten Gewissens links wählen will, entlöhnte ich meine Mitarbeiter fürstlich und ich hielt mich dabei gar an das biblische Gleichnis, in dem der jeder Arbeiter gleich viel bekommt, egal wie spät er sich zur Arbeit meldet. 

Okay, ich geb’s ja zu, das mit der Lohngleichheit tat ich vor allem, um zu verhindern, dass der ganz und gar friedliche Arbeitseinsatz in Tränen endet. 

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ÖV-Eindrücke

Nach einer längeren Pause war ich heute mal wieder ganz alleine mit dem Zug unterwegs und wie immer, wenn ich ohne Begleitung unter Menschen bin, habe ich ein paar Eindrücke gesammelt:

  • Wenn eine Vierzigjährige im Bus pausenlos in voller Lautstärke „Meins! Meins!“ und „Bananaaa!“ kräht und sich selber ganz furchtbar witzig findet, wünschte ich mir, ich hätte Zoowärters Plüsch-Minion zur Hand, um ihr damit das Maul zu stopfen. 
  • Eine Mutter, die zu ihren Kind sagt: „Nein, Stefanie, du trägst deinen Rucksack selber, so, wie wir das vorhin vereinbart haben. Du musst dich an unsere Abmachung halten“, dürfte eigentlich nicht so aussehen, als wäre sie ein Hippie.
  • Väter, die während der Stosszeiten mit ihren Kleinkindern durch den Bahnhof hetzen und laut werden, weil etwas schief gelaufen ist, werden ebenso schräg angesehen wie Mütter, die während der Stosszeiten mit ihren Kleinkindern durch den Bahnhof hetzen und laut werden, weil etwas schief gelaufen ist. Wenigstens in einer Sache werden Männer genau gleich behandelt wie Frauen. 
  • Was hilft es eigentlich, wenn die einem in sämtlichen Journalismuslehrgängen beibringen, es müsse heissen „Die SBB sind…“ und „Die SBB haben….“, wenn es bei der Begrüssung im Zug heisst: „Die SBB begrüsst Sie…“?
  • Wer nicht mehr zum Pendlervolk gehört, verlernt ein paar wichtige Dinge. Zum Beispiel, ein Sandwich zu essen, wenn man dicht an dicht in ein Viererabteil gepfercht ist.

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Weider mal so ein Home-Office-Morgen…

Der erste Satz des Tages hätte mich eigentlich vorwarnen sollen: „Da sind Maden im Abfallsack!“ Mehr bräuchte ein Mensch ja wirklich nicht zu hören, um zu wissen, dass er den Tag gar nicht erst in Angriff zu nehmen braucht, sondern sich am besten gleich die Decke über den Kopf zieht und weiterschläft. Krankhaft naiv, wie ich nun mal bin, kroch ich trotzdem aus dem Bett und half „Meinem“, dem Ungeziefer den Garaus zu machen. Noch irgendwelche Fragen, weshalb ich den Rest des Tages für einmal nicht barfuss, sondern mit Schuhen an den Füssen im Haus unterwegs war?

Nach den Maden kam der Telefontechniker, der sich der „Fremdspannung“ annahm, die für mehrere Tage unser Telefon lahm gelegt hatte. Na ja, ich behaupte ja, die Telefongesellschaft habe das mit der Fremdspannung mit Absicht gemacht, weil ich die Hotline schon so lange nicht mehr angerufen habe und die mir doch endlich das neue TV-Internet-Festnetz-Handy-Sparpaket andrehen wollten, aber beweisen kann ich natürlich nichts. Der Techniker kam also, behob den Mangel und rauschte wieder ab.

Ich hätte die Zeit seiner Anwesenheit ja dazu genützt, das Mittagessen in den Slow Cooker zu schmeissen, wenn denn nicht eine gewisse Diskrepanz bestanden hätte zwischen dem Menüplan und den real existierenden Lebensmittelvorräten im Kühlschrank. Also kam vor der Arbeit noch die Migros und nach der Migros kam nicht die Arbeit, sondern der Stromausfall. Und weil ich glaubte, die Ursache des Stromausfalls wäre beim Sicherungskasten zu finden, begab ich mich eben treppab in den Keller, anstatt treppauf ins Büro. Im Keller war aber kein Stromausfall zu finden, dafür dichter Rauch, der Gott sei Dank nicht aus dem Heizungskeller drang, wie ich zuerst befürchtet hatte, sondern von draussen in den Heizungskeller geweht wurde. Ich folgte also meiner Nase in den Garten und landete schliesslich bei der Feuerstelle, wo noch immer einer der Wurzelstöcke, die „Meiner“ gestern in Brand gesetzt hatte, vor sich hin rauchte. 

Also keine Feuerwehrübgung, dafür aber eine Rettungsaktion in der Küche, denn der Slow Cooker fand das mit dem Stromausfall ganz und gar nicht lustig und weigerte sich rundheraus, dort weiterzumachen, wo er aufgehört hatte, als der Strom wieder da war. Und das wiederum hatte zur Folge, dass „Meiner“ mich mit einem vorwurfsvollen „Was hast du am Herd zu suchen, du solltest doch arbeiten?“ begrüsste, als er am Mittag nach Hause kam und mich in der Pfanne rühren sah. 

Hab doch gesagt, es wäre besser gewesen, im Bett zu bleiben…

mademoiselle orsay; prettyvenditti.jetzt

mademoiselle orsay; prettyvenditti.jetzt

Alles nur eine Frage der Disziplin?

Montag backen, Dienstag arbeiten, Mittwoch Garten, Donnerstag arbeiten, Freitag putzen – So ist das geplant und so habe ich das in den vergangenen zehn Tagen auch mehr oder weniger durchgezogen. „Ist es am Ende doch nur eine Frage der Disziplin, ob man es schafft, die Dinge zu tun, die man sich vorgenommen hat?“, fragte ich mich selbst heute früh, als ich mal kurz meinem Spiegelbild begegnete. Mein Spiegelbild zog die Augenbrauen hoch. „Hast du die Sache mit Schwiegermama schon wieder vergessen?“, fragte es mich. „Und die Lehrerin, die dich fast jeden Mittwochvormittag angerufen hat, weil der FeuerwehrRitterRömerPirat über Bauchweh klagte? Und Luise, die so viel krank war? Und deine eigenen Käferchen? Und all die Stundenplanänderungen? Und…“ „Schon gut“, unterbrach ich ungeduldig, denn im Garten warteten ein paar hartnäckige Wurzeln auf mich, „ich habe verstanden: Solange alles mehr oder weniger rund läuft, ist es eine Frage der Disziplin, aber wenn Schwiegermütter, Lehrerinnen und Käfer die Finger im Spiel haben, kann ich wollen, soviel ich will, es wird trotzdem nicht klappen.“ „Schlaues Mädchen“, antwortete mein Spiegelbild. Jetzt war es an mir, die Augenbrauen hochzuziehen. „Mädchen? Hast du uns zwei in letzter Zeit schon mal etwas genauer angesehen?“ „Wie sollte ich?“, fragte mein Spiegelbild zurück, „du rennst ja andauernd wie ein aufgescheuchtes Huhn durch Haus und Garten, da bekomme ich dich kaum je zu Gesicht.“ „Ach ja, ich soll hier vor dem Spiegel rumhängen, wenn meinen Plänen endlich mal nichts im Wege steht?“, raunzte ich. „Und wenn ich dir das nächste Mal begegne, wirfst du mir vor, ich sei ein undiszipliniertes Miststück, das nichts auf die Reihe kriegt.“ Eine Antwort wartete ich nicht mehr ab, denn die Wurzeln brauchten mich jetzt wirklich. Man weiss schliesslich nie, wann der nächste Käfer kommt… 

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Global trading oder so

Neulich reiste eine Freundin in die Ferien und damit mir während ihrer Abwesenheit nicht allzu langweilig würde, überliess sie mir ihren Slow Cooler zum Spielen. Wir zwei verstanden uns ganz prächtig und als der Kleine mir erklärte, wie ich dank seiner Hilfe endlich mal ganze Tage ungestört durcharbeiten könnte, ohne dass meine Lieben deswegen verhungern, beschloss ich, im Küchenschrank einen permanenten Platz für einen seiner Brüder freizuschaufeln. 

Nun versuche ich aber, ein kritisch denkender Mensch zu sein und so machte ich mich vor dem Kauf im Internet kundig, wie es denn um die Energieeffizienz des Topfes stünde. „Ganz in Ordnung“, meinten die Experten mehr oder weniger einstimmig, „noch besser aber wäre ein Thermal Cooker.“ Was das sei, wollte ich wissen und nach langem Suchen rückte das www dann endlich raus. Das sei so ein Ding, bei dem man die Speisen auf den Herd kurz erhitze, dann komme der Topf in einen Thermostopf, wo das Zeug ganz ohne weitere Energiezufuhr gegart werde. „So, wie die das früher in in der Kochkiste gemacht haben und die sind ja auch nicht verhungert“, wurde noch eine Erklärung hinterhergeschoben, um meine Zweifel zu zerstreuen, ob das denn auch wirklich funktioniere. Ich war überzeugt und wollte wissen, wo ich denn so ein Ding bekäme. „Hmmmm, lass mal sehen… Du wohnst in der Schweiz…. Tja, das könnte schwierig werden…“, gab das www zögerlich zur Antwort, meldete dann aber nach einer erneuten Suche freudig, „Saratoga Jacks“ aus Australien würde auch in die Schweiz liefern. Das Ding sei zwar etwas teurer als ein gewöhnlicher Slow Cooker, aber ich würde das Geld ja dann mit den gesparten Stromkosten wieder reinholen.

Auch dieses Argument überzeugte mich, also füllte ich meinen virtuellen Warenkorb mit allem, was ich für meine ersten Gehversuche für nötig erachtete. Die Überraschung kam an der Kasse. Der gute „Jack“ wollte nämlich rund 230 US-Dollar dafür haben, dass er mir den Topf in die Schweiz spediert. Einen Moment lang war ich konsterniert, dann aber fiel mir ein, dass ich ja irgendwo noch so eine Adresse in Kalifornien habe, wo man für mich Dinge in Empfang nimmt, die sie nicht in die Schweiz liefern wollen. Und siehe da, in die USA liefert „Jack“ schon für 14 Dollar. „That’s much better, Jack“, sagte ich und sah mich schon als glückliche Besitzerin eines Thermal Cookers.

Aber jetzt stellte sich die Kreditkartenfirma quer. Eine Tamar Venditti würde sie schon kennen, meldete sie, und sie würde ihr auch erlauben, Geld auszugeben, aber irgend etwas sei da faul. „Die wohnt nicht in Kalifornien, die wohnt in der Schweiz, also verkauft ihr um Gottes Willen diesen Topf nicht, da ist bestimmt Betrug im Spiel“, motzte sie und schickte mich zurück in die Weiten des Internets. „Du könntest es ja mit Amazon versuchen…“, meinte das www schüchtern und weil ich wirklich einen Thermal Cooker haben möchte, liess ich mich darauf ein. Der Internet-Gigant zeigte sich für einmal ganz freundlich, zumindest anfänglich. Natürlich würde er mir den Topf in die Schweiz schicken, sagte er, und er würde das auch für weniger Geld machen als die Herstellerfirma. „Mit 190 Dollar Versandkosten bist du dabei“, meinte der Gigant und glaubte wohl allen Ernstes, mit mir ins Geschäft kommen zu können. „Ist doch immerhin billiger als bei Jack“, rief er mir hinterher, als ich mich fast fluchtartig davon machte, um mir halt doch irgendwo einen konventionellen Slow Cooker zu besorgen, damit ich nächste Woche, wenn die Horde wieder in der Schule ist, ungestört arbeiten kann.  

Tja, und jetzt hätte ich gerne jemanden, der mir aus den Australienferien einen „Deluxe Saratoga Jacks 7 Liter Thermal Cooker“ bringt. Und wenn das nicht geht, dann halt eine handwerklich begabte Person, die mir eine anständige Kochkiste baut. Ich glaube, meine Mutter hat in ihrem uralten Kochbuch noch eine Anleitung, wie man das macht. 

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Das Stundenplanwunder wiederholt sich

Das Stundenplanwunder, welches letztes Jahr ehrfürchtiges Staunen in mir ausgelöst hatte, ereignet sich dieses Jahr aufs Neue. Alle sechs schulpflichtigen Vendittis – „Meinen“ schliesse ich grosszügig in diese Kategorie ein, da es bei der Schulpflicht ja keine Rolle spielt, ob man vor der Klasse steht oder die Schulbank drückt – haben im nächsten Schuljahr am gleichen Wochentag morgens und nachmittags Unterricht. Es ist sogar noch wundersamer als letztes Jahr. Stundenplanwundertag ist diesmal nämlich der Dienstag.

Jawohl, Dienstag! Der Tag, dem ich nun über viele Jahre jede Woche mit neuem Grauen entgegen gesehen habe. So fein in zahlreiche Zeitabschnitte zerstückelt, dass sich beim besten Willen nichts Sinnvolles damit anfangen lässt. So endlos, weil „Meiner“ erst dann nach Hause kommt, wenn meine Tagesration Geduld schon längst zur Neige gegangen ist. So zähflüssig, weil man sich immer irgendwie zwischen zwei wichtigen Terminen befindet, die man auf gar keinen Fall verpassen darf, weshalb es sich gar nicht erst lohnt, so zu tun, als würde man etwas tun. So mies abgestimmt, dass immer genau die Familienmitglieder zur gleichen Zeit im Hause sind, die sich am allerwenigsten ertragen können. Dienstag eben…

Damit soll jetzt also Schluss sein. Einfach so, Knall auf Fall, soll aus diesem mühsamen Dienstag ein ganz normaler – vielleicht sogar ein ganz brauchbarer – Wochentag werden. Ein nahezu unfassbares Glück. Aber auch eines, auf das wenig Verlass ist. Auf dem Papier sieht es ja jeweils ganz nett aus, das Stundenplanwunder. Ob sich die Realität an das hält, was der Stundenplan verspricht, ist eine andere Frage. Im letzten Schuljahr habe ich da eine gewisse Diskrepanz festgestellt…

17 pieces; prettyvenditti.jetzt

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Wie war das nochmal mit diesen Mokassins?

Arbeitsunfäig? Der? Aber im Garten arbeiten, das kann er. Und die andere ist ganz selber Schuld, dass ihr Typ sie hat sitzen lassen. Hätte sich eben ein wenig um ihr Aussehen kümmern müssen, dann wäre er bestimmt geblieben. Dass ihr Sohn dann auch noch den Job verloren hat, wundert auch keinen. Ist halt so ein typischer Jugendlicher, ohne Durchhaltevermögen und Rückgrat. Ja, ja, ich weiss, die erzählen, der Chef sei total unfair gewesen, habe ihn auf die Strasse gestellt, weil er zu oft krank war, aber der bleibt ja auch bei jeder Erkältung zu Hause. Wie jetzt, ernsthafte Erkrankung? Wer’s glaubt! Verweichlicht ist der, sonst nichts. Und diese Flüchtlinge erst! Würden besser in ihrem Land bleiben und sich dafür einsetzen, dass es dort besser wird. So schlimm kann das in Syrien ja auch wieder nicht sein, dass man gleich mit Sack und Pack abhauen muss. Also wenn ich dort wäre, würde ich ganz bestimmt nicht… Und wenn die Griechen endlich ein Einsehen hätten, dann wäre das Problem in Nullkommanix gelöst. Die müssten halt einfach mal…

So hört und liest man pausenlos und allmählich fange ich an, mich nach dem Spruch zu sehnen, den sie einem in den Neunzigern immer um die Ohren gehauen haben. Ihr wisst schon, die Sache mit dem Mokassins, in denen man erst mal eine Meile gehen soll, ehe man ein Urteil fällt. Mir scheint, der sollte mal wieder in Mode kommen. Nicht so inflationär wie damals, einfach so ein bisschen, damit die Leute wieder denken, ehe sie die Klappe aufreissen. 

our secret; prettyvenditti.jetzt

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