Sieht nach Aufatmen aus

  • Nach sechs Jahren Durststrecke begegnet uns endlich wieder das zufriedene, strahlende Kind, das er von Geburt an bis zur Einschulung war.
  • Innerhalb von vierzehn Tagen gerade mal ein kleiner Konflikt, der nicht annähernd an das herankommt, was in den letzten Jahren üblich geworden war.
  • Endlich hören wir wieder dieses herzhafte Lachen, das wir so vermisst haben.
  • Am Mittagstisch in der Schule hat er den Widerstand aufgegeben und zum ersten Mal in seinem Leben Tomaten probiert. (Was nicht heissen soll, dass er sie gemocht hat…)
  • Die Hilfsbereitschaft, die er schon immer in sich hatte, mag sich wieder zeigen. 
  • Wir bekommen die Elternbriefe zu sehen, bevor die darin angekündigten Anlässe ohne unsere Anwesenheit stattgefunden haben. 
  • Die Worte sprudeln wieder aus ihm heraus wie ein Wasserfall.
  • Um Hausaufgaben brauchen wir uns nicht zu sorgen. Falls er überhaupt welche hat, ist seine Motivation so gross, dass er sich aus eigenem Antrieb darum kümmert.
  • Er erzählt wieder von seinen Zukunftsträumen. 
  • Wir fühlen uns, als hätten wir alle seit vielen, vielen Jahren wieder einmal Ferien, obschon wir mitten im Berufs- und Schulalltag stecken. 

Das Schuljahr ist gerade mal zwei Wochen alt und doch könnte ich noch viele weitere Gründe aufzählen, weshalb der Schulwechsel für den FeuerwehrRitterRömerPiraten (und uns alle) wohl wirklich das Beste war. 

aubergine

Unterrichtsausfall

Vorgestern starteten Karlsson, Luise, der Zoowärter und das Prinzchen ins Schuljahr. Zwei Tage später als „Meiner“ und der FeuerwehrRitterRömerPirat, deren Schulen ennet der Kantonsgrenze stehen. Bei uns, wo die Katholiken in der Mehrheit sind, wollte man erst noch abwarten, bis am Dienstag Maria in den Himmel aufgefahren war, ehe man die Schulglocken wieder läuten liess.  

Wenn das Schuljahr bereits mit einer Feiertagsbrücke anfängt, ist das selten ein gutes Zeichen. Der Brief, der heute ins Haus flatterte, bestätigte meine Vorahnungen. Daraus war nämlich unter anderem zu erfahren:

Unterrichtsausfall am 20. September – Kantonaler Lehrertag

Unterrichtsausfall am 1. November – schon wieder katholischer Feiertag

Unterrichtsausfall am 2. und 3. November – Der Kanton verdonnert die Lehrer zu einer Weiterbildung.

Und dazwischen natürlich wie immer drei Wochen Herbstferien. 

Ich glaube, ich lasse dem Herrn Bildungsdirektor demnächst auch mal einen Brief ins Haus flattern. Berufstätige Eltern werden sich denken können, was darin zu lesen sein wird. 

blommorna

Gnadenfrist

Da springen eine Mama und ein Papa nach langem Zögern endlich über ihren Schatten, melden ihr jüngstes Kind zum Fussballtraining an, obschon ihnen vor den endlosen Stunden am Spielfeldrand graut, überbringen dem Kind die frohe Botschaft – und was geschieht? Fällt ihnen der Kleine jubelnd um den Hals? Erzählt er jedem, der ihm über den Weg läuft, er dürfe jetzt endlich bei den Junioren mitmachen? Von wegen! Er zuckt nur müde mit den Schultern, läuft danach tagelang übel gelaunt durchs Haus und geht bei jeder Gelegenheit an die Decke. 

Ein paar Tage später kommt er plötzlich spätabends ins Wohnzimmer. Ob sich der Trainer schon gemeldet habe, will er wissen. Sieht ganz so aus, als wolle doch allmählich so etwas wie ungeduldige Vorfreude aufkommen. Aber nur bis zur nächsten Frage: „Muss ich denn unbedingt dorthin gehen?“, will der Junge wissen und die Eltern bringen vor lauter Staunen den Mund nicht mehr zu. Natürlich müsse er nicht, antworten sie schliesslich, als sie die Sprache wieder gefunden haben und der Kleine zottelt zufrieden ab ins Bett. 

Ein solcher Wandel lässt einer zu Schuldbewusstsein neigenden Mama natürlich keine Ruhe. Am Ende will der Sohn nur deshalb nicht mehr, weil er den Widerwillen der Eltern spürt. Also setzt sie sich an sein Bett, um mehr zu erfahren. Hat er Angst vor dem Training? Haben ihn die grossen Geschwister bearbeitet? Will er nicht, weil Mama und Papa nicht wirklich wollen? Nein, nichts von alldem. Er denke halt einfach, es mache viel mehr Spass, mit den Freunden in der Freizeit dem Ball nachzurennen. Und der grosse Pelé habe ja später auch alles vergessen müssen, was er im Training gelernt habe, um ein Star zu werden, das habe er im Film gesehen. (Jawohl, die Fussballbegeisterung ist so gross, dass man sich solche Filme antut…) Darum wolle er jetzt einfach nicht mehr. Und wie er das sagt, ist er zum ersten Mal seit Tagen wieder zufrieden und gelöst. 

Weil die Mama weiss, dass solche Szenen Jahre später oft ganz anders erzählt werden, als sie sich in Wirklichkeit abgespielt haben und sie keine Lust hat, in dieser Erzählung als die Böse dargestellt zu werden, die den Traum von der Fussballkarriere im Keim erstickt hat, rät sie dem Sohn, noch einmal darüber zu schlafen. Die Anspannung kehrt zurück, also macht die Mama, die noch immer keine Lust hat, später die Böse zu sein, einen weiteren Vorschlag: Jetzt absagen und in einem Jahr, wenn er dann trotzdem will, noch einmal mit dem Verein Kontakt aufnehmen. Der Vorschlag wirkt, der Junge schlägt vor Erleichterung Purzelbäume auf dem Bett.

Wären die Mama und der Papa nicht zu müde, würden sie am liebsten auch Purzelbäume schlagen. Die Gefahr, dass sie eines Tages gelangweilt am Rande des Spielfelds stehen müssen, ist zwar noch nicht gebannt, aber immerhin haben sie eine Gnadenfrist bekommen.

Und einen endlich wieder zufriedenen Sohn. 

ball

 

Privilegiert?

Nachteilsausgleich – ein Wort, das seit etwas mehr als einem Jahr eine gewichtige Rolle in unserem Leben spielt, weil eines unserer Kinder darauf angewiesen ist. Bei den Elefantenrunden mit Fachleuten, Lehrpersonen und Eltern tauchten von Lehrerseite stets die gleichen Bedenken auf: „Was werden die anderen Schüler sagen, wenn wir Ihrem Kind das erlauben? Werden sie sich dann nicht benachteiligt fühlen?“ Gerade so, als würde man einem, der ohnehin schon alles kann, noch besondere Privilegien einräumen. 

Dabei ist so ein Nachteilsausgleich ja nichts weiter als ein Schemel, den man einem etwas kurz geratenen Menschen zur Verfügung stellt, damit er – wie alle anderen –  in der Lage ist, auch das oberste Fach im Schrank zu erreichen. 

katt

Grossfamilie testet das Kleinfamilienleben

„Wieviele sind wir heute?“, fragt der diensthabende Küchendiener jeweils, wenn es ans Tischdecken geht. Unter der Woche lautete die Antwort bis anhin meistens „Sechs. Karlsson isst in der Schule.“ Ab morgen werde ich fast immer antworten: “ Fünf. Der FeuerwehrRitterRömerPirat und Karlsson essen in der Schule.“ An den Tagen, an denen Luise Hauswirtschaftsunterricht hat, testen wir das Kleinfamilienleben. Und wenn ich am gleichen Tag auch noch ein Meeting habe, werden „Meiner“, der Zoowärter und das Prinzchen ganz verloren an dem grossen Tisch sitzen. 

Es ist schon eigenartig: Kaum haben wir es endlich halbwegs geschafft, dieser Chaostruppe ein wenig Disziplin und Ordnung beizubringen, so dass eine halbwegs gepflegte Tischkonversation möglich ist, fangen sie auch schon an, tagsüber in alle Himmelsrichtungen auszufliegen. Man hat mich ja schon immer gewarnt, das werde schneller gehen, als ich mir vorstellen könne. Aber solche Dinge glaubt man immer erst, wenn man gedankenverloren in die viel zu vollen Schüsseln starrt und sich fragt, ob man es sich jemals wieder abgewöhnen wird, solche Unmengen zu kochen. 

Etwa so würde ich das sagen

Wenn eine Mutter sich Sorgen macht, bei ihrem Kind sei etwas nicht so, wie es sein sollte, dann sagen wir anderen Mütter in der Regel: „Mach dir keine Sorgen. Du wirst sehen, das geht ganz von selbst. Die einen können etwas früher reden, die anderen laufen dafür schon bald. Das kommt schon gut.“ Meistens haben wir Mütter recht mit dieser Aussage. Dennoch würde ich heute etwas differenzierter antworten, wenn mich eine andere Mutter fragen würde, wie ich die Dinge sehe. Nämlich je nach Situation so: 

  • Machst du dir Sorgen, weil das Kind deiner besten Freundin schon ganz selbständig isst, deines sich aber noch füttern lässt? Dann mach dir keine weiteren Gedanken. Deines redet dafür schon in Zweiwortsätzen.
  • Ach so, die Grossmama findet, in diesem Alter müsse das Kind das doch schon längst können? Dann vergiss die Sache gleich wieder und schalte deine Ohren beim nächsten Treffen mit der Grossmama auf Durchzug. 
  • Die Grossmama hat dich neulich gefragt, ob dir auch schon aufgefallen sei, dass dein Kind in dieser oder jener Sache vielleicht ein wenig Mühe habe? Und dir selber ist das tatsächlich auch schon aufgefallen? Dann behalte die Sache im Auge und lass dich von kompetenter Seite beraten, wenn die Bedenken bestehen bleiben.
  • Die Kindergärtnerin, die dir bei jedem Elterngespräch gesagt hat, es sei alles bestens, dein Kind entwickle sich prächtig, sagt jetzt –  kurz bevor die Stellenprozente fürs neue Schuljahr festgelegt werden-, auf einmal, dein Kind brauche ganz dringend spezielle Förderung? Und die Förderlehrerin, die ohne dein Wissen zum Gespräch eingeladen worden ist, nickt eifrig? Dann informiere dich umgehend, ob vielleicht die Stelle der Förderlehrerin bedroht ist, weil für das nächste Schuljahr nicht so viele Anmeldungen eingegangen sind. Falls dem so ist, wehre dich mit Händen und Füssen dagegen, dass dein Kind dazu verknurrt wird, den Job der Förderlehrerin zu retten.
  • Die Kindergärtnerin, die dafür bekannt ist, dass sie jedem Kind sein eigenes Tempo lässt und nicht vorschnell unterstützende Massnahmen vorschlägt, weist zum wiederholten Mal darauf hin, sie habe den Eindruck, dein Kind brauche in einem bestimmten Punkt Unterstützung? Sie bringt dir gar einen Vorschlag, wie sich diese Unterstützung möglichst sanft umsetzen liesse, ohne dein Kind zum Problemfall abzustempeln? Dann stell deine Überzeugung, Unterstützung sei in jedem Fall schlecht, mal für eine Weile in die Ecke und befasse dich eingehend mit der Sache. Könnte nämlich sein, dass etwas dran ist. 
  • Du hast einen Artikel gelesen und wurdest immer mal wieder vom Gefühl beschlichen, da werde dein Kind beschrieben? Dann hast du im Internet im Namen deines Kindes einen Selbsttest gemacht und zur Antwort bekommen, die Wahrscheinlichkeit, dass dein Kind genau in diese Schublade gehöre, liege bei 61,54 Prozent? Dann schmeiss die blöde Zeitschrift weg, vergiss das Testergebnis und befreie dein Kind um Himmels Willen sofort wieder aus dieser elenden Schublade, bevor es keine Luft mehr bekommt.
  • Du wirst einfach das Gefühl nicht los, dass da irgend etwas ist? Dein Kind scheint unglücklich zu sein und Menschen, die euch nahe stehen, zeigen sich besorgt? Dann lass nicht locker, bis du der Ursache auf die Spur gekommen bist. Hole Zweitmeinungen ein, wenn du das Gefühl hast, ihr würdet nicht ernst genommen. Informiere dich eingehend und wenn du endlich Antworten auf deine Fragen bekommen hast, sorge dafür, dass dein Kind die bestmögliche Hilfe bekommt. (Ja, auch dann, wenn du in solchen Angelegenheiten grundsätzlich skeptisch bist. Wenn dein Kind Hilfe braucht, dann soll es die auch bekommen. Basta!)

fisk

 

Vorwarnung

Liebe Kleinkind-Eltern

Nur ein kleiner Tipp von einer, die weiss, wovon sie spricht: Lasst euch nicht dazu hinreissen, Eltern von grösseren Kindern Erziehungstipps zu geben. Nicht nur, weil ihr euch damit absolut lächerlich macht. Sondern vor allem auch, weil der Tag kommen wird, an dem ihr am liebsten im Boden versinken möchtet vor Scham, wenn ihr euch daran erinnert, was ihr erfahrenen Eltern einst an den Kopf geworfen habt.

Und dieser Tag kommt meist schneller, als man denkt…

blättchen

 

Ausgeflogen

Familienausflug – das war lange Zeit ein Reizwort für uns. Zu mühsam, sieben verschiedene Interessen unter einen Hut zu bringen. Zu anstrengend, sich nach intensiven Arbeitswochen samstags oder sonntags noch einmal aufzuraffen. Zu teuer in einem Land, in dem man an vielen Kassen trotz Familienrabatt ein halbes Vermögen liegen lässt.

Oft fühlten „Meiner“ und ich uns schlecht deswegen. Wir wollten doch mit unseren Kindern so viel Schönes wie möglich erleben, wollten ihnen Natur, Kultur, Geschichte und dergleichen näher bringen. Vor allem der Zoowärter und das Prinzchen kamen in dieser Hinsicht oft zu kurz. Warum waren wir bloss so miserable Eltern?

Irgendwann im Frühsommer schienen auch Karlsson und Luise sich diese Frage zu stellen. Nun ja, sie warfen uns nicht gerade vor, wir seien schlechte Eltern, aber sie wollten doch wissen, warum wir nicht mehr so viel unternehmen würden wie früher. Sie sind jetzt halt in dem Alter, in dem man zu erkennen beginnt, wie schön es war, Kind zu sein und sie finden es auch nicht mehr ganz so peinlich, mit uns gesehen zu werden. Und darum schlugen sie plötzlich vor, wir sollten mal zusammen wandern gehen. Oder am See ein Pedalo mieten. Oder im Wald ein Picknick machen.

Auf diese Weise sind Familienausflüge gar nicht mehr so anstrengend. Für die „Kleinen“ ist das alles noch neu, für die „Grossen“ ist es ein Anknüpfen an vergangene Zeiten, zu dem sie jetzt bereit sind. Und so waren in diesen Sommerferien immer mal wieder sieben ziemlich zufriedene Vendittis irgendwo dort anzutreffen, wo man sie schon lange nicht mehr gesehen hat. 

Vielleicht war es gar nicht so schlecht, ein paar Jahre zu pausieren mit solchen Sachen. An manchen Orten hat man inzwischen sogar ganz anständige, grossfamilientaugliche  Rabatte eingeführt.

skogen

Etwas geht hier nicht ganz auf

Man könnte so circa alle sechs Monate ins schwedische Möbelhaus rennen, um neue Schälchen, Gläser, Küchenmesser, Teller, und ein paar Löffel zu kaufen, weil in Schubladen und Schränken schon wieder gähnende Leere herrscht. Und wo man schon dabei wäre, könnte man noch ein paar Badetücher in den Einkaufswagen schmeissen, weil auch die schon wieder knapp sind. 

Oder „Meiner“ kann zwei oder drei Tage lang dabei helfen, die Zimmer auszumisten, noch Nützliches vom herumliegenden Abfall zu trennen und Geschirrspüler und Waschmaschine pausenlos laufen lassen. Wenig später platzt der Geschirrschrank aus allen Nähten, die sauberen Badetücher stapeln sich im Regal und im Gläserfach kann man eine bunte Retrospektive sämtlicher Trinkgläserserien, die wir in den vergangenen drei Jahren erstanden haben, bewundern. 

Ganz egal, ob man den einen oder den anderen Weg wählt, am Ende drängt sich die gleiche Schlussfolgerung auf: Unsere Strategie, den Teenagern die alleinige Verantwortung für die Ordnung in ihren Zimmern zu überlassen, ist wohl gescheitert. 

schon wieder mais

Die Zeiten haben sich halt geändert

Wer meiner Generation angehört, gerät nicht selten ins Schwärmen, wenn er von seiner Kindheit erzählt. Mit leuchtenden Augen wird von den Abenteuern aus längst vergangenen Zeiten berichtet. Von kleineren und grösseren Kindern, die gemeinsam durch die Quartiere zogen, mit selbstgebastelten Seifenkisten Rennen veranstalteten, im Wald Feuer machten, beinahe die Bäume in Brand steckten, bei jedem Bandenmitglied zu Hause Süssigkeiten erbettelten und nackt im Bach badeten. Erwachsene kommen in diesen Geschichten nur am Rande vor. Als gütige Mütter, die aufgeschlagene Knie verarzten. Als naive Nachbarinnen, die allen Ernstes glauben, die Süssigkeiten bettelnden Kinder hätten an diesem Tag noch kein einziges Körnchen Zucker konsumiert. Als gestrenge Väter, die ihre ungezogenen Nachkommen ohne Abendessen ins Bett schicken, weil sie dem Schreiner für den Seifenkistenbau ein paar Bretter entwendet haben. Oder als gütiger Onkel, der dafür sorgt, dass die Knöpfe dennoch nicht mit leerem Magen schlafen gehen müssen, weil seine liebenswerte Frau gerade einen grossen Topf Suppe auf dem Herd stehen hat.

Herrliche Zeiten müssen das gewesen sein! Offenbar aber nicht herrlich genug, um meine Generation davon zu überzeugen, dass diejenigen, die jetzt heranwachsen, ähnlich Freiheiten geniessen sollten. Die Zeiten hätten sich geändert, sagen sie. Man könne den heutigen Kleinen nicht mehr zutrauen, was man ihnen zugetraut habe. 

Wer heute durch die Quartiere spaziert, trifft deshalb nur selten auf einen Trupp Kinder, der die verkehrsberuhigte Zone unsicher macht. Dafür ist jeder Vorgarten in einen eingezäunten Privatspielplatz umgewandelt worden. Beim einen Haus trifft man auf einen einsamen Ritter, der nicht so recht weiss, wie er die gigantische Spielburg, die ihm der Opa zum Geburtstag gezimmert hat, ohne Hilfe von Freunden erobern soll. Im Nachbarhaus regieren zwei Prinzessinnen über ein paradiesisches Reich mit Pool, Spielhaus, Schaukel, Wippe und Trampolin. Ein paar Häuser weiter vorne hat eine kleine Piratin keine Lust mehr, den Ausguck ihres Kahns zu erklettern, seitdem der grosse Bruder den ganzen Tag in der Schule sitzt. Und wenn der Ritter, die Prinzessinnen und die Piratin eines Tages in den Kindergarten kommen, heulen sie sich die Augen aus dem Kopf, wenn sie die Sandschaufeln, die Mosaiksteinchen und die Farbstifte miteinander teilen sollen. 

Derweilen tummeln sich auf den öffentlichen Spielplätzen ein paar wenige Bedauernswerte, die in einem Haus ohne Umschwung leben, weshalb ihnen Mama und Papa kein privates Spielparadies erschaffen können. Vielleicht hätten ihre Mamas und Papas es sogar gekonnt, aber sie wollten es nicht, weil sie an ihrer verklärten Vorstellung von einer nicht perfekten, dafür aber etwas freieren Kindheit festhalten. 

Wann begreifen diese Ewiggestrigen endlich, dass sich die Zeiten geändert haben und Kinder nur gut gedeihen, wenn sie auf allen Seiten eingezäunt sind?

mais