Bewegend

Ist doch einfach schön, so gefeiert zu werden. Schon dass „Meiner“ eine Party für mich organisiert hat, hat mich riesig gefreut. Auch die Postkarten von lieben Freunden haben mir den Tag verschönert. Das Päckchen von den Eltern unseres Au-Pair war eine wunderbare Überraschung. Und die Glückwünsche auf Facebook, zum Teil von lieben Menschen, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen habe, waren natürlich auch sehr schön.

So richtig bis tief in mein Innerstes gerührt hat mich aber etwas anderes, nämlich die Geburtstagsgrüsse, die heute meine Mailbox beinahe überquellen liessen. Einfach bewegend, wer da alles an mich gedacht hat: „ClickandBuy“ schickt mir die besten Wünsche, der „Waschbär Umweltversand“ und „Vivanda“ haben sich gar miteinander abgesprochen, um mir den exakt gleichen Geburtstagsgruss zukommen zu lassen, der „Weltbild Verlag“ und „La Redoute“ schenken mir in unendlicher Grosszügigkeit je zehn Franken wenn ich für unendlich viel Geld etwas bei ihnen bestelle und auch „StayFriends“ und „Jesus.de“ haben mich nicht vergessen.

Ist das nicht beeindruckend: Da hinterlässt du nur ein einziges Mal in einem Online-Shop deine Spuren und schon wird dein Geburtstag nie wieder vergessen. Freunde mögen dein Geburtsdatum mit demjenigen deines „Deinen“ verwechseln, Verwandte mögen sich fragen, ob du nun 36 oder 46 Jahre alt wirst, aber „ClickandBuy“ wird nie vergessen, an welchem Tag du den wievielten Geburtstag feierst. Vermutlich werden die mir noch im Altersheim die besten Wünsche zukommen lassen, obschon ich mich bereits heute nicht mehr daran erinnern kann, wie die überhaupt an mein Geburtsdatum gekommen sind. Muss einer jener verrückten Spätabenspotaneinkäufe gewesen sein, den ich bei denen im Halbschlaf getätigt habe.

Ob ich aus lauter Dankbarkeit für all die netten Wünsche mal kurz bei jedem meiner Gratulanten vorbeisurfen soll? Ich meine, wenn ich will, dass die mir auch in 50 Jahren noch zum Geburtstag gratulieren können, muss ich dafür sorgen, dass ihr Laden läuft, nicht wahr?

Ökobilanz

Mit meinem heutigen Einkauf, so lässt mich der Online-Supermarkt meines Vertrauens wissen, hätte ich 1,3 kg CO2 gespart, 1.6 kWh Strom weniger verbraucht, was etwas mehr als einem Waschgang entspreche und ausserdem hätte ich mir ganze zwei Minuten Autofahrt erspart. Leider hätte ich keinem Baum das Leben gerettet, aber das liegt nur daran, dass ich gewöhnlich mit dem Kleinwagen im Dorf einkaufe und nicht mit dem Offroader im grossen Einkaufszentrum auf der grünen Wiese. Mit diesen Angaben will man mir gratulieren zu meinem ach so umweltbewussten Einkaufsverhalten. Bin ich nicht ein netter Zeitgenosse? So besorgt um das Wohlergehen unseres Planeten…

Offen gestanden möchte ich nicht wissen, was unser guter alter Planet zu dem Abfallberg  sagen würde, den mein heutiger Online-Einkauf hinterlassen hat:

Und das sind erst die Transportverpackungen, den eigentlichen Müllberg bekommt man gar nie an einem Haufen zu sehen.

Ich möchte ja nicht behaupten, wenn ich meinen Einkauf im Dorf erledige, würde ich damit keinen Abfall verursachen. Aber so hoch wird der Berg nie, dafür lege ich die Hand ins Feuer. Irgendwie habe ich das ungute Gefühl, dass meine Ökobilanz trotz meines angeblich vorbildlichen Verhaltens heute mal wieder ganz kräftig ins Minus gerutscht ist. Mal schauen, was ich unserem alten Planeten zuliebe tun muss, um diesen Fehler wieder gut zu machen….

Ach, mein Prinzchen….

Der heutige Tag begann mit einem dumpfen Gepolter, gefolgt von lautem Prinzchen-Gebrüll. Nachdem mein Jüngster sich von seiner abenteuerlichen Kletterpartie aus dem Gitterbett erholt hatte, döste ich weiter. „Meiner“ war ohnehin schon aus dem Bett und so dachte ich mir, ich könnte das Kerlchen ruhigen Gewissens ein wenig durch die Wohnung strolchen lassen. Leider hatte ich vergessen, dass gestern jemand bei uns ein paar diese Zuckerschaum-und-Milchschokolade-Dinger (politisch unkorrekt in der Schweiz nach wie vor „Mohrenköpfe“ genannt) bei uns deponiert hatte und so wurde ich beim nächsten Erwachen eines Zuckerschaum-und-Milchschokolade-verschmierten Prinzchens gewahr. Dieses war sein erster Streich…. aber ein wahres Prinzchen hat auch am frühen Morgen schon viel mehr in Petto. Zum Beispiel, auf den Trip Trap klettern und mit der grossen Schöpfkelle Kakao in die daneben stehende Pfanne zu schaufeln, während Mama Karlsson dabei hilft, zu üben, wie er der Lehrerin gestehen könnte, dass er vergessen hat, das Zeugnis abzugeben. Oder sich an den Bonbons gütlich zu tun, die eigentlich für Karlssons morgige Schulreise bestimmt gewesen wären. Gut, die Dinger waren zuckerfrei, aber das Prinzchen hat wohl nicht daran gedacht, dass auf der Schachtel steht, das Zeug könne „bei übermässigem Verzehr abführend wirken“. Zwischendurch schaffte es der Schlingel auch noch, sich einen Stock tiefer zur Grossmama abzusetzen, waghalsige physikalische Versuche mit einem – Gott sei Dank leeren – Trinkglas durchzuführen, zu testen, ob der Tonkrug auch nach dreissig Jahren, die er schon in Gebrauch ist, noch stabil ist, noch einmal zur Grossmama durchzubrennen, mit dem FeuerwehrRitterRömerPiraten um den „Bä!“ren zu streiten und dann noch ein paar Dinge mehr, die ich inzwischen vergessen habe, weil ich ja so ganz nebenbei noch Luises Rucksack für die Schulreise packen musste, dafür zu sorgen hatte, dass alle geputzt, gestriegelt und obendrein noch rechtzeitig aus dem Haus gehen und zwischendurch versuchen musste, ein paar Bissen Frühstück in mich hineinzubringen.

Das alles brachte unser Prinzchen in weniger als neunzig Minuten zustande und jetzt frage ich mich natürlich, ob die Zeit noch reicht, ein Baugesuch für einen Tischlerschuppen einzureichen, bevor unser Jüngster richtig loslegt. Denn ganz wie bei Michel aus Lönneberga scheint mir, dass beim Prinzchen Unfug einfach geschieht, ob er es nun will oder nicht. Ausserdem frage ich mich, ob dieser verrückte Start in einen sehr langen Donnerstag genügt, um das zu entschuldigen, was ich danach tat: Ich liess mich bei einem weiteren Zwischendurcheinkauf vom Zoowärter dazu erweichen a) fünf Schweizerfähnchen aus Plastik zu kaufen und b) für meine zwei Jüngsten je ein mit Mickey Mouse verziertes Fläschchen mit diesem abscheulichen überzuckerten Gesöff zu erstehen. Zwei mütterliche Todsünden in einem klitzekleinen Zwischendurcheinkauf, ist das nicht etwas viel? Gut, zu meiner Entlastung darf ich vielleicht anführen, dass der klitzekleine Zwischendurcheinkauf nötig wurde, weil unsere Kinder von gestern Mittag bis heute Morgen zwei Kilo Nektarinen und ein Kilo Aprikosen verdrückt hatten und ich die Früchteschale dringend wieder auffüllen musste. Aber ich weiss nicht so recht, ob die Plastikfähnchen und das Gesöff meine ehrenvolle Tat nicht gleich wieder zunichte machen. Mal ganz abgesehen davon, dass die Früchte aus Spanien kommen, was ja ethisch und ökologisch auch nicht unbedingt vertretbar ist, wenn man an die Schauergeschichten aus der Huelva denkt…

Ja, da sieht man, mit welchen Fragen man sich als Mutter und Hausfrau bereits am frühen Morgen herumschlagen muss. Gut, dass inzwischen wenigstens mein kleines, süsses Monstrum schläft. So kann ich wenigstens meine Gedanken ein wenig ordnen, bevor das Chaos weitergeht….

Mist!

Dass ich als Mutter schon viel falsch gemacht habe, ist mir klar und ich habe auch kein grundsätzliches Problem damit. Fehler gehören für mich einfach dazu und ich habe mir auch schon damals, als Karlsson noch in der Wiege lag, daran gewöhnt, mich bei ihm zu entschuldigen, wenn ich ihm Unrecht getan hatte. Damit ich lerne, meinem Kind gegenüber zu meinem Versagen zu stehen, bevor ich zu stolz bin dazu und verbissen auf meinem Standpunkt beharren muss. Bis heute habe ich mich in der Illusion gewiegt, dass ich mit diesem Grundsatz für meine Kinder mein Bestes gegeben habe.

Aber mit dieser Illusion ist jetzt Schluss. Ich habe nämlich einen Katalog zugeschickt bekommen mit vielerlei Krimskrams, der viel kostet, der aber das Leben um so viel lebenswerter machen wird, dass kein Geld der Welt den wahren Wert dieser Dinge aufwiegen könnte. In diesem Katalog also, auf Seite 45 unten, werde ich mit meinem Versagen konfrontiert: „Manchen Kindern wird die Musikalität in die Wiege gelegt. Aber eben nur manchen. Das ist uns nicht zuverlässig genug, und so lange wollen wir auch nicht warten“, steht da geschrieben. „Mist!“, denke ich. „Ich habe vielleicht doch nicht mein Bestes gegeben“ und lese weiter: „Unseren Nachwuchs versorgen wir schon Monate vor der Geburt mit lieblichen Klängen und lehren ihn auf unterschiedlichste äussere Reize zu reagieren sowie schön zu entspannen. Dass unser Music Belt nicht nur äusserst kleidsam, sondern auch bequem und individuell einstellbar ist, versteht sich von selbst.“ Wer jetzt denkt, es könne mir doch vollkommen schnurz sein, ob manche Mütter glauben, sie müssten ihre Ungeborenen bereits im Mutterleib mit Hintergrundmusik berieseln und dazu eigens einen hellblauen Gurt mit weissen Punkten tragen, der irrt. Es ist durchaus von Beduetung, ob man das getan hat oder nicht, denn der nächste Satz macht klipp und klar, dass dieses Gadget für eine gute Mutter unverzichtbar ist: „Schliesslich geht es hier um die besten Mütter der Welt!“ Jawohl! Die besten Mütter der Welt, die wissen eben, worauf es ankommt und die geben von Herzen gerne 99.90 Franken aus, um dafür zu sorgen, dass ihre Kleinen optimale Startbedingungen haben.

Ach, was bin ich doch für eine dumme Mutter! Da glaube ich doch allen Ernstes, ich würde meinen Kindern das Beste bieten, indem ich ehrlich bin mit ihnen und ihnen offen meine Liebe zeige. Und bei all meinen Bemühungen, eine leidenschaftliche Mama zu sein, habe ich das nicht getan, was die besten Mamas der Welt tun: Ich habe im letzten Schwangerschaftsdrittel jeweils keinen hellblauen Gurt mit weissen Punkten getragen, der meinen Nachwuchs mit Musik versorgt. Sollte aus meinen Kindern nichts werden, dann wisst ihr jetzt, warum.

Kinderwagen Nummer 6

Wer braucht denn heute noch einen Kinderwagen, der länger als drei Jahre hält? Dies scheinen sich die Kinderwagenhersteller zu sagen. Und sie haben ja recht: Entweder, man hört nach Kind eins auf mit dem Abenteuer Familie, weil das alles doch etwas anstrengender ist, als man sich vorgestellt hätte, oder man kauft für Kind zwei und drei wieder einen neuen Wagen, weil inzwischen wieder so tolle neue Gefährte in den wunderbarsten Farben auf den Markt gekommen sind. Und so hält der moderne Kinderwagen maximal so lange, bis Kindchen knapp auf den eigenen Füsschen stehen kann. Und deshalb wird im Hause Venditti in den nächsten Tagen Kinderwagen Nummer 6 (oder Buggy Nummer 3) geliefert.

Beim Kinderwagen Nummer 1 hatte ich ja noch gedacht, das Ding halte ewig und so verbrachten „Meiner“ und ich viele Stunden im Babycenter, um den perfekten Wagen auszusuchen. Als dann auch noch Schwiegermama anmeldete, dass sie das Ding bezahlen würde, wurden es noch ein paar Stunden mehr, denn ich musste mit aller Kraft verhindern, dass Schwiegermama bestimmte, in welchem Gefährt unser erstes Kind die Welt entdecken würde. Schliesslich entschieden wir uns für ein sündhaft teures italienisches Modell, das zugleich Babykarosse, Buggy und Kindersitz war. Schwiegermama zahlte bereitwillig die 1000 Franken und wir glaubten, das Thema Kinderwagen ein für alle mal abhaken zu können.

Do schon bald wurde der kleine Karlsson grösser und wir mussten feststellen, dass das sündhaft teure Ding leider trotz aller Versprechen nicht als Buggy taugte, worauf Kinderwagen Nummer 2 (oder Buggy Nummer 1) bei uns Einzug hielt. Das müsste jetzt aber wirklich reichen, dachten wir und es reichte auch. Bis sich der FeuerwehrRitterRömerPirat dazu entschied, sich in meinem Bauch einzunisten, kaum war Luise ausgezogen. Also musste ein Doppelkinderwagen her, sonst hätte Mama in Zukunft nicht mehr das Haus verlassen können. „Jetzt sind wir aber für den Rest unseres Lebens mit Kinderwagen versorgt“, sagten „Meiner“ und ich, als wir voller Stolz (Doppel)kinderwagen Nummer 3 abholten. Und tatsächlich: Zwei Jahre lang lief wirklich alles gut. Bis wir eines Sommers nach Malta reisten, wo die Strassen so holperig waren, dass Kinderwagen Nummer 2 oder Buggy Nummer 1 den Geist aufgab und in einer Maltesischen Abfallmulde landete (wo er Tags darauf wieder herausgeholt wurde und wohl noch heute über die Strassen von Valletta holpert).

Hätte ich zu jenem Zeitpunkt nicht den Zoowärter in meinem Bauch beherbergt, wir hätten den FeuerwehrRitterRömerPiraten wohl zum Laufen aufgefordert. So aber erhielt unser Dritter ein brandneues grasgrünes Wägelchen (Kinderwagen Nummer 4 oder Buggy Nummer 2), Made in Malta. Aber einen neuen Kinderwagen kauften wir nicht mehr. Den Zoowärter würden wir ausschliesslich im Tragtuch mit uns herumschleppen, solange er noch zu klein war für den Maltesischen Buggy. (Wie kann man bei Kind Nummer 4 noch so naiv sein?) Mein Rücken schmerzte zwar, ich verbrachte Stunden in der Physiotherapie aber ich blieb eisern dabei: Einen neuen Kinderwagen gab’s nicht. Dafür aber durfte ich den Wagen einer Nachbarin zu Boden fahren.

Damit wäre die Geschichte zu Ende. Doch kaum hatten wir uns sämtlicher Kinderwagen bis auf das grasgrüne Maltesische Wägelchen entledigt, beschloss das Prinzchen, dass es auch Teil dieser überaus coolen Familie werden möchte, worauf Mama sich auf die Suche nach Kinderwagen Nummer 5 machte. Noch einmal monatelang schleppen, bis das Kind gross genug für den Buggy war, kam nicht in Frage. Das machte mein Rücken nicht mehr mit und so wurde Kinderwagen Nummer 5 gekauft,  wieder Babykarosse und Buggy in Einem, ganz wie am Anfang, bloss viel viel preiswerter. Schwiegermama offerierte nämlich nicht mehr so grosszügig, alles zu bezahlen, da es nach ihrem Geschmack eindeutig zu viele Enkelkinder waren. Leider war Kinderwagen Nummer 5 nicht nur preiswert, sondern auch billig, weshalb er schon nach achtzehn Monaten bei der Müllabfuhr landete. Gleichzeitig mit Kinderwagen Nummer 4 oder Buggy Nummer 2, der auch nicht mehr fahren will.

Weil aber das Prinzchen noch lange nicht grosse genug ist, um bis zur Migros und zurück zu gehen, nehmen wir demnächst Kinderwagen Nummer 6 oder Buggy Nummer 3 in Empfang. Falls unser Leben nicht noch eine ganz eigenartige Wendung nimmt, wird dieser aber endgültig der Letzte sein. Ich verspreche es…

Ach, tatsächlich? Ist ja interessant.

Heute früh um vier hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, dem Prinzchen eine Milch zu servieren. Und währenddem ich darauf wartete, bis die Milch Prinzchentemperatur angenommen hatte – nicht zu warm und nicht zu kalt – hatte ich Zeit, mir die Milchtüte etwas genauer anzuschauen. Wie man weiss, trinkt unser Prinzchen seit ein paar Monaten lactosefrei. Und so durfte ich auf der Tüte lesen, dass diese Milch einen „Genuss ohne Beschwerden“ garantiere. Das mit den Beschwerden kann ich bestätigen: Das Prinzchen hat keinen wunden Po mehr und er brüllt nicht mehr die halbe Nacht hindurch. Aber das mit dem Genuss wage ich zu bezweifeln, wo doch unsere Grossen speien, wenn sie mal zufälligerweise einen Schluck Prinzchen-Milch erwischen.

Aber ist ja egal, lesen wir weiter: „Milch und Milchprodukte sind eine wichtiger Bestandteil unserer täglichen Ernährung. Bei gewissen Konsumenten verursacht der Genuss von Milch und Milchprodukten Verdauungsbeschwerden. Diese treten auf, wenn Milchzucker (=Lactose) nicht richtig verdaut werden kann. Dank einem schonenden und natürlichen Verfahren enthält dieses Milchprodukt keine Lactose mehr….“ Ein Milchprodukt für Allergiker also. Aber kann man denn wirklich sicher sein, dass der Konsument, der an einer Lactoseintoleranz leidet und desahlb keine gewöhnliche Milch gekauft hat, auch tatsächlich verstanden hat, dass es sich bei der weissen Flüssigkeit, die sich in einer Tüte mit der Aufschrift „Milk– lactosefrei, Milchgetränk mit 3,5% Milchfett“ tatsächlich um den Saft handelt, der aus dem Euter der Kuh stammt? Ich meine ja, eindeutig. Der Hersteller aber meint nein, eindeutig nicht und bringt auf der Tüte noch folgenden Hinweis an:

Weit weg vom Alltag?

Eigentlich reist man ja in die Ferien, um mal wieder Ruhe zu haben vor allem, was im Alltag so lästig ist: Rechungen im Briefkasten, Vertreterbesuche, Versicherungsanträge, Werbeanrufe. Meistens gelingt das tadellos, man taucht ein in eine andere Welt, leistet sich Dinge, auf die man zu Hause verzichtet, vergisst den Alltagsstress. Herrliche Ruhe vor dem Telefon! Nicht so, wenn man mit Hapimag Ferien macht. Da läutet nämlich schon an Tag 3 das Telefon. Während des Abendessens! Ob wir nicht auch Hapimag-Aktien kaufen möchten? Oder zumindest an einer Präsentation teilnehmen möchten? Mit einer Engelsgeduld wimmelt „Meiner“ den Telefonverkäufer ab, erklärt ihm, dass er als fünffacher Vater und Primarlehrer wohl nicht ganz zur Zielgruppe von Hapimag gehört.

Wie wir überhaupt zu Ferien mit Hapimag gekommen sind? Nun, das war ein Geschenk, das letztes Jahr bei der Heizölbestellung inbegriffen war. Für einmal bescherte uns die Heizöllieferung mehr als bloss ein schlechtes Gewissen, dass wir unsere Ölheizung noch immer nicht gegen ein umweltfreundlicheres Modell eingetauscht haben. Dass wir als Gegenleistung für das Geschenk auch in den Ferien Werbeanrufe würden abwimmeln müssen, hat uns natürlich keiner gesagt. Wir hätten gedacht, die würden dann erst zu Hause wieder versuchen, uns Ferienaktien aufzuschwatzen. Dabei ist doch sonnenklar, dass wir nicht die Zielgruppe von Hapimag sind. Kaum bläst Karlsson auf dem Balkon stolz in seine Tröte, steht auch schon der Nachbar auf der Matte. Pöbel wie wir hat hier definitiv nichts verloren.

032

Souvenirjagd

Irgendwann, vor etwa drei Jahren, hat es sich in unserer Familie eingebürgert, dass jedes Kind pro Urlaub ein Souvenir auswählen darf. Eines, nicht zwei, drei oder vier, wie Karlsson jeweils wünschte. Meistens überlegen sich die Kinder bereits auf der Hinreise, was sie auswählen werden, obschon sie das landestypische Sortiment an Kitsch noch gar nicht kennen. Kaum ist man dann  angekommen, möchten sie die Läden stürmen. Doch „Meiner“ und ich sind da jeweils strikte dagegen. Die Kinder sollen zuerst vergleichen, was es auf dem Markt gibt. So ein Souvenirkauf muss wohlüberlegt sein. Man könnte es sonst später bitter bereuen, dass man sich zu früh zu einem Kauf entschieden hat. Zumal es ja, wie bereits erwähnt, nur ein Souvenir gibt.

Dieses Mal schafften wir es, die Souvenirjagd bis Montag herauszuzögern. Als ich aber heute im Supermarché Nachschub für unseren Kühlschrank besorgen musste, gab es für die Kinder kein Halten mehr. Zwei volle Ferientage ohne Souvenirshopping, das war einfach zu viel des Guten. Der Erste, der sein Herz an etwas hängte, war der FeuerwehrRitterRömerPirat. Eine hässliche Blechbox mit diesem dämlichen McQueen von Disney drauf für 6 Euro sollte es sein. Wie sollte ich ihm das bloss wieder ausreden? Theoretisch ist es nämlich so, dass „Meiner“ und ich unseren Kindern im Rahmen des Budgets freie Hand lassen beim Souvenirkauf. Deshalb kommt es nicht in Frage, dass wir einfach plump nein sagen zu einem Wunsch. Da müssen schon diplomatischere Künste her. Mein erstes Argument, dass es diesen Mist auch zu Hause gebe, zog nicht. Er habe noch nie so etwas gesehen in der Migros, entgegnete mir ein zu allem entschlossener FeuerwehrRitterRömerPirat. Auch das Argument, er solle sich doch zuerst die anderen Sachen ansehen, bevor er sich entschliesse, zog nicht. Deshalb musste dann eben doch ein Nein sein. Ich kenne doch meinen Dritten:  Sobald er etwas anderes sieht, das sein Herz begehrt, schaut er mich treuherzig an und murmelt, er hätte noch gar kein richtiges Souvenir gekauft. McQueen gebe es ja auch in der Schweiz. Und ehe ich es verhindern kann, hat der Schlaumeier zwei Souvenirs. Und wenn er zwei bekommt, braucht Karlsson auch ein Zweites,  und Luise auch.

Irgendwie schaffte ich es, einen traurigen FeuerwehrRitterRömerPiraten aus dem Laden zu lotsen. Das war auch dringend nötig, denn Luise hatte sich bereits auf die Auslage im Geschäft gegenüber gestürzt. Für sie sollte es ein Picknick-Korb sein. So einen, wie sie „schon immer“ gewollt hatte. Eine gute Wahl, bloss etwas teurer als die Limite von 10 Euro, die ich mir gesetzt hatte. Aber weil Luise ja ihr ganzen Leben nichts anderes begehrt hatte als diesen einen Picknick-Korb, konnte ich ihr den Wunsch nicht abschlagen. Den in Souvenirfragen noch ziemlich anspruchslosen Zoowärter beglückte ich im gleichen Laden mit sechs kanllbunten Badeenten und schon war die Hälfte des Einkaufs getätigt.

Weiter also zu Karlssons Traumladen, „100 000 Souvenirs“ genannt. Doch oh weh, der Laden ist montags geschlossen. Weil aber Karlsson keine weitere Minute ohne sein Souvenir leben konnte, musste schnell gehandelt werden. Zum Glück gab es ein paar Schritte weiter vorn einen weiteren Einkaufstempel. Leider wurde dieser gerade von einer Horde italienischer Senioren überfallen, so dass ich mich nicht mehr voll und ganz auf die Einkäufe meiner Söhne konzentrieren konnte. Ich brauchte nämlich meine ganze Energie dafür, mit Ellbogen und bösen Blicken meinen Platz in der Warteschlange zu verteidigen. Und ehe ich mir’s versah, waren Karlsson und der FeuerwehrRitterRömerPirat zu stolzen Besitzern von zwei Tröten aus echtem Kuhhorn geworden.

Ich möchte bloss wissen, wer ihnen diesen Mist gekauft hat. Haben die Jungs denn keine Mama, die ihnen beim Einkauf ein wenig auf die Finger schaut?

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Arme kleine Eismaschine

Okay, das teuerste Modell habe ich ja nicht bestellt. Aber dass die neue Eismaschine zumindest so lange funktioniert, bis das Budget ein Qualitätsprodukt zulässt, hätte man schon erwarten können. Doch nichts gewesen. Das Ding tut keinen Wank, egal wie oft ich die Gebrauchsanweisung durchlese. Schliesslich greife ich zum Telefon und beschwere mich beim Versandhaus. Freundlich weise ich die Telefonistin darauf hin, dass ich erwartet hätte, ein funktionierendes Gerät geliefert zu bekommen. Ob ich denn nicht wüsste, dass man ein Gerät nach der Lieferung zehn Stunden lang nicht in Betrieb nehmen dürfe, werde ich ziemlich unfreundlich und von oben herab belehrt. „Das Gerät ist nicht mehr in seinem Element, es muss sich an die neue Umgebung gewöhnen“, erklärt man mir. Ach so, Haushaltgeräte sind neuerdings sensibel.

Vielleicht ist die Eismaschine ja wirklich leicht überfordert mit dem Trubel bei Vendittis. Wäre es besser gewesen, ich hätte sie nicht in Anwesenheit des völlig aufgeregten Zoowärters ausgepackt? Der Junge konnte es kaum erwarten, das geheimnisvolle Ding zu sehen.  Habe ich sie vielleicht zu sehr erschreckt? Sorgfältig lege ich das Sensibelchen auf die Fensterbank und wache den ganzen Tag sorgsam darüber, dass ihm niemand etwas zuleide tut. Erst nachdem die zehn Stunden um sind, wage ich es, das Gerät wieder zu testen. Noch immer läuft nichts. War der Schock zu gross? Ich weiss gar nicht, was ich jetzt tun soll. Ist es besser, das Gerät zurückzuschicken, oder soll ich uns alle gleich morgen früh zur Familientherapie anmelden?


Das Kind, dein Abfallkübel

Es spielt ja keine Rolle, wer unseren Kindern all diesen Mist geschenkt hat. Wir wollen hier niemanden an den Pranger stellen. Aber zu Denken gibt es einem schon, womit gewisse Leute den Kindern ihre Zuneigung zeigen wollen. Da ist zum Beispiel der feuerrote Plastiklastwagen, den der Zoowärter bekommen hat. Es ist nicht ganz klar, ob es ein Feuerwehrauto, ein Coca-Cola-Lieferwagen oder ein Rettungswagen ist. Ebenso unklar ist, wie viele Giftstoffe in dem Gefährt stecken.

Umso klarer ist aber, dass das Ding nicht eine Woche in einem Kinderzimmer überleben wird. Du musst es nur einmal böse anschauen und schon fällt das erste Rad ab. Nachdem du das Rad zum dritten Mal wieder angesteckt hast, bricht die Achse. Spätestens jetzt geht die Freude am Spielzeug flöten. Nächsten Donnerstag wird es von der Müllabfuhr mitgenommen, zusammen mit dem Dutzend Plastikautos, die der FeuerwehrRitterRömerPirat bekommen hat. Auch hier dauert die Freude am Geschenk nicht länger als fünf Minuten. Dann bricht der erste Spoiler. Na ja, immerhin habe ich anhand solcher Autos endlich herausgefunden, was ein Spoiler ist…

Wenn man bedenkt, dass solcher Mist nicht bloss eine Beleidigung für jedes Kind ist, sondern dass bei der Herstellung und dem Transport auch noch Menschen ausgebeutet und die Umwelt zerstört werden, wird es einem übel. Ach hätte doch die Wirtschaftskrise all den Fabriken, die solchen Müll produzieren, für immer den Todesstoss versetzt!

Noch schlimmer als die Spielsachen sind die „Esswaren“, welche zusammen mit dem Spielzeug den Weg zu uns gefunden haben. Einzeln in Plastik eingeschweisst, in einer riesigen, bunt bedruckten Kartonschachtel wird den Kindern als Lebensmittel verkleideter Abfall schmackhaft gemacht. In der „confettura extra“ habe es echte  Erdbeeren und Kirschen, die das Kind beim Essen sehen und spüren könne, gefüllt sei das Ganze mit einer köstlichen Füllung aus Milch und der Teig sei mit reiner Bierhefe versetzt und somit wie ein echtes Brot aufgegangen. Bla bla bla. In Wirklichkeit ist das Ganze nämlich eine unansehnliche Mischung aus Glukosesirup, Geliermitteln, diversen Fetten, Säuren, Zuckerarten und anderen Scheusslichkeiten. Kein Erwachsener, der etwas auf sich gibt, würde seinem Magen so etwas zumuten. Aber die Kinder haben doch Freude daran, nicht wahr? Und in der Werbung haben sie doch gesagt, das Zeug sei so gesund und kalorienarm.

Wer jetzt noch immer nicht weiss, wer die Geschenke mitgebracht hat, kennt unsere Verwandtschaft schlecht…