Hier steh‘ ich nun…

… und darf nicht anders. Darf mich nicht setzen und schon gar nicht hinlegen. Denn wenn ich das tue, geht das Gebrüll wieder los. Dann schreit er wieder, windet sich auf meinem Arm, schlägt um sich und weckt am Ende noch die ganze Familie. Und dann bekäme meine afrikanische Zimmernachbarin  doch noch Recht. Die herzensgute Frau, an die ich mich immer gern erinnere, weil sie die erste wirklich interessante Gesprächspartnerin war, mit der ich nach meinen Geburten im Spital das Zimmer teilte,  hatte mir nämlich vor bald einem Jahr prophezeit, das Prinzchen werde ein „Petit Prince“, der die ganze Familie ermüden würde.

Dass „Meiner“ und ich des Prinzchens wegen seit drei Wochen auf dem Zahnfleisch gehen stimmt, aber der Rest der Familie hat davon zum Glück noch nichts mitbekommen. Die schlafen auch so zu wenig, weil sie zu später Stunde noch spielen müssen, oder streiten, oder die Mama etwas gaaaaanz Wichtiges fragen.

Ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, die vergangene Nacht sei, abgesehen von den Nächten, in denen ich geboren habe, die anstrengendste Nacht meiner Karriere als Mutter gewesen. Das Prinzchen mochte noch so verzweifelt nach Schlaf suchen, er blieb ohne Erfolg. Er schrie und wimmerte und jammerte dass es uns fast das Herz brach. Und um den Verstand brachte. Denn wir konnten einfach keinen Grund für sein Verhalten finden. Wir hatten alles abgecheckt, wie dies frischgebackene Eltern eben tun. Doch einen Grund fanden wir nicht.

Und so stand ich da, mit dem übermüdeten Prinzchen auf dem Arm, vor lauter Müdigkeit nicht einmal mehr im Stande, mich aufzuregen. Was ein Segen war. Denn früher hätte ich bei solcher Gelegenheit Schoppenflaschen an die Wand geschmissen oder Türen geknallt. Jetzt aber empfand ich nur noch Mitleid mit dem kleinen Menschlein auf meinem Arm. Und mit mir selber, die ich nicht einmal sitzen durfte, weil sonst das Prinzchen wieder entrüstet aufschreien würde. Und mit „Meinem“, der irgendwann angefangen hatte, Prüfungen seiner Schüler zu korrigieren, weil er bei dem Gebrüll nicht schlafen konnte und das Prinzchen seine Hilfe noch heftiger ablehnte als meine.

Irgendwann, gegen sechs Uhr, schlief das Menschlein endlich ein auf meinem Arm. Da lag er, unschuldig wie ein kleiner Barockengel. Als wäre nie etwas gewesen. Endlich durfte ich mich hinsetzen, was er zwar auch im Tiefschlaf mit einem heftigen Zappeln quittierte. Doch das war mir jetzt egal. Irgendwann war er dann so weggetreten, dass ich ihn in sein Bettchen legen konnte. Aber da war auch schon der Tag angebrochen, vier weitere übermüdete Kinder warteten auf uns.

Schönen Sonntag allerseits!

DSC02511-small

6 Gedanken zu “Hier steh‘ ich nun…

  1. Da kann ich euch nachfühlen! Das hatte schon mein „Grosser“ und die „Kleine“ war nun 2 Wochen mit den Zähnen am kämpfen… Immerhin ist nun bereits ein kleines Spitzchen eines Backenzahns zu sehen 😉

    Sie tut mir jeweils so leid wenn sie strampelnd, schreiend und schnuller-schmeissend neben mir im Bett liegt.

    Ich wünsche euch viele erholsame Nächte!

  2. Tönt nach einem „wunderbaren“ Urlaub. Wenn die kleinen Menschen doch nur sagen könnten, wo das Problem liegt…

  3. Oh je, da kommen Erinnerungen zurück… hostmam die mit dem jammerernden damals 1-jährigen Töchterlein Nacht um Nacht im Schottland-Camping-Urlaub auf und ab wanderte (ausser Hörweite der Camping Nachbarn). Heute weiss ich dass das Töchterlein auf heftigste Wachstumsschmerzen hatte (hat sie später noch immer mal wieder gehabt)

    Ich wünsche euch dass die letzte Nacht die berühmte Ausnahme von der Regel ist.

  4. Nein, krank ist er zum Glück nicht. Und heute Nachmittag haben wir dank einer lieben Nachbarin ein wenig nachgeschlafen. War himmlisch!
    Liebe übrigens Frauen-Nachmittage mit meiner Tochter auch über alles.

  5. Das tut mir leid, dass eine so anstrengende Nacht hinter euch liegt.Ich hoffe, euer Prinzchen ist/wird nicht krank und ihr könnt diese Nacht besser schlafen!

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..