So langsam bin ich ein wenig verunsichert. Überall wird über Teenager hergezogen, in den Zeitungen, in Diskussionsrunden am Fernsehen, an Elternabenden und am lautesten im Gespräch mit anderen Eltern. Mütter – Väter übrigens kaum -, die erfahrener sind als ich, malen mir in den schlimmsten Farben aus, was mich alles erwarte, wenn dereinst meine Kinder in der Pubertät seien. Das habe ich schon immer besonders geliebt: Mütter, die nichts Besseres zu tun wissen, als anderen Müttern Angst einzujagen. Das fängt meist schon in der Schwangerschaft an: „Du wirst sehen, die Geburt ist eine grauenvolle Sache. Also ich habe das kaum überlebt…“ Es geht weiter, wenn das Baby da ist: „Warte mal ab, bis das Trotzalter kommt. Jetzt mag er ja noch ganz süss und pflegeleicht sein, aber wehe, wenn er anfängt, sich tobend auf dem Fussboden zu wälzen…“. Wenn der Schuleintritt naht, folgen weitere Drohungen: „Du kannst mir glauben, das wird furchtbar! All diese Hausaufgaben. Und die bösen Lehrer. Und dann erst die Schulkameraden mit ihrem Gruppendruck….“ Die wüstesten Vorhersagen betreffen aber die Pubertät: „Du wirst deine Kinder nicht wieder erkennen. Es ist ganz einfach grässlich, miterleben zu müssen, wie aus deinem ehemals süssen Baby ein unausstehlicher Fratz wird, den du am liebsten in die Besenkammer sperren möchtest….“ Das nennt man dann wohl Ermutigung.
Was mich an der Sache verunsichert ist weniger die Aussicht darauf, dass bei unserem Ältesten die Teenagerjahre nicht mehr fern sind. Was mich verunsichert, ist die Tatsache, dass ich in meinem Bekanntenkreis und in meiner Verwandtschaft noch keines jener Monster begegnet ist, die da jeweils geschildert werden. Gut, man könnte jetzt einwenden, ich hätte ja kaum einmal mit Teenagern zu tun. Aber das stimmt nicht. Dreimal die Woche sitzt einer bei uns am Mittagstisch, seit bald zwei Monaten bereichert einer vorübergehend unser Familienleben, unter meinen Neffen und Nichten wimmelt es nur so von Halbwüchsigen und gestern Abend hatten wir gleich ein Dutzend Exemplare dieser verrufenen Spezies bei uns zu Gast. Und auch wenn ich es selbst kaum glauben kann, wir haben es überlebt, mehr noch, wir geniessen die Gesellschaft dieser jungen Menschen und freuen uns, zu sehen, dass sie gar nicht so übel sind wie ihr Ruf. Im Gegenteil: Sie sind grossartige junge Menschen, sogar diejenigen, die schon einiges auf dem Kerbholz haben und die auf den ersten Blick jeden Erwachsenen das Fürchten lehren.
Warum denn, so frage ich mich, findet alle Welt die Teenager so schlimm? Sind sie wirklich so unausstehlich oder haben wir Erwachsenen nur einfach vergessen, wie schwierig das Leben damals war, als wir nicht mehr Kind und doch noch nicht erwachsen waren? Sind sie wirklich alle so ungehobelt, oder reden sie bloss so schnoddrig, weil sie sich nicht akzeptiert fühlen von uns? Ich zumindest habe mich schon mehrmals dabei ertappt, wie ich zu Jugendlichen unfreundlich war, bloss weil ich gerade einen negativen Artikel über die Jungend von heute gelesen hatte. Und wie reagierten die Jugendlichen? Sie beschämten mich, indem sie mir anboten, den Kinderwagen die Treppe hochzutragen und einer wollte am Ende gar ein Foto von meinem „süssen Baby“ schiessen. So langsam dämmert in mir die Erkenntnis, dass auch Teenager nichts anderes wollen, als geliebt und akzeptiert zu werden, auch wenn sie einem dies nicht immer einfach machen.
Wer jetzt denkt „Die hat gut reden. Die hat ja noch keine Kinder, die Teenager sind“, der hat vermutlich Recht. Denn auch ich werde damit zu kämpfen haben, wenn meine Kinder mich bald schon nur noch doof und peinlich finden werden. Auch ich werde Mühe haben damit, zu akzeptieren, dass sie manchmal sehr kurzsichtige und aus erwachsener Sicht sehr dumme Entscheidungen fällen werden. Auch ich werde immer mal wieder darüber seufzen, wie anstrengend das Leben mit Teenagern doch sei. Genauso, wie ich über das Zahnen, das Trotzalter, die durchwachten Nächte und dergleichen geseufzt habe und noch immer seufze. Sie werden mich zum Wahnsinn treiben, oh ja, ganz bestimmt. Aber gehört das nicht alles zum Kinderhaben dazu? Und sind es denn nicht immer noch meine geliebten Kinder, auch wenn ich dies hin und wieder vergessen werde, wenn sie dereinst meine Liebe bis aufs Äusserste testen werden?
Aus diesem Grund habe ich beschlossen, mich nicht mehr weiter vor den Teenagerjahren meiner Kinder zu fürchten, auch wenn mir das nicht immer leicht fällt. Aber genauso, wie ich beschlossen habe, dass es mir nicht weiterhilft, wenn eine Mama mir zwei Tage vor der Geburt erzählt, wie schrecklich das Gebären doch sei, genauso hilft es mir nichts, jetzt in Panik zu verfallen, wenn meine Kinder grösser werden. Ich nutze die mir verbleibende Zeit wohl besser damit, mich wohl darin zu üben, sie trotz all ihrer Macken zu lieben. Und die Gelegenheit, dies zu üben, bekomme ich ja bereits heute, Tag für Tag. Zum Beispiel gerade jetzt, wo Luise den Zoowärter als Piraten geschminkt hat, obschon sie beide schon längst im Land der Träume sein sollten…
Nichts gegen Kleinkinder, verstanden! 😉
Also – ich finde Teenager ja auch nicht so schlimm. Und ich habe einen zu Hause. Wenn ich dagegen an die nervenaufreibende Kleinkinderzeit denke … 😉
Amen!!!