Bloss keine falschen Schlüsse ziehen

Wenn sie sich fürchten, kommen sie nicht mehr in dein Bett gekrochen.

Ihre Geheimnisse vertrauen sie anderen an.

Haben sie sich auf irgend eine Weise weh getan, kommen sie nicht mehr weinend zu dir gerannt, um sich trösten zu lassen.

Ihre Bewunderung für dich bringen sie nur noch äusserst selten zum Ausdruck und wenn doch, dann meist als ironische Bemerkung kaschiert.

Wenn du abends weggehst, weinen sie dir keine Träne nach, es sei denn, du hättest die Fernbedienung mitgenommen, um sie vom fernsehen abzuhalten. 

Wühlst du in ihrem Beisein in deinen Kindheitserinnerungen, hören sie dir nicht mehr gebannt zu, sondern fallen dir irgendwann ins Wort, um zu sagen: „Ja, ich weiss, da hattest du ganz schreckliche Angst und deine Schwester musste dir wieder die Geschichte von der lustigen Watschelente erzählen, damit du einschlafen konntest. Hast du uns schon hundertmal erzählt…“

Seid ihr gemeinsam unterwegs, halten sie nicht mehr voller Stolz deine Hand. Viel lieber halten sie ein wenig Distanz, um nicht mit dir in Verbindung gebracht zu werden.

Was dir gehört, finden sie nicht mehr unglaublich toll, sondern ziemlich altbacken und peinlich. 

Machst du etwas falsch, sagen sie nicht mehr: „Schon okay, Mama“, denn dein Fehler liefert ihnen eine Gelegenheit, dir endlich einmal ins Gesicht zu sagen, was sie schon immer doof fanden. 

Nicht selten fällst du ihnen schlicht und einfach auf die Nerven.

Dennoch wäre es ganz und gar falsch, zu glauben, sie würden dich nicht mehr brauchen und hätten kein Bedürfnis mehr, von dir zu hören, dass du immer für sie da sein wirst und dass du sie über alles liebst. 

moln

 

4 Gedanken zu “Bloss keine falschen Schlüsse ziehen

  1. Das zeichnet sich bei uns auch allmählich ab. Also nicht das Ausziehen, sondern das „Bei Mama und Papa sitzen und bis spät abends zusammen quatschen“.

  2. Das Beruhigende ist ja, dass wir Eltern früher nich anders waren zu unseren eigenen Eltern und erst mit dem Erwachsenwerden erkannt haben, was sie alles geleistet haben. Ist wohl einfach der Lauf der Dinge und das Wichtigste ist wohl, dass man immer wieder Wege findet, aufeinander zuzugehen.

  3. So ehrlich und so wahr! Als 23-jährige ist mir dieses Verhalten damals schon irgendwie unangenehm. Wie oft hat man seine Eltern verletzt und die mussten es runterschlucken, hinnehmen und weiter machen weil es nicht anders geht.

    Danke, dass du das ansprichst! Das bringt einen echt zum Nachdenken und im Endeffekt sagen wir zu selten oder nie, dass Mama und Papa die größten sind und bleiben. Für immer!

  4. Aber sie kommen wieder. Und bringen ihre Freunde mit. Irgendwann ist Mama nicht mehr peinlich, sondern einfach ok, Mama halt. Das Essen ist lecker, sie müssen auch nicht mehr aushäusig essen sondern kommen gerne heim, setzen sich auch mal Abends dazu im Wohnzimmer, ihre Freunde auch (vorzugsweise mitten während des spannendsten (Fernseh-)Films der Woche 😉 ) und erzählen und unterhalten sich gern. Bis sie dann irgendwann endgültig ausziehen (so weit sind wir hier noch nicht – ich bin gespannt wie das dann wird, für die olle Glucke der das loslassen so unendlich schwer fiel, die aber saustolz darauf ist es geschafft zu haben).

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