Danke, meine drei Lieben

Nur ungern gebe ich es zu, aber es ist halt doch so: Das ewige Theater ums Tischdecken, das Genöle, wenn etwas nicht schmeckt, der Zoff, weil nicht mal die grundlegendsten Tischregeln ohne Widerstand eingehalten werden, das tägliche Müssen – all dies hat meiner Kochleidenschaft ganz schön zugesetzt. Klar, gutes und gesundes Essen sind mir noch immer wichtig, ich rühre weiterhin mit ziemlich viel Freude im Kochtopf, natürlich kommt immer wieder mal etwas Neues auf den Tisch und wenn ich Zeit habe, mag ich es auch richtig kompliziert und aufwendig.

Dennoch seufze ich zuweilen tief, wenn die Mittagszeit naht. Immer wieder muss ich die Ausgehungerten davon abhalten, sich über den Vorratsschrank herzumachen, währenddem ich dem Essen den letzten Schliff verpasse. Immer wieder findet mindestens einer, es wäre besser gewesen, ich hätte etwas anderes gekocht. Und wenn ich ausnahmsweise mal den Geschmack aller getroffen habe, entbrennt der erbitterte Kampf um die letzten kostbaren Bissen. Deshalb überkommen mich zuweilen die Zweifel, ob das, was ich für so wichtig halte im Familienleben, auch wirklich geschätzt wird von denen, die ich am meisten liebe. 

Doch dann, wenn die Zweifel am allerschlimmsten sind, geschieht dies:

Das Prinzchen kommt nach Hause, wirft einen Blick in die Pfanne, fragt, was es sei und sagt: „Das esse ich!“ Wenige Augenblicke später steht der FeuerwehrRitterRömerPirat mit bettelndem Blick neben mir: „Darf ich bitte jetzt schon probieren? Das sieht so unglaublich gut aus und ich bin sooooo hungrig.“ Währenddem ich noch darüber nachsinne, ob sich unsere beiden heikelsten Esser bewusst sind, dass sie soeben meine Mittagszeit gerettet haben, stürmt der Zoowärter in die Küche: „Mama, bei unserem Haus riecht man immer schon auf der Strasse, dass du am Kochen bist. Das ist so schön.“

Es lohnt sich eben doch…

img_1289

Es gibt sie noch, diese Tage, an denen…

…die Schreibblockade ausgerechnet dann zu Besuch kommt, wenn zwei Kolumnen (über)fällig sind.

…der Autoschlüssel unauffindbar ist, weil er ohne mein Wissen mit il Cugino zur Schule gegangen ist, weshalb ich nicht aus dem Haus kann, um die Zutaten, welche die Kinder schon wieder als Zvieri zweckentfremdet haben, fürs Mittagessen einzukaufen.

…das Mittagessen in Folge des oben genannten Desasters äusserst dürftig ausfällt und erst noch anbrennt.

…das Bankkonto nicht hergibt, was man vermeintlich mit voller Berechtigung von ihm erwartet hätte.

…ich „Meinem“ die Ohren voll heule, weil es mir jetzt einfach reicht. 

…der vor einer Woche gekaufte Mixer seine Arbeit verweigert, weshalb ich die Meringue-Masse von Hand schlagen muss. Was mich nicht weiter stören würde, hätte ich nicht die offensichtlich vollkommen hirnrissige Erwartung, dass ein neuer Mixer seinen Dienst länger als eine Woche tut. 

…“jemand“ ganz zufälligerweise die Ofentemperatur von 100 auf 230 Grad verstellt, was bekanntlich nicht gerade die optimale Temperatur für Meringues ist. Natürlich bemerke ich dies erst, als es schon wieder angebrannt riecht.

…ich der Tatsache ins Auge sehen muss, dass wir jetzt zu den Menschen gehören, die zu viel verdienen, um noch irgendwelche Vergünstigungen zu bekommen, aber nicht genug, um diesen Umstand problemlos verkraften zu können. 

…ich mir obendrein beim Kochen Tabasco ins Auge schmiere, was erstaunlicherweise ziemlich heftig brennt, obschon Tabasco doch gar nicht so scharf ist. 

…ich so oft die Contenace verliere, dass die Kinder anfangen, lieb und zuvorkommend zu sein, um mir keinen weiteren Anlass zum Herumbrüllen zu bieten. Ich hasse es, wenn ich so bin. Der Brief des FeuerwehrRitterRömerPiraten, in dem stand, ich solle mich doch ein wenig schlafen legen, sie würden währenddessen spielen, rührte mich dennoch zutiefst. 

Zum Glück gibt es solche Tage seltener als auch schon.

img_1161

Wollen täte ich ja schon…

Trotz viel zu kurzer Nacht raffe ich mich am letzten Ferientag unserer Kinder früh morgens auf, um eine oder zwei Stunden ungestört arbeiten zu können. Ich nehme mir sogar die Zeit, zum Tagesstart kurz inne zu halten zu einem Morgengebet. Heute werde ich mich nicht von den Ereignissen überrollen lassen, sondern schön diszipliniert meinen verschiedenen Aufgaben nachgehen. Mit dem Frühstück setze ich mich an den Computer, um gleich loszulegen, doch ich schaffe es gerade mal, zwei Mails zu beantworten, als das Telefon klingelt. Weshalb ich rangehe? Weil ich um diese Uhrzeit davon ausgehe, dass es dringend ist.

Fünfundvierzig Minuten lang hänge ich ziemlich hilflos am Draht, versuche zu helfen, wo ich helfen kann und starre mit Entsetzen auf die Uhr, deren Zeiger sich unaufhaltsam vorwärts bewegt. Gegen Ende des Telefongesprächs kommt Karlsson ins Zimmer geschlichen, Minuten später ist auch Luise da. Als ich endlich fertig bin mit Telefonieren muss ich mich zusammenreissen, um meinen Frust nicht an ihnen auszulassen. Sie können ja nichts dafür, dass ich in der einen Stunde, die mir zum ungestörten Arbeiten geblieben wäre, gestört worden bin. 

Da jetzt an Kopfarbeit nicht mehr zu denken ist, bereite ich eben das Mittagessen vor, damit ich vielleicht nachher, wenn alle gefrühstückt haben, noch einmal einen Arbeitsversuch starten kann. Zwei Anrufe später ist mir klar, dass heute Vormittag wohl nichts mehr daraus wird. Dann putze ich eben die Küche, damit ich das morgen nicht mehr machen muss. So kann ich morgen erledigen, was ich heute hätte tun wollen. Doch ehe ich putzen kann, muss aufgeräumt sein und schon steht ein neues Hindernis vor mir: Der Schlüssel des Vorratsschranks, der eben noch da war, ist unauffindbar, was bedeutet, dass Kakaodose, Vorn Flakes, leere Milchflaschen etc. nicht hinkönnen, wo sie hin müssen. Putzen geht also auch nicht.

Was bleibt mir da noch, als mich an den noch immer eingeschalteten Computer zu setzen, um darüber zu schreiben, dass alles Wollen meinerseits nichts nützt, solange der Tag läuft, wie es ihm beliebt? Mein Wollen, so muss ich leider einmal mehr einsehen, spielt im meinem Leben an gewissen Tagen eine sehr untergeordnete Rolle.

Und wer jetzt einwendet, bloggen sei doch auch Kopfarbeit, warum ich das denn könne, dem kann ich getrost antworten, im Bloggen sei ich inzwischen so geübt, dass ich es auch im Schlaf erledigen könnte. 

img_1079

In der Discounter-Oase

Discounter sind nicht so mein Ding. Also, eigentlich überhaupt nicht, aber wenn eine Freundin mich darum bittet, sie dorthin zu fahren, wäre es ziemlich doof, im Auto zu warten, bis sie fertig eingekauft hat. Darum fand ich mich heute kurz vor dem Mittagessen inmitten von Dauertiefpreisen und Einführungsangeboten. Weil mir für das Mittagessen noch einige Zutaten fehlten, zwang ich mich dazu, über meinen Schatten zu springen und das zu kaufen, was ich brauchte.

Nun ja, ich versuchte, zu kaufen, was ich brauchte, aber das war gar nicht so einfach denn wie mir scheint, bestimmt im Discounter nicht der Einkaufszettel darüber, was in den Wagen kommt, sondern das Angebot. Und dieses ist zumindest für meinen Geschmack ziemlich dürftig. Oh ja, mit Süssigkeiten, Chips und Beutelsuppe könnte man sich eindecken, zur Not findet man auch Knoblauch, Kokosmilch und Currypaste hingegen sucht man vergeblich, auch im Regal mit den asiatischen Produkten.

Nachdem ich jeden Regalmeter erfolglos nach den gewünschten Zutaten abgesucht hatte, sagte ich meiner Freundin, ich würde mich noch schnell im Discounter gegenüber – die Läden treten ja meist im Rudel auf – umsehen, vielleicht würde ich dort fündig. Wurde ich nicht. Im dritten Geschäft fand ich dann endlich Kokosmilch, Currypaste gab es aber auch dort nicht. Manchmal hätten sie diese schon im Sortiment, erklärte mir einer der Verkäufer. 

Manchmal, aber eben nicht heute, bei meinem hoffentlich einzigen Besuch in dieser Discounter-Oase. Ein Besuch, den ich nur schon deshalb nicht so bald wiederholen werde, weil ich schlicht keine Zeit habe, für eine Handvoll Zutaten dreissig Minuten durch die Läden zu hetzen. Als sich beim Mittagessen auch noch der Knoblauch in den Knoblauchbroten eigenartig grün-violett verfärbte, war klar, dass ich bei meiner bisherigen Haltung bleibe: Solange wir es uns leisten können, kaufe ich dort ein, wo für mich die Qualität stimmt. Auch wenn ich dafür etwas tiefer in die Tasche greifen muss. 

img_0947

Geständnis

Schon mehrmals stand ich kurz davor, dieses Geständnis hier abzulegen, doch jedes Mal entschied ich mich nach reiflicher Überlegung dagegen. Es ist ja auch nicht ganz einfach, so etwas zu gestehen, aber der Moment ist gekommen, wo ich nicht mehr länger schweigen kann und darum schreibe ich mir die Sache jetzt einfach mal von der Seele. Hier also die ungeschminkte Wahrheit:

Ich hasse den Samstag. Ich verabscheue ihn zutiefst, diesen miesen Kerl, der so tut, als wäre er ein freier Tag, dabei ist er ein Sammelbecken für all den kleinen Mist, den du wochentags nicht erledigen kannst und sonntags nicht erledigen willst. Möbelpolitur und Teppichschaum kaufen, zum Beispiel, oder den Kühlschrank putzen, oder zu Hause die Stellung halten, damit „Deiner“ Sperrgut entsorgen gehen kann.

Weil der Samstag vorgibt, er sei ein freier Tag, bleibst du morgens länger liegen als die Kinder, was dem Chaos einen Vorsprung verschafft, den du den ganzen Tag nicht mehr wettmachen wirst. Das bedeutet, dass du erst frühstücken wirst, nachdem du die Kinder dazu verdonnert hast, ihre Kakaospuren und leeren Joghurtbecher zu beseitigen – oder aber, nachdem du das selber erledigt hast, weil du den Tag nicht mit Zoff anfangen willst. Wenn du dann endlich frühstücken kannst, werden sich deine Kinder unterdessen frisch und fröhlich hinter die Fingerfarben machen, oder sie werden mit sämtlichen Decken eine Hütte bauen, dabei hast du doch verkündigt, heute müsse aufgeräumt werden, weil morgen Gäste kommen.

Den Rest des Tages wirst du damit verbringen, Spuren zu beseitigen, den Sinn des Aufräumens für Gäste zu erläutern, Kleinkram zu erledigen und dich insgeheim zu ärgern, weil du von diesem Tag doch irgendwie mehr erwartest – mehr Zeit mit den Kindern, mehr Zeit mit „Deinem“, mehr Raum, nette Dinge zu tun, die Wochentags eben auch keinen Platz finden.

Vielleicht steht gegen Abend doch noch etwas Nettes auf dem Programm, eine Geburtstagseinladung zum Beispiel oder Gäste zum Kaffee, aber bis dieser Programmpunkt endlich da sein wird, ist dir schon längst die Decke auf den Kopf gekracht und dir ist jede Lust vergangen, dich jetzt noch einmal aufzuraffen und doch noch etwas Anständiges aus dem Tag zu machen.

So ist er, der Samstag, zumindest bei uns. Weder Werktag noch Sonntag, weder Pflicht noch Freiheit, nur so ein ärgerliches Zwischending, das sich nicht entscheiden kann, was es sein will. Manchmal wünschte ich mir, der Samstag wäre ein Werktag wie jeder andere. Dann wüsste man wenigstens, woran man bei ihm ist und würde von ihm nicht erwarten, was er nicht bieten kann.

Unknown

 

Wie schwierig kann es denn sein…

…Gabeln, Messer, Esslöffel und Kaffeelöffel in der Besteckschublade ins richtige Fach einzuordnen? Nein, kein ausgeklügeltes System, das nur Eingeweihte verstehen können. Einfach nur Gabeln zu Gabeln, Messer zu Messer und so weiter. Und nicht etwa Messer zu Kaffeelöffel, Gabel zu Rüstmesser und quer obendrauf noch ein Esslöffel oder so.

…die Zähne zu putzen, ohne eine halbe Tube Zahnpaste im Lavabo zu verschmieren? Ich will ja nicht pingelig sein, aber mit Zahnpaste bringt man das Lavabo einfach nicht sauber, egal, wie viel man davon verschmiert. 

…die Wäsche in den Wäschekorb zu schmeissen und nicht 22,5 Millimeter daneben? 

…den Deckel zurück auf die Flasche zu schrauben, nachdem man sich eingeschenkt hat? Ja, ich weiss, gewisse Kinder können prima basteln mit Flaschendeckeln, man kann auch ganz tolle Glotzaugen machen damit, aber kann man damit nicht warten, bis alles aus der Flasche raus ist, nicht bloss die Kohlensäure?

…schmutziges Geschirr in den Geschirrspüler zu räumen und sauberes in den Schrank und nicht umgekehrt? Ich würde ja behaupten, der Unterschied zwischen Küchenschrank und Geschirrspüler sei so deutlich zu erkennen, dass selbst der verschlafenste Venditti das richtig hinkriegen sollte. Und auch der Unterschied zwischen schmutzig und sauber wäre kaum zu übersehen, würde man genau hinschauen.

…einen leeren Joghurtbecher die drei Meter vom Esstisch zum Abfalleimer zu tragen? Ja, ich weiss, so ein Becher kann ganz schön klebrig sein, wenn man nicht sauber gegessen hat, aber in jedem anständigen Schweizer Haushalt hat es über dem Abfalleimer einen Wasserhahn. Auch in unserem Haushalt, obschon der von Anstand keine allzu grosse Ahnung hat. 

…leere Milchkartons in den Abfalleimer zu schmeissen und nicht zurück in den Kühlschrank zu stellen?

…zu sagen „Ja, Mama, du hast Recht, das ist wirklich eine Sauerei. Ich bringe das sofort in Ordnung“? 

…es beim nächsten Mal besser zu machen, wo man doch gesehen hat, wie hoch man die Mama wieder auf die Palme getrieben hat mit diesem Mist?

dsc09168-small

Machtübernahme

Sie muss sich irgendwann in unser Haus geschlichen haben, vielleicht als wir mal weg waren oder zu viel um die Ohren hatten, um zu bemerken, was vor sich ging. Wie auch immer, irgendwann war sie da und fing an, sich auszubreiten. Zuerst im Vorratsraum, ab und zu steckte sie ihre Nase auch in eines der Badezimmer, wagte sich aber nie richtig über die Schwelle. Später machte sie einen kurzen Abstecher ins Dachgeschoss, zog sich jedoch bald wieder von dort zurück. Warum, weiss ich nicht. Vielleicht, weil es dort zu zugig ist im Herbst, vielleicht auch, weil sie sich mit dem Zoowärter und Luise, die dort hausen, nicht sonderlich gut versteht. Danach hielt sie sich eine Zeit lang still, vermutlich war sie eingeschnappt, weil wir ihr nicht genügend Beachtung schenkten.

Vermutlich war sie drauf und dran, uns wieder zu verlassen, doch offenbar wollte sie uns noch einen letzten Versuch starten, ehe sie sich enttäuscht aus dem Staub machte. Und dieser letze Versuch hatte es in sich: Zuerst machte sie sich im Büro zu schaffen, dann riss sie die Macht in meiner Traumküche an sich, anschliessend stürmte sie in den Eingangsraum, um dort nach den Rechten zu sehen. Gestern schliesslich ertappte ich sie in unserer Alltagsküche und es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass sie sich auch in Prinzchens Zimmer aufgehalten hat. Heute Abend nun hat sie uns mitgeteilt, dass für Samstag ein Sturm auf alle übrigen Zimmer angesagt ist und dass sie auf unsere uneingeschränkte Mithilfe zählt.

Kein Zweifel, die Ordnung hat die Macht an sich gerissen und wir haben keine andere Wahl, als zu kuschen. Und das Schlimmste daran ist: Nach anfänglichem Widerstand fange ich nun an, ihr herrisches Regime gutzuheissen und gar aktiv zu unterstützen.

20131213-001141.jpg

Fiktives aber leider nicht ganz frei erfundenes Gespräch mit einer Einzelkindvollzeithausfrau

Ich: „So, ich muss los. Die Horde braucht Futter und ich habe noch nichts vorbereitet.“

Einzelkindvollzheithausfrau:“Ach ja, kochen. Das liegt mir nicht so. Meistens schiebe ich eine Fertigpizza in den Ofen. Oder Fischstäbchen finde ich auch ganz praktisch. Und kennst du diese Findus-Dinger…“

Ich: „Na ja, weisst du, mit den Fertigprodukten habe ich es nicht so…“

EVH: „Ich koche halt einfach nicht gerne. Wenn einer bei uns kocht, dann mein Mann, am Wochenende. Und der backt manchmal sogar…“

Ich: „Das machen wir auch viel. Die Kinder lieben es…“

EVH: „Ja, aber das gibt immer so eine Sauerei. Also mit dem Kleinen backe ich nie…“

Ich: „Ja, die Sauerei gehört halt dazu, aber bei uns ist ohnehin immer Chaos, da kommt es darauf auch nicht mehr an.“

EVH: „Oh ja, das Chaos, das kenne ich auch. Ich hasse putzen.“

Ich: „Ich auch. Und kaum ist es erledigt, fängt man wieder von Vorne an…“

EVH: „Wem sagst du das? Ich bin immer froh, wenn mein Mann das Putzen übernimmt. Der macht das gerne.“

Ich: „‚Meiner‘ muss auch oft dran glauben. Anders schaffen wir das einfach nicht.“

EVH: „Also wenn der Kleine zu Hause ist, kann ich auch nicht putzen. Zum Glück kommt er im Sommer in den Kindergarten, dann muss ich ihn nicht jedes Mal zur Schwiegermutter bringen, wenn ich mal putzen muss. Ich hab mir auch schon überlegt, ob ich vielleicht eine Putzfrau engagieren soll.“

Ich: „Wir hatten lange eine, aber jetzt, wo alle im Kindergarten und in der Schule sind, sollten wir es ohne schaffen.“

EVH: „Ich weiss nicht, wie du das mit dem Haushalt hinkriegst. Nur schon mein Wäscheberg bringt mich fast um. Drei Maschinen pro Woche, kannst du dir das vorstellen?“

Ich: „Nun ja…“

EVH: „Zum Glück habe ich nicht auch noch einen Job, oder ein zweites Kind. Ich würde zusammenbrechen…“

Ich: „So, ich muss jetzt wirklich los. Am Nachmittag muss ich noch…“

EVH: „Erinnere mich bloss nicht an heute Nachmittag. Da muss ich einen Geburtstagskuchen backen. Diese Fertigmischungen machen immer so viel Arbeit…Und übermorgen dann die Geburtstagsparty im Indoor-Spielplatz. Wie soll ich das bloss schaffen?“

Ich mache mich auf den Heimweg und frage mich, was um Himmels Willen die arme Frau so sehr auslaugt. Ich tippe auf Reality-TV und Nägel lackieren.

Und nein, ihr Vollzeithausfrauen und Einzelkindmütter braucht euch durch diesen Post nicht betroffen zu fühlen. Ich weiss, dass die meisten von euch einen sehr guten Job machen. Und ich weiss auch, dass ich meinen Job öfters mal ziemlich schlecht mache. 

p4302226

Rückeroberung

Sie war meine absolute Traumküche, entworfen nach meinen Wünschen. Riesige Arbeitsfläche, warmes Orange, der Hygiene zuliebe eine Chromstahlabdeckung, die ich täglich blitzblank polierte, ein Regal, das zumindest einen Teil meiner Kochbüchersammlung zu fassen vermochte, ein extrabreites Kochfeld und ein Regal, an dem sich Kochlöffel, Schneebesen & Co. aufhängen liessen. Die perfekte Küche also, die jedoch einen entscheidenden Nachteil hat: Sie bietet zu wenig Stauraum für grosse Futtermengen und hohe Tellerstspel. Eines Tages entschieden wir uns also schweren Herzens dazu, die Küche in der unteren Etage zu benützen, denn diese hat nicht nur einem grossen Vorratsraum, sondern auch Schränke, die fast bis zur Zimmerdecke reichen. Seit jenem traurigen Tag ging es mit meiner geliebten Küche stetig bergab:

Zuerst diente sie noch als Produktionsstätte für hausgemachte Pasta,…
….dann wurde sie zur Filiale der Kinderpost,…
….etwas später nahm „Meiner“ sie als Atelier und Werkstatt ein,…
….dann kam die Zeit, als wir dort unser schmutziges Geschirr wuschen, weil unten der Geschirrspüler kaputt war,…
….“Meiner“ streute seine Mehbotschaften….
….alles, was unten keinen Platz mehr fand, wurde oben zwischengelagert….
…..und das Schlimmste war, dass die untere Küche dabei aus allen Nähten platzte.
Ein trauriges Bild, ihr könnt mir glauben.

Heute, als ich zur Mühle fuhr, um mich mit Mehlvorräten einzudecken, fasste ich einen Entschluss: Ich will meine Küche zurückhaben. Ich will einen Raum, in dem…

…mein Sauerteig ungestört vor sich hin versauern kann.
…die Backformen so verstaut sind, dass ich sie nicht zuerst unter Schimpfen und Jammern hervorkramen muss, ehe ich backen kann.
…für jede nur erdenkliche Mehlsorte Platz ist.
…Getreidemühle und Küchenmaschine jederzeit einsatzbereit herumstehen dürfen.
…leere Einmachgläser ihren Schrank haben, in dem sie herumstehen dürfen, bis sie wieder gefüllt werden.
…die Teigwarenmaschine wieder gebraucht wird.
…keiner meine Küchenutensilien als Spielzeug missbraucht.
…ich meinen im Familienalltag krampfhaft unterdrückten Perfektionismus ungehindert freilassen kann, ohne dass er den anderen auf die Nerven fällt.
…Familie und Gäste am Tisch sitzen und sich mit mir unterhalten können, währenddem ich den Teig knete.

Fragt mich nicht, woher ich die Energie dazu genommen habe, aber irgendwie habe ich es geschafft, mit der Rückeroberung meiner Küche nicht nur anzufangen, sondern sie auch fast abzuschliessen. Noch gibt es einige Dinge zu verstauen, der Boden muss mich geputzt und ein paar Kleinigkeiten müssen noch angeschafft werden. Dann wird sie wieder mein sein, die Küche, die einst nach meinen Wünschen entworfen wurde. Mich dünkt, ich hätte mir nicht bloss meine Küche zurückerobert, sondern auch einen Teil meiner selbst, ein Teil, der in den vergangenen turbulenten Jahren kaum Gelegenheit hatte, sich bemerkbar zu machen.

20131207-224032.jpg

Und noch etwas gelernt

Nur weil dein Heizungsmonteur grossmäulig einen 24-Stunden-Service verspricht und dir einen Aufkleber mit der Notfallnummer auf den Heizkessel klebt, heisst das noch lange nicht, dass du ihn morgens um Viertel nach sieben schlotternd und zähneklappernd anrufen darfst. Gut, man verbietet es dir nicht gerade, aber du darfst dich nicht wundern, wenn du ziemlich giftig angefahren wirst. Der Kollege sei zuständig, erfährst du und eigentlich sei man davon ausgegangen, das Problem habe sich erledigt. Du entschuldigst dich dafür, dass sich das Problem leider noch nicht erledigt hat und wählst mit klammen Fingern die Nummer des Kollegen, doch der Kollege geht nicht ans Telefon. Warum soll er auch? Er hat ja nicht die 24-Stunden-Notfallnummer und muss darum nicht rangehen, wenn das Telefon klingelt.

Du beschliesst, so bald als möglich den Heizungsmonteur zu wechseln und versuchst, die Herstellerfirma zu erreichen. Auch die hat einen grossen Aufkleber mit einer Notfallnummer auf dem Heizkessel angebracht und dort nimmt man sogar deinen Anruf entgegen, ohne ausfällig zu werden. Wenn du jetzt glaubst, das Frieren würden damit bald ein Ende nehmen, irrst du aber gewaltig. Bis endlich einer Zeit hat, dir Bescheid zu geben, ob und wann einer kommt, um deiner Heizung zu zeigen, wie sie Pellets ansaugen muss, darfst du weiter frieren. Wie lange, das kann dir leider keiner so genau sagen.

Und glaubt mir, wir Schreibenden können so schnell auf der Tastatur tippen wie wir wollen, warm wird uns dabei noch lange nicht. Auch nicht, wenn wir dicke Socken und zwei Jacken übereinander anziehen, eine wärmende Katze auf den Schoss nehmen und literweise heissen Tee in uns hineinkippen. 

p3312109