Wenn Papa mitmischt,…

…dann ist das grundsätzlich eine ganz und gar gute Sache. Väter sind in meinen Augen ebenso wichtig wie Mütter und ich könnte und wollte den Karren nicht ohne „Meinen“ aus dem Dreck ziehen. Eine klarere Abgrenzung, wer wofür zuständig ist und wer zu welchem Zeitpunkt von wem übernimmt, wäre aber zuweilen wünschenswert. Zum Beispiel in der Sache mit dem Velo.

„Am Montag, 23. März müssen die Kinder mit dem Velo zur Schule kommen. Bringen Sie das Fahrzeug vorher noch zum Mechaniker, damit alles in Schuss ist“, so oder so ähnlich sprach die Lehrerin zu „Meinem“, als er vor drei Wochen zum Elterngespräch antrabte. „Wird gemacht“, versprach „Meiner“ und vereinbarte auf dem Heimweg mit dem Kind, dass es das Rad selber zum Mechaniker bringen würde.

Von alldem bekam ich nichts mit, ich erfuhr erst vor etwa neun Tagen von der Sache, als das Kind zu mir sagte: „Papa sagt, ich soll das Velo zum Mechaniker bringen, damit am übernächsten Montag alles in Ordnung ist.“ „Okay, tu das“, antwortete ich. „Kann ich auch erst morgen gehen?“, fragte das Kind. „Von mir aus, hast ja noch genug Zeit“, gab ich zurück. Dann hörte ich nichts mehr von der Sache, mal abgesehen von den Gesprächsfetzen zwischen „Meinem“ und dem Kind. „Die scheinen die Sache im Griff zu haben“, murmelte ich und kümmerte mich um andere Angelegenheiten.

Ich hörte erst heute früh wieder davon, als das Kind mit tränenüberströmtem Gesicht vor mir stand: „Das Velo hat einen Plattfuss und beim Mechaniker waren wir auch nicht und ich hab Papa doch gesagt, dass ich mich nicht traue, alleine hinzugehen“, heulte das Kind. „Einen Helm habe ich auch nicht mehr“, schluchzte es dann noch leise, doch das ging in meiner Schimpftirade fast schon unter. Mein Zorn war erst gerade am Hochköcheln, als die Lehrerin anrief. Sie war natürlich vollkommen ausser sich und das zu Recht, stand sie doch mit einem Trupp Viertklässler abfahrbereit auf dem Pausenhof und wartete auf mein Kind, das mal wieder darauf gehofft hatte, das Problem würde sich in Luft auflösen, wenn man es nur lange genug vor sich herschiebt. 

Nun, das Problem hatte sich natürlich nicht aufgelöst, es stand plattfüssig und ohne funktionierendes Hinterlicht bei uns im Garten und wartete darauf, Luft in seinen Hinterreifen gepumpt zu bekommen. Bloss wie, wo doch das Ventil kaputt gegangen war – vermutlich, als das Kind versucht hatte, den Reifen selber zu pumpen? Ich tat, was alle schlechten Mütter in einem solchen Moment tun: Ich fuhr aus der Haut. Das volle Programm, so laut, dass es wohl die ganze Nachbarschaft gehört hat. Ich erspare euch die Details, küren wir die Szene doch einfach zum erzieherischen Tiefstpunkt des Monats, der im absolut herzlosen Ausruf „Heulen bringt jetzt auch nichts mehr! Hättest du mich früher um Hilfe gebeten, hätte ich dir helfen können, aber jetzt ist es zu spät“ gipfelte.

Das Kind ging traurig weg. Zu Fuss, weil das Ersatzvelo zu gross und auch nicht ganz im Schuss ist. Und ich? War traurig, weil ich es schon im Morgengrauen ganz gewaltig vergeigt habe. Wütend, weil „Meiner“ die Sache nur angerissen, nicht aber zu Ende geführt hat. Verärgert, weil ich nicht gespürt hatte, dass das vermehrte „Ich hab‘ Bauchweh“ des Kindes wohl ein versteckter Hinweis auf die Velo-Geschichte gewesen wäre. Und beschämt, weil ich jetzt wieder als die Mama dastehe, die sich nicht kümmert, denn genau das denken die Lehrer, wenn solche Dinge passieren. Auch dann, wenn der Papa im Familienleben mitmischt und darum ebenso viel zum Guten und zum Schlechten beiträgt wie die Mama. 

prettyvenditti.jetzt

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9 Gedanken zu “Wenn Papa mitmischt,…

  1. Pommes und Schoggi waren am Ende nicht mal nötig. Das Kind ist einfach zu grosszügig im Verzeihen. Wenn der wüsste, was er alles von mir haben könnte, wenn er mein schlechtes Gewissen noch ein paar Stunden am Leben erhielte.

  2. Das ist ja das Blöde an diesen Papas: Die sind immer dann nicht erreichbar, wenn man den berechtigten Ärger an ihnen auslassen möchte.

  3. Bei uns wäre das eigentlich umgekehrt, doch leider haben wir es nie geschafft, uns arbeitsteilig unseren Fähigkeiten anzupassen. Darum wohl das andauernde Chaos…

  4. Innenminister/Aussenminister. So ungefähr ist unsere Aufteilung. Was Kinder und Haus betrifft kümmere ich mich, Finanzen, Versicherungen und so macht mein Mann. Ab und zu wird delegiert, aber die „Oberaufsicht“ bleibt beim Zuständigen. Klingt bürokratischer als es ist und klappt ziemlich gut.
    Und mach dir kein schlechtes Gewissen. Sowas passiert doch vielen mal in der ein oder anderen Form. 🙂

  5. Schade dass man solche Situatinen nicht hinauszögern kann, damit der verantwortliche Erziehungsteil hautnah erlebt, wie es dem Kind ergangen ist. Mütter sind nur zu oft die Sprungtücher im Vollbrand. Läuft bei uns genauso ab, und in diesem Moment würde ich statt dem Kind dann doch lieber den Papa anschreien.
    Du hast laut reagiert, na und, du bist eben kein Roboter!
    Lg Carmen (Pommes Frites tönt gut!)

  6. oh nein – das sind jeweils die momente, in denen ich ziemlich laut sätze wie „warum muss ich auch immer für alle mit denken!“ von mir gebe. sätze, die zu dem zeitpunkt überhaupt nicht helfen oder im gegenteil das ganze nur noch schlimmer machen… ich hoffe, pommes und schoggi haben geholfen!!!

  7. Danke für die Aufmunterung. Dein Kommentar hat schon sehr geholfen, aber vielleicht müssen auch noch ein paar Pommes Frites her (für das Kind, meine ich natürlich. 😉 )

  8. Oje! Da hilft nur eine grosse Portion Gnade und Vergebung – dir, dem Meinen und Kind:-) Kaffee, Schoggihasen und Pommesfrites helfen vielleicht auch…

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