Wenn Mama nicht mitspielt…

Wenn mir der Zoowärter mit leuchtenden Augen vorschlägt, unser Mama-Sohn-Ausflug, den er von seinem zehnten Geburtstag noch zugute hat, könnte nach Deutschland zur Games-Messe führen,…

Wenn das Leuchten in seinen Augen schlagartig erlischt, als ich ihm erkläre, das sei erstens zu weit weg, zweitens zu teuer und drittens ganz und gar nicht das, wozu ein solcher Mama-Sohn-Ausflug gedacht sei,…

Wenn schliesslich die Tränen fliessen, weil ich auch nicht dafür bin, dass er mit seinen Freunden fährt und sich das Ticket mit seinem Taschengeld kauft,…

Wenn er krampfhaft versucht, nicht laut loszuheulen, als ich ihm darlege, den Leuten, die Kinder mit fabelhaften Werbespots bombardieren, ginge es eigentlich nur darum, Geld zu verdienen,…

Wenn er mir lustlos aufzählt, was er gern macht und gut kann, damit ich ihm daraufhin eine Predigt über sein spannendes, abwechslungsreiches Leben abseits des Bildschirms halten kann,…

Wenn er sich widerwillig von mir dazu überreden lässt, an seinem nächsten freien Nachmittag einen Kuchen mit mir zu backen, weil solche echten Erlebnisse so viel toller sind als das mehr oder weniger sinnlose Drücken von Knöpfen,…

Wenn er nach unserem langen Gespräch mit hängendem Kopf in seinem Zimmer verschwindet, wo man ihn noch bis spät laut schluchzen hört,…

… dann wünsche ich mir einen Augenblick lang, wir hätten uns dazu entschieden, unsere Kinder irgendwo in der Abgeschiedenheit grosszuziehen, damit wir uns nicht immer mit dem Mist herumschlagen müssen, den andere an unsere Knöpfe herantragen. 

danse

Die Zeiten haben sich halt geändert

Wer meiner Generation angehört, gerät nicht selten ins Schwärmen, wenn er von seiner Kindheit erzählt. Mit leuchtenden Augen wird von den Abenteuern aus längst vergangenen Zeiten berichtet. Von kleineren und grösseren Kindern, die gemeinsam durch die Quartiere zogen, mit selbstgebastelten Seifenkisten Rennen veranstalteten, im Wald Feuer machten, beinahe die Bäume in Brand steckten, bei jedem Bandenmitglied zu Hause Süssigkeiten erbettelten und nackt im Bach badeten. Erwachsene kommen in diesen Geschichten nur am Rande vor. Als gütige Mütter, die aufgeschlagene Knie verarzten. Als naive Nachbarinnen, die allen Ernstes glauben, die Süssigkeiten bettelnden Kinder hätten an diesem Tag noch kein einziges Körnchen Zucker konsumiert. Als gestrenge Väter, die ihre ungezogenen Nachkommen ohne Abendessen ins Bett schicken, weil sie dem Schreiner für den Seifenkistenbau ein paar Bretter entwendet haben. Oder als gütiger Onkel, der dafür sorgt, dass die Knöpfe dennoch nicht mit leerem Magen schlafen gehen müssen, weil seine liebenswerte Frau gerade einen grossen Topf Suppe auf dem Herd stehen hat.

Herrliche Zeiten müssen das gewesen sein! Offenbar aber nicht herrlich genug, um meine Generation davon zu überzeugen, dass diejenigen, die jetzt heranwachsen, ähnlich Freiheiten geniessen sollten. Die Zeiten hätten sich geändert, sagen sie. Man könne den heutigen Kleinen nicht mehr zutrauen, was man ihnen zugetraut habe. 

Wer heute durch die Quartiere spaziert, trifft deshalb nur selten auf einen Trupp Kinder, der die verkehrsberuhigte Zone unsicher macht. Dafür ist jeder Vorgarten in einen eingezäunten Privatspielplatz umgewandelt worden. Beim einen Haus trifft man auf einen einsamen Ritter, der nicht so recht weiss, wie er die gigantische Spielburg, die ihm der Opa zum Geburtstag gezimmert hat, ohne Hilfe von Freunden erobern soll. Im Nachbarhaus regieren zwei Prinzessinnen über ein paradiesisches Reich mit Pool, Spielhaus, Schaukel, Wippe und Trampolin. Ein paar Häuser weiter vorne hat eine kleine Piratin keine Lust mehr, den Ausguck ihres Kahns zu erklettern, seitdem der grosse Bruder den ganzen Tag in der Schule sitzt. Und wenn der Ritter, die Prinzessinnen und die Piratin eines Tages in den Kindergarten kommen, heulen sie sich die Augen aus dem Kopf, wenn sie die Sandschaufeln, die Mosaiksteinchen und die Farbstifte miteinander teilen sollen. 

Derweilen tummeln sich auf den öffentlichen Spielplätzen ein paar wenige Bedauernswerte, die in einem Haus ohne Umschwung leben, weshalb ihnen Mama und Papa kein privates Spielparadies erschaffen können. Vielleicht hätten ihre Mamas und Papas es sogar gekonnt, aber sie wollten es nicht, weil sie an ihrer verklärten Vorstellung von einer nicht perfekten, dafür aber etwas freieren Kindheit festhalten. 

Wann begreifen diese Ewiggestrigen endlich, dass sich die Zeiten geändert haben und Kinder nur gut gedeihen, wenn sie auf allen Seiten eingezäunt sind?

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So doof sind wir nun wirklich nicht

Eigentlich sollte es ja witzig sein, aber allmählich nerven mich diese blöden Beiträge auf Social Media, mit denen man sich darüber lustig macht, wie unbeholfen wir Mütter uns angeblich mit Handy, iPad und Laptop herumschlagen. Meistens sieht man da eine verstaubte Alternde, die verzweifelt auf einen Bildschirm starrt und doofe Fragen stellt, die dann von einem leicht genervten Halbwüchsigen in Karlssons Alter beantwortet werden.

Was mich daran so nervt?

Nun, erstens einmal, dass die Mütter der heutigen Sechzehn- bis Fünfundzwanzigjährigen in diesen Filmchen dargestellt werden, als wären sie Frauen, die knapp vor der Pensionierung stehen oder diese bereits hinter sich haben. Ja, wir sind nicht mehr taufrisch, aber muss man uns deswegen aussehen lassen, wie in der Realität die Urgrossmütter unserer Kinder aussehen?

Zweitens bewegen sich heutzutage wohl die meisten Mütter ziemlich gewandt in den Welten von Internet & Co. Zwar lassen wir  – aus gutem Grund – die Finger von snapchat und vielleicht tippen wir unsere Nachrichten nicht ganz so schnell ins Handy wie unsere Kinder. Doch im Grossen und Ganzen sind wir durchaus in der Lage, mit dem Geräten umzugehen. Wir verbringen den grössten Teil unserer Arbeitszeit am Bildschirm, erledigen unsere Zahlungen online, buchen die Familienferien im Netz, verabreden uns via WhatsApp mit Freundinnen, teilen unser halbes Leben auf allen möglichen Kanälen und manche von uns treiben sich stundenlang in online-Foren rum, um sich mit andern über ihre Sorgen auszutauschen. Die Mutter, die heute noch entsetzt fragt, ob sie mit dem Drücken der falschen Taste das Internet gelöscht habe, muss man mir erst noch zeigen. 

Drittens finde ich es eigentlich ganz beachtlich, was wir in den vergangenen 30 Jahren alles gelernt haben. Immerhin gehören wir noch zu denen, die im Informatikunterricht vor riesigen Monitoren sassen und verzweifelt versuchten, das Zeug zu programmieren, das der Lehrer, der von der Sache auch nicht viel mehr verstand als wir, uns langfädig erklärt hatte. Wenig später verdiente ich einen Sommer lang ziemlich viel Geld damit, Disketten mit Kundendaten ins Laufwerk zu schieben, darauf zu warten, bis auf dem Bildschirm der Asterisk erschien und dann „delete“ zu drücken. Irgendwie haben wir es von diesen rudimentären Anfängen ganz gut ins Heute geschafft, finde ich. 

Viertens geht es mir auf den Geist, wenn man sich über Menschen lustig macht, die mit der digitalen Entwicklung überfordert sind. Es mag nicht meine Generation sein, die hier an die Grenzen kommt, aber die Generationen davor haben meiner Meinung nach jedes Recht dazu, nicht alles zu verstehen, was sich da so rasend schnell entwickelt hat. 

Aus all diesen Gründen bringe ich nicht mal mehr ein müdes Lächeln zustande, wenn wieder eines dieser doofen Filmchen auf meiner Timeline erscheint. Himmel, ich mache mich ja auch nicht über die Jugend von heute lustig, weil sie keine Ahnung davon hat, wie man ein Stofftaschentuch umhäkelt.

Nicht dass ich mich noch daran erinnern würde, wie das geht, aber ich kann mir ja demnächst einmal ein Tutorial auf youtube anschauen…

blüemli

Im Achtsamkeit-Stress

Achtsam sollen wir sein, sagen sie. Das Leben mit Bedacht angehen und ganz bewusst im Moment leben. Alle sollen das und ganz besonders wir Eltern, denn wir sind es ja, die der heranwachsenden Generation zeigen, wie leben geht. Von uns lernen die Kleinen, ob man das Dasein als hektischen Wettlauf gegen die Zeiger der Uhr oder als gemütliche Wanderung über Höhen und Tiefen versteht. 

Wir sollen kein ödes Programm abspulen, sondern alles, was uns das Leben bietet, mit offenen Armen und sämtlichen Sinnen in Empfang nehmen. Wir sollen nicht zornig mit dem Putzlappen durch die Wohnung fegen, sondern unsere schmutzigen Fussböden und staubigen Regale mit Liebe und Hingabe pflegen. Wir sollen unserem Nachwuchs keine eilig aufgewärmte Fertigkost vorsetzen, sondern mit Lust zubereitete Mahlzeiten aus Zutaten, die wir zumindest sorgsam auf dem Wochenmarkt ausgewählt haben, wenn sie denn nicht in unserem eigenen Garten unter unserer fürsorglichen Pflege herangewachsen sind. Natürlich berieseln wir unsere Kleinen nicht mit Musik aus der Konserve, sondern singen stundenlang Lieder und ermutigen unseren Nachwuchs dazu, selber zu musizieren. Wir setzen unsere Kinder nicht andauernd vor die Glotze, sondern bieten echte Erlebnisse, draussen in der Natur, beim Kreativsein, beim gemeinsamen Arbeiten.

Selbstverständlich dreht sich in unserem Leben nicht alles um den Nachwuchs, denn wir müssen auch zu uns selber Sorge tragen. Müssen Zeit haben, auf unseren Körper zu hören, ihm Gutes zu tun und ihn zu pflegen. Wir halten immer mal wieder inne, um an Blumen zu riechen, die Schmetterlinge zu beobachten und den kühlenden Wind auf unserer Haut zu spüren. Und natürlich gehen wir regelmässig in uns, um zu spüren, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind, oder ob wir unnötigen Ballast abwerfen müssen.

Wer mich kennt, weiss, dass mir viele von diesen Gedanken nicht fremd sind. Ich will ein Familienleben, in dem gemeinsame Mahlzeiten, echte Erlebnisse und Kreativität eine wichtige Rolle spielen. Will selbst gebackenes Brot auf dem Tisch, hergestellt aus Teig, der Stunden und Tage Zeit hatte, um zu reifen. Will mein eigenes Gemüse und bunte Blumen, die nicht nur uns, sondern auch den Schmetterlingen und Bienen Freude bereiten. Will Zeit haben, um über mein Leben nachzudenken und reflektiert zu handeln. Will lieben Menschen genügend Raum lassen und trotzdem Zeit für mich alleine haben. Will an manchen Tagen sogar ein aufgeräumtes Zuhause haben, weil man sich darin einfach mehr zu Hause fühlt. 

Weil ich das alles will, verlangt plötzlich der Brotteig nach Aufmerksamkeit, während auf dem Herd das liebevoll zubereitete Essen für die gemeinsame Mahlzeit überkocht und draussen im Garten der Salat von den Schnecken gefressen wird, weil ich keine Zeit hatte, die zarten Pflänzchen zu schützen, da ich vollauf damit beschäftigt war, mit „Meinem“ darüber zu reden, wie wir unser Leben ruhiger gestalten könnten, anstatt dafür zu sorgen, dass Haus und Garten nicht im Chaos versinken. 

Und plötzlich stehe ich schimpfend und zeternd inmitten meines wunderbaren, bewussten Lebens und verliere die Nerven, weil diese elende Achtsamkeit, die alle predigen, einem ganz schön viel abverlangt. 

cavatelli

Noch einmal: Liebe Migros

Ja, ich bin eine Nervensäge, aber ich finde, das sei mein gutes Recht. Immerhin trage ich mit meinen Monstereinkäufen nicht unerheblich zu deinem Wohlergehen bei. Ich darf also getrost noch einmal auf die Plasticksäckli zurückkommen, die ich bereits vor einigen Tagen in einem Post erwähnt habe.

Die Plastiksäckli, die du der Umwelt zuliebe nur noch auf Verlangen zum Preis von 5 Rappen abgibst. Eine Riesensache war das vor ein paar Monaten. Die bösen Politiker wollten sie nicht verbieten, also musstet ihr aktiv werden – du und deine grösste Konkurrentin. Ihr würdet es nicht zulassen, dass unsere kostbare Umwelt vor die Hunde geht. Ihr würdet die Konsumenten schon dazu erziehen, nicht mehr gedankenlos zum Säckli zu greifen. Die Gebühr wurde eingeführt. Wer trotzdem ein Säckli will, muss die Kassierin darum bitten und sich damit als herzlose Kreatur outen, die einen Dreck auf eine intakte Umwelt gibt.

Nun gut, man braucht sich nicht unbedingt zu outen. Man kann auch einfach darauf warten, bis die Kassierin fragt, ob man ein Säckli haben will. Diese Frage bekommt man nämlich seit der Einführung der Gebühr andauernd gestellt. Egal, ob Landjäger, Salat, Glace, Socken, Spargel, Erdbeeren oder ein T-Shirt auf dem Band liegen – früher oder später fragt die Kassierin: „Söll ich das in es Säckli packe?“ Klar, das wurde man schon vor der Einführung der Gebühr hin und wieder gefragt, jetzt aber finden die netten Damen an der Kasse bei fast jedem Einkauf einen Artikel, den man zusätzlich in Plastik hüllen könnte. Noch nie in meinem langen Leben als Migros-Kundin wurde ich so häufig mit der Frage nach dem Zusatzsäckli konfrontiert. 

Ja, ich weiss, was jetzt kommt….

„Dann sag doch einfach nein. Zwingt dich ja keiner dazu, das Säckli auch zu nehmen.“

Natürlich sage ich nein. Bloss, weil man mir etwas anbietet, heisst das noch lange nicht, dass ich meinen Verstand ausschalte und willenlos Ja sage, wo ich lieber Nein sagen möchte. Aber die Frage wird ja nicht nur mir gestellt, sondern auch all den Menschen, die vor oder hinter mir an der Kasse stehen und bis jetzt ist mir noch keiner begegnet, der abgelehnt hätte. Warum sollte man, wo man schon so nett gefragt wird? Und so steht man dann hinter Menschen, die der Verkäuferin zufrieden dabei zusehen, wie sie einem bereits in Plastik gehüllten Salatkopf eine weitere Schicht Plastik umlegt. (Nein, es war keiner dieser triefend nassen Salatköpfe, die sie einem schon früher ungefragt in einen Beutel gestopft haben, sondern ein ganz und gar trockener.)

Liebe Migros, darf ich dir etwas weitergeben, was ich in meinen Jahren als Mutter gelernt habe? 

Wenn ich nicht möchte, dass meine Kinder vor der Glotze vergammeln und sich mit Süssem vollstopfen, dann frage ich nicht andauernd: „Möchtet ihr nicht ein wenig fernsehen und dazu eine Packung Gummibärchen verspeisen?“ Sie würden Ja sagen, das kannst du mir glauben. Und zwar jedes Mal, auch wenn sie bereits drei Tage lang nichts anderes getan hätten. Also frage ich nicht und hoffe, dass sie nicht auf den Gedanken kommen, sich aktiv darum zu bemühen. 

Wenn du also möchtest, dass die Kunden endlich damit aufhören, gedankenlos noch ein weiteres Plastiksäckli zu nehmen, dann solltest du vielleicht nicht bei jeder Gelegenheit eins anbieten.

Aber vielleicht ist es dir gar nicht so wichtig, dass weniger Säckli im Abfall landen. Vielleicht wolltest du nur besser dastehen als die Politiker, die es nicht für nötig hielten, das Zeug zu verbieten. 

poppy

 

Liebe Migros

Bitte nimm es mir nicht krumm, wenn ich ausnahmsweise mal keine netten Worte für dich übrig habe. Ja, ich bin ein waschechtes Migroskind. Ja, Familie Venditti deckt sich vorzugsweise bei dir mit den Dingen ein, die man zum Leben halt so braucht. Ja, nach ein paar Wochen im Ausland vermisse ich dich jeweils ganz schrecklich. Ja, ich finde dich toll, auch wenn ich heute kritischer eingestellt bin als auch schon und mich deshalb hin und wieder frage, ob du wohl wirklich so nett und freundlich bist, wie du dich gerne gibst. Wenn ich dir nun also sage, dass ich mich momentan bei jedem Einkauf ganz fürchterlich über dich aufrege, dann darfst du dies als freundliche Kritik einer Freundin auffassen.

Warum ich mich aufrege? Natürlich wegen dieser unsäglichen Verpackung, in die du die Lego-ähnlichen Bausteine hüllst, mit denen du die heranwachsende Generation zu Migroskindern erziehen willst. Mir kommt es vor, als sei es erst gestern gewesen, als du lauthals verkündet hast, der Umwelt zuliebe würden die Plastiksäckli bei dir jetzt 5 Rappen pro Stück kosten, es könne doch nicht angehen, dass wir mit dem Kram die Weltmeere verschmutzen. Du gingst sogar noch einen Schritt weiter und nahmst wiederverwendbare Beutel ins Sortiment auf, damit wir Früchte und Gemüse nicht mehr in Wegwerfbeuteln einkaufen müssen. Auch sonst brüstest du dich gerne mit deinem grossen Einsatz für einen gesunden Planeten. Unsere Kinder und Kindeskinder sollten sich an einer intakten Natur erfreuen können, sagst du und ich bin da ganz und gar einig mit dir.

Wie um alles in der Welt kannst du es dann mit deinem Gewissen vereinbaren, unseren Kindern bei jedem Einkauf kleine Plastikteile zu überreichen, die nicht nur in Folie verpackt sind, sondern obendrein auch noch in einer kleinen Plastikschale liegen? Jedes Mal, wenn unsere Knöpfe die Spielsteine ausgepackt haben, türmt sich auf dem Tisch mehr Abfall, als damals, als ich Obst und Gemüse noch im Plastikbeutel mit nach Hause nahm. Klar, unsere Kinder freuen sich über das Zeug, aber was glaubst du, wie es um die Laune unseres Planeten steht, wenn er mit diesem ganzen Kram klarkommen muss? 

Liebe Migros, ich mag dich ja von Herzen gern, aber diesmal hast du wirklich Mist gebaut. 

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20 Rappen Differenz

Mal wieder an einer Kasse, diesmal in einem kleinen Laden am Bahnhof, wo ich mir ein Getränk und ein Sandwich kaufen will. Vor mir eine elegant gekleidete ältere Dame, die einen Vanille-Glacestängel bezahlt und den jungen Verkäufer in das folgende Gespräch verwickelt.

Dame (im fordernden Tonfall): „Sie, jetzt müssen Sie mir etwas erklären. Heute Morgen habe ich in einer anderen Filiale Ihrer Ladenkette genau den gleichen Glacestängel gekauft und der kostete 90 Rappen. Dieser hier kostet nur 70 Rappen. Wie kommt es zu diesem Preisunterschied?“

Verkäufer (überaus freundlich): „War das vielleicht an einer Tankstelle?“

Dame (immer noch im gleichen Tonfall): „Jawohl, das war an einer Tankstelle. Dann sind die Waren an der Tankstelle also grundsätzlich teuerer als bei Ihnen?“

Verkäufer (weiterhin sehr freundlich): „Nicht grundsätzlich, aber es kann schon mal sein, dass es Preisunterschiede gibt.“

Dame (fast noch ein wenig unfreundlicher): „Ich will doch wissen, warum ich am einen Ort mehr bezahle als am anderen Ort. 90 Rappen für so einen Glacestängel finde ich halt schon ein wenig übertrieben.“

Verkäufer (unverändert freundlich): „Ja, das kann ich schon verstehen.“

Dame (fast schon aufgebracht): „Das ist halt schon ein ziemlicher Unterschied, ob man 70 oder 90 Rappen bezahlt. Ich meine, das sind immerhin 20 Rappen mehr.“

Momente später sehe ich sie an der Bushaltestelle sitzen – ohne Glacestängel. Hat sie den wirklich so schnell verschlungen? Oder hat sie ihn am Ende nur gekauft, damit sie sich über die unsägliche Preisdifferenz beklagen kann?

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Unzufriedenheitstraining

Wiedermal ein ungeplanter Arzttermin. Wie jedes Mal vor der Untersuchung wird das Kind gebeten, sich wiegen und messen zu lassen. Die Praxisassistentin notiert sich Gewicht und Grösse und bemerkt genüsslich: „Beim letzten Besuch warst du genau gleich gross, aber zwei Kilos leichter.“

Bravo! Solche Bemerkungen sollte man – völlig normalgewichtigen – weiblichen Teenagern viel öfter vor die Füsse knallen. Sonst lernen die ja nie, mit ihrem Körper unzufrieden zu sein. 

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Falsche Zielgruppe

Man sagt, Facebook wisse viel mehr über uns, als wir uns vorstellen könnten.

Man sagt auch, wir bekämen in unserer Timeline nur Dinge zu sehen, die auf unsere Interessen abgestimmt seien. 

Man lehrt uns, nur Leute, die zur definierten Zielgruppe gehörten, würden bestimmte Werbungen zu sehen bekommen. 

Ausserdem sagt man, diese Werbung sei eng mit dem verknüpft, was wir den lieben langen Tag im Netz suchen.

Warum um alles in der Welt bekomme ich dann seit ein paar Tagen andauernd die „Buy 2 + 1 Free“-Anzeige für modische Hidschabs eingespielt? Habe ich vielleicht jemals den Eindruck erweckt, ich hätte demnächst vor, nur noch verhüllt aus dem Haus zu gehen? 

Ach, übrigens: Bei dem Angebot handelt es sich um ein „Mother’s Day Special Offer“. Ich müsste also wohl schnell zuschlagen, wenn ich wollte…

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Interkultureller Dialogversuch, Teil VII

Für einmal kein Versuch, mich mit meiner Schwiegermama zu verständigen, sondern eine kleine Beobachtung über die Interaktion von Schweizern und Holländern:

Im Café, an der Kasse oder sonst irgendwo: Ein Holländer oder eine Holländerin sagt etwas zu uns. Wir haben das Gefühl, das Gesagte zu verstehen, denn irgendwie klingt das ja sehr Schweizerdeutsch. Aber natürlich verstehen wir nur Bruchstücke und darum geben wir unserem Gesprächspartner zu verstehen, dass wir eben doch nicht so recht verstehen. Inzwischen hat die Person aber mitbekommen, wie wir untereinander ein paar Worte auf Schweizerdeutsch gewechselt haben und von diesen Worten hat sie ebenfalls einige Bruchstücke verstanden, weil unsere Sprache für sie ja eben auch irgendwie vertraut klingt. Also gibt sie uns zu verstehen, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden, fügt ein paar klärende Worte hinzu, die für uns auch wieder irgendwie halbwegs verständlich sind und so geht das eine Weile weiter, bis wir uns mit viel Geschwätz, Gelächter und Gesten so gut verständigt haben, dass wir oft nicht mal den Umweg über das Englische nehmen müssen.

Ich finde diese Art von Völkerverständigung sympathischer als die Methoden, von denen man in diesen Tagen in den Nachrichten erfährt. 

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