Wie gut verstehst du deine Mutter? – Ein kleines Quiz

Heuchlerbesen

Valentinstag, später Nachmittag, im Tankstellenshop tummeln sich verzweifelte Männer, die noch schnell einen Blumenstrauss ergattern müssen, um den häuslichen Frieden, den sie durch ihre Vergesslichkeit ruiniert haben, wieder herzustellen. Einer nach dem anderen packt einen billigen, potthässlichen in Plastik gehüllten Blumenstrauss in den Einkaufskorb und ich denke: Arme Kerle, mehr als ein knappes Dankeschön werden sie nicht bekommen für ihre Liebesmüh. Würde „Meiner“ mir einen solchen Heuchlerbesen überreichen, ich wüsste tausend Wege, um mich erkenntlich zu zeigen. Ich könnte ihm das Ding zum Beispiel um die Ohren hauen. Oder die Blüten in feine Streifen schneiden, leicht andämpfen und ihm als Beigemüse servieren. Oder das Ding vor seinen Augen als WC-Bürste verwenden. Oder die Blütenköpfe den Katzen zum Spielen überlassen. Oder… Ach, was zerbreche ich mir auch weiter den Kopf, ich werde ja doch nie mit einem solchen Strauss beglückt. „Meiner“ räumt mir am Valentinstag bloss das Zimmer auf und lässt mir ein Bad ein, damit ich die anstrengende Woche in Ruhe ausklingen lassen kann. 

prettyvenditti.jetzt

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Valentin oder so

Da heute mal wieder ein kleiner Auftritt auf dem Programm stand, nur ein kleiner Ausschnitt aus dem, was „Meiner“ und ich vorgetragen haben. Wer will, kann es als Beitrag zum Valentinstag sehen:

Man trifft sich.
Es funkt.
Es kribbelt.
Es stimmt.
Es passt.
Es ist schön.
Es ist richtig.
Es funktioniert.
Es gehört sich halt so, oder auch nicht.
Es läuft nicht immer wie geplant.
Es kriselt.
Es stimmt nicht mehr so richtig.
Es gäbe auch andere.
Es nervt.
Es ist zum Verzweifeln.
Es tut weh.
Ist es aus?

Doch da steht ein Ja.
Ja, es funkt.
Ja, es kribbelt.
Ja, es stimmt.
Ja, es passt.
Ja, es ist schön.
Ja, es ist richtig.
Ja, es funktioniert.
Ja, es gehört sich halt so, oder auch nicht.
Ja, es läuft nicht immer wie geplant.
Ja, es kriselt.
Ja, es stimmt nicht mehr so richtig.
Ja, es gäbe auch andere.
Ja, es nervt.
Ja, es ist zum Verzweifeln.
Ja, es tut weh.

Das alles gehört dazu.
Das Es und das Ja.
Jeden Tag.
Immer wieder neu. 

today I am forty; prettyvenditti.jetzt

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Bankkartenzoff

Der eheliche Frieden ist ein fragiles Ding. Manchmal braucht es nichts weiter als eine Bankkarte, um ihn ins Wanken zu bringen. Eine Bankkarte, die eigentlich in mein Portemonnaie gehörte, aber wieder mal bei „Meinem“ gelandet ist, weil der den Code für seine Karte noch immer nicht aktiviert hat. Weil „Meiner“ gerade in einer ganz anderen Ecke der Schweiz unterwegs ist, kann ich dieser Karte nicht habhaft werden, weshalb ich dann bei Eiseskälte mit vier unternehmungslustigen Kindern am Bahnhof stehe, den geplanten Ausflug abblasen muss und mir irgendwie vorkomme, wie eine unterdrückte Frau, der man Auto und Bankkarte wegnimmt, damit sie nicht zu weit von zu Hause weggeht. 

Wie um alles in der Welt soll ich da die eiserne Regel einhalten, nicht bei den Kindern über den Papa zu schimpfen, wie nicht zum Handy greifen, um ihm gehörig die Meinung zu sagen, wie nicht noch lauter zetern, weil er mal wieder nicht rangeht? Aber „Meiner“ kennt mich inzwischen gut, er weiss, dass ein Rückruf, ein „Stimmt, ich habe Mist gebaut“und ein paar nette Mitbringsel ausreichen, um mich zu besänftigen.

Nun ja, eigentlich würde das „Stimmt, ich habe Mist gebaut“ vollends reichen, aber sagt ihm das bitte nicht, die Mitbringsel sind nämlich auch ganz nett. 

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Wie ein schräger Traum

Es gibt Tage, die sind wie ein schräger Traum, der hinten und vorne keinen Sinn ergeben will. Tage, an denen sich eine absurde Situation an die andere reiht. Tage, an denen du dich fragst, wann denn endlich der Wecker sagt, dass dein Gehirn mal wieder völlig verrückt gespielt hat. 

Da ist zum Beispiel der epochale Streit mit „Meinem“, der mich dazu treibt, eine leere Tasse mit voller Wucht gegen den Türpfosten zu knallen und das Ding geht nicht kaputt, fällt einfach nahezu geräuschlos zu Boden. Dabei hätte ich doch genau dieses befriedigende Klirren gebraucht, um selber wieder auf den Boden zu kommen.

Oder dieser Moment kurz nachdem Mittagessen: Es klingelt an der Tür, „Meiner“ geht runter, ich höre, wie er sich mit jemandem unterhält und als er hochkommt, reicht er mir einen Prospekt. „Das war ein Herr Wagner“, sagt er. „Er würde sich gerne um unsere Heizung kümmern.“ Ich schaue mir die Fotos auf dem Prospekt an und antworte: „Das war nicht der Herr Wagner, das war Roger, der Klassenclown aus der Vierten. Den hab ich bestimmt seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen.“ „Meiner“ ruft den Herrn Wagner an: „Wissen Sie, dass Sie mit meiner Frau zur Schule gegangen sind?“ Nein, das weiss er nicht, aber er erinnert sich an mich und sagt, er hätte mir mal einen Schokokopf ins Gesicht gedrückt. Hat er das? Keine Ahnung, aber ich kann ihn dann ja fragen, wenn demnächst mal wieder die Heizung aussteigt. 

Etwas später steigt Zoowärters Geburtstagsparty, eine lärmende Kinderschar bevölkert das Wohnzimmer, nicht alle sind zufrieden mit dem Programm. Mit vereinten Kräften versuchen „Meiner“ und ich, die Kinder in Partystimmung zu versetzen. Erst, als ich „Grünes Ei mit Speck“ vorlese, bessert sich die Stimmung, warum auch immer. Im Flur geht das Telefon, als „Meiner“ zurückkommt, ist seine Partystimmung dahin. Eine Ärztin des Kantonsspitals war’s, Schwiegermamas Untersuchungsergebnisse sind besorgniserregend schlecht. Haben wir es kommen sehen? Irgendwie schon, aber wenn es im Raum steht, fragt man sich doch, woher das so plötzlich gekommen ist. Noch wissen wir nichts Genaues, aber das macht die Sache nicht einfacher, schon gar nicht, wenn man noch ein paar Geburtstagsgäste zum Lachen bringen sollte. 

Und noch immer hat der Wecker nicht geklingelt, der mir sagt, dass alles nur ein ziemlich schlecht zusammengefügter Traum war. 

salt; prettyvenditti.jetzt

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Paartag-Gedanken

Am Abend zuvor:

„Endlich mal wieder ein Tag zu zweit nach dem ganzen Stress der vergangenen Wochen.“ 

Heute im Morgengrauen:

„Ach wie schön! Kinderfrei!“

Kurz danach:

„Was motzt „Meiner“ jetzt schon wieder rum? Nicht aufregen, wir haben kinderfrei…“

Noch etwas später:

„Himmel, kann der nicht mal zuhören, wenn ich etwas sage?“

Nachdem die Kinder aus dem Haus sind:

„Jetzt fängt er auch noch an, Mails zu checken…“

Zwanzig Minuten später:

„Noch immer an den Mails…Und zuhören will er mir auch nicht…Und mit dem soll ich einen Tag weggehen…“

Zehn Minuten später:

„Er versteht mich ja überhaupt nicht mehr. Kommt davon, wenn man nie Zeit hat füreinander. Das kann ja heiter werden heute…“

Noch einmal fünf Minuten später:

„Interessiert er sich überhaupt noch für mich?“

Kurz vor der Abfahrt:

„Dann versuchen wir es halt. Aber ich hab nicht die geringste Lust zum Reden.“

Im Auto:

„Diese Fahrt wird endlos…“

Etwas später im Auto:

„Okay, ich glaube, er will wirklich wissen, was ich von dieser Sache halte. Na, dann rede ich eben doch…“

Nach halber Fahrt:

„Wie hat der mich bloss dazu gebracht, mein Innerstes nach aussen zu kehren? Vielleicht wird es heute doch nicht so schlecht.“

Kurz vor der Ankunft am Ziel:

„Habe ich jetzt tatsächlich gelacht über seinen Witz?“

Beim Aussteigen:

„Hmmmm, er nervt plötzlich gar nicht mehr.“

In der Sauna:

„Schon schön, jemanden an der Seite zu haben, vor dem man sich nicht zu verstellen braucht.“

Etwas später:

„Eigentlich doch ganz nett, so ein Tag zu zweit…“

Beim Mittagessen:

„Ach, ist das gemütlich…und wirklich schön, diese angeregte Unterhaltung.“

Am Nachmittag:

„Himmlisch, diese Ruhe…“

Am späten Nachmittag:

„Ich will jetzt eigentlich gar nicht nach Hause. Wir haben uns doch eben erst wieder gefunden.“

Auf der Heimfahrt:

„Das müssen wir unbedingt bald wieder tun. Was bin ich froh, dass wir einander haben.“ 

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Mittwochnachmittag

Kater Leone schleicht um den vom Mittagessen übrig gebliebenen Speck, währenddem Theoderich von Ravenna versucht, Luise den Unterschied zwischen Westgoten und Ostgoten zu erklären. „Meiner“ jubelt derweilen lauthals über ein paar kaputte Bilderrahmen, die seine Vorfreude auf die erste Fotoausstellung steigern, was mich dazu veranlasst, ihm den alten Hit „Du magst ja toll sein, aber im Moment gehst du mir nur noch auf den Geist und hör auf zu jammern, du hast es dir selber eingebrockt“ vorzutragen. Aus mir unerklärlichen Gründen gefällt ihm meine brillante Performance nicht, weshalb er mit il Cugino das Weite sucht. Natürlich setzen wir unser eheliches Turteln fort, bis die Tür hinter ihm ins Schloss fällt, denn solche einmaligen Momente sollte man geniessen. 

Später zähmt das Prinzchen ein paar Drachen, obschon heute eigentlich keine Flimmerkiste auf dem Tagesplan stünde. Ein Plan, der leider nicht eingehalten werden kann, weil der FeuerwehrRitterRömerPirat sich mit Grossmama nach Narnia aufmacht und da wäre es doch nicht fair, das Prinzchen alleine in der langweiligen Realität zu lassen. Wo doch sogar der Zoowärter für ein paar Stunden seinem selbst verschuldeten Hausaufgabeneldend entfliehen darf, um mit einem Freund Monster zu jagen oder so.

Weil Theoderich sich so grottenschlecht erklärt, zeichne ich auf dem Küchenboden kniend so etwas wie Europa, um Luise das mit den West- und Ostgoten zu veranschaulichen, aber sie sieht nur, dass der Stiefel von Italien ganz dringend Schnürsenkel braucht. Als die West- und Ostgoten samt Franken, Rätier, Alemannen und Langobarden dann doch endlich erledigt sind, eröffnet mir Luise, dass sie mit mir noch ein wenig in der Sprache der Angelsachsen zu parlieren gedenkt, was aber irgendwie nicht so richtig klappen will, weil Karlsson und der FeuerwehrRitterRömerPirat zur „My Heart Will Go On“-Konzertprobe müssen und vorher noch mit Nachbars darüber diskutiert werden muss, ob die Probe im oberen oder im unteren Schlagzeugraum stattfinden wird. Dazwischen ist noch ein wenig Empörung gefragt, weil es bei Karlsson im Turnunterricht einen Punkt gibt, wenn eine Sie einen Er mit dem Ball am Kopf trifft, umgekehrt aber nicht. Der Zoowärter, der inzwischen von der Monsterjagd zurückgekehrt ist, will sich seinem Hausaufgabenelend widmen, doch dieser aufsässige Lego-Kerl, den er gestern zum Geburtstag geschenkt bekommen hat, funkt andauernd dazwischen und kräht: „Wann machst du mir endlich meine Flügel fertig? Ich will fliegen!“ 

Irgendwann geht der Nachmittag in den Abend über; nachdem alle Bäuche gefüllt sind, zieht sich einer nach dem anderen zurück, der eine mit seinen Lego-Kerlen, der andere mit Narnia im Kopf, die Dritte hoffentlich mit Theoderich von Ravenna und nicht mit Whatsapp. „Meiner“ streut irgendwo noch ein paar Mehlschriften und auf mich wartet das Vergnügen, die Spuren dieses Tages zu verwischen, damit morgen wieder Platz ist für neue. 

Wobei, wenn ich mir’s recht überlege…ich lasse die Spuren lieber bis morgen früh bleiben und schmeisse mich in die Badewanne. Wäre doch schade, das ganze Chaos schon wieder zu beseitigen, wo doch so viel Familienleben nötig war, um es derart kunstvoll auf die ganze Wohnung zu verteilen. 

troppo da mangiare; prettyvenditti.jetzt

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Es – Ja – Nein

„Meiner“ und ich sind jetzt in dem Alter, in dem Bekannte, die einander irgendwann zwischen achtzehn und fünfunddreissig gefunden haben, wieder auseinandergehen. Manchmal trifft einen eine solche Nachricht wie ein Schlag und man läuft tagelang mit einem schmerzenden Klumpen im Magen rum. Manchmal muss man sich ein „Eigentlich erstaunlich, dass es bei den zweien so lange gehalten hat“ verkneifen. Manchmal fragt man sich, ob es denn wirklich keinen anderen Weg gegeben hätte. Manchmal – nur selten, Gott sei Dank – denkt man, dass er oder sie gut daran getan hat, dieses als Ehe getarnte Machtspiel endlich zu beenden.

Was auch immer die Gründe für das Scheitern einer Beziehung sein mögen, „Meinem“ und mir drängen sich jedes Mal ein paar Fragen zu unserem eigenen Leben auf: Leben wir noch miteinander, oder funktionieren wir nur noch? Tragen die Stärken unserer Beziehung noch, oder nehmen die Schwächen überhand? Sind wir echt und ehrlich, oder machen wir einander und uns selber etwas vor? Wir sind froh, jedes Mal zum Schluss zu kommen, dass wir beide noch immer voll dabei sind. Nicht immer gleich motiviert, das müssen wir beide offen zugeben, denn wir sind ganz schön talentiert darin, einander auf die Nerven zu fallen und uns wie die Vollidioten zu benehmen, wenn der eine nicht so tut, wie der andere es gerne hätte. Aber am Grundsatz, dass wir beide zusammengehören und dass wir noch ziemlich viel miteinander vorhaben, rüttelt keiner von uns beiden. Das beruhigt uns, denn auch wir wissen, was alle, die unserer Generation angehören wissen: Die Garantie, dass es hält, hat niemand.

Beweise dafür gibt es mehr als genug, wir müssen uns nur mal ein wenig umschauen. Schmerzhafte Geschichten, soweit das Auge reicht und wohl keiner, der eine solche Geschichte erlebt hat, ist mal am Traualtar gestanden mit dem bewussten Ziel, irgendwann beim Scheidungsrichter anzutraben. Zu behaupten, es gäbe ein Rezept mit Gelinggarantie für eine funktionierende, lebenslange Beziehung, wäre ganz und gar vermessen. Dennoch stört mich dieses eine kleine Wörtchen in „Niemand hat die Garantie, dass es hält“ immer mehr. Dieses „Es“ suggeriert, dass man dem Lauf der Dinge voll und ganz ausgeliefert ist, dass „Es“ halt einfach passiert mit dem Auseinanderleben. 

Zugegeben, in so einem Leben zu zweit passieren sehr viele Dinge einfach so. Man gerät andauernd aneinander, weil der ganze Tag so grauenhaft war, dass man abends keinen mehr erträgt, der motzt, man hätte beim Wocheneinkauf zu viel Geld ausgegeben. Jeder ist so sehr mit seinen eigenen Lasten ausgelastet, dass der andere nur noch als derjenige wahrgenommen wird, der  nicht beim Tragen hilft. Manchmal schlägt das Schicksal so erbarmungslos zu, dass man sich dem Leben ohnehin nur noch ausgeliefert sieht. Und nicht mal den charmanten Arbeitskollegen, der so viel mehr Interesse an der neuen Frisur zeigt, sucht man sich aus… „Es“ passiert halt wirklich sehr viel einfach so und es liegt mir fern, Menschen zu verurteilen, die sich diesem „Es“ nicht gewachsen sehen.

Dennoch finde ich, dass in einer Beziehung auch noch ein anderes Wort eine entscheidende Rolle spielen sollte, nämlich das „Ja“. Ich meine jetzt nicht das „Ja“, das man sich bei irgend einer – meist ziemlich feierlichen – Gelegenheit mal im Rausch der schönen Gefühle gegeben hat. Ich meine das „Ja“ mitten im rauen, manchmal fast unerträglichen Leben. Das „Ja“ zu dem Menschen an meiner Seite, der alles andere als perfekt ist, der aber immerhin grosszügig genug ist, mich so zu nehmen, wie ich bin – nämlich auch nicht perfekt. Das „Ja“ zu dem Menschen, der der einzige Mensch auf diesem Planeten ist, der das Einzigartigste, was mir mein Leben schenken konnte – meine Kinder – mit ebenso viel Leidenschaft und Schmerz liebt wie ich. Das „Ja“ zu dem Menschen, der irgendwo, unter all dem, was das Leben mit ihm angestellt hat, noch immer derjenige ist, zu dem ich im Rausch der Gefühle vor langer Zeit ja gesagt habe. Dieses „Ja“, das begriffen hat, dass kein Mensch mir alles geben kann, was ich mir in meinem Leben wünsche und dass ich darum aufhören kann, von ihm zu erwarten, was ihm gar nicht möglich ist. Ein „Ja“, das sich dem „Es“ entgegenstellt, oder es zumindest versucht. 

Ich gebe es offen zu: Manchmal muss ich ziemlich lange suchen, bis ich dieses „Ja“ unter dem ganzen Alltagskram finden kann und ich bin mir sicher, dass es „Meinem“ gleich geht. Dass wir dieses „Ja“ bis anhin immer wieder gefunden haben, erachten wir beide als grosses Geschenk und nicht als Selbstverständlichkeit.

Ich kann auch verstehen, dass es Lebenssituationen gibt, in denen sich dieses „Ja“ nicht mehr finden lässt, egal, wie verzweifelt man danach sucht. Aber irgendwie würde ich mir wünschen, dass Beziehungen nicht am „Es“ scheitern, sondern weil sich das klare „Ja“ in eine klares „Nein“ verwandelt hat.

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Notiz an „Meinen“

Morgen fahre ich für vier Tage weg und lasse „Meinen“ mit den Kindern alleine. Was grundsätzlich kein Problem ist, denn er hat das im Griff. Zwei oder drei Dinge muss ich ihm aber trotzdem aufschreiben, damit sie nicht vergessen gehen:

  • Der Zoowärter hat morgen Nachmittag Schule, auch wenn der Stundenplan etwas anderes behauptet. Aber der behauptet das nur, weil ich ihn im Sommer falsch abgeschrieben habe und danach zu faul war, ihn noch einmal neu zu schreiben und zu laminieren. 
  • Wenn du mit dem Prinzchen und dem Zoowärter in den Schwimmkurs gehst, vergiss nicht, dem Schwimmlehrer zu sagen, dass deine chaotische Frau es letzte und vorletzte Woche mal wieder verschlampt hat, die Kinder in den Kurs zu bringen. Sag ihnen, dass es deiner Frau furchtbar leid tut, aber dass sie unglaublich froh ist, dass du derjenige bist, der sich erklären muss, weil sie es allmählich Leid ist, überall mit hochrotem Kopf und tausend Entschuldigungen aufzukreuzen. 
  • Nein, am Sonntag dürft ihr nicht liegen bleiben. Krippenspielprobe! Keine Versäumnisse erlaubt! (Ich hingegen werde sonntags so lange liegen bleiben, bis das Bett mich rauswirft.)
  • Der Laptop kommt mit mir. Netflix nur auf dem iPad. 
  • Bitte, bitte, bitte, bitte streich Karlssons Zimmer nicht an diesem Wochenende! Du weisst, wie es kommt, wenn fünf Kinder und ein paar Farbroller sich miteinander vergnügen. 
  • Finger weg von der Wäsche! Es sei denn, ihr wollt sie wegräumen. 
  • Versucht, ohne mich Spass zu haben. (Als ob das möglich wäre…)

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40

Zugegeben, vor dieser Zahl habe ich mich ein wenig gefürchtet. Nicht sehr, aber genug, um den Tag nicht gerade herbeizusehnen. Jetzt, wo er da ist, finde ich es aber gar nicht mehr so schlimm. Ist ja nur eine Zahl. Und eigentlich ist es  gar nicht so schlecht, zu stehen, wo ich inzwischen angekommen bin.

Als Frau, die glaubt, sich selber gefunden zu haben und nur noch nach der Nische suchen muss, in der sich dieses Selbst austoben kann.

Als Glaubende, die mehr Fragen als in Stein gemeisselte Antworten hat. 

Als Mutter, die an guten Tagen ernten darf, was sie gesät hat. (An schlechten Tagen übrigens auch, aber davon reden wir heute nicht…)

Als Schreibende, die zwar noch immer jedes einzelne Wort dem unberechenbaren Alltag abtrotzen muss, die sich das Schreiben aber nicht mehr nehmen lässt. 

Als Partnerin, die immer noch denkt, dass sie das grosse Los gezogen hat. 

Als Mensch unter erstaunlich vielen liebenswerten Menschen. (Wenn man so die Zeitung liest, könnte man gar nicht meinen, dass es auf diesem elenden Planeten so viele nette Menschen gibt…)

Erwachsen? Na ja, dort, wo es unbedingt sein muss, schon. Ansonsten immer weniger. 

Zufrieden? An der Oberfläche nicht immer, aber tief drinnen, dort wo es wirklich zählt, wohl schon. Und im Grossen und Ganzen versöhnt mit den Dingen, die in den vergangenen 40 Jahren nicht ganz so schön waren wie im Bilderbuch.

Nur eine Sache macht mir wirklich zu schaffen: Da fragt mich heute meine Schwester, was ich mir zum Geburtstag wünsche. Ich sage: „Weltfrieden“ und sie sagt: „Das kann ich dir nicht geben.“ Himmel, wozu sind runde Geburtstage da, wenn man nicht mal bekommt, was man sich wünscht?

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