Wie eins das andere nach sich zieht…

Am Anfang dieser Geschichte steht Greta Thunberg. Na ja, eigentlich sass sie ja meistens, als die Welt auf sie aufmerksam wurde, aber das spielt jetzt keine Rolle. Wichtig ist, dass sie mit ihrem Dasitzen im Hause Venditti einiges ins Rollen brachte.

Als nämlich die Jugendlichen in Europa damit anfingen, Greta in ihrem Anliegen zu unterstützen, mischten sich bald einmal auch Karlsson und Luise unter die Menge der klimabewegten jungen Menschen. Und irgendwann kam es dann halt, wie es kommen musste: „Warum haben wir eigentlich noch ein Auto?“, wollten die beiden eines Tages wissen und weil „Meiner“ und ich nicht gerade laut und vernehmlich „Das Auto bleibt! Basta!“, schrien, spannen sie die Idee eines autofreien Lebens immer weiter und malten sich aus, wie schön es doch wäre, wenn man dank Generalabonnement die Schweiz nach Lust und Laune bis in ihre hintersten Winkel erkunden könnte. Luise, die vor zwei Jahren noch gemotzt hatte, weil wir nie in die Ferien fliegen, konnte absolut nicht verstehen, warum „Meiner“ und ich die Dreckschleuder nicht umgehend für immer vor die Tür setzten.

Aber es ist nun mal so, dass auch Eltern, die insgeheim schon lange von einem autofreien Leben träumen, eine gewisse Zeit brauchen, um sich mit so einem Gedanken richtig anzufreunden. Und wenn sie sich mit dem Gedanken angefreundet haben, ist die Sache noch längst nicht abgeschlossen, denn dann beginnt das grosse Rechnen. Und erst wenn das grosse Rechnen aufgezeigt hat, dass bei den vielen Bahnabonnements, die für die Kinder ja ohnehin Jahr für Jahr gekauft werden müssen, ein Auto eigentlich gar nicht ins Budget passt, können sie sich dazu durchringen, den aufmüpfigen Jugendlichen beizupflichten: „Wir brauchen wohl tatsächlich kein Auto. Und zur Not gibt’s ja immer noch Carsharing…“

Natürlich dauert es auch dann, wenn die Eltern sich zu diesem Statement durchgerungen haben, noch eine ganze Weile, bis das Generalabonnement für die ganze Familie gelöst ist und der Garagist darüber informiert wird, dass wir die Karre, die er sorgfältig für uns ausgesucht hat, gerne wieder loswerden möchten.

An die offensichtlichen Dinge, die so ein Entscheid mit sich bringt, denkt man dabei natürlich sofort: Sich irgendwo im Nirgendwo etwas ersteigern, weil man ja mit dem Auto überall hinkommt? Endlose Stunden im Stau? „Mama, kannst du mich abholen? Ich habe den Bus verpasst und der nächste fährt erst in 40 Minuten“-Anrufe zu später Stunde? Zu siebt eingepfercht mit dem Auto nach Rom oder nach Südschweden fahren? All das ist – zum Glück – demnächst vorbei.

Doch je näher der Tag des Auto-Abschieds rückt, umso deutlicher zeichnet sich ab, dass es da noch viel mehr gibt, was sich ändern muss. Wenn die spontane Fahrt zur Entsorgungsstelle nicht mehr möglich ist, muss die siebenköpfige Familie eben herausfinden, ob ein Leben mit weniger leeren Joghurtbechern, Shampoo- und Duschmittelflaschen möglich ist. Wenn der Grosseinkauf nicht mehr beliebig gross sein darf, bleibt wenig Raum für „Ach, Papa, sei doch nicht so! Das müssen wir doch einfach kaufen, das ist sooooo gut!“-Wünsche. Und natürlich stellt sich auch die Frage, ob der Garten vielleicht etwas mehr hergeben könnte, damit man Lücken im Vorratsschrank auch mal aus eigenem Anbau stopfen kann.

So ganz allmählich dämmert uns, dass dieser etwas grössere Schritt für die Umwelt noch ziemlich viele kleine Schrittchen nach sich ziehen wird.

Bewusst einkaufen

Grün ist in – das hat inzwischen wohl jedes Kind begriffen. Na ja, eigentlich haben es vor allem die Kinder begriffen und die Erwachsenen zeigen sich mehr oder weniger einsichtig. Während die einen so tun, als könnten wir ewig so weitermachen wie bis jetzt, lassen sich andere durch die Jugendlichen zum Nachdenken anregen. Und dann gibt es natürlich noch diejenigen, die sich fragen, wie man den Trend zu Geld machen kann.

Das sind dann die Leute, die eine Werbeanzeige im Bus schalten, mit der sie umweltbewusste Passagiere dazu bringen wollen, sich ins Auto zu setzen und 50 Kilometer weit nach Süddeutschland zu fahren, um sich dort mit frischen Bio-Lebensmitteln einzudecken. Weil Menschen, denen die Natur am Herzen liegt, ja nichts lieber tun, als möglichst weite Wege zurückzulegen, um bewusst einzukaufen.

Ökobilanz

Mit meinem heutigen Einkauf, so lässt mich der Online-Supermarkt meines Vertrauens wissen, hätte ich 1,3 kg CO2 gespart, 1.6 kWh Strom weniger verbraucht, was etwas mehr als einem Waschgang entspreche und ausserdem hätte ich mir ganze zwei Minuten Autofahrt erspart. Leider hätte ich keinem Baum das Leben gerettet, aber das liegt nur daran, dass ich gewöhnlich mit dem Kleinwagen im Dorf einkaufe und nicht mit dem Offroader im grossen Einkaufszentrum auf der grünen Wiese. Mit diesen Angaben will man mir gratulieren zu meinem ach so umweltbewussten Einkaufsverhalten. Bin ich nicht ein netter Zeitgenosse? So besorgt um das Wohlergehen unseres Planeten…

Offen gestanden möchte ich nicht wissen, was unser guter alter Planet zu dem Abfallberg  sagen würde, den mein heutiger Online-Einkauf hinterlassen hat:

Und das sind erst die Transportverpackungen, den eigentlichen Müllberg bekommt man gar nie an einem Haufen zu sehen.

Ich möchte ja nicht behaupten, wenn ich meinen Einkauf im Dorf erledige, würde ich damit keinen Abfall verursachen. Aber so hoch wird der Berg nie, dafür lege ich die Hand ins Feuer. Irgendwie habe ich das ungute Gefühl, dass meine Ökobilanz trotz meines angeblich vorbildlichen Verhaltens heute mal wieder ganz kräftig ins Minus gerutscht ist. Mal schauen, was ich unserem alten Planeten zuliebe tun muss, um diesen Fehler wieder gut zu machen….

Fast hätten wir’s geschafft….

Da habe ich mich gestern doch lauthals darüber beklagt, wie unausstehlich meine Kinder zurzeit sind, wenn sie aus dem Bett kommen, und was machen sie heute? Sie führen sich mustergültig auf. Sogar der FeuerwehrRitterRömerPirat, den ich sonst immer mit Schimpf und Schande aus dem Haus jagen muss, weil er mich sonst nicht verlassen will, war heute in den Kleidern, bevor ich überhaupt gemerkt hatte, dass er aufgestanden war. Und hätte ich mich nicht beeilt, ich hätte ihn nicht mal mehr zum Abschied umarmen und ihm einen schönen Morgen wünschen können.

Aber es war nicht bloss das mustergültige Verhalten, es waren auch die mustergültigen Gespräche, die wir heute beim Frühstück geführt haben. Glaubt mir: Wie im Erziehungsratgeber! Da fragt mich Karlsson so ganz nebenbei, ob denn Trinkhalme auch mitschuldig seien daran, dass die Eisbären vom Aussterben bedroht sind – Karlsson bangt noch immer Tag für Tag um das Wohl seiner Lieblingstiere – und bald schon waren wir in ein ganz wichtiges Gespräch vertieft. Wir redeten von Tieren, die andere Tiere fressen und der FeuerwehrRitterRömerPirat belehrte seine grossen Geschwister, dass Ameisen Marienkäfern den Kampf ansagen, weshalb Ameisen ganz ganz böse seien. Luise erklärte Karlsson, weshalb wir kein schlechtes Gewissen haben müssten, wenn wir Früchte essen, weil Bäume ja dazu da seien. Und wie es so läuft, irgendwann waren wir bei der Ölkatastrophe im Golf von Mexico und ich versichere euch: So wie wir die Probleme unserer konsumwütigen Gesellschaft auf den Punkt gebracht haben, waren wir ganz nahe daran, die Welt zu retten. Noch ein paar Minuten länger und wir hätten es geschafft.

Doch leider war es plötzlich acht Uhr und die Kinder mussten gehen. Vielleicht schaffen wir es ja heute Nachmittag, die Welt zu retten. Wobei, nein, das geht nicht. Karlsson und Luise haben Schule und der FeuerwehrRitterRömerPirat und ich schaffen das nicht ohne ihre Hilfe. Na ja, dann vielleicht eben morgen, wenn nichts anderes dazwischenkommt….

Ein kleines bisschen weiser geworden

Heute stand mal wieder eine Kundgebung gegen den Klimawandel auf dem Programm. Die Kinder sollen ja frühzeitig für das Thema sensibilisiert werden. Neben vielen guten Eindrücken, einem klitzekleinen schlechten Gewissen, weil wir immer noch Mineralwasser trinken und schönen Erinnerungen an eine gute Zeit mit Freunden, bringe ich auch einige Einsichten von Bern mit nach Hause:

1. Wenn „Meiner“ vor der Abfahrt sagt, der FeuerwehrRitterRömerPirat dürfe sein Römerschwert mitnehmen, das Ding sei ja so klein und leicht, dann gebe ich in Zukunft nicht mehr nach. Denn wer ist schliesslich den ganzen Nachmittag mit dem doofen Plastikschwert über den Bundesplatz gezogen? Na, wer wohl! Und ich kann Ihnen versichern: Schwerterschwingende Mütter sind in linksgrünen Kreisen nicht sonderlich gern gesehen.

2. Zu einer Kundgebung nimmt man einen Rucksack mit und keine Handtasche. Der Regenschirm mag dort drin zur Not ja noch Platz finden, Karlssons Mütze auch noch. Aber wenn die Kinder dann  Prospekte anschleppen, Jo-Jos von Greenpeace, Schlüsselanhänger vom VCS, wenn dann noch die afrikanischen Kochbananenspiesschen an mir hängen bleiben, dann wird es in der Handtasche definitiv zu eng.

3. Zu einer Kundgebung mitten im Oktober, wenn es trotz Klimaerwärmung schon empfindlich kalt ist, trägt man keine grünen Ballerinas. Auch nicht Rote, oder Gelbe, oder Blaue. Und schon gar nicht trägt Luise Schwarze. Das Gejammer über kalte Füsse ist einfach zu viel. Und man darf das Kind nicht mal zurechtweisen, weil man selber kein anständiges Schuhwerk trägt.

4. Mag mein Herz noch so sehr links schlagen, meine Einstellung noch so grün sein, mein Musikgeschmack bleibt klassisch. Mögen die anderen sich noch so sehr für Stille Hasen, Waterlilies und dergleichen begeistern, mir selber dröhnt nur der Schädel. In diesem Bereich werde ich wohl immer ein Outsider bleiben an solchen Anlässen.

5. Vor Coop hast du nirgendwo deine Ruhe. Nicht mal am Klimafest. Auch dort muss eine Sprecherin des Unternehmens auf der Bühne stehen und aller Welt erzählen, wie absolut umweltfreundlich Coop sei. Dass für die hochgelobte  Minergie-Coopfiliale in unserem Dorf zwei andere in der Region geschlossen wurden, so dass jetzt die Kunden mit dem Auto kommen müssen, darf man ja getrost ausblenden…

6. Wenn der FeuerwehrRitterRömerPirat sagt, er wolle beim WWF auch Wasser degustieren, dann will er das wirklich. Und zwar aus einem eigenen Becher und nicht aus dem von Luise. Wer sich also wundert, woher die tiefen Schleifspuren quer über den Bundesplatz stammen,  weiss jetzt, dass sie von einem ziemlich starrköpfigen Fünfjährigen verursacht wurden, der sich unter den teils belustigten, teils verärgerten Blicken der andern Anwesenden von seiner Mama vom Platz zerren lassen musste, weil wir sonst den Zug verpasst hätten.

Trotz allem: Der Ausflug hat sich gelohnt. Karlsson hat seine Botschaft zur Rettung der Eisbären nach Kopenhagen gesandt (ab morgen unter  www.rechtaufnahrung.ch zu sehen), ich habe eine Initiative unterschrieben und wir alle sind uns einmal mehr bewusst geworden, dass es auf dieser Welt so nicht weitergehen kann. Und heute Nacht werde ich gut schlafen. Ich habe nämlich dem WWF versprochen, dass ich zwar nicht auf Mineralwasser verzichten werde, mir aber sonst etwas ausdenken werde, um meinen ökologischen Fussabdruck zu verkleinern.

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Ach du selige Ignoranz

Es gibt Momente, da wünscht man sich, einfach nur dumm zu sein. Nichts zu wissen, keine Zusammenhänge zu kennen. Kein Hintergrundwissen, das einen stört. Einfach nur selige Ignoranz.
Diese Momente spielen sich meistens vor dem Regal mit den Fertigmenus ab. Da ist man gestresst, will ausnahmsweise mal ein Fertiggericht auf den Tisch bringen und dann stürmt es auf einen ein, all das Wissen, das man über die Jahre angehäuft hat.
Wie wär’s mit diesen Pouletkugeln, die mit der Currysauce drin. Nicht dass sie gut wären, aber eben, man ist ja gestresst. Doch halt, das Pouletfleisch kommt aus Brasilien. Brasilien? Werden dort die Hühner in Auslaufhaltung gehalten? Und wie steht’s mit der CO2-Bilanz des Produkts? Vielleicht könnte man auch Fischstäbchen nehmen. Aber halt, die Weltmeere sind überfischt und erst neulich hat man lesen können, dass das Label, das umweltschonenden Fischfang verspricht, alles andere als vertrauenswürdig ist. Dann eben Fertigpizza. Aber die Dinger sind horrend teuer und so unglaublich klein, dass für eine sechsköpfige Familie mindestens vier Packungen her müssen. Auch mit bescheidenen mathematischen Kenntnissen muss man zum Schluss kommen, dass man zum gleichen Preis schon fast im Restaurant speisen könnte. Vom Abfallberg ganz zu schweigen. So geht es weiter. Das eine Produkt fällt weg wegen des zu hohen Fettgehalts, das andere wegen seiner unsinnigen Verpackung. Wieder andere kommen nicht in Frage, weil man mit dem Kauf irgend einen multinationalen Konzern ünterstützen würde, den man unbedingt meiden sollte, auch wenn einem im Moment gerade entfallen ist, warum.
So vergeht die Zeit, während der man in Ruhe ein vollwertiges Mittagessen hätte kochen können. Schliesslich verlässt man das Geschäft mit einem Salatkopf, der zwar immerhin aus der Schweiz stammt, allerdings wegen seiner Herkunft aus dem Treibhaus auch nicht wirklich akzeptabel ist. Man hetzt nach Hause, schnauzt die Kinder an, weil man gestresst ist, bringt irgendwie etwas halbwegs Gesundes auf den Tisch, bringt die ganze Küche durcheinander und vergisst in der Eile ganz, den Salat zu rüsten.
Und wünscht sich, man hätte nur fünf Minuten lang richtig dumm sein können. . .