Kleinkariert

Nun soll es also in der Innerschweiz dem Frühfranzösisch am den Kragen gehen. Zu anspruchsvoll für die Kinder, zu gering der Erfolg und überhaupt ist Englisch heutzutage viel wichtiger. Zugegeben, ich kann die Zweifel an der Methode, wie unseren Kindern Französisch beigebracht wird, durchaus nachvollziehen. Auch ich frage mich ernsthaft, wozu der FeuerwehrRitterRömerPirat drei zusätzliche Stunden in der Schule sitzt, wo er doch nach etwas mehr als einem Jahr nicht viel mehr als „Bonjour, je m’appelle FeuerwehrRitterRömerPirat et je parle un peu de Français“ fehlerfrei sagen kann. Dennoch stehe ich voll und ganz hinter der Idee, die Kinder früh mit Fremdsprachen – insbesondere mit Französisch – in Berührung zu bringen. 

Ja, ich weiss, das Französisch ziert sich gerne, wenn man versucht, es sich anzueignen; es zeigt sich längst nicht so zugänglich wie das Englisch, das vorgibt, fast gleich wie das Deutsch zu sein. Obendrein zwingt es einen, bei gewissen Lauten so zu tun, als hätte man sich eine schlimme Halskrankheit zugezogen. Erst wenn man die Sprache ein wenig beherrscht, zeigt sich ihre wahre Schönheit und bis es soweit ist, müssen sogar die Sprachbegabten unter uns ein wenig leiden.  Aber wir leben nun mal in einem Land, in dem man nur wenige Kilometer fahren muss, um mit Menschen in Kontakt zu kommen, die lieber beurre als Butter auf ihr Brot schmieren und da ist es meiner Meinung nach absolut peinlich, wenn man sich mit seinen Landsleuten auf Englisch unterhalten muss, weil das die einzige gemeinsame Sprache ist, die man spricht. 

„Aber die Romands geben sich ja auch keine Mühe, Deutsch zu lernen“, begehren jene auf, die den Französischunterricht bei jeder Gelegenheit geschwänzt haben. Sie beklagen sich über das – angebliche? – Desinteresse der Welschen, ohne zu merken, dass sie das, was sie den anderen ankreiden, ebenso sich selber vorwerfen könnten. Und ein paar Sätze später beginnen sie dann zu schwärmen, wie herrlich romantisch doch dieses Rumantsch sei und wie viel besser es doch wäre, man würde das in der Schule lernen. Eine äusserst kleinkarierte Haltung von Menschen, die in einem Land leben, das sich seiner Vielsprachigkeit rühmt, finde ich. Leider aber auch eine weit verbreitete und darum fürchte ich, es wird noch eine ganze Weile dauern, bis jeder Schulabgänger ganz selbstverständlich mindestens zwei unsrer vier Landessprachen halbwegs anständig beherrscht. 

(Und ja, Englisch ist auch wichtig. Aber es spricht ja nichts dagegen, sich mehr als eine Fremdsprache anzueignen.)

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6 Gedanken zu “Kleinkariert

  1. Tja, die Höflichkeit, einander entgegenzukommen, anstatt immer nur zu erwarten, scheint vielen Menschen abhanden gekommen zu sein.

  2. Ich bin ganz genau auch dieser Meinung und finde es auch ziemlich peinlich, müssten sich die Deutschschweizer und die Romans nur noch auf Englisch unterhalten. Zudem scheint häufig die Einstellung, mit gutem Vorbild vorzugehen, verschwunden sein. Die anderen machen ja auch (oder machen auch nicht)…

  3. Ich stimme dir voll zu. Ich bin zwar zweisprachig aufgewachsen und kann gut französisch. Bei der Arbeit wo ich mit Welschen zu tun hatte, bin ich oft fast an die Decke gegangen. Die wollten immer jede Dokumentation auf Französisch, auf Englisch akzeptierten sie nie. Und machten sich lustig über Schreibfehler von Kollegen welche nicht perfekt französisch schrieben. Eingebildete Idioten, kann ich da nur noch sagen;-)
    Die Tessiner, hatten nie Probleme, alles Deutsch oder Englisch fanden sie ok.

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