Advent, Advent, aber schnell!

Zum Glück haben mir der Zoowärter und das Prinzchen dieses Jahr so lange in den Ohren gelegen, dass sie sich einen fertig befüllten Playmobil-Adventskalender wollen. Und zum Glück habe ich diesem Wunsch nachgegeben, auch wenn ich es doch ach so romantisch finde, wenn Mama und Papa liebevoll für jedes Kind kleine, süsse Päcken vorbereiten, die das Warten auf Weihnachten verkürzen. Aber was rede ich da von „Mama und Papa“? „Meiner“, sonst ein sehr engagierter Vater und Hausmann, hält sich aus dem ganzen Geschenke-Theater raus, bis auf die eine oder andere Bemerkung, dass ich es mal wieder vollkommen übertreiben würde, dass man das Geld auch ebenso gut aus dem Fenster schmeissen könnte und dass die Kinder das Zeug ohnehin nur rumliegen liessen. Nun ja, das mit den „kleinen, süssen Päckchen“ haut bei mir auch nicht so richtig hin, bin ich doch mit zwei linken Händen gesegnet. Aber Adventskalender müssen einfach sein und  irgendwann zwischen Mitternacht und Morgengrauen war ich fertig – mit den Päckchen und den Nerven. 

Nun ja, so ganz taufrisch war ich nicht, als ich heute früh mit den Kindern das Adventsritual feierte. Noch weniger frisch war ich nachmittags, als zu den Strapazen der Nacht auch noch ein anstrengender Vormittag bei der Arbeit gekommen war. Und so mag man mir verzeihen, dass ich einmal mehr eindöste und nicht mitkriegte, wie der Zoowärter und das Prinzchen dafür sorgten, dass zumindest für sie etwas schneller Weihnachten wird. Sämtliche 48 Türchen sind offen, der Inhalt längst im ganzen Haus verstreut und ich beglückwünsche mich zu meinem äusserst weitsichtigen Entscheid, bei den beiden Jüngsten auf kleine, süsse Adventspäckchen zu verzichten und stattdessen diesen unpersönlichen, fertig befüllten Kram zu kaufen.

To do

– Den Schlüssel der Vorratskammer verstecken, damit die Kinder nicht mehr hinter die Schokolade gehen.
– Ein Schlüsselversteck finden, das zwar kindersicher ist, aber nicht so sicher, dass „Meiner“ und ich den Schlüssel nicht mehr finden können.
– Mehr Ruhe ins Familienleben bringen.
– Endlich einen Kurs im Neinsagen besuchen.
– Dem Prinzchen die Windeln abgewöhnen.
– Leberpastete für Karlssons Geburtstag zubereiten.
– Diese fiese Erkältung auskurieren und zwar wenn möglich in den nächsten zehn Stunden.
– Eine Sammlung anlegen für alle Absurditäten des Lebens, über die erst in zehn Jahren gebloggt werden darf, wenn die Leute, die sich im Text wieder erkennen würden, schon längst vergessen haben, dass sie mir je begegnet sind.
– Herausfinden, ob ich das, was ich will, wirklich will, oder ob ich nur glaube, es wollen zu müssen, weil andere wollen, dass ich will.
– Endlich mit dem Entspannungstraining anfangen, damit ich am Freitag fit bin für den Entspannungsmarathon: 72 Stunden im Ländli, ganz für mich alleine. Eine echte Herausforderung.
– Die Küchenkombination gründlich putzen.
– Adventskalender vorbereiten.
– Dem Zoowärter beibringen, dass das elterliche Budget für Weihnachtswünsche beschränkt ist.
– Ein Ausrede überlegen, weshalb ich auch diesen Winter keine Skiferien machen will und wir das Geld lieber für eine Reise im Sommer sparen wollen.
– Die letzten Blumenzwiebeln setzen und endlich diese Kürbislaternen entsorgen.
– Schlafen und zwar sofort! Auch wenn das Prinzchen, das vor einer Stunde wieder aufgewacht ist, gerade einen Kreativitätsschub hat und mir Autos, Garagen und Kanonen malen will. Und das alles in rosarot.

Arbeit frisst Leben

Vor einiger Zeit habe ich ja damit geprahlt, dass der Adventsstress in diesem Jahr nichts wissen will von mir. Das ist auch weiterhin so geblieben, aber erst heute ist mir endlich klar geworden, weshalb das so ist. Vor lauter Arbeit habe ich nämlich noch gar nicht realisiert, dass am Sonntag der dritte Advent ist und dass es so langsam aber sicher an der Zeit wäre, in Weihnachtsstimmung zu kommen. Aber wie soll man denn in Weihnachtsstimmung kommen, wenn die Arbeit, die man bis anhin noch ziemlich gut vom Familienleben hatte trennen können, sich mehr und mehr in den Alltag frisst?

Heute Morgen war mal wieder ein klassisches Beispiel dafür. Nach einer anstrengenden Sitzung und einer halbdurchwachten Nacht war ich heute Morgen reif für ein wenig Faulenzen mit Duftkerzen, Schwarztee, ein paar Weihnachtsguetzli und ausgiebiger Zeitungslektüre. Und für einmal schien das Familienleben meinem Ansinnen wohlgesinnt zu sein: Karlsson und Luise machten sich pünktlich auf den Weg und sogar der FeuerwehrRitterRömerPirat verliess heute das Haus bevor der Kindergarten angefangen hatte. Der Zoowärter verschlief den ganzen Morgen, das Tageskind kam ausnahmsweise später und einzig ein sehr gut gelauntes Prinzchen sorgte für gerade genug Leben in der Bude, damit mir nicht langweilig würde. Alles war perfekt für ein fröhliches Tête-à-Tête bei Tee und Kakao mit meinem Jüngsten. Ach ja, und wo wir schon dabei waren, könnten wir uns doch gleich noch einen gemütlichen Schwatz mit dem Au-Pair gönnen. Vielleicht könnten wir ja endlich besprechen, wer war zu Weihnachten bekommen soll.

Und dann kam der erste Anruf, kurz darauf der Zweite und als ich den Dritten entgegennahm, klingelte gleichzeitig auch noch das Arbeitshandy.  Dazwischen zwei oder drei E-Mails, die ganz dringend beantwortet werden mussten. Das Au-Pair tat inzwischen, was ich eigentlich so gerne getan hätte: Sie quatschte mit dem Prinzchen, freute sich an seinen Fortschritten und sorgte dafür, dass er die Mama, die schon wieder an der Strippe hing, nicht zu sehr störte. Dabei hätte ich doch noch so gerne von ihm gestört werden wollen, lechzte ich doch nach einer ziemlich anstrengenden (Arbeits)woche richtiggehend nach Zeit mit meinem Jüngsten. Aber am Ende kam doch wieder die Arbeit zuerst, auch wenn das Au-Pair mich davon zu überzeugen versuchte, ich solle doch beim nächsten Mal das Telefon einfach läuten lassen. Irgendwann war ich so frustriert über meinen verpatzten vorweihnachtlichen Mama-Sohn-Morgen, dass dieser eine Anruf mehr nicht weiter ins Gewicht fiel. Ausserdem war es jetzt ohnehin Zeit, mit Luise zur Kinderärztin zu fahren, um die Fäden aus ihrer Bauchnaht zu entfernen.

Auf dem Weg zur Ärztin, als wir an unglaublich vielen Samichläusen, Lichterketten und dekorierten Tannenbäumen vorbeifuhren, wurde mir endlich klar, dass ich mich jetzt ganz dringend mal dem Advent und allem, was er so an Schönem mit sich bringen kann, widmen muss. Denn tue ich das nicht, steht am Ende doch noch der Adventsstress vor der Tür, weil ich vor lauter Arbeit das Backen, das Dekorieren, das Singen, das Geschenkemachen, das Geniessen und die Stille auf den letzen Moment aufgeschoben habe.

Wo bleibt er denn nur?

Was läuft hier bloss wieder falsch? Ich kann ihn umwerben wie ich will, zu mir will er in diesem Jahr einfach nicht kommen. Landauf landab klagen die Mütter, in diesem Jahr sei es besonders schlimm mit ihm, sie wüssten ihm fast nicht mehr zu wehren, aber von mir will er einfach nichts wissen. Andere Mütter werden in diesen Tagen belästigt mit Adventssingen, Adventsbasteln, Adventsbacken, Adventsshopping, Adventsichweissnichwassonstnoch, aber bei mir herrscht noch heute, am Tag nach dem ersten Advent, gespenstische Ruhe. Klar, am Samstag haben wir auch Adventskränze gebastelt, aber das war kein Stress, weil jemand anders die Sache perfekt organisiert hatte. Ach ja, und die Kinder machen natürlich auch bei so einer Art Krippenspiel mit, aber dieser eine zusätzliche Termin war nun wirklich nicht so schlimm, zumal unser Samstagnachmittag mit weniger Kindern dafür umso ruhiger verlief. Auch die zwei anderen adventsbedingten Termine, die bis Weihnachten noch in unserem Kalender stehen, fallen auch nicht gross ins Gewicht.

Und so kommt es, dass ich in diesen Tagen wohl eine der wenigen Mütter bin, die allen Ernstes vorschlägt: „Lass uns doch im Dezember mal wieder Kaffee trinken. Mein Kalender ist noch ziemlich leer. Wann hättest du denn Zeit?“ Warum bloss zückt bei dieser freundlichen Einladung die andere Person nicht sogleich die Agenda? Warum bloss schaut sie mich an, als hätte ich da eben eine furchtbar ketzerische Frage gestellt? Warum bloss zweifeln einige gar an meinem Verstand, wenn ich frage, ob sie bald einmal wieder Zeit für einen Schwatz hätten?

Nun ja, ich weiss nur zu gut, warum das so ist. Klage ich doch gewöhnlich auch über den Adventsstress, der mich daran hindert, Ruhe und Besinnung zu finden. Was ich aber nicht weiss: Warum bloss ist es in diesem Jahr anders bei mir? Habe ich ein besonders gutes Jahr erwischt, in dem sämtliche Lehrkräfte meiner Kinder adventsmüde sind und deswegen auf zusätzliche Termine verzichten? Sind unsere Kinder in diesem Jahr besonders bescheiden und belästigen uns nicht mit unerfüllbaren Wünschen? Oder habe ich in den vergangenen Wochen in derart hohem Tempo gelebt, dass ich mich jetzt, wo es arbeitsmässig etwas ruhiger wird, nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen lasse?

Vielleicht aber – und das befürchte ich fast – spielt der Adventsstress in diesem Jahr ein besonders heimtückisches Spiel mit mir: Er kündigt seinen Besuch nicht wie üblich weit im Voraus an, sondern wartet, bis wir glauben, er habe und in diesem Jahr vergessen weshalb wir es uns mit Glühmost und Guetzli gemütlich machen, und dann schlägt er aus dem Hinterhalt zu, wenn wir am wenigsten mit ihm rechnen.

Krippenspiel-Karriereleiter

Wie fast überall im Leben, gibt es auch bei den Krippenspielen eine Karriereleiter. Im ersten Jahr startet man als Schaf, im zweiten Jahr darf man ein Hirte sein,  im dritten dürfen die Jungs einen der drei Könige sein, die Mädchen ein Engel und schliesslich folgt im vierten Jahr die Krönung, wenn man Maria oder Josef sein darf. So zumindest sieht die Karriere aus, wenn sie ohne Hindernisse verläuft.

Bei Luise nun ist die Karriere ins Stocken geraten. Eigentlich sollte sie schon längst die Maria machen dürfen, aber seit drei Jahren nun ist sie auf der Stufe Engel stehengeblieben. Was vielleicht an ihrem engelsgleichen Aussehen liegt. Luise findet es dennoch  ziemlich doof, dass es karrieremässig nicht vorwärts geht und man weiss ja, dass die Zeit drängt, wo sie doch in wenigen Jahren zu alt sein wird, um noch eine Rolle in einem Krippenspiel zu kriegen. Krippenspielregisseure sind da noch gandenloser als Hollywood-Regisseuere. Unter diesen Umständen ist es für Luise natürlich auch kein Trost, dass sie in diesem Jahr zumindest den Engel Gabriel machen darf. Sie findet, dass sie jetzt lange genug auf die Krönung ihrer Karriere gewartet hat und es tröstet sie auch  nicht, dass ihre Mama damals auch auf der Stufe Engel stehen geblieben war. Ob wir nächstes Jahr mit Bestechungsgeldern nachhelfen müssen?

Ernsthafte Sorgen machte ich mir, als der FeuerwehrRitterRömerPirat mir meldete, er sei in diesem Jahr als  Kartoffelsack zu sehen sein. Haben die jetzt tatsächlich weitere Hierarchiestufen eingeführt und unser armer kleiner Sohn muss noch einmal ganz unten anfangen, obschon er sich doch  einmal schon ganz leidlich durchgeschlagen hat? Wie kann ich mich denn damit brüsten, wenn ich den Leuten sagen muss: „Mein Sohn hat in diesem Jahr den Kartoffelsack so bravourös gespielt, dass er im nächsten Jahr ganz bestimmt die Eselsrolle bekommt.“? Nach mehrmaligem Nachhaken hat sich aber herausgestellt, dass ich ganz unbesorgt sein kann. Der FeuerwehrRitterRömerPirat ist ein Hirte, so wie es sich gehört, wenn man schon zum zweiten Mal dabei ist. Aber weil dieser Hirte einen alten Kartoffelsack trägt, war der FeuerwehrRitterRömerPirat offenbar anfangs ein wenig verwirrt, wer er denn nun sei.

Wieder Kind werden

Beim ersten Kind war es ja noch ganz einfach und beim Zweiten auch: All die Wunder der Kindheit, die man in bester Erinnerung hat, sind wieder da. Der erste Tannenbaum, unter dem ein echtes Baby liegt und nicht bloss eines aus Holz oder Maisstroh. Der erste Geschenkekatalog, der ins Haus flattert und der einen fast ebenso magisch anzieht wie damals, als man selber noch einen Wunschzettel zusammenkleistern durfte. Das erste Weihnachtsfenster, das endlich einmal so werden soll, wie man es sich als Kind immer erträumt hatte. Die Auferstehung all der Traditionen, die man als Kind so geliebt hatte, die sich aber ganz allmählich mit dem Grösserwerden der Kinder aus dem Leben geschlichen hatten, weil das, was für die Kinder so wunderbar, so magisch war, für die Eltern mehr und mehr zum Stress verkommen war.

Bei uns würde das natürlich ganz anders sein, das wussten wir, schon bevor wir Kinder hatten. Bei uns würde die heilige Zeit heilig bleiben, die Geheimnisse würden Geheimnisse bleiben, die Freude der Eltern jedes Jahr so echt und ungetrübt wie die Freude der Kinder. Und anfangs war dies, wie bereits erwähnt, noch sehr einfach. Mit den ersten Kindern wurden wir selber wieder ein bisschen Kind, machten uns voller Elan an das Umsetzen all der Träume, die wir schon als kleine Kinder hatten, die dann aber unsere Eltern nicht immer so erfüllen konnten oder wollten, wie wir dies erwartet hätten. Ja, bei uns würde das anders sein, zauberhafter, kindlicher, stressfreier.

Doch dann wurden der Kinder mehr und diejenigen, die schon da waren, wurden grösser, die Jahre jagten sich immer schneller und bald einmal ertappte man sich dabei, wie man seufzte: „Mist, wir sollten schon wieder den Samichlaus organisieren. Wo sollen wir  denn den noch in den Terminkalender quetschen?“ Den kleineren Kindern die Vorfreude auf den Samichlaus nicht zu verderben und den grösseren dennoch zu gestehen, dass unter dem roten Mantel und dem weissen Bart ein ganz gewöhnlicher Mann steckt, ist gar nicht so einfach. Noch schwieriger ist es, zu verhindern, dass die Grossen den Kleinen den Zauber ruinieren, bevor diese überhaupt eine Chance gehabt hatten, so richtig an den Samichlaus zu glauben. Und während man in den ersten Jahren des Familienlebens noch sehnsüchtig darauf gewartet hatte, endlich das Glöckchen läuten zu dürfen und sich an den glänzenden Augen der Kinder zu erfreuen, wenn sie zum ersten Mal den Tannenbaum sehen, so muss man heute aufpassen, dass das Ganze nicht zu der ewig gleichen Routine wird. Nicht, weil man dies will, sondern weil halt alles, was man mehrmals erlebt hat, zur Routine werden kann. Wenn wir nicht aufpassen, dann sind wir schon bald soweit, dass wir uns fragen, ob wir für einmal nicht auf den Samichlaus verzichten sollen, oder ob es den Kindern wohl etwas ausmachen würde, wenn sie in diesem Jahr ohne Adventskalender auskommen müssten….

So würden wir wohl denken, wäre ich in den vergangenen Tagen nicht wieder vermehrt dem Kind begegnet, das ich mal war. Da sass ich am Computer und verirrte mich schreibend in eine weihnächtliche Welt, die immer zauberhafter wurde, immer mehr so, wie ich mir das damals, als ich noch klein war, vorgestellt hatte. Und wenn ich wieder auftauchte aus meiner Weihnachstwelt, traf ich auf den Zoowärter, der gedankenverloren auf dem Sofa sass, das „Geschenkebuch“ der Migros von vorne nach hinten und wieder zurück durchblätterte und murmelte: „Das wünsche ich mir und das hier und dann natürlich noch das da oben…“ Plötzlich wurde mir wieder klar, dass die Weihnachtszeit für jedes Kind eine besondere Zeit ist, egal, wie oft die Familie schon Weihnachten gefeiert hat, egal, wie sehr man den ganzen Konsumwahn verteufeln mag, egal, wie sehr man sich darüber ärgert, dass der Sinn des Festes im ganzen Trubel verloren geht. Und so fasse ich heute den Entschluss, dass ich immer wieder Kind werden will. Denn ich ahne, dass nur wer Kind bleibt, es zustande bringt, in der guten alten Advents- und Weihnachtszeit einzig das Schöne zu sehen und das Schlechte auszublenden.

Und weiter geht’s…

Noch ist der letzte Krümel der Prinzchen-Geburtstagstorte nicht verschwunden, sein letztes Geschenk hat er vor einer guten Stunde ausgepackt, einige Luftballons leben noch, und schon bin ich mit dem nächsten Geburtstag beschäftigt. In etwas mehr als zwei Wochen ist Karlsson dran und so verbrachte ich gestern, nachdem die Spuren des Geburtstagsfestes beseitigt waren, einen grossen Teil des Abends damit, das perfekte Geschenk für Karlsson zu finden. Ich kann euch versichern, es war nicht einfach. Wer schon mal versucht hat, einem fast Zehnjährigen weis zu machen, dass ein antikes Trichtergrammaphon nicht ganz in der für die Schweizerische Durchschnitts-Grossfamilie erschwinglichen Preisklasse liegt, der kann sich vorstellen, was „Meiner“ und ich alles sagen mussten, bevor unser Ältester endlich einlenkte. Nach langem Erklären unsererseits und noch längerem Schmollen seinerseits konnten wir uns auf einen Plattenspieler einigen. Ja, genau so ein Ding, für das wir uns damals geschämt hatten, weil unsere Eltern uns keinen CD-Player schenken mochten, weil der „nicht ganz in der für die Schweizerische Durchschnitts-Grossfamilie erschwinglichen Preisklasse“ lag. Das Ding scheint heute wieder chic zu sein, zumindest bei Nostalgikern, wie unser Karlsson einer ist.

Nun, irgendwann fand ich in den Weiten des Internets einen halbwegs tauglichen Plattenspieler, der a) nicht zu teuer, b) „fabrikneu und originalverpackt“ ist und c) in nostalgischem Design daherkommt. Jetzt muss ich nur noch die Meistbietende bleiben für den Stapel „gebrauchter, aber kaum zerkratzter“ Klassik-Schallplatten und Karlssons Geburtstagsgeschenk ist gekauft. Das heisst, wenn er es schafft, sich den Wunsch nach einer echten Puderperücke aus dem Kopf zu schlagen. Im Moment arbeiten wir noch dran. Von der Barockgeige, die er sich eigentlich auch noch wünschen würde, hat er zum Glück schon länger nichts mehr gesagt, so dass ich annehmen kann, dass wir für einmal ganz günstig wegkommen. Zumindest wenn man die Kosten für die kulinarischen Wünsche ausklammert. Und sollte Karlsson nach seinem Geburtstag noch unerfüllte Wünsche hegen, kann ich ihn ja auf Weihnachten vertrösten.

Wie, habe ich Weihnachten gesagt? Das dauert ja auch nicht mehr lange…. Und noch wissen nicht alle Kinder, was sie sich wünschen. Also kann ich auch noch keine Einkäufe tätigen. Nun gut, für die Füllung des Adventskalenders ist gesorgt, aber wo um Himmels Willen finde ich die Zeit, all die anderen Geschenke zu besorgen? Und dann wollte ich mir ja noch überlegen, ob ich für unsere Kinder eine neue Adventsgeschichte schreiben soll. Ach ja, den Samichlaus müssten wir wohl auch in den nächsten Tagen bestellen, damit wir noch einen bekommen. Und dann hat ja auch der Zoowärter schon bald Geburtstag….

Sieht ganz so aus, als müsste ich mich in den kommenden Wochen nicht vor Langeweile fürchten. Das beruhigt mich. Ich hatte nämlich schon Angst bekommen, die Gründung des Familienzentrums, die Lesung und das Novemberschreiben alleine würden nicht ausreichen, um die letzen weissen Flecken im Terminkalender zum Verschwinden zu bringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mutterfreuden

Es ist da! Das lange herbeigesehnte und zig mal erwähnte jüngste Kind. Heute Nachmittag, nachdem ich von einem ziemlich ermüdenden Ausflug mit dem Zoowärter und dem Prinzchen nach Hause gekommen war, durfte ich es ganz überraschend in die Arme schliessen: Mein Buch! „Leone & Belladonna“ haben nämlich am Freitag ohne mein Wissen die Druckerei verlassen! Im Moment kann ich mein Glück noch nicht fassen, aber immerhin schwebe ich schon so sehr auf Wolke sieben, dass ich für einmal sogar ein sehr privates Bild zeige, eines von meinem jüngsten Baby & mir:

Ist schon bemerkenswert, wie viel frischer man nach der Geburt eines Buches in die Kamera blickt als nach der Geburt eines echten Babys….

Übrigens: Falls jemand mein Buch kaufen möchte dürft ihr euch gerne unter der Rubrik „Buch kaufen oder hier informieren.

Ich hab’s gesehen!

Es ist fast wie Kinderkriegen: Zuerst einmal liegt es in weiter Ferne, vielleicht wird man mal, vielleicht auch nicht. Dann, irgendwann, wird der Traum konkreter, man überlegt sich, ob man den Job aufgeben würde für ein Kind, wo man das Kinderzimmer einrichten würde, wie es heissen würde, wenn es ein Mädchen wäre, wie, wenn es ein Junge wäre. Und dann, eines Tages nimmt man allen Mut zusammen, geht das Risiko ein und wenn alles läuft, wie man sich das gemeinhin vorstellt, dann entsteht ein neues Menschlein. Anfangs ist das alles noch ziemlich irreal, man sieht nichts, spürt nichts, man hat nur einen Teststreifen mit zwei Linien drauf. Mit der Zeit dann wird die Sache konkret, der Bauch wölbt sich, man sieht erste Ultraschallbilder, spürt erste Bewegungen. Und dann, gegen Ende der Schwangerschaft, werden die Ultraschallaufnahmen immer klarer, man erkennt Gesichtszüge, kann sich vorstellen, wie das kleine Menschlein aussehen wird, wenn es erst mal aus dem Bauch kommt. Und plötzlich weiss man, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis man das Kind im Arm halten wird. Ein heiliger Moment.

Einen ähnlich heiligen Moment habe ich soeben erlebt: „Meiner“, Luise, der FeuerwehrRitterRömerPirat und der Zoowärter kamen von Karlssons Konzert nach Hause – ich werde dann morgen gehen und meinen Ältesten danach endlich wieder mit nach Hause nehmen – und brachten ein Programmheft mit. Was soll denn an einem Programmheft so besonders sein, mögt ihr euch fragen. Nun, für mich ist es ein ganz besonderes Programmheft, denn auf Seite 60 findet sich der Beweis, dass die Sache mit dem Kinderbuch nicht irgend ein Hirngespinst war, sondern dass es das Buch geben wird, ja, dass es nur noch wenige Tage dauern wird, bis ich es in den Händen halten werde. Das letzte Ultraschallbild, sozusagen. Das Bild, das mir bestätigt, dass der Traum, den ich schon als Kind geträumt habe, der Traum, den ich lange nicht in die Tat umzusetzen wagte, der Traum, bei dem es keine Garantie auf Erfüllung gab, der Traum, der mir neben dem Traum von einer gesunden Familie der Allerwichtigste ist, wahr wird. Nach Jahren des „Was wäre wenn…“, nach Monaten des „Trau‘ ich mich, oder lasse ich es bleiben?“, nach Wochen des „Ist mein Text gut genug? Machen die ein Buch draus?“ habe ich nun die Bestätigung: Ja, es ist ein Buch! Und eine CD dazu! Und der Name ist „Leone und Belladonna – Eine Adventsgeschichte in 24 Kapiteln“.

Und wie bei den Kindern die Sache erst richtig losgeht, wenn das Kind mal geboren ist, so fängt es auch bei einem Buch erst richtig an, wenn es gedruckt ist. Erst dann weiss man mit Sicherheit, ob das Kind gesund, das Buch gut genug ist. Erst dann weiss ich, ob Leone  und Belladonna den Weg von meinem Kopf in die Herzen der Leser finden werden.

Ist es eigentlich normal, dass ich in diesem Moment nicht nur beinahe platze vor lauter Freude, sondern auch beinahe zittere vor lauter Angst?

Wenn Vendittis müde sind,….

…. hat jeder seine eigene Methode, damit umzugehen. Karlsson zum Beispiel brüllt dann bei jeder Gelegenheit los. „Karlsson, würdest du bitte das Licht ausmachen?“, fragt man und Karlsson heult: „Immer seid ihr so gemein zu mir!“ „Karlsson, hast du deine Hausaufgaben schon gemacht?“ Der Junge bricht zusammen und schluchzt herzerweichend. Wenn Karlsson müde ist, kann jeder Satz genau der Falsche gewesen sein. Der Satz, der ihn dazu bringt, die Fassung zu verlieren, loszuheulen und die Tür zu knallen. Woher er das wohl hat?

Eine müde Luise ist das pure Gegenteil eines müden Karlssons. Eine müde Luise sitzt den ganzen Tag mit glasigem Blick in einer Ecke, den Nuckelfinger im Mund, das Schmusehäschen ans Ohr gedrückt und gibt keinen Ton von sich. Würde sie nicht zwischendurch den FeuerwehrRitterRömerPiraten verhauen, der sie beim Luftlöcherstarren stört, man könnte glauben, Luise hätte sich in den Winterschlaf begeben.

Je weniger man von Luise hört, umso mehr hört man vom FeuerwehrRitterRömerPiraten. Er verleiht seiner Müdigkeit durch Verweigerung Ausdruck. Egal, ob er bei Luises Ballettvorführung still sitzen, beim Schuhe kaufen nicht unter das Regal kriechen, beim Mittagessen nicht mit der Gabel in der Hand herumrennen dafür aber beim Krippenspiel mitsingen soll, er tut, als gehe ihn alles nichts an. Wenn er nicht will, dann will er eben nicht und dann soll ihn die Mama gefälligst in Ruhe lassen mit ihren blöden Anweisungen. Die Mama,-  und nur die Mama, nicht etwa der Papa, – soll ihn jetzt einfach nur hätscheln und streicheln, denn er ist sooooooo müde, dass er gar nichts anderes mehr ertragen kann.

Der Zoowärter übersteht seine Müdigkeit, indem er sich mit dem Stofftier, dass ihm momentan am meisten ans Herz gewachsen ist, aufs Sofa setzt und Pingu-Kassetten hört. Mit dem Schmusetuch im Mund und einem ähnlich leerem Blick wie Luise. Wenn er aber seinen aktuellen Schützling nicht finden kann, brüllt er los und zwar sehr laut und sehr lange. Nach Bedarf auch eine geschlagene halbe Stunde. Gestern und heute führt der „kleine Herr Kokosnuss“ die Top-Ten der beliebtesten Kuscheltiere an. Und wie es der Name sagt, ist der Affe Herr Kokosnuss klein, sehr klein. So klein, dass er schwer auffindbar ist,  weshalb das Gebrüll seinetwegen fast endlos ist.

Auch „Meiner“ und ich haben unsere Methoden, mit der Müdigkeit umzugehen. Wir ziehen es vor, uns einen Film reinzuziehen und so zu tun, als gebe es nichts aufzuräumen und zu erledigen in unserem Haushalt. Wir tun einfach so, als gehe uns das alles gar nichts an. Was zur Folge hat, dass der kleine Herr Kokosnuss im Chaos noch öfters verloren geht als üblich, Luise und der FeuerwehrRitterRömerPirat sich noch häufiger in die Haare geraten, weil kein Platz mehr da ist, um einander aus dem Weg zu gehen, Karlsson noch öfter die Türe knallt, weil wir ihn hin und wieder dazu auffordern, etwas wegzuräumen. Und weil wir alle zusammen gegen Ende der Adventszeit so schrecklich müde sind, ist das Leben bei Vendittis nicht gerade gemütlich im Moment.

Ach ja, wie geht denn überhaupt das Prinzchen mit alldem um? Wie bekämpft er seine Müdigkeit? Na, wie wohl? Mit schlafen natürlich.