Musste das wirklich sein?

Ja, mich ärgert das auch mit diesen Vollidioten, die glauben, sie müssten als Clowns verkleidet Angst und Schrecken verbreiten.

Ja, ich frage mich auch, in was für einer Welt wir eigentlich leben, wenn Menschen auf solche hirnverbrannten Ideen kommen.

Ich frage mich allerdings auch, ob es sinnvoll ist, wenn die Medien der Sache so viel Aufmerksamkeit schenken, dass andere Vollidioten finden, sie müssten das jetzt auch machen.

Und ich frage mich, ob es klug ist, wenn Eltern ihren Kindern des Langen und Breiten von dieser Sache erzählen. Ich, für meinen Teil, habe mich entschieden, nur mit den Grossen, die selber in den Medien davon erfahren haben, darüber zu reden. Für die Kleineren hätte ich es vorgezogen, wenn sie Clowns weiterhin nur als Spassmacher im Zirkus kennen würden.

Aber ich hatte keine Wahl, denn offenbar gibt es in einigen Familien kein anderes Thema mehr, was dazu führt, dass es auf dem Pausenhof auch kein anderes Thema mehr gibt, was wiederum dazu führt, dass es auch an unserem Esstisch kein anderes Thema mehr gibt, was zur Folge hat, dass das Prinzchen sich abends nicht mehr in sein Bett traut.

Nein, es macht mir nichts aus, wenn er bei uns schläft. Aber auf die Angst, die ihn dazu treibt, in unserem Bett zu schlafen, hätte ich ganz gerne verzichtet.

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Danke!

Endlich ist er da, der Aufschrei und auch wenn ich aus Rücksicht auf meine Kinder, die solche Geschichten nicht auf diesem Weg erfahren sollen, darauf verzichte, meine eigenen Erlebnisse in die Welt hinaus zu schreien, so möchte ich doch all denen danken, die es tun. Ich wünsche mir, der Schrei möge erst dann verhallen, wenn auch der letzte der Idioten, die jetzt sagen, wir hysterischen Weiber sollten nicht so ein Theater machen, es habe uns doch auch ein bisschen Spass gemacht, endlich die Klappe hält.

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Die sind imfall schon fast erwachsen

Es ist zwar schon eine Weile her, aber die Sache geht mir trotzdem nicht aus dem Kopf. Da sitze ich mit Karlsson in dieser Infoveranstaltung. Scharenweise sind die Teenager gemeinsam mit ihren bereits leicht angegrauten Eltern in die Aula gekommen, um zu lauschen, was ein Lehrer über Auslandaufenthalte, Eigeninitiative und Projektarbeiten zu sagen hat. Wie bei solchen Veranstaltungen üblich, gibt es am Ende Gelegenheit, Fragen zu stellen. Ein Vater hebt die Hand und will wissen: „Können Sie garantieren, dass die Kinder bis zum Ende ihrer Schulzeit mit den gleichen Gspänli in der Klasse bleiben werden?“

Himmel, diese „Kinder“ und „Gspänli“ stehen an der Schwelle zum Erwachsenenalter, einige von ihnen werden vielleicht schon bald für ein paar Monate alleine ins Ausland gehen, manche sind alt genug, um sich ganz legal Bier zu kaufen. Wäre es da nicht allmählich an der Zeit, nicht mehr über sie zu reden, als hätten sie eben erst ihren ersten Kindergartentag hinter sich?

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Eigenartige Einstellung

In der Schule haben sie sich mühselig mit der Schnüerlischrift abgeplagt und noch heute geben sie der gestrengen Lehrerin von damals die Schuld an ihrer schlecht leserlichen Klaue. Wenn aber den eigenen Kindern „nur“ noch Basisschrift beigebracht wird, sind sie entsetzt, weil die Jugend von heute nicht mehr „richtig schön“ schreiben lernt. Wo, so fragen sie, bleibt da die Disziplin?

Die endlosen Nachmittage, an denen sie über sinnlosen Hausaufgaben gebrütet haben, sind ihnen in schlechtester Erinnerung geblieben. Wie viel lieber hätten sie draussen gespielt. Wenn aber ihre eigenen Kinder weniger, dafür sinnvollere Hausaufgaben bekommen, beschweren sie sich, die Knöpfe würden total verweichlicht. 

Grammatik und Rechtschreibung haben sie zutiefst gehasst und noch heute will ihnen kaum ein korrekter Satz gelingen. Dennoch sind nicht selten sie diejenigen, die sich beklagen, heutzutage würden die Kinder nicht mehr richtig lesen und schreiben lernen. 

Die ruppige Behandlung durch den Klassenlehrer haben sie bis heute nicht richtig verdaut. Wäre er nicht gewesen, hätten sie es bestimmt viel weiter gebracht im Leben, aber sie hatten ja so furchtbar Angst vor ihm und konnten deshalb nichts lernen. Am Elternabend aber kritisieren sie, die Kinder würden viel zu sanft angefasst, nur mit einer gehörigen Portion Strenge könne etwas aus ihnen werden.

Der Drill im Sportunterricht war ganz schrecklich für sie. Noch heute scheuen sie jede Anstrengung. Das hindert sie aber nicht daran, kritisch zu bemerken, ihre Kinder müssten im Turnunterricht ja rein gar nichts mehr leisten, da müsse man sich nicht wundern, wenn sie immer dicker würden.

Immerhin in einem Punkt sind diese Eltern konsequent: Sie wählen mit Vorliebe Politiker, die mit allen Mitteln versuchen,  die Bildung zu Tode zu sparen. Auf dass den Lehrern ihrer Kinder nichts anders übrig bleibe, als die Schultage mit öder Paukerei – welche die Eltern zwar gehasst haben, aber immerhin kennen – totzuschlagen. Am liebsten noch mit den Schulbüchern von anno dazumal, denn dann lernt man auch etwas Rechtes.

(Wobei mich beim einen oder anderen modernen Oeuvre auch das Gefühl beschleicht, man hätte sich das Papier, auf dem es gedruckt ist, sparen können…)

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Aufsichtspflicht

Prinzchen hat sich mit zwei Freunden zum Spielen verabredet, der eine von beiden taucht mit seinem grossen Bruder im Schlepptau auf. Perfekt, denn so hat der Zoowärter auch einen Spielkameraden und muss Prinzchen nicht die Gäste abspenstig machen. Bald rennen alle zusammen lachend und schreiend ums Haus, wenig später stösst Prinzchens bester Freund dazu, der FeuerwehrRitterRömerPirat und sein bester Freund schliessen sich ebenfalls an, irgendwann saust einer von Zoowärters Freunden auf dem Trottinett herbei und beschliesst zu bleiben. Einer, der nicht so leicht Anschluss bei Gleichaltrigen findet, schliesst sich der Gruppe ebenfalls an, hin und wieder schauen gar ein paar Mädchen vorbei. Aus sicherer Distanz und mit der wachsamen Mama im Hintergrund beobachten zwei Kleinkinder das wilde Spiel der Grossen. Genau so war Kindheit früher auch. Genau so sollte sie auch heute noch sein, nicht wahr?

Aber klar doch. Der Haken ist nur, dass heute zwar alle dieses Idealbild der wilden, erwachsenenfreien Kindheit beschwören, gleichzeitig aber nicht damit leben können, dass diese Freiheit auch Gefahren mit sich bringt. 

Wenn sich also plötzlich der ganze Trupp um unser Haus versammelt, stimmt mich dies glücklich und unruhig zugleich. Die Verantwortung für die Horde liegt jetzt bei mir, das weiss ich ganz genau. Falls einem der lieben Kleinen im wilden Spiel ein Härchen gekrümmt wird, bin ich daran schuld und keiner wird fragen, ob das betreffende Kind bei uns eingeladen war, oder ob es dazugestossen und einfach geblieben ist. 

Ich habe also die Wahl: Alles stehen und liegen lassen und die wilde Horde diskret beaufsichtigen, damit sie nichts davon bemerken und sich trotzdem so frei fühlen, als wäre kein Erwachsener zugegen. Oder nur die Kinder dabehalten, deren Eltern mit ein paar Kratzern und Beulen leben können und den ganzen Rest nach Hause schicken. 

Irgendwie finde ich beides nicht so toll. 

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Überdruss

Verschwörungstheorie

Ein öder Beitrag, der mir nur vorgeschlagen wird, weil ich für eine Zeitungskolumne etwas Ödes gegoogelt habe

Drei dicht aufeinanderfolgende, mit kitschigen Bildern hinterlegte Sinnsprüche, die einander im Grundsatz widersprechen, was eigentlich erstaunt, da sie von der gleichen Person im Abstand von wenigen Sekunden geteilt worden sind

Schon wieder eine Verschwörungstheorie

Ein Bild von einer kitschigen Torte

Noch eine Verschwörungstheorie

Die Geburtsanzeige eines mir wildfremden Babys, die ich nur zu sehen bekomme, weil eine sehr weit entfernte Bekannte, mit der ich befreundet bin, die glücklichen Eltern kennt 

Ein spannender Artikel, den ich unbedingt mal lesen will, wenn ich Zeit habe

Ein neuer Rekord, der irgend ein Freund bei irgend einem Game erreicht hat

Eine Serie von Testergebnissen, welche eine mir fremde Person, die sich offenbar gerade ein wenig langweilt, gepostet hat und die nun ein Freund, der sich vielleicht auch gerade ein wenig langweilt, kommentiert hat

Werbung für ein Buch, das ich – wie die doch eigentlich wissen müssten – bereits bestellt habe

Ein Beitrag zur nächsten Abstimmung, leider aus der falschen politischen Ecke, darum nicht zu like

Sportresultate, die irgend einer, der sich für sowas interessiert, mit allen teilen will, was einer meiner Freunde toll findet

Verwackeltes Video eines Babys, das irgendwo am anderen Ende der Welt lebt und anscheinend so viel toller ist als alle anderen Babys auf diesem Planeten, weshalb wir ihm jetzt alle dabei zusehen sollen, wie es seinen Brei löffelt

Ein spannendes Bild, das mir einen kleinen Einblick in den Alltag eines lieben Menschen verschafft

Fingernägel

Verschwörungstheorie

Fingernägel

Werbung

Fingernägel

Wettbewerb

Fingernägel

Eine mir fremde Familie auf einem Familienausflug an einem mir fremden Ort, gelikt von einer mir fast fremden Person

Fingernägel

Das Bild einer griechischen Landschildkröte, die irgendwo in Norddeutschland vermisst wird

Fingernägel

Spannende Analyse zu einem Thema, das mich brennend interessiert

Fingern… Ach, ihr wisst schon. So geht das nun schon seit Wochen und Monaten und allmählich frage ich mich, ob ein Leben mit Facebook wirklich so viel besser ist.

(Aber dann steige ich trotzdem nicht aus, weil irgend jemand, den ich wirklich mag, etwas wirklich Grossartiges postet, das ich auf gar keinen Fall hätte verpassen wollen. Und überhaupt: Wo würde ich dann meinen eigenen, weltbewegenden Kram verbreiten?)

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Sonst noch irgendwelche Fragen?

Ja, wir haben ein Baugesuch eingereicht.

Ja, die Garage kommt weg.

Ja, es soll ein neues Gewächshaus geben.

Nein, wir brauchen dazu keinen Bagger.

Nein, auch keinen Kran.

Erst recht keinen Architekten.

Und auch keinen Bauführer.

Nein, Sie dürfen uns keine unverbindliche Offerte zusammenstellen.

Nein, wirklich gar nicht.

N-E-I-N!!!

Den lieben langen Tag geht das so und das alles nur, weil man hierzulande einen Schandfleck wie unsere Garage nicht ohne Bewilligung beseitigen darf. 

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Alles nur faule Säcke?

Bundesrat Schneider-Ammann fordert härtere Massstäbe für die Matur und wie immer, wenn das Thema zur Sprache kommt, sind in der „NZZ am Sonntag“ solche Dinge zu lesen:

„Schluss mit Durchwursteln“

„Einsatz ist auch dort nötig, wo es unter Umständen weniger Spass macht und härter ist.“

„Eine entsprechend reife Einstellung darf von jungen Menschen erwartet werden, die das Reifezeugnis anstreben.“

Ja, eine reife Einstellung sollte man tatsächlich erwarten dürfen, aber die Behauptung, es liege immer nur an mangelndem Fleiss und Einsatzwillen, wenn jemand in einem Fach schlecht abschneidet, wird nicht wahrer, wenn man sie andauernd wiederholt. 

Noch nie etwas von Teilleistungsstörungen gehört? Von Menschen zum Beispiel, die zwar vom Intellekt her alles mitbringen, was man zum Erlangen einer Matura braucht, die aber im Bereich der Wahrnehmung beeinträchtigt sind und darum in ihrer Schullaufbahn Hürden überwinden müssen, die sich anderen Menschen nie in den Weg stellen?

„Nun reg dich nicht gleich so auf. Solche Schüler bekommen doch jede nur erdenkliche Hilfe. Die kriegen das schon irgendwie auf die Reihe“, mag nun der eine oder andere einwenden, aber genau dies bezweifle ich. 

Für Kinder, die zwar intelligent sind, die aber aufgrund einer Beeinträchtigung grosse Mühe haben, die Dinge so zu lernen, wie sie an unseren Schulen gemeinhin unterrichtet werden, ist es hierzulande ziemlich schwierig, Hilfe zu bekommen. Das weiss ich nicht nur vom vielen Hörensagen, sondern auch aus eigener Erfahrung mit dem FeuerwehrRitterRömerPiraten. Wer nicht genau so „funktioniert“, wie unser Schulsystem dies vorsieht, läuft schnell einmal Gefahr, auf dem Abstellgleis zu landen, unabhängig davon, wie intelligent er oder sie ist.

Man darf von mir aus gerne darüber nachdenken, wie man faule Schüler davon abhält, sich durchs Gymnasium zu wursteln, aber dann sollte man sich zugleich die Frage stellen, wie Menschen, die eben nicht faul, sondern in einem bestimmten Bereich beeinträchtigt sind, nicht daran gehindert werden, zu lernen, wozu sie eigentlich in der Lage wären.

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So schlimm sind sie gar nicht, die kleinen Monster

Hört man sich ein wenig um, wie die Kinder von heute so sind, könnte man glauben, sie seien allesamt gefühllose, verwöhnte Monster, die beim Spielen sinnentleerter Games allmählich verblöden und nichts als Konsum und Mobbing im Kopf haben. Natürlich gibt manche, die sich in diese Richtung bewegen, ein paar Beispiele aus dem Leben unserer Kinder lassen aber auch vermuten, dass es ganz so schlimm nicht sein kann mit der heutigen Jugend:

  • Prinzchen und seine Schulfreunde liegen sich derzeit in den Haaren, weil jeder behauptet, er sei als einziger in der Lage, an einem Tag ein ganzes Buch zu verschlingen, was die anderen natürlich nicht glauben wollen. Wenn sie fertig gestritten haben, versuchen sie, einander gegenseitig mit ihrem grossen Allgemeinwissen zu übertrumpfen. Natürlich ist das nicht besonders nett, aber allzu verblödet kommen mir diese Erstklässler nicht vor.
  • Seitdem der Zoowärter mit seinen Bauchschmerzen zu Hause ist, klingelt es öfter mal um die Mittagszeit an unserer Tür. Kinder, von denen ich teilweise nicht mal den Namen kenne, weil sie noch nie zum Spielen bei uns waren, fragen mich, wie es ihm denn geht, ob sie ihn mal besuchen dürfen und wann er endlich wieder zur Schule komme, es sei so langweilig ohne ihn. Schafft er es mal, für ein paar Stunden den Unterricht zu besuchen, jubeln seine Freunde, das sei der schönste Tag der Woche. Zwei oder drei Mädchen – in diesem Alter ja nicht gerade interessiert an doofen Jungs – liessen sich sogar dazu hinreissen, den Brief, den sie ihm alle zusammen geschrieben haben, mit Herzchen zu unterschreiben. Alles andere als gefühllos also, diese Knöpfe.
  • Der FeuerwehrRitterRömerPirat, an dem Luise seit einiger Zeit kaum ein gutes Haar lässt, bastelt im Werkunterricht für seine Schwester in liebevoller Kleinarbeit ein schillerndes Osterei, das er ihr als verspätetes Geburtstagsgeschenk überreicht. So schön ist es geworden, dass sie gar nicht anders kann als zu erkennen, wie sehr der nervige jüngere Bruder sie insgeheim mag. Sie haben eben doch ein Herz, diese kleinen Monster.
  • Luise ist im Moment eigentlich alles andere als gut zu sprechen auf die zwei Menschen, die sie gezeugt haben. Dennoch sind wir ihr ganz und gar nicht egal. „Ich sehe doch, dass du traurig bist, also sag nicht, es sei nichts, wenn ich dich frage, was los ist“, raunzte sie neulich und brachte mich dazu, ihr, die ja laut der gängigen Meinung über die Jugend von heute nur an ihrem Smartphone und der neuesten Jeans interessiert sein dürfte, mein Leid zu klagen. (Okay, ich geb’s zu, ich musste mich ganz schön kurz fassen zwischen all den Nachrichten, die in der Zeit auf ihrem Handy eingegangen sind, aber sie hat mir tatsächlich zugehört.)
  • Die Jugendlichen, die gelegentlich bei uns ins Haus kommen, um mit Karlsson an Schulprojekten zu arbeiten, sind so anständig, nett und fleissig, dass ich mich in ihrer Gegenwart wie ein vergammelter Hippie fühle, der ganz dringend sein Leben in den Griff kriegen und seine Höhle aufräumen müsste. (Bis jetzt ist es mir zum Glück noch gelungen, sie mit Selbstgebackenem daran zu hindern, mir das Sozialamt auf den Hals zu hetzen.)

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Nicht mehr die gleiche Zielgruppe

Da „Meiner“ und ich fast auf den Tag genau gleich alt und schon mehr als das halbe Leben miteinander unterwegs sind, haben wir nicht nur viele entscheidende Schritte – Matura, Berufswahl, erwachsen werden, …- gemeinsam unternommen, wir gehörten offenbar auch über viele Jahre der gleichen Zielgruppe an. Die Banken bewarben sich um die Anlage unseres nicht vorhandenen Vermögens, die Versicherungen bemühten sich darum, Dinge, abzusichern, die sich in Wirklichkeit nicht absichern lassen, alle anderen führten uns in den schillerndsten Farben vor Augen, was wir für unser Glück und das Glück unserer Kinder so alles brauchen. Nur ganz selten einmal kam es vor, dass sie uns mit unterschiedlichen Strategien zu bezirzen versuchten und einmal bestand der Kerl, der uns ein „Weltwoche“-Abo aufschwatzen wollte, doch tatsächlich darauf, das „Nein“ aus dem Munde meines Herrn Gemahl zu vernehmen, ehe er von uns abliess, doch das erstaunt bei diesem Blatt ja nicht wirklich. Im Grossen und Ganzen aber hatten sie in ihren Bemühungen, uns das Geld aus dem Sack zu ziehen, uns gemeinsam im Visier.

Seitdem wir – natürlich wieder fast gleichzeitig – die Vierzig überschritten haben, fahren die Werber nun aber plötzlich getrennte Strategien. „Meiner“ ist jetzt offenbar in dem Alter angekommen, in dem man von Männern erwartet, sich um ihre Gesundheit zu sorgen. Fast täglich landen an ihn adressierte Gesundheitsbroschüren und Bettelbriefe, in denen er gebeten wird, doch bitte einen Beitrag zur Erforschung einer seltenen Krankheit zu leisten, im Briefkasten. Damit er auch ganz sicher etwas springen lässt, versucht man, ihn mit Lupen, Tischkalendern, Kugelschreibern und anderem Kram zu ködern. Mir hingegen wird gar nichts geschenkt, ich bekomme nur plötzlich haufenweise Kataloge, die von vorne bis hinten voll sind mit sündhaft teuren geblümten und gerüschten Dingen, mit denen ich mein trautes Heim auf meine alten Tage hin hübsch herrichten soll. Also nichts mehr mit gleicher Zielgruppe. Während er sich gefälligst um seine Gesundheit kümmern soll, wird es für mich Zeit, mir einen romantischen Mikrokosmos aufzubauen, in dem ich irgendwann mit dem pastellfarbenen Hintergrund verschmelzen würde, so ich denn  endlich einsichtig wäre und mich meinem hohen Alter entsprechend dezent pastellfarben kleiden würde. 

Ach ja, da ist noch so eine Sache, in der wir nicht mehr ganz gleich sind, „Meiner“ und ich. Während er zuweilen doch tatsächlich noch als „jung und gut aussehend“ bezeichnet wird, hat man mir heute – unter wortreichen Beteuerungen, ich sei natürlich noch längst nicht alt – eine Brille mit einer Vorstufe von Gleitsichtgläsern verkauft. 

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