Was mich das Leben so alles lehrt

  • Heizungen steigen grundsätzlich an dem Tag aus, an dem es draussen zum ersten Mal so kalt ist, dass sogar ich mich mit dem Gedanken trage, Strümpfe anzuziehen.
  • Die Heizung teilt dir immer erst dann mit, dass sie sich diesmal wirklich nur mit Hilfe eines Monteurs wieder in Gang bringen lässt, wenn du bereits einen Nachtzuschlag bezahlen müsstest, um diesen Monteur ins Haus zu bestellen.
  • Wenn die Heizung streikt, kommen Fernsehgeräte, Ladekabel, Handys und dergleichen auf die Idee, es ihr gleichzutun. Wir Hausbewohner würden dann am liebsten auch in Streik treten, aber es wird so furchtbar kalt, wenn man nicht ständig in Bewegung ist.
  • Es gibt nur einen Weg, dich nach der Veröffentlichung deines Buches nicht über Tippfehler zu ärgern: Du musst deine Bücher von Hand schreiben. Dann schreibst du nur das falsch, was du nicht richtig schreiben kannst. Darüber kannst du dich dann  nicht ärgern, weil du gar nicht merkst, dass du einen Fehler gemacht hast. 
  • In der Schweiz gibt es einen neuen Industriezweig: Die Betreuungsindustrie, manchmal auch Krippenindustrie genannt. Ich weiss zwar nicht genau, was diese Industrie produziert und weiterverarbeitet, aber das spielt ja auch keine Rolle. Das Wort macht sich einfach gut in Leserbriefen und wer denkt denn schon über den Sinn von Worten nach, wenn er Leserbriefe liest?
  • Dein jüngstes Kind bleibt immer kleiner als deine anderen Kinder und darum in deinen Augen klein, egal, wie gross es schon ist. 
  • Der Vormittag gehört noch lange nicht dir, bloss weil jetzt alle deine Kinder kindergarten- oder schulpflichtig sind. Irgend einer nimmt sich immer das Recht heraus, sich krank zu melden, wenn du eigentlich etwas anderes vorhättest. Also komm gar nicht erst auf den Gedanken, dich irgendwo als freiwillige Helferin zu melden, weil du jetzt „so viel freie Zeit“ hast.
  • Man kann Kondensmilch auch selber herstellen. Man sollte sich allerdings während der Zubereitung nie weiter als zwanzig Zentimeter vom Kochherd entfernen, sonst brennt das Zeug an. 
  • Nur weil dein Kind eine ausgeprägte nostalgische Ader hat, bedeutet das noch lange nicht, dass es sich zum Geburtstag nicht die allerneusten Gadgets wünscht. Klassische Musik und Bilder von Barockpalästen lassen sich problemlos mit modernster Technik vereinbaren.

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Schmeicheleinheiten

Meine Nerven lagen gerade ziemlich blank: Wocheneinkauf mit Karlsson – „Ich will aber Blutwurst!“ – und Prinzchen – „Wann sind wir endlich in der Spielwarenabteilung?“ – und unzähligen anderen Einkäufern, die am Zahltag vom einmaligen 10% – Rabatt profitieren wollten. In der Hand eine ellenlange Einkaufsliste, im Hinterkopf die Sorge, ob wir es nach Hause schaffen, ehe Zoowärter, FeuerwehrRitterRömerPirat und Luise von der Schule nach Hause kommen, zu Hause ein angefangener Artikel, der zu Ende geschrieben sein wollte und obendrein ein selbstverschuldetes Schlafmanko. Ein typischer „Mama Venditti hat’s mal wieder nicht ganz im Griff“-Nachmittag eben.

Ich war gerade dabei, meine 18 Liter Milch so im Einkaufswagen zu platzieren, dass noch Raum für all das andere Zeug auf meiner Liste blieb, als eine Mutter mit einem etwa fünfjährigen Mädchen auf uns zugesteuert kam. Zuerst glaubte ich, sie wolle mir den Platz am Milchregal streitig machen, doch dann hörte ich sie zu ihrem Töchterlein sagen: „Also, was willst du der Lady-Frau jetzt sagen?“ Das Mädchen sah mich ein wenig verlegen an und murmelte etwas, was ich im Lärm des Einkaufsrummels nicht ganz verstand. „Sie will Ihnen sagen, dass sie Sie so wunderschön findet mit Ihren Blumen im Haar“, erklärte die Mutter.

Ich weiss nicht, wer mehr gestrahlt hat, das Mädchen oder ich. Ich weiss nur, dass ich mich in diesem Augenblick trotz all meiner Unzulänglichkeiten fühlte, als wäre ich etwas ganz Besonderes. Kaum etwas bringt mich so sehr zum Schmelzen wie ein wildfremdes kleines Mädchen, das in mir nicht die gehetzte, ungeduldige Mutter sieht, sondern eine „Lady-Frau“, der man mitten im Getümmel den Tag mit einem hinreissenden Kompliment versüssen muss.

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Nur eine kleine Erklärung. Bitte, bitte, bitte!

Es ärgert mich ja selber, dass es mich noch immer ärgert, aber es ist wohl das Los von uns Mehrfachmüttern, uns alle paar Jahre über den gleichen Mist zu ärgern. Da nimmst du dir fest vor, deinen Jüngsten nach den Herbstferien allmählich in die Selbständigkeit zu entlassen, instruierst die grossen Kinder in den Prinzchen-Abholdienst und schärfst dem Prinzchen auf dem Weg ein, dass er heute nach dem Kindergarten nicht auf dich warten muss, sondern auf Luise, die heute dran ist mit Abholen. Dann kommst zum Strassenübergang Primarschulhaus – Kindergarten und stellst fest, dass die mal wieder exakt auf das Ende der Herbstferien eine Baustelle so platziert haben, dass die kleinen Kindergärtner unmöglich die Strasse überqueren können, wie es der Verkehrspolizist vorgezeigt hat.

Ja, und dann kannst du einfach nicht anders, als dich zu ärgern. Weil es beileibe nicht das erste Mal ist, dass sie exakt zum Ende der Schulferien die Baumaschinen auffahren. Weil sie während der Herbstferien vor allem beim Oberstufenschulhaus gearbeitet haben, so dass die Teenager, die ja halbwegs eigenständig sind, jetzt ganz gefahrlos zu ihrem Schulhaus kommen. Weil sie noch immer nicht begriffen haben, dass kleine Kinder und grosse Baumaschinen nicht miteinander klarkommen und man deshalb wenn möglich die Schulferien dazu nutzen sollte, dort zu baggern, wo die Kleinen gewöhnlich vorbei müssen. Weil sie nicht einsehen wollen, dass man ein Kind unmöglich alleine gehen lassen kann, denn wie soll es auch sicher über die Strasse kommen, wenn der Zebrastreifen, auf den Fünfjährige nun mal fixiert sind, nicht begehbar ist. 

Ja, natürlich bin ich dankbar, dass die jetzt endlich etwas unternehmen, um die Strasse für Fussgänger sicherer zu machen. Aber warum, warum, warum, warum, warum müssen die immer exakt auf das Ferienende dort arbeiten, wo die Kleinsten durchmüssen? Wäre es denn so schwierig, andersrum zu planen, so dass bei den Grossen gearbeitet wird, wenn die Schule wieder anfängt?

Ich meine, vielleicht gibt es ja eine plausible Antwort auf diese Fragen. Eine Antwort, die eine aufgebrachte Glucke wie mich zufrieden stellen würde. Vielleicht gibt es ja wirklich einen Grund für dieses Vorgehen und wüsste ich den Grund, würde ich meine Klappe halten und den anderen Müttern, die sich beklagen, altklug erklären, dass es eben nicht anders geht, weil….

 Ja, weil? Sagt mir doch warum es nicht anders geht! Dann kann ich vielleicht endlich aufhören, mich aufzuregen.

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Arbeits-Wellness-Haushaltsmorgen

Nein, ich habe es bei Weitem noch nicht im Griff, wie es sich geschickt mit neu gewonnener Freiheit, Heimarbeit und Haushalt jonglieren lässt. Heute ein Versuch, den ich wohl nicht zum letzten Mal unternommen habe:

Vor dem Frühstück ein kurzer Spaziergang zum Kindergarten, ein Abstecher zur Bäckerei und dann ein Blitz-Frühstück mit Karlsson, der erst um neun Schule hat. Danach eine erfrischende Runde ums Haus – Wachtelkäfig abdecken weil Regen droht, Nacktschnecken-Versalzen und Altpapier vor dem Gartentor aufstapeln – und dann ein Gang in den Keller, um die Sauna einzuschalten. Währenddem der Saunaofen sich aufheizt, skizziere ich oben eine kleine Artikelserie, schreibe einleitende Sätze und verlinke, was sich bereits verlinken lässt. Nach vierzig Minuten Arbeit ist die Sauna heiss, ich geniesse die Ruhe und mache mir Gedanken über den Inhalt der einzelnen Artikel. Dies erfordert ein Eintauchen in eine längst vergangene Zeit, als ich heulend mit einem Stillkind auf dem Sofa sass, Staubfusseln anstarrte und dachte, so würde es bis an mein Lebensende bleiben. Nach fünfzehn Minuten ist genug geschwitzt und die einzelnen Texte haben in meinem Kopf Form angenommen. Wieder oben schreibe ich weiter, bis es Zeit wird, das Mittagessen in den Ofen zu schieben. Eine Schrecksekunde lang glaube ich, der Gusseisentopf, der noch von meiner Grossmutter stammt, die ich nie gekannt habe, hätte ein Loch, aber es stellt sich heraus, dass nur das billige Litermass, mit dem ich Wasser eingefüllt habe, eine undichte Stelle hat. Als Bohnen, Kartoffeln und Speck im Ofen sind, gönne ich mir einen weiteren Saunagang, diesmal mit dem „Spiegel“. Nicht, weil ich sonderlich Lust auf Lektüre bei schummrigem Licht und ohne Brille hätte, sondern einfach, weil mir in unserer eigenen Sauna keiner verbieten kann, Zeitschriften zu lesen. Zum Schluss noch eine kurze Dusche und hinaus ins Regenwetter, um das Prinzchen abzuholen – für einmal ganz ohne Kater.

Rückblickend würde ich meinen Jonglierversuch als durchaus gelungen bezeichnen, auch wenn ich mir ein wenig vorkomme wie dieser hier:

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Und hier noch der Text, der aus seinem Mund käme, hätte ich das richtige Bild gefunden: „Nun, ich hab‘ die erste Hälfte der ersten Platte fertig. Ich verschnauf‘ ein wenig, dann feg‘ ich die zweite Hälfte der ersten…Ich verschnauf‘ ein wenig, dann kommt die erste Hälfte der zweiten…ich versch…“
Im Detail nachzulesen bei „Asterix und der Arvernerschild“.

Montagsgemotze

Der FeuerwehrRitterRömerPirat ist wütend auf mich, weil ich darauf bestehe, dass er seine Hausaufgaben macht.

Der Zoowärter ist wütend auf mich, weil ich dem Prinzchen erlaube, die grosse Kartonschachtel für seine Michel aus Lönneberga-Sammlung zu behalten, obschon der Zoowärter daraus ein Bett für seine Karlsson auf  dem Dach-Puppe hätte machen wollen.

Das Prinzchen ist wütend auf mich, weil er einfach auf irgend einen wütend sein muss, da das Leben als frischgebackener Kindergärtner ganz schön anstrengend ist.

Luise ist wütend auf mich, weil Karlsson mich abends begleiten darf, um den kleinen Gottegris und den grossen Leone vom Kindergarten abzuholen, wo sie den ganzen Tag im Gebüsch auf mich gewartet haben.

Karlsson ist wütend auf mich, weil ich Luise erlaube, ebenfalls mitzukommen, als wir noch einmal zum Kindergarten gehen müssen, weil wir zuerst den zappelnden Gottegris nach Hause bringen mussten, ehe wir uns um Leone kümmern konnten. 

„Meiner“ ärgert sich über mich, weil ich mich mit den beiden auf eine Diskussion einlasse.

Katzenmama Henrietta wirft mir misstrauische Blicke zu, weil ich in ihren Augen zu wenig dagegen unternehme, dass der kleine Gottegris im Dorf herumstreunt.

Die Nacktschnecken-Gemeinschaft hat zum Sturm auf mein Gewächshaus geblasen, weil ich noch immer nicht bereit bin für Friedensverhandlungen.

Unsere zwei Wachtelhähne attackieren mich, wenn ich nach dem Füttern die Eier hole. Warum attackieren die mich und nicht ihre Hennen, die zu faul zum Brüten sind und mich dadurch geradezu zwingen, die Eier zu nehmen?

Die Wespen auf dem Balkon nehmen es mir übel, dass ich den Kompostkübel wespendicht verschliesse und reiten deshalb jedes Mal eine Attacke auf mich, wenn ich die Balkontüre öffne.

Das alles hat mir heute ziemlich zugesetzt, aber ich hätte den Tag locker als misslungenen Montag abgetan, hätte nicht auch noch einer der mir treu ergebenen Kater einen stinkenden Haufen auf neben meiner Seite des Bettes liegen lassen. Wenn die zwei jetzt auch noch anfangen zu motzen, verabschiede ich mich in die Ferien…

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Energievorrat

Vor einem Jahr…

…arbeitete ich viel mehr, als für mich und meine Familie gut war, immer wieder stand abends noch eine Sitzung auf dem Programm, am Wochenende lag ich regelmässig mit einem Magen-Darm-Käfer im Bett, Verschnaufpausen waren purer Luxus, ich fühlte mich beinahe schon verpflichtet dazu, bei allen möglichen Anlässen dabei zu sein, wenn mal nichts auf dem Programm stand, experimentierte ich in der Küche…

…und doch fand ich irgendwie die Zeit, Unmengen von Vorräten einzukochen, einzufrieren und zu dörren.

Dieses Jahr…

…bin ich vormittags fast immer alleine zu Hause, mein Arbeitspensum beträgt noch gut die Hälfte,  die Arbeitszeiten kann ich voll und ganz nach meiner Familie richten, nur selten zwingt mich ein Käfer ins Bett, ein Tag ohne Mittagsschlaf ist die grosse Ausnahme, Termine am Abend gibt es kaum mehr, die meisten Anlässe finden ohne mich statt…

…und doch besteht mein Wintervorrat derzeit gerade mal aus vier Portionen Pelati und fünf Portionen Mais. Seit Tagen schon warten die Holunderbeeren im Kühlschrank darauf, endlich zu Sirup zu werden, die Randen haben die Hoffnung auf eine Karriere als Borscht schon fast aufgegeben und die zukünftigen Essiggurken, die ich gestern auf dem Markt gekauft habe, werfen mir bereits vorwurfsvolle Blicke zu. 

Ich glaube, ich muss mal im Vorratsschrank wühlen. Vielleicht finde ich dort noch das eine oder andere Glas Energie von letztem Jahr.

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Wie ein ruhigeres Leben aussieht

6:50 Uhr: Sofort aus dem Bett, Karlsson findet seine Brille nicht, Luise hat noch Fragen zu den Hausaufgaben und der FeuerwehrRitterRömerPirat muss davon überzeugt werden, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, seine neue Fechtausrüstung vorzuführen.

7:20 Uhr: Den Zoowärter wachrütteln, ohne das Prinzchen, der neben ihm schläft, aufzuwecken. Blockzeiten sind nämlich, auch wenn sie einmal eingeführt worden sind, nur relativ und darum hat das Prinzchen mittwochs kindergartenfrei. 

7:30 Uhr: „Meiner“ stellt fest, dass er nicht mit Karlssons Velo zur Schule fahren kann, weil das Gefährt zu klapprig ist. Der Bus ist auch schon weg und ich brauche später das Auto. Also doch Prinzchen wecken, anziehen und füttern, damit wir Papa zur Schule fahren können, sobald der Zoowärter auf dem Schulweg ist.

7:47 Uhr: Der Zoowärter findet seine Schuhe nicht, „Meiner“ wird allmählich nervös, weil demnächst der Unterricht beginnt.

8:00 Uhr: Gerade noch rechtzeitig liefere ich „Meinen“ in der Schule ab. Jetzt aber sofort nach Hause, unter die Dusche, Wachteln füttern und dann wieder los. Kater Leone soll heute kastriert werden.

8:45 Uhr: Leone lässt sich erstaunlicherweise ohne Widerstand in die Transportbox setzen, das Prinzchen hingegen muss noch ganz dringend ein paar Krankheiten erfinden, damit er nachher mit mir Spital spielen kann.

9:15 Uhr: Leone ist beim Tierarzt und ich kann mich an die Arbeit machen. Das Prinzchen zieht sich genau so lange in sein Spital zurück, bis ich zum Telefon greife, um einen wichtigen Anruf zu tätigen. Kaum habe ich die gesuchte Dame am Apparat, brüllt das Prinzchen los, weil ich nicht rechtzeitig zu meinem OP-Termin erschienen bin.

10:00 Uhr: Frisch operiert mache ich mich wieder an meine Arbeit. Das Prinzchen schläft nach getaner Arbeit neben mir ein und so bleibe ich ungestört bis zum Mittag.

12:15 Uhr: Das Mittagessen steht auf dem Tisch, Prinzchens bester Freund klingelt an der Tür, weil bei ihm niemand zu Hause ist,  also decken wir einen Teller mehr. Luise will über ihre Prüfung reden, Karlsson über seine neuen Lehrer, alle wünschen noch mehr Spiegeleier, es hat aber keine Hühnereier mehr, also haue ich 15 Wachteleier in die Pfanne.

12:30 Uhr: Erneut am Herd, weil die Kinder alles vertilgt haben und für „Meinen“ kein Mittagessen mehr da ist. 

12:45 Uhr: „Meiner“ kommt gerade rechtzeitig nach Hause, damit ich wieder weg kann. Prinzchen und FeuerwehrRitterRömerPirat ins Auto packen, zuerst Kinderzahnarzt, dann Kinderarzt, danach Tierarzt, um Leone abzuholen. 

15:30 Uhr: Sofort an die Arbeit, sonst muss ich wieder eine Spätschicht einlegen.

16:50 Uhr: Ultrakurzeinkauf, damit ich nicht zu spät ins Schwedisch komme. Natürlich steht wieder eine komplizierte Kundin vor mir an der Kasse und dann soll ich auch noch bei einer Umfrage mitmachen. Mache ich aber nicht.

17:25 Uhr: Kurzer Halt vor dem Haus, damit „Meiner“ die Einkäufe ins Haus schleppen kann und ab in den Feierabendverkehr. 

17:57 Uhr: Nach zwanzig Minuten im Stau überlege ich mir, ob ich der Schwedischlehrerin per SMS mitteilen soll, ich würde es heute nicht schaffen. Doch jetzt fahren sie wieder vor mir, also lasse ich das mit der SMS bleiben.

18:10 Uhr: Mit grosser Verspätung doch noch eine Verschnaufpause mit schwedischen Vokabeln,  Ausspracheregeln und einer Übung, in der wir einander auf Schwedisch von unserem Alltag erzählen.

19:10 Uhr: Schnell etwas essen, Anruf entgegennehmen und dann „Meinen“ ablösen, der allmählich die Geduld verliert, weil Luise und der FeuerwehrRitterRömerPirat einander stets von den Hausaufgaben ablenken. 

20:15 Uhr: Die meisten Kinder sind auf ihren Zimmern, Flucht in den Garten, wo die Wachteln auf Futter und die Pflanzen auf Wasser warten. Zum ersten Mal in diesem Jahr gibt es mehr Tomaten zu ernten, als ich mit beiden Händen fassen kann.

21:00 Uhr: Ein letztes „Jetzt ist aber wirklich Feierabend“ zu den Kindern, dann doch noch eine Spätschicht, weil ich mit der Arbeit nicht so weit wie vorgesehen gekommen bin. 

23:00 Uhr: Noch schnell die Nachrichten schauen, weil ich sonst nicht weiss, wie elend es auf dieser Welt zugeht. 

23:30 Uhr: Bloggen, um meinen Lesern zu beweisen, wie viel ruhiger mein Leben geworden ist, seitdem alle Kinder zumindest vormittags aus dem Haus sind. 

Ist doch wahr, so strukturiert wie heute war der Mittwoch früher nie.

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Nicht krank werden, habe ich gesagt!

Nein, mit dem Gehorsam haben sie es nicht so sehr, unsere Kinder. „Bis zu den Herbstferien herrscht absolutes Krankheitsverbot“, sagte ich, als wir im Zug vom Kopenhagen nach Basel sassen. „Keine Grippen, keine Mittelohrentzündungen und erst recht keine Magen-Darm-Käfer“, präzisierte ich, für den Fall, dass sie mich nicht verstanden hätten. Und weil unsere Kinder stets nach einer Begründung verlangen, lieferte ich auch diese: „Ich muss fünf neue Stundenpläne in den Griff bekommen, meine eigenen Arbeitszeiten so einteilen, dass ich nicht immer erst arbeiten kann, wenn ihr im Bett seid und überhaupt kommt auch ohne Krankheitstage noch genug dazwischen mit Mariä Himmelfahrt, Sternwanderung und so. Gebt mir einfach ein wenig Zeit, mich in die neue Situation einzuleben, danach dürft ihr das Programm wieder fröhlich über den Haufen werden.“ Luise meinte, man könne doch nichts dafür, doch diesen Einwand liess ich nicht gelten: „Die paar Wochen bis zu den Herbstferien könnt auch ihr ohne Krankheitserreger auskommen“, brummte ich.

Eine klare Durchsage, nicht wahr? Offenbar nicht klar genug für meine Familie. Frühmorgens weckte mich der FeuerwehrRitterRömerPirat, weil er sich dreimal erbrochen hatte, gegen Mittag klagte das Prinzchen, seine Beine schmerzten, abends hatte er Fieber und der Zoowärter deutete an, dass sein Magen eventuell auch bald einmal rebellieren könnte. 

Nein, gehorsam sind sie wirklich nicht, unsere Kinder, aber immerhin so rücksichtsvoll, dass sie ihre Käfer pünktlich zu Mariä Himmelfahrt bestellt haben. So wird meine noch nicht eingespielte Routine nur einmal gestört.

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Dringend zu erledigen

  • Mandarin lernen, von mir aus auch Finnisch oder Hebräisch. Einfach etwas, was unsere Kinder nicht verstehen können. „Meiner“ und ich riskieren bereits jetzt viel, wenn wir auf Englisch an unseren Kindern vorbei kommunizieren wollen, doch wenn Karlsson und Luise nun Englischunterricht bekommen, ist es endgültig vorbei mit der angelsächsischen Redefreiheit.
  • Mich endlich entscheiden, ob ich heulen oder jubeln soll, weil morgen nach fast dreizehn  Jahren mit stets mindestens einem Kleinkind im Haus ein neuer Lebensabschnitt anfängt.
  • Herausfinden, wann dieser Zahnarzttermin ist und zwar bevor ich ihn verpasst habe.
  • Diese elenden Katzenflöhe, die unser Schlafzimmer annektiert haben und „Meinen“ und mich dazu zwingen, im Wohnzimmer zu übernachten, ein für allemal in die Flucht schlagen. 
  • Reitstunden für Luise organisieren. Wenn dieses Kind nicht endlich ein Pferd unter seinen Hintern bekommt, treibt es mich noch in den Wahnsinn.
  • Den Monat August irgendwie abkürzen, damit das Loch, das die Ferienreise in die Kasse gerissen hat, wieder aufgefüllt wird.
  • Nachschlagen, wie hoch der Eifelturm ist. Ich hab’s dem FeuerwehrRitterRömerPiraten schon tausendmal versprochen und auch schon zwei oder dreimal getan, aber diese blöde Zahl will einfach nicht in meinem Kopf bleiben.
  • Dem Zoowärter und dem Prinzchen „Michel aus Lönneberga“, „Karlsson vom Dach“ und „Pippi Langstrumpf“ fertig erzählen. Wenn ich bloss noch wüsste, bei welchem Buch wir bei welchem Kapitel stehengeblieben sind…
  • Eine gewisse Routine beim Bewältigen des Alltags finden. Oder aber mich entscheiden, ob ich diese Routine überhaupt wieder will, oder ob wir alles anders machen sollen als vor den Ferien. 
  • Diese Mail beantworten und das Formular mit den Kakaoflecken ausfüllen und die Reklamation anbringen und das kaputte Ding entsorgen und die Unterlagen zusammensuchen und die anderen Unterlagen wegräumen, ehe sie auch noch Kakaoflecken bekommen…
  • Die Welt verändern. Keine Ahnung wie, aber irgendwie müsste das doch zu schaffen sein. 
  • Katzenfutter kaufen.

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Wir haben noch zu tun…

Wenn ich euch jetzt sage, dass ich ein  wenig gestresst bin weil…

…das Schuljahr zu Ende geht, alle Kinder einen Lehrerwechsel vor sich haben und darum in die letzten Tage noch Prüfungen, Schulreisen und Sonderprojekte gequetscht sein wollen,
…“Meiner“ nach den Sommerferien eine neue Klasse übernimmt und deshalb mehr in der Schule als zu Hause ist,
…die Kätzchen sich weigern, stubenrein zu werden,
…die Buchprojekte noch einen allerletzten Schliff nötig hatten,
…die Ferien vorbereitet sein wollen, damit wir auch wirklich einen Monat lang voll und ganz weg sein können,
…vorher unbedingt noch ein paar Schreibaufträge erledigt sein wollen,
…der Garten auf meine Abwesenheit vorbereitet werden muss,
…das Prinzchen beim Zahnarzt noch einmal seine Zähne zeigen muss,
…zwei Freundinnen angekündigt haben, dass sie mir vor den Ferien unbedingt noch das Herz ausschütten möchten,
…die Kinder einerseits übermüdet, andererseits aber auch völlig aufgedreht sind,
…am Samstag Schulhausfest ist, wo unsere Kinder entweder sein wollen oder zu einem bestimmten Zeitpunkt und bitte keine Sekunde zu spät sein müssen,

…dann nickt ihr jetzt alle verständnisvoll, denn ihr wisst genau, wie es an solchen Tagen in einem mütterlichen Gehirn aussieht. Nämlich so:

„Luise sollte noch abgefragt werden, aber zuerst muss ich noch die Katzensch…, Mist, jetzt hat schon wieder eines auf den Fussboden gepinkelt… oh je, kein Kakaopulver mehr, muss ich noch einkaufen, Milch, Joghurt und Käse auch, aber auf keine Fall zu viel, sonst muss ich das Zeug vor den Ferien wieder verschenken und es ist doch keiner zu Hause…Wie soll ich bloss Karlsson, Luise, dem FeuerwehrRitterRömerPiraten und dem Zoowärter beibringen, dass wir nicht bereit sind, das ganze Set mit Portrait- und Klassenfotos zu kaufen? 57 Franken pro Kind ist ganz schön viel und die wollen einem ja noch Mausmatten mit dem Kinderfoto andrehen. Was sollten wir auch mit vier Mausmatten anfangen? Heutzutage hat doch keiner mehr Mausmatten…Wer ruft denn um diese Zeit schon an? Wird wohl für Familie Hamchiti sein, lassen wir es läuten…Warum bringen es unsere Kinder noch immer nicht fertig, sich ihre Unterwäsche selber zu holen? Als ich in Prinzchens Alter war…ach, was soll’s, ich muss mir ja auch noch Kleider holen gehen…Himmel, dieser Wäscheberg, der muss auch noch abgetragen werden, ehe wir verreisen, hmmm, die Badezimmer müssen auch noch geputzt werden, könnte ich heute Nachmittag machen, wenn „Meiner“…nein, das geht gar nicht, „Meiner“ bleibt ja heute länger in der Schule, weil er die Eltern seiner Schüler…Aber was mache ich dann mit Luise? Die muss doch um halb zwei…aber um halb zwei hätte ich diesen Termin. Was mache ich da bloss? Natürlich mal wieder verschieben, meine Arbeit muss ja immer hinten anstehen…mal sehen, wann ginge es denn sonst noch? Am Freitag? Da hat „Meiner“ noch Elterngespräche…dann eben am Montag? Geht auch nicht, dann machen wir noch das Geschenk für die Lehrerin – stimmt, ich muss ja noch Kaffeesirup einkochen – also, Montag geht auch nicht, Dienstag auch nicht, dann habe ich diesen Termin in Zürich…dann wird es eben Mittwoch, aber ich muss Prinzchens Zahnarzttermin verschieben…Ach ja, ein Dauerrezept für meine Asthma-Medikamente muss ich noch bestellen und die Bücher für „Meinen“ und dann brauchen wir noch Katzen-, Vogel- und Wachtelfutter für vier Wochen…was machen wir eigentlich mit all den Eiern, die die Wachteln legen, wenn wir in Schweden sind?…So ein blöder Mist! Luise braucht noch ein Picknick für die Schulreise…Wann geht denn eigentlich Karlsson auf die Schulreise? In zehn Tagen sind Sommerferien und der Lehrer hat noch immer kein Datum bekannt gegeben…So, jetzt müssen die aber wirklich los, sonst kommen sie zu spät. Und Zoowärter muss noch die Schnecken mitnehmen, die er vorgestern für den Kindergarten gesammelt hat, sonst gehen die armen Viecher noch ein in der engen Box…oder sie finden einen Ausweg und plötzlich habe ich die Küche voller Weinbergschnecken…Hmmm, was koche ich eigentlich heute? Nichts, das viel Zeit braucht, ich muss ja noch diese Kolumne…ich hoffe bloss, die anderen wecken das Prinzchen nicht auf, sonst schaffe ich den Text wieder nicht bis zum Abgabeter…Bravo! Prinzchen ist wach! Warum um Himmels Willen müssen die immer so laut sein am Morgen? Das wird mir wieder ein Spass mit dieser Kolumne…Mails sollte ich auch noch beantworten, die Leute glauben bestimmt schon, ich hätte sie vergessen…stimmt, die Rechnungen noch…und die Juniorkarte für die Kinder…und Reiseproviant…Geld wechseln, wenn nach den Rechnungen noch etwas da ist…nachfragen, warum mein E-Banking nicht funktioniert…Betten frisch beziehen…Katzenstreu kaufen…und jetzt klingelt es auch noch an der Türe und ich freue mich ja eigentlich so, dass jemand mit mir Kaffee trinken möchte, aber ich muss doch unbedingt noch einkaufen bevor…“

Und das alles, bevor der Tag überhaupt richtig angefangen hat…

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