Freitagabend

Was man mit so einem Freitagabend doch alles anstellen könnte…

Man könnte zum Beispiel auf dem Balkon sitzen, die angenehme Kühle nach dem Gewitter geniessen, die Nachbarn, die im Garten sitzen, belauschen und den Mond bestaunen.

Vielleicht möchte man die Arbeitswoche aber auch mit einem kühlenden Bad im Fluss beschliessen. 

Oder gemütlich mit den Kindern am Tisch sitzen, etwas Gutes essen und über dies und jenes plaudern.

Auch das Open-Air-Kino wäre eine Option.

Oder das Streetfood Festival.

Oder man könnte ganz spontan ein paar nette Menschen einladen.

Das alles wäre schön.

Am allerschönsten aber ist es doch immer, wenn man am späten Freitagabend noch mit einem wutschnaubenden Kind und einem moralpredigenden Ehemann auf dem Fussboden sitzen darf, um Legosteine, Dreckwäsche, Hörspielfiguren, unerlaubt ins Zimmer geschmuggeltes Geschirr, zerknitterte Hausaufgabenblätter und feuchte Badehosen zu sortieren, damit im Kinderzimmer endlich die Ordnung herrscht, die dort schon am letzten Freitagabend hätte herrschen müssen.  

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Schon wieder improvisieren…

So ein unerwarteter Spitalaufenthalt wirft uns nicht mehr komplett aus der Bahn. Natürlich werden wir erst einmal leicht nervös, wenn der Kinderarzt erklärt, der Zoowärter könne nicht zu Hause genesen, der brauche mehr als nur ein paar Tabletten und ein wenig Salbe, um gesund zu werden. Ist diese Nachricht aber erst mal verdaut, laufen die Dinge einfach weiter – zwar nicht ganz so geordnet, wie wir das gerne hätten, aber dennoch irgendwie. Wir spielen so etwas ja nicht zum ersten Mal durch. 

Luises Termin beim Kieferorthopäden fällt deswegen nicht ins Wasser und wenn sie Fragen zu den Deutsch-Hausaufgaben hat, bekommt sie die nötigen Antworten. Karlsson muss bei seinen musikalischen Auftritten nicht gänzlich auf Familienmitglieder im Publikum verzichten und der FeuerwehrRitterRömerPirat kommt trotz frühmorgendlichem Chaos rechtzeitig zur Schule. Auch an organisatorisch komplizierten Tagen wissen wir, wo sich das freiheitsliebende Prinzchen aufhält, wenn gerade keine Schule ist und selbst wenn die gesunde Ernährung nicht zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist, sind doch alle mehr oder weniger satt, wenn sie satt sein sollten. Unsere Arbeitgeber müssen nicht gänzlich auf unsere Dienste verzichten, der Haushalt läuft nicht komplett aus dem Ruder und die Momente, in denen der Zoowärter ohne elterliche Begleitung im Spitalzimmer liegen muss, sind rar. Nur noch gelegentlich stolpern wir über den einen oder anderen Denkfehler, wenn wir versuchen, unsere Einsätze im Spital so zu koordinieren, dass sie sich mit unseren jeweiligen anderen Verpflichtungen am besten vereinbaren lassen. 

Man könnte uns also durchaus als alte, erfahrene Hasen bezeichnen. Dennoch wären wir nicht unglücklich gewesen, wenn uns diese Geschichte erspart geblieben wäre. Nicht nur, weil uns der arme Zoowärter so furchtbar leid tut. Sondern auch, weil sogar alte, erfahrene Hasen irgendwann die Nase voll haben vom Improvisieren.

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Sind wir wirklich so?

Turbulent, lebhaft und stets nah dran am totalen Chaos – so sehe ich unseren Familienalltag. Vermutlich aus lauter Gewohnheit, weil es in den vergangenen Jahren halt einfach so war. Dass sich die Dinge vielleicht inzwischen ein wenig geändert haben, merke ich nur, wenn jemand von aussen reinkommt. 

Zum Beispiel, wenn die Fliesenleger, die am Morgen vor der Türe stehen, einen Blick auf den sauberen Fussboden werfen und schüchtern fragen, ob sie vielleicht die Schuhe ausziehen sollen, damit sie nichts schmutzig machen. Später dann unterhalten sie sich nur im Flüsterton miteinander, weil es im Haus trotz Schulferien so gespenstisch still ist, dass man glauben könnte, wir seien furchtbar wohlerzogen und hätten unsere Kinder dazu dressiert, nur zu sprechen, wenn sie dazu aufgefordert werden. Und dann fragen die Handwerker auch noch höflich, ob sie sich nach getaner Arbeit vielleicht die Hände in unserem Bad waschen dürfen – gerade so, als wäre unser Lavabo noch nie mit Dreck in Berührung gekommen. 

So schön es auch sein mag, dass bei uns nicht mehr das totale Chaos herrscht – die Familie, die man heute offenbar in uns gesehen hat, ist mir nicht gerade sympathisch.

Zum Glück war da auch noch der Pizza-Lieferant, den wir wegen der Arbeiten in der Küche kommen lassen mussten: Der kennt mich inzwischen nicht nur mit Namen, der schüttelte mir auch die Hand und erkundigte sich nach meinem Befinden, bevor er mir das Mittagessen überreichte. Das zeigt mir, dass wir doch immer noch ziemlich häufig improvisieren müssen. Und das finde ich irgendwie beruhigend…

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Die Flut ist da

Das Schuljahr ist gerade mal zwei Tage alt und schon türmen sich bei uns wieder die Papiere. Alle haben sie uns etwas mitzuteilen. Der Schulleiter, die Hausaufgabenhilfe, die Kinderbetreuer, die lieben Menschen, die in den Herbstferien Zeit opfern werden, um die Kinder zu beschäftigen, die Gemeinde… Sie alle wollen sicher gehen, dass wir lesen, was sie uns zu sagen haben, also bekommt jeder unserer drei Primarschüler die Papiere in die Hand gedrückt. Ergänzend dazu natürlich noch einige Briefe, in denen die Klassenlehrer ihre Infos weitergeben. (Also die einzigen Zettel, die wirklich von Bedeutung wären, die aber leider in der Flut unterzugehen drohen.)

Ich find’s ja wirklich wichtig, dass man uns informiert und gegen den einen oder anderen Zettel, der hin und wieder ins Haus flattert, hätte ich ja auch nichts einzuwenden, aber wenn ich mich dran mache, den ganzen Stapel zu sortieren – „aufbewahren“, „nur ein Exemplar aufbewahren und die anderen entsorgen“, „unterschreiben und zurück in die Schule“, „ein Teil zurück in die Schule, den Rest aufbewahren“, „in den Kalender eintragen und entsorgen“, „keines Blickes würdigen und entsorgen“ – dann frage ich mich zuweilen schon, ob sich unsere Primarschule nicht vielleicht wenigstens ein winziges Schrittchen in Richtung digitales Zeitalter bewegen könnte. 

Na ja, vielleicht wäre die Facebook-Meldung „Lehrer xy hat dich zu seiner Veranstaltung ‚Elternabend 2016‘ eingeladen“ etwas gar informell, aber gesehen würde sie mit Sicherheit von sämtlichen Eltern. Wo doch Facebook schon längst zum weltumspannenden Mami-Treff verkommen ist. 

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Ikea

Es gibt ein paar Orte auf dieser Welt, an die man nie ohne männliche Begleitung gehen sollte. Die Ikea ist ein solcher Ort. Das heisst, am Anfang ist es ganz praktisch, wenn keine Männer dabei sind. Keiner, der meckert, wenn man drei neue Abwaschbürsten kauft, obschon man zu Hause schon zehn hat, die aber leider im Chaos verschwunden sind und erst wieder auftauchen, wenn man neue gekauft hat. Keiner der findet, die Gläser mit den Kamelen drauf seien hässlich, man solle besser die langweilige 12-er Packung im Sonderangebot kaufen.
So verbringt man den Nachmittag in bester weiblicher Begleitung, die grösseren Kinder sicher im Kinderparadies vor der Glotze parkiert. Die kleineren unterhalten einen während des Einkaufs mit ihrem Geplapper. Ein durchaus angenehmes Leben. Der Einkaufswagen füllt sich. Erst in der Selbstbedienungshalle kommen erste Zweifel auf. Müssen diese Schachteln immer so schwer und unhandlich sein? Wie hievt man diese Dinger auf einen stets wegrollenden Einkaufswagen? Mit vereinten Kräften schafft man es knapp und passiert die Kasse.
Richtig schwierig wird es dann beim Beladen des Autos. Die fünf übermüdeten Kinder sind rasch verstaut. Reine Routinearbeit. Wie aber schaffen es die Männer jeweils, all diese „Kramfors“, „Tylösans“, „Barnsling Snurrs“, „Björkens“ und wie sie alle heissen, ins Auto zu zwängen? Ein Ding der Unmöglichkeit. Also muss das Zeug aufs Dach. Doch wo ist jetzt wieder dieser Gummizug, der die Ware auf dem Dach fixieren sollte? Irgendwo unter Kinderjacken, leeren Trinkbechern und Schmusetüchern lässt sich einer finden. Mit Mühe und Not schafft man es, die Einkäufe auf dem Dach zu fixieren. Ist doch keine Sache, oder? Wozu braucht’s noch Männer?
Die Wahrheit kommt auf der Autobahn ans Licht. Zuerst poltert es verdächtig. Ein paar Kilometer weiter fliegt das erste Paket. Zum Glück so, dass kein Unfall passiert. Mit grösster Mühe schafft es die eine, auf dem Pannenstreifen das verbleibende Paket vom Dach doch noch ins Innere des Autos zu zwängen, während die andere damit beschäftigt ist, die weinenden Kinder zu beruhigen.
Und dann bleibt nur noch etwas zu tun: Den Ehemann anrufen. Der kann jetzt zwar auch nicht mehr helfen. Aber zumindest ist da jemand, bei dem man sich ausheulen kann.