Dringend gesucht: Perlen

Immer die gleichen Geschichten, tagein tagaus. Schule. Haushalt. Liegengebliebene Arbeit. Schwiegermama. Einkaufen. Eine Zeit lang mag so ein Gehirn das ja aushalten, aber auf die Dauer wird das alles so langweilig, dass ich mir schon selbst nicht mehr zuhören mag. Höchste Zeit also für eine neue Herausforderung. Bloß, woher die Zeit nehmen, wenn die Tage schon übervoll sind mit den immer gleichen Geschichten? Wissen täte ich ja schon, was ich täte, um meinem Kopf wieder etwas Nahrung zu verschaffen, doch so, wie es derzeit aussieht, muss das noch warten.

Bleibt also noch Plan B: Lesen, lesen, lesen und zwar nicht den allzu leicht verdaulichen Fast Food, mit dem ich mich in den Kleinkinderjahren über Wasser gehalten habe, sondern Futter fürs Gehirn. Perlen also, anständig geschrieben, eine nicht ab der ersten Seite vorhersehbare Handlung, dick genug, dass man sich für ein paar Tage darin verlieren kann und wenn möglich auf Papier gedruckt. Um brauchbare Vorschläge wird an dieser Stelle ausdrücklich gebeten. 

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Im Jahr geirrt?

Wir schreiben das Jahr 2015, Herr und Frau Venditti sitzen eines schönen Morgens am Esstisch und lesen die Tageszeitung. „Das musst du dir ansehen“, sagt er in die für Grossfamilienverhältnisse ungewöhnliche Stille. Sie seufzt ein wenig, denn sie möchte jetzt eigentlich gerne den Artikel über die Banlieues von Paris fertig lesen, doch weil sie die kurze Stunde der Ruhe nicht mit unnötigen Diskussionen um Störungen bei der Zeitungslektüre verderben will, hört sie zu, was „Ihrer“ über einen Frauenmorgen in einer Kirchgemeinde vorliest:

„Mit ihrem Staubsauger schwebt sie durch den Kirchensaal. Wie eine Putzfee, so leicht führt sie ihn über den Boden.“
oder:
„Das Putzen muss vom Kopf ins Gesäss gehen.“
oder:
„Putzwerkzeuge dürfen auch farbig bemalt und gestaltet werden (zum Beispiel ein Loch in einen Teil des Handschuhs schneiden, damit der Ehering zum Vorschein kommt, oder den Besen als Schiff bemalen).“
oder:
„Schlagen Sie bei der Hausarbeit keinen gereizten Ton an, sondern motivieren Sie Ihren Mann, Dinge sauber zu machen, die ihm Spass bereiten.“
oder:
„‚Wie viel Arbeit darf ich meinem Mann nach einer Arbeitswoche überhaupt zumuten?‘, fragt eine Besucherin.“
und noch viele andere Sätze ähnlichen Inhalts.

Erst einmal lachen Herr und Frau Venditti schallend über die Idee mit dem Ehering und dem Besen. Dann versuchen sie herauszufinden, ob die im Artikel genannte „Putzfee“ eine Stand-up-Comedienne war, doch offenbar war die Komik ganz und gar unfreiwillig. Darum überlegen sie sich, ob der Pöstler vielleicht fälschlicherweise eine Zeitung von 1954 in den Briefkasten gelegt hat, doch das Datum auf der Titelseite zeigt: Das Presseerzeugnis ist druckfrisch. Womit Herr und Frau Venditti nur noch die ernüchternde Feststellung bleibt, dass Frauen offenbar auch im Jahr 2015 in die Kirchensäle strömen, um sich sagen zu lassen, wie sie richtig putzen müssen. 

Na ja, etwas hat sich vielleicht schon geändert. Heute erfährt frau an einem solchen Morgen nicht nur, wie sie es richtig macht, sondern auch, wie sie die Drecksarbeit mit Lust erledigt. 

falling; prettyvenditti.jetzt

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Wie gut verstehst du deine Mutter? – Ein kleines Quiz

Aufräumsamstag

Prinzchen sitzt fast den ganzen Tag im Zimmer und räumt auf. Na ja, unabhängige Beobachter würden eher sagen, er baue seine Legos zusammen, aber unabhängige Beobachter wissen eben nicht, dass für Prinzchen die Ordnung in der Legokiste anfängt. Ich weiss das zwar, finde aber trotzdem, die Schmutzwäsche müsse auch endlich aus dem Zimmer, das Bett brauche ein frisches Laken und der Abfall gehöre in den Sack. Nach einer kleinen Konfrontation erklärt sich das Prinzchen bereit, meinen Aufräumstil zu akzeptieren, was zur Folge hat, dass ich den ganzen Kram mache und er weiter mit Engelsgeduld seine Legokiste aufräumt. 

Für den Zoowärter geht aufräumen so: Alles, was rumliegt, wird in Schränke und Regale gestopft und danach knallt man sich provokativ mit einem „Lustigen Taschenbuch“ aufs Bett. Eine halbe Stunde später dann Sirenengeheul, weil der Papa – dieser Tyrann – der Meinung ist, Schmutzwäsche gehöre in den Wäschekorb, nicht in den Schrank und „Lustige Taschenbücher“ würden sich im Bücherregal besser machen als auf einem grossen Haufen unter dem Bett. 

Im Prinzip sieht der FeuerwehrRitterRömerPirat die Sache mit dem Aufräumen ganz ähnlich wie der Zoowärter, um nicht das Misstrauen seiner Eltern zu erwecken, gibt er aber vor, er wolle ganz dringend noch das Badezimmer putzen. Was a) zu einer Überschwemmung führt, weil er den Putzlappen nicht auswringt und b) nicht funktioniert, weil Papa ihm doch auf die Schliche kommt und der arme Junge nach dem Badezimmer noch einmal sein Zimmer machen muss. Höchste Zeit also, mal wieder den sterbenden Schwan zu geben.

Luise gibt sich top motiviert, wenn es ums Aufräumen geht. Sie weiss genau, wie ihr Zimmer aussehen soll, welche Deko sich gut machen würde, wie sie ihre Kleider auf der Stange aufhängen will, welches Möbelstück auch noch toll wäre, wie sie die Wände streichen möchte, wo das Bett besser stehen würde, auf welchem Regal ein Blumenstrauss oder eine Kerze hingehörte,… Wenn doch nur ihre Eltern endlich mal den ganzen Kram, der rumliegt, aufräumen würden, dann könnte sie loslegen und ihrem gestalterischen Talent Ausdruck verleihen. 

Karlsson hat sein Zimmer vor zwei Wochen perfekt aufgeräumt und sich geschworen, von nun an Ordnung zu halten. Das reicht. Jetzt kann er ganz getrost wieder alles zuwachsen lassen, bis man keinen Zentimeter Fussboden mehr sieht. Dafür aber erledigt er klaglos all die kleinen Aufträge im Haushalt, die „Meiner“ und ich ihm auftragen und philosophiert beim Binden der Altpapierbündel darüber, wie lächerlich es doch ist, dass seine Geschwister immer so ein Geschrei machen, wenn saubermachen angesagt ist.

„Meiner“ putzt, räumt auf, wechselt Lampen aus, kümmert sich um die Heizung, die schon wieder aussteigen will, räumt Schränke leer, treibt die Kinder an und moralisiert am laufenden Band, weil die anderen sechs Familienmitglieder einfach nicht so richtig mitmachen wollen bei seinem bevorzugten Samstagsprogramm.

Ich tue erst mal so, als würde ich putzen, dann aber fange ich an, mir die Rosinen aus dem grossen Aufräumkuchen zu picken: Noch schnell ein paar dringend benötigte Putzmittel kaufen, Wäsche aufhängen, Möbel polieren, Geschirrspüler ein- und ausräumen, Essen kochen für die übermüdete Putzmannschaft,… Weil dann aber nach und nach einer nach dem anderen aus dem Rennen um das sauberste Zimmer aussteigt, bleibt mir am Ende nichts anderes übrig, als mit „Meinem“ zusammen den ganzen Rest fertig zu machen. Er weiterhin hoch motiviert, ich hingegen in grosser Versuchung, auch mal die Nummer mit dem sterbenden Schwan zu probieren. Ob ich das so meisterhaft hinkriegen würde wie der FeuerwehrRitterRömerPirat?

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Nicht-Vorsätze

Nicht, dass das hier jetzt Schule macht, wenn ich bitten darf, aber wenn Opa mir ein Stöckchen zuwirft, dann hebe ich das natürlich artig auf, auch wenn ich wirklich nicht so der Stöckchen-Typ bin. Aber eben, für Leute, die mich schon so lange bloggend begleiten, mache ich eine Ausnahme. Opa wollte also von mir wissen, ob ich mir Vorsätze für das neue Jahr gefasst habe.

Na ja, was soll ich sagen? So richtige Vorsätze gefasst habe ich nicht, dazu bin ich einfach nicht diszipliniert genug. Die Tatsache, dass ich mir vor ein paar Augenblicken einen Entsafter bestellt habe, könnten Aussenstehende aber durchaus so interpretieren, dass ich doch nicht ganz immun bin gegen das ganze Vorsatz-Fieber. Den Entschluss, mehr frische Säfte zu konsumieren fällt aber nur zufälligerweise mit dem Jahreswechsel zusammen. Der wahre Grund ist, dass ich die Chemiekeule losgeworden bin, die sich meinen Stoffwechsel zum Sklaven gemacht hatte, weshalb ich jetzt endlich daran denken kann, ein paar der Kilos abzuwerfen, die nach Prinzchens Auszug aus dem Uterus an mir hängen geblieben sind. Ein Vorsatz? Vielleicht, aber keiner, der mit dem Wechsel von 2014 auf 2015 zusammenhängt.

Natürlich könnte man mir auch unterstellen, ich hätte einen Vorsatz in Sachen Schule gefasst, weil ich vor ein paar Tagen „Meinem“ klipp und klar zu verstehen gegeben habe, ich sei nicht mehr länger bereit, unsere Kinder zurechtzuschnipseln, bis sie ins Schulsystem passen. Ob uns andere Wege offen stehen, ist unklar, aber noch so ein Jahr wie das Vergangene stehe ich nicht ein zweites Mal durch. Auch das hat wenig mit dem Jahreswechsel zu tun, es beschäftigt mich einfach jetzt ganz besonders, weil wir fast pausenlos dran sind, mit Luise zu büffeln und mit dem FeuerwehrRitterRömerPiraten Schulprobleme zu wälzen.

Ach ja, da wäre noch die Sache mit dem neuen Entsorgungssystem, über das ich mir Gedanken mache. Weil „Meiner“ meine Versuche, ein möglichst konsequent grünes Leben zu führen im Bereich Recycling permanent untergräbt. Aber ob das ein Vorsatz ist? Ich glaube nicht. Immerhin rede ich „Meinem“ schon seit Jahren erfolglos ins Gewissen, darum wird es Zeit, eine härtere Gangart einzulegen.

Und sonst? Ein paar Gedanken, wie ich meinen Alltag gestalten soll, mache ich mir schon, aber das mache ich mir immer, wenn die Schulferien zu Ende gehen und ich hoffe, endlich einmal ungestört meiner Arbeit nachgehen zu können. Vorsätze würde ich das also nicht nennen. Dann schon eher Luftschlösser, die sich dann doch wieder in Nichts auflösen, wenn der Erste einen Magen-Darm-Käfer von der Schule nach Hause bringt.

Das also, lieber Opa, sind meine Nicht-Vorsätze. Und falls Vaterdasein, Schreibschaukel oder Zwergenalarm ebenfalls über ihre Vorsätze schreiben möchten, nur zu. Aber bitte nicht mir zuliebe, sondern nur, um dem Opa eine Freude zu machen. Der hat sich nämlich für das neue Jahr vorgenommen, öfters mal ein Stöckchen zu werfen und das macht ja keinen Spass, wenn sich keiner bückt, um das Ding aufzuheben. 

pane per tutti; Gianluca Venditti

pane per tutti; prettyvenditti.jetzt

Rezept für eine garantiert spannungsgeladene Adventszeit

Mir ist durchaus bewusst, dass jede Familie ihr ganz eigenes Rezept für genussvolles Zoffen in der Adventszeit hat, dennoch möchte ich meiner Leserschaft unsere ganz eigene Kreation nicht vorenthalten. Wer weiss, vielleicht inspiriere ich den einen oder anderen Leser dazu, seinem eigenen Gezänk noch ein wenig Würze zu verleihen. Hier also mein Rezept:

Man nehme

  • Eine dicke, nahezu undurchdringliche Hochnebeldecke
  • Ein Wohnzimmer voller verlockend aussehender Adventskalender
  • Diverse Anlässe, welche die übliche Schlafenszeit der Kinder in die späten Abendstunden verschieben
  • Eine sehr grosszügige Portion Hausaufgaben
  • Eine noch grössere Portion Prüfungen, die vor Weihnachten noch zu schreiben sind
  • Zwei oder drei Proben fürs Krippenspiel
  • Übermüdete Lehrkräfte, die sich mit übermüdeten Schülern herumplagen müssen und deshalb die eine oder andere Strafaufgabe verhängen
  • Eine grosse Portion Vorfreude auf den Samichlausbesuch
  • Eine noch grössere Portion Vorfreude auf Weihnachten
  • Einen Stapel Einladungszettel zu diversen Veranstaltungen, die sehr viel „Mama, Papa, können wir dorthin gehen?“ auslösen
  • Einen sich ankündigenden Vollmond

Diese Grundzutaten müssen gut vermengt werden, damit jede einzelne ihr volles Aroma entfalten kann. Eigentlich könnte man den Teig jetzt in den Ofen schieben, doch erst mit etwas zusätzlicher Würze wird er so richtig unverwechselbar. Wir nehmen dieses Jahr: 

  • Ein kleines, unscheinbares Käferchen, das sich sehr, sehr langsam an jeweils ein Familienmitglied heranschleicht, dieses mit aller Macht ins Bett zwingt und dort mehrere Tage festhält. (Erst wenn das erkrankte Familienmitglied wieder gesund und munter ist, pirscht sich dieses Käferchen langsam und vorsichtig ans nächste Familienmitglied heran, so dass immer einer krank im Bett liegt.)
  • Immer wieder aufflackernde Ohrenschmerzen bei diversen Familienmitgliedern
  • Eine Prise „Müssen wir wirklich zu Hause bleiben, wenn der Samichlaus kommt? Reicht es nicht, wenn er die Kleinen besucht?“
  • Eine Pubertierende, die wegen der bevorstehenden Übertrittsprüfungen unter Hochspannung steht
  • Eine Wohnung, die schon viel zu lange nur noch ein Minimum an Zuwendung erlebt hat
  • Eine Mama, die mit ihrem Home-Office-Pensum im Hintertreffen ist
  • Einen Kindergärtner, der den unbändigen Wunsch verspürt, das ganze Haus weihnächtlich zu dekorieren
  • Eine Mama, die es versäumt hat, diesem Kindergärtner bunt glänzendes Bastelmaterial zur Verfügung zu stellen
  • Einen Papa, der im Berufsleben zu den übermüdeten Lehrkräften gehört, die sich mit übermüdeten Schülern herumschlagen müssen und der nach Feierabend das zweifelhafte Vergnügen hat, mit seinen eigenen Kindern, die zugleich auch übermüdete Schüler sind, noch ein wenig Mathe zu büffeln
  • Eine Abfallmulde, die auf dem Parkplatz steht und darauf wartet, mit allem, was in Haus und Garten nicht mehr gebraucht wird, gefüllt zu werden
  • Zwei Teenager, die nicht wissen, was sie sich zu Weihnachten wünschen sollen
  • Drei Söhne, die sehr genau wissen, was sie sich zu Weihnachten wünschen, kombiniert mit einem Papa und einer Mama, die sehr genau wissen, dass sie alle diese Wünsche nie und nimmer zu erfüllen vermögen
  • Eine halbwüchsige Katze, die sich jedem ihrer Menschen todesmutig vor die Füsse wirft, wenn sie hungrig ist (was etwa alle fünf Minuten der Fall ist)
  • Kinderfinger, die an allem herumfingern, was irgendwie nach Dekoration aussehen sollte, bis es nicht mehr nach Dekoration, sondern nach „Himmel, wer hat diese Geschmacksverirrung verbrochen?“ aussieht
  • Eine Mama und einen Papa, die leicht abweichende Vorstellungen im Bezug auf die Gestaltung der Adventszeit haben, denen aber die Zeit fehlt, diese Differenzen zu bereinigen

Diese Zutaten werden kräftig in den Teig eingearbeitet. Nach dem Backen wird das Gebäck mit einer dicken Glasur von „Wir haben es so satt, den ganzen Tag im Haus zu sitzen, aber nach draussen gehen mag bei diesem Wetter ja auch keiner“ überzogen. Zu guter Letzt bestreue ich das Ganze gerne noch mit ein paar vertrockneten, kleingeschnittenen Mandarinenschalen, die ich aus Sofaritzen und verklemmten Schubladen herausklaube, aber das ist nicht jedermanns Sache. 

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Notiz an „Meinen“

Morgen fahre ich für vier Tage weg und lasse „Meinen“ mit den Kindern alleine. Was grundsätzlich kein Problem ist, denn er hat das im Griff. Zwei oder drei Dinge muss ich ihm aber trotzdem aufschreiben, damit sie nicht vergessen gehen:

  • Der Zoowärter hat morgen Nachmittag Schule, auch wenn der Stundenplan etwas anderes behauptet. Aber der behauptet das nur, weil ich ihn im Sommer falsch abgeschrieben habe und danach zu faul war, ihn noch einmal neu zu schreiben und zu laminieren. 
  • Wenn du mit dem Prinzchen und dem Zoowärter in den Schwimmkurs gehst, vergiss nicht, dem Schwimmlehrer zu sagen, dass deine chaotische Frau es letzte und vorletzte Woche mal wieder verschlampt hat, die Kinder in den Kurs zu bringen. Sag ihnen, dass es deiner Frau furchtbar leid tut, aber dass sie unglaublich froh ist, dass du derjenige bist, der sich erklären muss, weil sie es allmählich Leid ist, überall mit hochrotem Kopf und tausend Entschuldigungen aufzukreuzen. 
  • Nein, am Sonntag dürft ihr nicht liegen bleiben. Krippenspielprobe! Keine Versäumnisse erlaubt! (Ich hingegen werde sonntags so lange liegen bleiben, bis das Bett mich rauswirft.)
  • Der Laptop kommt mit mir. Netflix nur auf dem iPad. 
  • Bitte, bitte, bitte, bitte streich Karlssons Zimmer nicht an diesem Wochenende! Du weisst, wie es kommt, wenn fünf Kinder und ein paar Farbroller sich miteinander vergnügen. 
  • Finger weg von der Wäsche! Es sei denn, ihr wollt sie wegräumen. 
  • Versucht, ohne mich Spass zu haben. (Als ob das möglich wäre…)

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Bis Mitternacht sollte das zu schaffen sein

Läuse? Hmmm, weiss nicht so recht. Gesehen habe ich keine, nicht mal die klitzekleinste Nisse. Aber wenn sich alle andauernd an den Köpfen kratzen, sogar dann, wenn keiner von Läusen spricht, dann sollte man vielleicht doch mal… Hab‘ zwar gerade nicht die geringste Lust auf Läuse, aber wenn ich warte, bis ich Lust auf Läuse habe, kann das noch ein Weilchen dauern… Ach was, ich mach’s besser. Will mich ja nicht unbeliebt machen bei meinen Mitmüttern. 

Gibt ja nicht sooooo viel zu tun. Nur die ganze Bettwäsche waschen, die Lieblingskuscheltiere, die Sofakissen, vielleicht noch die Decken, mit denen sie neulich eine Hütte gebaut haben… Ein Klacks also. Fünf oder sechs Waschmaschinen voll, mehr ganz bestimmt nicht. Dann noch die Köpfe behandeln. Beim Prinzchen mit seiner Mähne könnte es ein wenig dauern, Luise wird auch nicht ganz unproblematisch, dafür reicht es bei „Meinem“ vielleicht, wenn wir schnell mit dem Lauskamm drüber gehen. Ach ja, die Haarbürsten sollten wir vielleicht auch noch auswaschen, aber das Einfrieren von Kleinkuscheltieren lasse ich diesmal bleiben…

Ich schätze, das sollten wir hinkriegen, so gegen Mitternacht sind wir voraussichtlich lausfrei. Wenn wir es nicht bereits sind… Aber eben, Vorsicht ist besser bla bla bla… Und so habe ich wenigstens etwas zu tun. Wüsste ja doch wieder nicht, was ich mit diesem Tag sonst anfangen sollte.  

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Auch ich habe einen Preis

Die können’s doch einfach nicht lassen. Vor ein paar Wochen hätte ich nach Zürich rennen sollen, um mit anderen Bloggerinnen Cupcakes zu verzieren, vorgestern hätte ich hier irgend ein Wellness-Weekend oder so verlosen sollen und heute drängt mich die Konkurrenz des angebissenen Apfels dazu, mich endlich anzumelden, damit ich mit ihr im Kochstudio Mezze zubereiten kann. Auch in Zürich. Wo denn sonst? 

Himmel, wie stellen die sich das eigentlich vor? Soll ich alle paar Tage meine Familie hungrig am Tisch sitzen lassen, um in Zürich ein bisschen so zu tun, als würde ich kochen und putzen und dann meiner Leserschaft vorzuschwärmen, wie toll das doch war und wie unverzichtbar diese grossartigen Produkte doch sind? Nicht mit mir, vielen Dank.

Nun ist es natürlich einfach, sich so unbestechlich zu geben, solange für mich nicht mehr herausschaut als eine etwas glanzvollere Version dessen, was ich ohnehin schon den ganzen Tag mache. Ich gestehe aber ganz offen, dass ich unter gewissen Umständen durchaus dazu bereit wäre, mich um den Finger wickeln zu lassen. Weil ich ein netter Mensch bin, nenne ich hier sogar meinen Preis, damit zukünftige potentielle Werbepartner wissen, wie sie mich kriegen können. Nämlich so:

Schicken Sie mich und meine Brut eine oder zwei Wochen lang in ein anständiges Wellness-Hotel – zwei Wochen Stockholm wären auch okay – und sorgen Sie in der Zwischenzeit dafür, dass dieser Saustall mal endlich ausgemistet wird. Nicht nur so ein bisschen, sondern richtig, von oben bis unten, das volle Programm. Kaputte Haushaltgeräte auf Vordermann bringen, undichte Fensterritzen ausbessern, Wände neu streichen, Badezimmer renovieren, Fussböden abschleifen, Kleiderschränke ausmisten und dann jeden hintersten Winkel putzen. Danach das Gleiche im Keller, im Garten und in der Garage. Und wenn Sie mir eine ganz grosse Freude machen wollen, reissen Sie doch gleich diese elende Garage ab und stellen Sie mir stattdessen ein anständiges Gewächshaus, einen Geräteschuppen und ein paar Hochbeete auf. 

Wenn Sie das tun, meine lieben potentiellen Werbepartner, dann verspreche ich Ihnen an dieser Stelle hoch und heilig, dass ich nicht nur über das Hotel und jedes einzelne verwendete Produkt einen sehr langen und sehr löblichen Artikel verfassen werde, ich werde Ihnen sogar äusserst werbewirksam die Füsse küssen. Wenn’s sein muss, komme ich dafür sogar eigens nach Zürich. 

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Gewohnt ungewöhnlich

Er ist gekommen, der Tag, an dem ich zur nicht ganz schmerzfreien Erkenntnis komme, dass es gewöhnliche Tage in meinem Leben ganz einfach nicht gibt. Ich meine diese Tage, an denen du abends zufrieden sagen kannst, dass du mehr oder weniger das erreicht hast, was du dir am Morgen vorgenommen hast. Tage, die so vollkommen frei waren von Drama, dass du abends nicht so recht weisst, was du bloggen sollst. Okay, manchmal schreibe ich abends wirklich nicht mehr, dann aber meistens, weil ich vollkommen durch den Wind bin, weil der Tag mal wieder gemacht hat, was er will.

Dabei gibt es in meinem Leben inzwischen durchaus Tage, die das Potential dazu hätten, ganz vorhersehbar und langweilig zu werden. Heute zum Beispiel standen die Chancen so gut wie noch selten: Vier Kinder von acht bis halb drei auf Sternwanderung, „Meiner“ mit seiner Schulklasse ebenfalls irgendwo im Wald und Karlsson auf einer Betriebsbesichtigung im Medienhaus, weil er sich – unter gewissen Umständen, vielleicht, wenn nichts anderes interessanter ist – vorstellen könnte, irgendwann mal in Mamas journalistische Fussstapfen zu treten. Eine seltene Gelegenheit also, mal in aller Seelenruhe meine Zeitungskolumne zu schreiben, ein paar Interviewpartnerinnen anzurufen, einen Text fertig zu stellen und später vielleicht bei einem Waldspaziergang die Herbstsonne zu geniessen. Mit etwas Glück würde ich sogar noch ein wenig an meinem Nicht-Pflichtstoff weiter schreiben. Ein halbes Kapitel, vielleicht sogar ein ganzes…

Natürlich kam es mal wieder anders: Ein Anruf der Kindergärtnerin aus dem Wald. Das Prinzchen habe sich am Kopf verletzt, ich müsse ihn holen kommen. Kein Problem, Frau Kindergärtnerin, ich lasse selbstverständlich alles stehen und liegen, teile der Redaktion mit, dass die Kolumne sich verspätet und dann sehe ich mal, wo ich ein Auto auftreiben kann, weil unseres gerade nicht zu Hause ist. Meine Schwester kann einspringen, allerdings nicht allzu lange, denn nachher muss ihr Mann zur Arbeit. Eine halbe Stunde lang kurven wir durch den Wald, finden zahlreiche Schulklassen, doch leider nicht die Kindergartenklasse des Prinzchens und weil die Leute aus dem Dorf leider auch nicht wissen, wo der gesuchte Weg ist, fahren wir zurück nach Hause, wo ich noch einmal die Kindergärtnerin anrufe (Nein, ich habe leider derzeit kein Handy und nein, ich will nicht erzählen, wie es dazu gekommen ist. Diese Geschichte ist schlicht zu langweilig.) Ich bekomme eine etwas exaktere Wegbeschreibung, der Nachbar ist so freundlich, mich diesmal in den Wald zu chauffieren. Wieder finden wir den gesuchten Weg nicht, wieder nach Hause, um die Kindergärtnerin um eine noch etwas genauere Wegbeschreibung zu bitten. Und ihr zu sagen, sie solle doch bitte, bitte, bitte, wenn es sich irgendwie machen liesse, an die Strasse runter kommen mit dem Prinzchen, damit wir ihn diesmal auch ganz sicher finden würden.

Das klappt, fast zwei Stunden nach dem Anruf und damit auch deutlich nach dem Abgabetermin meiner Kolumne nehme ich ein ziemlich trauriges aber Gott sei Dank nur leicht verletztes Prinzchen in Empfang. Nach der Erstversorgung ist klar, dass es für einmal ohne Notarzt geht und so kann ich mich –  ohne mir vorwerfen zu müssen, eine Rabenmutter zu sein –  meinem Text zuwenden, bis die Mittagspause der Apotheke vorbei ist und ich Pflasterstreifen holen kann.

Ist es unzerbrüchlicher Optimismus oder grenzenlose Naivität, dass ich mir am Ende des Schreibens und vor der Apotheke ein kurzes Bad gönnen will, um wenigstens noch einen Hauch von Freiheit zu geniessen? Egal, was von beidem es ist, nach dem dritten Anruf innerhalb von zehn Minuten ist klar, dass so etwas einfach nicht geht. Mama Venditti soll sich unterstehen, mitten in der Woche so zu tun, als hätte sie Anrecht auf eine kleine Verschnaufpause. 

Tja, und dann, als Prinzchens Wunde endlich geklebt ist, sind auch schon wieder alle zu Hause und der Teil des Tages, der für einmal ganz langweilig und vorhersehbar mir hätte gehören sollen, ist in gewohnter Ungewöhnlichkeit an mir vorbeigegangen. 

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