Eigentlich bin ich dieses Wochenende ja weggefahren, um zwei Lesungen vorzubereiten. Die Abläufe hätte ich vorbereiten wollen, neue Texte verfassen und bereits bestehende verbessern; zwei pannenfertige Lesungen, an denen ich höchstens noch ein wenig feilen müsste, hätte ich nach Hause bringen wollen. Stattdessen sitze ich in meinem noch immer nicht richtig warmen Zimmerchen, stöbere durch alte Blogtexte, finde alles nur schrecklich banal und frage mich, wie die auf die Idee gekommen sind, ausgerechnet mich einzuladen. Wieder so ein Moment also, in dem ich mir wünschte, ich hätte nicht nur eine grosse Leidenschaft in die Wiege gelegt bekommen, sondern auch das Selbstbewusstsein, nicht immer wieder aufs Neue an dem zu zweifeln, was ich so gerne tue.
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Gastfreundschaft?
Meine liebe Gastgeberin
Ich gestehe es ganz offen: Ich habe im Bett getrunken. Cola Zero, um genau zu sein. Aus der 5 Deziliter Flasche, die ich neben mir auf der Matratze stehen hatte. „Wie kommen Sie auf die Idee, im Bett zu trinken?“, fragen Sie mich. Nun, es fällt mir nicht leicht, dies zu erklären, denn mit meiner Erklärung setze ich meinen Ruf, nie, aber auch wirklich gar nie zu frieren, aufs Spiel. Aber eine Erklärung muss ich Ihnen abgeben, denn sonst verzeihen Sie mir nie, dass das Zimmermädchen heute das Bett noch einmal hat machen müssen. Sie haben mir heute nach dem Frühstück ja klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass so etwas nicht noch einmal vorkommen darf. Also, es war so:
Wie Sie sich vielleicht erinnern, stand gestern, als Sie mich in mein Zimmer führten, die Balkontüre sperrangelweit offen und es war saukalt im Zimmer. „Kein Problem“, sagten Sie, „ich drehe die Heizung voll auf, dann wird es schnell wieder warm.“ „Machen Sie sich nichts draus“, sagte ich, als ich sah, wie peinlich Ihnen dieser Sache war, „Ich friere nie.“ Darauf drehten Sie die Heizung auf und ich machte mich in der Stadt auf Nahrungssuche. Als ich zurückkam, war es noch immer saukalt im Zimmer, obschon die Heizung zufrieden surrende Geräusche von sich gab. Ich ging also noch einmal in die Stadt, was nicht weiter schlimm war, denn ich hatte ohnehin vergessen, Zahnpaste zu kaufen. Leider herrschten danach noch immer arktische Temperaturen im Zimmer, aber ich wollte jetzt schreiben, stricken und später vielleicht einen englischen Kostümschinken schauen, also blieb ich, zog mir ein Paar warme Bettsocken, Pulswärmer und meine Jacke über, kochte mir einen Kaffee und machte mich an die Arbeit. Leider musste ich bald einmal feststellen, dass all dies nicht ausreichte und dass ich unter gewissen Bedingungen durchaus in der Lage bin, zu frieren.
Ich hatte also gar keine andere Wahl, als mich in voller Montur unter die warme Bettdecke zu verkriechen, was ich anfangs brav am Tisch tat. Aber sehen Sie, liebe Gastgeberin, tippen mit Daunenduvet über den Schultern ist nicht ganz einfach und auch nicht ganz ungefährlich, wenn man neben den Computer als zusätzliche Wärmequelle eine brennende Duftkerze steh… oh Mist, davon wollte ich Ihnen ja gar nichts erzählen. Sonst schimpfen Sie mich morgen beim Frühstück wieder aus. Vergessen Sie also bitte die Duftkerze ganz schnell wieder… Also, wie gesagt, tippen mit Daunenduvet über den Schultern ging schlecht, also zog ich mich mit allem, was ich anhatte, in mein Bett zurück und dort wurde mir endlich so angenehm warm, dass ich wieder daran denken konnte, meinem Körper Flüssigkeit, die nicht siedend heiss ist, zuzuführen. Und da ist es eben passiert mir dem Cola-Fleck auf dem Leintuch.
Ich flehe Sie auf den Knien an, mir diesen Fehltritt zu verzeihen und wo wir schon bei den Fehltritten sind, verspreche ich Ihnen hoch und heilig, morgen beim Frühstück kein einziges Tröpfchen Milch zu verschütten. Ich weiss, anständige Menschen verschütten keine Milch, aber wissen Sie, mit halbgefrorenen Gliedern bin ich noch ein kleines bisschen ungeschickter als gewöhnlich.
Ach so, und falls Sie wissen möchten, warum ich wegen der Heizung nichts gesagt habe: Spätestens, als ich merkte, dass es im Bad, in der Küche und im Frühstücksraum noch kälter ist als in meinem Zimmer, war mir klar, dass Sie der Sache ohnehin machtlos gegenüberstehen.
Konservative Bande!
Gestern war Kolumnen-Tag und wie so oft begann er damit, dass morgens um acht die Schreibblockade an der Tür klingelte. „Du schon wieder?“, fragte ich entgeistert, als sie vor mir stand. „Wir haben uns doch schon soooooo lange nicht mehr gesehen“, säuselte sie mit Unschuldsmiene und drängte sich rasch an mir vorbei, ehe es mir gelang, ihr die Tür vor der Nase zuzuknallen. „Machst du mir einen Kaffee?“, fragte sie. „Vergiss es“, gab ich unfreundlich zur Antwort. „Wenn ich erst anfange, mit dir Kaffee zu trinken, dann werde ich dich den ganzen Tag nicht mehr los. Von mir aus kannst du mit mir in die Sauna kommen. Hab‘ mir beim Stricken die Schulter verspannt, ich brauche ein wenig Wärme…“ „Ach, was bist du doch gemein!“, protestierte die Schreibblockade. „Du weisst genau, dass ich es in der Sauna nie lange aushalte. Kaum bin ich da drin, muss ich flüchten und dann schleichst du dich davon, um an deinen Texten zu arbeiten.“ Die Schreibblockade sah mich mit traurigem Hundeblick an und fuhr dann fort: „Warum willst du mich immer so schnell als möglich loswerden? Magst du mich etwa nicht?“ „Na ja, wenn ich ganz viel Zeit habe, stören mich deine gelegentlichen Besuche nicht. Aber ich hab‘ nun mal selten Zeit, mit dir rumzuhängen. Meistens gibt es da einen Abgabetermin. Oder das Essen muss auf den Tisch. Oder…“ „Alles faule Ausreden“, unterbrach mich mein ungebetener Gast. „Du magst mich einfach nicht. Punkt. Aber glaub bloss nicht, dass ich mich einfach abschütteln lasse. Heute werde ich die Hitze der Sauna ertragen, das verspreche ich dir…“
Wie meistens, wenn sie mir damit droht, bei mir zu bleiben, machte die Schreibblockade ihre Drohung wahr. Sie, die gewöhnlich schon nach fünf Minuten in der Sauna das Weite sucht und mich dem Schreibfluss überlässt, hielt ganze drei Saunagänge durch, ehe sie das Weite suchen musste. Endlich hätte ich ungehindert schreiben können, doch leider musste ich jetzt an den Herd. Natürlich auch später als geplant und darum würde die Suppe nicht rechtzeitig fertig sein und ich würde mir wieder das Gemotze der hungrigen Meute anhören müssen. Darauf hatte ich nach diesem elenden Vormittag mit der Schreibblockade wirklich keine Lust, also beschloss ich, meine Familie mit einem Sauna-Zmittag zu besänftigen. „Hört mal, ihr setzt euch jetzt ein wenig in die Sauna währenddem ich die Suppe fertig mache. Dann kommt ihr hoch, esst eine Portion, kühlt euch ein wenig ab und macht Pause. Dann wieder zurück in die Sauna, wieder ein wenig essen und wenn die Zeit vor der Schule noch reicht, ein dritter Saunagang.“
Tolle Idee, nicht wahr? Meine Familie, die mir gewöhnlich in den Ohren liegt, endlich wieder mal die Sauna einzuheizen, sah das anders. Luise motzte, sie wolle doch nachmittags nicht mit nassen Haaren in die Schule gehen. Der Zoowärter wollte zwar in die Sauna, aber „noch nicht jetzt, sondern erst am Nachmittag, wenn ich von der Schule nach Hause komme“. Der FeuerwehrRitterRömerPirat verschanzte sich sofort hinter seinem neuesten Buch und sagte gar nichts. Das Prinzchen hatte noch unverdaute Legosteine und „Meiner“, der sonst keine Gelegenheit zum Schwitzen auslässt, faselte etwas von „viel zu tun heute Nachmittag“. Einzig Karlsson zeigte sich flexibel und wechselte fröhlich zwischen Sauna, Esstisch und Sofa, genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Der Rest der Familie bestand darauf, das Mittagessen gutbürgerlich und gesittet einzunehmen. Was für eine konservative Bande!
(Und falls mir jetzt jemand sagen möchte, Sauna und Essen gingen nicht zusammen, dann muss ich ihn leider darauf aufmerksam machen, dass Mrs. Perfect mir das schon vor langer Zeit gesagt hat, was mich aber schon damals nicht interessiert hat.)
Gewohnt ungewöhnlich
Er ist gekommen, der Tag, an dem ich zur nicht ganz schmerzfreien Erkenntnis komme, dass es gewöhnliche Tage in meinem Leben ganz einfach nicht gibt. Ich meine diese Tage, an denen du abends zufrieden sagen kannst, dass du mehr oder weniger das erreicht hast, was du dir am Morgen vorgenommen hast. Tage, die so vollkommen frei waren von Drama, dass du abends nicht so recht weisst, was du bloggen sollst. Okay, manchmal schreibe ich abends wirklich nicht mehr, dann aber meistens, weil ich vollkommen durch den Wind bin, weil der Tag mal wieder gemacht hat, was er will.
Dabei gibt es in meinem Leben inzwischen durchaus Tage, die das Potential dazu hätten, ganz vorhersehbar und langweilig zu werden. Heute zum Beispiel standen die Chancen so gut wie noch selten: Vier Kinder von acht bis halb drei auf Sternwanderung, „Meiner“ mit seiner Schulklasse ebenfalls irgendwo im Wald und Karlsson auf einer Betriebsbesichtigung im Medienhaus, weil er sich – unter gewissen Umständen, vielleicht, wenn nichts anderes interessanter ist – vorstellen könnte, irgendwann mal in Mamas journalistische Fussstapfen zu treten. Eine seltene Gelegenheit also, mal in aller Seelenruhe meine Zeitungskolumne zu schreiben, ein paar Interviewpartnerinnen anzurufen, einen Text fertig zu stellen und später vielleicht bei einem Waldspaziergang die Herbstsonne zu geniessen. Mit etwas Glück würde ich sogar noch ein wenig an meinem Nicht-Pflichtstoff weiter schreiben. Ein halbes Kapitel, vielleicht sogar ein ganzes…
Natürlich kam es mal wieder anders: Ein Anruf der Kindergärtnerin aus dem Wald. Das Prinzchen habe sich am Kopf verletzt, ich müsse ihn holen kommen. Kein Problem, Frau Kindergärtnerin, ich lasse selbstverständlich alles stehen und liegen, teile der Redaktion mit, dass die Kolumne sich verspätet und dann sehe ich mal, wo ich ein Auto auftreiben kann, weil unseres gerade nicht zu Hause ist. Meine Schwester kann einspringen, allerdings nicht allzu lange, denn nachher muss ihr Mann zur Arbeit. Eine halbe Stunde lang kurven wir durch den Wald, finden zahlreiche Schulklassen, doch leider nicht die Kindergartenklasse des Prinzchens und weil die Leute aus dem Dorf leider auch nicht wissen, wo der gesuchte Weg ist, fahren wir zurück nach Hause, wo ich noch einmal die Kindergärtnerin anrufe (Nein, ich habe leider derzeit kein Handy und nein, ich will nicht erzählen, wie es dazu gekommen ist. Diese Geschichte ist schlicht zu langweilig.) Ich bekomme eine etwas exaktere Wegbeschreibung, der Nachbar ist so freundlich, mich diesmal in den Wald zu chauffieren. Wieder finden wir den gesuchten Weg nicht, wieder nach Hause, um die Kindergärtnerin um eine noch etwas genauere Wegbeschreibung zu bitten. Und ihr zu sagen, sie solle doch bitte, bitte, bitte, wenn es sich irgendwie machen liesse, an die Strasse runter kommen mit dem Prinzchen, damit wir ihn diesmal auch ganz sicher finden würden.
Das klappt, fast zwei Stunden nach dem Anruf und damit auch deutlich nach dem Abgabetermin meiner Kolumne nehme ich ein ziemlich trauriges aber Gott sei Dank nur leicht verletztes Prinzchen in Empfang. Nach der Erstversorgung ist klar, dass es für einmal ohne Notarzt geht und so kann ich mich – ohne mir vorwerfen zu müssen, eine Rabenmutter zu sein – meinem Text zuwenden, bis die Mittagspause der Apotheke vorbei ist und ich Pflasterstreifen holen kann.
Ist es unzerbrüchlicher Optimismus oder grenzenlose Naivität, dass ich mir am Ende des Schreibens und vor der Apotheke ein kurzes Bad gönnen will, um wenigstens noch einen Hauch von Freiheit zu geniessen? Egal, was von beidem es ist, nach dem dritten Anruf innerhalb von zehn Minuten ist klar, dass so etwas einfach nicht geht. Mama Venditti soll sich unterstehen, mitten in der Woche so zu tun, als hätte sie Anrecht auf eine kleine Verschnaufpause.
Tja, und dann, als Prinzchens Wunde endlich geklebt ist, sind auch schon wieder alle zu Hause und der Teil des Tages, der für einmal ganz langweilig und vorhersehbar mir hätte gehören sollen, ist in gewohnter Ungewöhnlichkeit an mir vorbeigegangen.
Mummy?
Diese Anfrage hat mich zutiefst verunsichert: Ob ich vielleicht an einem Mummy-Blogger-Event zur Lancierung eines neues Putzmittels teilnehmen wolle, fragte eine Kommunikationsagentur an. Auf dem Programm steht Cupcake-Backen mit einer bekannten Mummy-Bloggerin, danach wird gemeinsam die Küche geputzt, natürlich mit dem Produkt, das an die Frau gebracht werden soll. „Und keine Angst“, so schreibt die Frau von der Agentur vermutlich augenzwinkernd, „die Cupcakes, nicht das Putzen, werden die Hauptaktion sein.“ Hihihi! Ihr, meine lieben Leser, hättet auch noch etwas davon. Ich dürfte nämlich nicht nur viele lobende Zeilen über das sensationelle Produkt veröffentlichen, ich dürfte auch ein paar Putzmittel verlosen.
Seitdem ich diese Nachricht gelesen habe, geht mir eine Frage nicht mehr aus dem Kopf: In welchem meiner rund 1800 Texte, die ich in den vergangenen Jahren hier geschrieben habe, habe ich den Eindruck erweckt, in meinem Leben drehe sich alles um perfekte Sauberkeit und noch perfekteres Backwerk? Okay, ich backe gern – anständige Cupcakes bringe ich trotzdem nicht zustande -, Putzen muss ich gezwungenermassen auch, was hier hin und wieder durchschimmert, und natürlich erfährt man so mehr oder weniger zwischen den Zeilen auch, dass ich Kinder habe. Aber macht mich all dies wirklich zur „Mummy-Bloggerin“ (Wenn ich nur schon dieses Wort lese….grrrrrrrrrr!)?
Bitte, bitte, bitte sagt mir, dass ihr hier nur mitlest, weil ihr mein virtuelles Geschwätz soooooooooo unglaublich tiefsinnig und humorvoll findet und nicht, weil ihr hier die perfekte „Mummy“ zu finden hofft, die euch zeigt, wie ihr euren Liebsten trautes Heim, Glück allein und dergleichen bieten könnt. Letzteres würde mich nämlich dazu zwingen, die Bloggerei umgehend einzustellen und was würde ich dann mit meiner Zeit anfangen? Am Ende käme ich noch auf die Idee, zu putzen…
Bloggerfrust
Nein, keine Angst, das Bloggen ist mir nicht verleidet. (Na ja, vielleicht wären ein paar Menschen da draussen gar nicht so unglücklich, wenn ich endlich genug hätte davon…) Es gibt nur gewisse Tage, an denen ich etwas frustriert bin über das, was bei der Leserschaft ankommt.
Da brütest du tagelang über ein paar klugen Sätzen zu einem gesellschaftlich relevanten Thema. Du diskutierst mit „Deinem“ und mit anderen Mitmenschen, du schreibst, verwirfst, drehst und wendest und bevor du auf „Publizieren“ klickst, lässt du „Deinen“ noch einmal gegenlesen, damit deine Argumentation auch ganz bestimmt lückenlos und stringent ist. Ist das Kind deiner Gedanken endlich geboren, bist du fast ein wenig stolz auf das, was du geleistet hast. Zwar wirst du damit nicht die Welt verändern, aber immerhin hast du dafür gesorgt, dass ein paar hundert Leute durch deine Arbeit zum Mitdenken angeregt werden. Du kannst es kaum erwarten, bis die ersten Reaktionen kommen und du im virtuellen Austausch mit deiner Leserschaft anfangen kannst, an der Verbesserung der Welt zu arbeiten. Doch dann geschieht – nichts. Okay, vielleicht ein oder zwei „Gefällt mir“ auf Facebook, doch das war’s dann schon mit dem Austausch.
Schreibst du hingegen spät abends mit schlechtem Gewissen über die Zusammenführung von getrennten Sockenpaaren – Wen interessieren denn schon von meine Hausfrauenprobleme? -, hast du bereits am frühen Morgen Kommentare, „Gefällt mir“ und fröhlich grinsende Smileys.
Versteht mich bitte nicht falsch, ihr lieben Menschen da draussen, die ihr euch samstags im Morgengrauen die Mühe macht, mir zu erzählen, wie ihr das nervige Problem der hohen Sockenscheidungsrate in Angriff nehmt. Ich freue mich sehr über eure Beiträge und es rührt mich zutiefst, dass mein Geschriebenes euch zum Zurückschreiben motiviert. Es gibt mir ein sehr gutes Gefühl, zu wissen, dass ich über Dinge schreibe, die euch auch bewegen. Manchmal aber wüsste ich zu gerne, ob ihr auch durch die Artikel, in denen ich über weniger banale lebensnahe Dinge schreibe, zum Mitdenken angeregt werdet. Lasst es mich doch bitte hin und wieder wissen. Solange die Kommentare frei von Beleidigungen sind, freue ich mich darüber nämlich mindestens so sehr wie über eure Beiträge zu den getrennten Socken.
Nur ein bisschen Langeweile, bitte
Wäre es nicht wunderbar, wenn man sich mal wieder langweilen dürfte? Nicht allzu lange natürlich, nur einen Tag oder zwei, vielleicht auch drei. Nein, nicht diese Tage, an denen man im faul im Liegestuhl liegt und sich von der Sonne bescheinen lässt, sondern Tage, an denen alles nur langweilige Routine ist. Tage, an denen man abends getrost sagen kann, dass man erledigt hat, was man sich vorgenommen hat. Alles schön nach Plan, vielleicht sogar auf die Viertelstunde genau.
Kein Backofen, der mitten im Einmachen von Tomaten seinen Geist aufgibt. Keine unangemeldeten Besucher, die den Schreibfluss unterbrechen. Keine Computerpannen, keine „Mist, ich muss doch heute noch unbedingt…“-Momente, keine Milchpfützen auf dem Fussboden, kein spontanes Einspringen für jemanden, der in der Tinte sitzt, keine hektische Suche nach verschwundenen linken Kindersandalen und Schulheften mit Eselsohren. Einfach nur öder, geregelter Alltag, über den man jammern würde, wenn man ihn täglich auf die gleiche graue Weise durchstehen müsste.
Es käme mir nicht im Traum in den Sinn, mir ein solches Leben zu wünschen. Zu farblos, zu vorhersehbar, zu langweilig eben. Aber hin und wieder ein solcher Tag, der einem erlaubt, durchzuatmen und zu erledigen, was man andauernd vor sich her schiebt, weil immer irgend etwas die Pläne über den Haufen wirft, das wäre schon nett.
Bitte bitte bitte nicht jetzt!
Das ist mal wieder typisch: Nach Monaten des Zweifelns und Zauderns fasst sich Mama Venditti ein Herz, endlich wieder an ihren grossen Traum vom Schreiben zu glauben. Sie lässt an einem sonnigen Sonntagmorgen nach dem Gottesdienst ihre geliebte Familie warten und setzt sich ins Café, um den roten Faden der Geschichte, den sie fast verloren hätte, wieder aufzunehmen. Sie verzichtet auf ihren heiligen sonntagnachmittäglichen Mittagsschlaf, um voller Enthusiasmus in die Tasten zu hauen, was sie auf dem Papier skizziert hat. Diesen Sommer wird sie schreiben, das steht fest. Nichts auf der Welt wird sie mehr davon abhalten können.
Nichts, ausser ein treuloser Computer, der ebenso fest entschlossen zu sein scheint, diesen Sommer keinen Streich mehr zu arbeiten und deshalb den Zugriff auf sämtliche Programme – und somit auch auf sämtliche Texte – verweigert. Da helfen weder gutes Zureden noch Backup, der Computer bleibt stur. Nicht mal anständig ausschalten lässt er sich mehr, einzig Banalitäten im Blog und auf Facebook lässt er noch zu.
Okay, er stünde auch der Bestellung eines Nachfolge-Computers, der gegen die Schreiberei nichts einzuwenden hätte, nicht im Wege, doch da gibt es andere Hürden zu überwinden.
Schreiben (und putzen) nach dem Faulus-Prinzip
In letzter Zeit werde ich wieder vermehrt gefragt, wie ich es denn fertigbringe, neben Familie, Job, Haushalt, Haustieren und Garten auch noch zu bloggen. Nun, seitdem ich wieder selber putze und dies auch vermehrt wieder alleine tue, ist es ganz einfach: Ich halte mich strikte an das Faulus-Prinzip. Ihr wisst schon: „Nun, ich hab‘ die erste Hälfte der ersten Platte fertig. Ich verschnauf‘ ein wenig, dann feg‘ ich die zweite Hälfte der ersten…Ich verschnauf‘ ein wenig, dann kommt die erste Hälfte der zweiten…ich versch…“
Oder konkret in meinem Fall: Ich fege einen halben Fussboden, dann tippe ich ein paar Sätze, die mir beim Fegen in den Sinn gekommen sind, dann fege ich die zweite Hälfte des Fussbodens, ich schreib‘ wieder ein wenig, ich putze den Spiegel, die Toilette und die halbe Badewanne, dann schreibe ich wieder… und so weiter, bis die Wohnung sauber und der Blogpost fertig ist. Glaubt mir, nie produziert mein Gehirn mehr Sätze, als wenn ich mit Staubsauger, Lappen & Co. durch die Wohnung renne. Und wenn ich an einem Tag besonders ausgefeilte oder besonders viele Posts veröffentliche, könnt ihr sicher sein, dass bei Vendittis zu Hause alles blitzblank geputzt ist. Ein voller Erfolg also, dieses Faulus-Prinzip. Ich empfehle es jedem, der sich über zu viel Dreck oder zu wenig Produktivität beim Schreiben beklagt.
Und sollte jemand jetzt überhaupt nicht verstehen, wovon ich schreibe, empfehle ich ihm ganz dringend die Lektüre von „Asterix und der Arvernerschild“.
Schalut schuschammen!
Der Elternbrief unter der Lupe
Meine verehrten Pädagogen der Fachhochschule Nordwestschweiz
Sie möchten sich gerne unsere Erst- und Zweitklässler etwas genauer anschauen, um herauszufinden, wie Sie verhaltensauffälligen Kindern besser helfen können. Natürlich tun Sie dies nur, wenn wir Eltern unser Einverständnis dazu geben und weil ich mich gewöhnlich ziemlich kooperativ verhalte, habe ich den Fackel unterschrieben. Im Gegenzug habe ich mir die Freiheit herausgenommen, Ihren Brief etwas genauer anzuschauen. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und erlaube mir, meinen Lesern zur allgemeinen Erheiterung ein wenig daraus zu zitieren. Gut, der Fairness halber hätte ich Sie vielleicht auch zuerst um Ihr Einverständnis bitten sollen, aber eigentlich sind Sie selber schuld, wenn Sie uns einen unkorrigierten Entwurf ins Haus schicken. Sie schreiben in dem Brief zum Beispiel…
„Die Lehrperson darf aber nur teilnehmen, wenn Sie, liebe Eltern, damit Einverstanden sind, dass…“
Ich weiss, dass sich in der Rechtschreibung einige Dinge geändert haben, seitdem ich die Schulbank gedrückt habe, aber meines Wissens gilt „einverstanden“ weiterhin als Adjektiv und Adjektive schreibt man wie? Ja, genau, die schreibt man klein!
Ein weiteres Beispiel gefällig?
„…die Lehrperson einen kurzen, anonymen Fragebogen zum verhalten des Kindes in der Klasse ausfüllt.“
Schauen wir uns doch mal das Wort „verhalten“ genauer an. Fällt Ihnen etwas auf? Jawohl, der Herr Duden kennt das Wort „verhalten“ sowohl als Adjektiv, als starkes Verb oder als Nomen. Aber was genau ist es in diesem Satz? Ein Nomen, genau. Und wie schreiben wir die Nomen? Sehr gut! Die Nomen, die schreiben wir GROSS.
Jetzt, wo wir das geklärt haben, können wir zu einer etwas komplizierteren Sache übergehen, nämlich zur Kommasetzung. Sie schreiben:
„Nur so, können wir sagen, ob die Weiterbildung etwas bewirkt.“
Ich persönlich finde ja, der Satz gewinne durch diesen gewagten Einschub so etwas wie Pfiff, aber ich glaube nicht, dass der Herr Duden meine Meinung in diesem Punkt teilt.
Kommen wir nun zum Thema Wiederholungen:
„Wir bitten Sie, die untenstehende Einverständniserklärung zu unterschreiben. Geben Sie bitte die Einverständniserklärung Ihrem Kind bis spätestens in einer Woche in die Schule mit. Die Teilnahme ist freiwillig, doch kann das Projekt nur gelingen, wenn möglichst alle Eltern Ihr Einverständnis zur Teilnahme an der Studie geben.“ (Die Hervorhebungen gehen auf meine Kappe.)
Eigentlich ist es ja eine beachtliche Leistung, die drei doch eher sperrigen Worte „Einverständniserklärung“, „Teilnahme“ und „Einverständnis“ in drei kurzen Sätzen in einer derartigen Häufung unterzubringen. Im Schulaufsatz hätte das trotzdem einige schöne rote Wellenlinien, wenn nicht gar eine schlechte Note gegeben. Ach ja, und dann ist Ihnen auch noch eine Höflichkeitsform reingerutscht, die da nicht hingehört, aber das haben wir im Unterricht noch nicht behandelt. Äääähm, ich meine, das fällt bestimmt niemandem auf.
Bevor ich schliesse, hätte ich noch eine kleine Anmerkung zum Stil. Ihr Bemühen, die Sätze kurz und unkompliziert zu halten, ist grundsätzlich lobenswert. Dies zeigt, dass Sie beim Verfassen des Briefes daran gedacht haben, dass für einige Eltern Deutsch eine Fremdsprache ist. Verlieren Sie aber bitte darob nicht uns Deutschsprachigen aus den Augen. Einige von uns fühlen sich nämlich, als müssten sie einen Lesetext für die 2. Klasse durchackern, wenn sie Folgendes lesen:
„An der Pädagogischen Hochschule Solothurn haben wir den FOKUS-Ansatz entwickelt. Zu diesem Ansatz führen wir eine Studie durch. Diese Studie wird vom Bundesamt für Gesundheit finanziert.“
Ich hoffe doch sehr, Sie kennen sich mit verhaltensauffälligen Kindern besser aus als mit Rechtschreibung, Grammatik und Stil, sonst müsste man befürchten, das Bundesamt für Gesundheit schmeisse mit der Finanzierung Ihrer Studie einen ganzen Haufen Geld aus dem Fenster.
Na ja, ich fürchte, das tut es ohnehin.









